Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928
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Heft 23
DOI Artikel:Sammler und Markt
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Mariotto Albertinelli. Maria mit dem Kinde und Johannes
Aus dem Besitz der Galerie Rothmai n, Berlin
ein Künstler damals seine Bezeichnung ver-
borgen haben sollte im Mundwinkel eines
Bildnisses, inmitten einer Stirn, im Barte Abra-
hams usw., existiert nicht nur kein einziger
Beweis, sondern es ist auch geradezu absurd
und ganz gegen den damaligen Zeitgeist.
Dessen ungeachtet schreibt Herr Dangers fol-
gendes über Rembrandts „Anatomie des Dr.
Tulp‘" im Mauritshuis, welches Bild ja bekannt-
lich echt mit Rembrandts Namen bezeichnet
ist und von diesem Künstler für die Ärzte-
zunft in Amsterdam gemalt wurde: „Im lin-
ken Mundwinkel des Professors, vom Mund-
winkel abwärts, befindet sich ein langgezoge-
nes L, wie mit einer Schreibfeder zu einer
deutlich abgegrenzten Linie ausgezogen.“
Erstens ist das L nicht vorhanden und hat Herr
Dangers irgendeinen Farbriß oder Pinselstrich
dafür gehalten, zweitens hat das Bild stili-
stisch nichts mit Leysters Technik und Auf-
fassung Übereinstimmendes, und drittens
schließt die Geschichte des Bildes jeden Autor
außer Rembrandt absolut aus.
Doch ist Rembrandts Anatomie des Dr. Tulp
im Mauritshuis, laut der Überzeugung des
Herrn Dangers, eine Arbeit der Judith Leyster.
Zahllose Werke Rembrandts werden in diesem
kleinen Buch aus ähnlichen Gründen der
Leyster zugeschrieben, u. a. der Jacobssegen
und der Bruyningh in Kassel, das Selbstbild-
nis mit Saskia in Dresden usw.
Im Vorbericht sagt Herr Dangers, daß er sei-
nen Ausführungen jeden Schein der Sensation
zu entziehen wünscht.
Sensationell sind dieselben allerdings keines-
wegs, und man wundert sich bloß noch, daß
so etwas gedruckt, verlegt und in die Welt ge-
gesandt wird. Martin
STIFTUNGEN
Sir Joseph D uveen, der ehrenhalber Direk-
tor des Wallace-Collection in London ist, hat
in einem Briefwechsel mit Viscount D’Aber-
non, dem früheren englischen Botschafter in
Berlin und jetzigen Vorsitzenden des Verwal-
tungsrates der englischen Kunstsammlungen,
ein großartiges Anerbieten gemacht. Er hat
sich bereit erklärt, den Londoner Museen für
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