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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 24
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Rundschau
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heute noch ist, scheinen kräftigere und selb-
ständigere Möglichkeiten noch zu liegen, an-
gedeutet durch den zusammengestauten Habi-
tus seiner Figuren. Man möchte wohl auch
den seidigen Glanz seiner Bilder nicht missen,
wennschon dessen Schönheit nicht selten wie
mit Stille lackiert wirken kann. Ferner wird
man bekannt mit einem ganz jungen Men-
schen aus Stuttgart, Hermann Hörner,
vorerst durch Zeichnungen und Aquarelle.
Unsicherheiten und Leichtfertigkeiten sprin-
gen ebenso ins Auge wie die Originalität der
störrischen Handschrift und die Begabung, das
Liniengewirr rhythmisch zu erfassen. Gassen-
durchsichten, Hafenblicke, Panoramen des
Dächergespinstes einer Stadt gewinnen bizarre
Lebendigkeit, sättigen sich mit unheimlichen
Stimmungen. Wieder ein Anfang, der aufzu-
merken zwingt.
Den in seinen Abbreviaturen häufig sehr ge-
lungenen Simplizissimuszeichner Karl Ar-
nold tischt die Moderne Galerie Wert-
heim auf. Schon heute sei mit Genugtuung
vermerkt, daß noch vor Weihnachten hier im
Warenhaus der wichtige Versuch unternom-
men werden wird, eine aus lauter unbekann-
ten jungen Leuten bunt zusammengemischte
Ausstellung aufzuschlagen. Wolfradt
EINE ENSOR-RETROSPEKTIVE
Im Palais des beaux-arts in Brüssel findet im
Januar eine große, 200 Gemälde umfassende
Ensor-Ausstellung statt, die alles aus musea-
lem und privatem Besitz vereinigen wird, was
nur irgend erreichbar ist. Außer den Gemäl-
den werden auch eine große Zahl von Aqua-
rellen und Zeichnungen des Meisters zu sehen
sein, der persönlich die Organisation seiner
„Retrospektiven“ leitet. B'
FRANKFURT
Der Kunstsalon M. G o 1 d s c h m i d t & Co.,
der bisher nur Gemäldeausstellungen veran-
staltete, zeigt in seinen neuen, intim wirken-
den Räumen im ,Wes Lend (in dem, wie in
Berlin, Kunst- und Antiquitätengeschäfte sich
immer mehr zusammenschließen), eine Schau
von Plastiken Geor g K o 1 b e s. In Frankfurt
hat man sich immer für diesen Künstler inter-
essiert. Man braucht nur an das Heine-Denk-
mal zu erinnern, das in den städtischen An-
lagen seine Aufstellung fand. Auch in dieser
neuen Schau triumphiert die Musikalität Kol-
bes.
Sch am es stellt Pastell- und Kreidezeichnun-
gen des 5o jährigen Berliner Dichters und Ma-
lers Arno Nadel aus: temperamentvolle,
flotte Skizzen, meistens von Gestalten aus dem

„Dybuk“ der jüdischen Habima. Der Halb-
akt einer silzenden Frau ist bildhaft am ge-
schlossensten, zwei Selbstbildnisse sind von
schlichter Naturhaftigkeit.
Bei K ahn wei 1 er: Wc rner Drewes.
Der 28jährige studierte Architektur, war dann
Schüler Feiningers, machte schließlich weite
Reisen durch Europa, Nord- und Südamerika.
In Gemälden, Aquarellen und Zeichnungen ist
zuerst der Einfluß Feiningers vorherrschend,
in der letzten Periode eigene, frische Natur-
beobachtung in Porträts und Landschaften
durch die Stilisierung hindurch fühlbar, g gc}j
KÖLN
Mit prächtig illustriertem Katalog wirbt die
Domgalerie für Adolf Wuester, der in
Paris malt. Sie kann das tun, ohne ihr ein we-
nig biedermeierlich-romantisches Gesicht zu
verlieren.
Wuesters Moderne bleibt maßvoll, von Ge-
schmack, Kultur und Bescheidenheit getragen.
Es fehlt ihr alles Laute und Grelle, der prä-
destinierte Maler von Stilleben. Wie in Paris
selbstverständlich sind Pläne und Formen
sorgfältig gegen einander abgewogen, die Far-
ben auf Grau gestimmt. Alfred Salmony

pERSONALIA
ARDUINO COLASANTI
Der Kultusminister Fedele hat bereits im Som-
mer seinen Posten verlassen. Der General-
direktor Colasanti ist ihm jetzt gefolgt.
Colasantis Name ist auch außerhalb Italiens
viel genannt worden. Man kann wohl sagen,
er ist überhaupt der erste Leiter der italieni-
schen Kunstverwaltung gewesen, der dauernd
Fühlung mit dem Ausland gesucht und auch
gefunden hat. In Rerlin hat er vor einem
Jahr über die jüngsten Ausgrabungen in Ita-
lien gesprochen, und seinem Einfluß ist es vor
allem zu verdanken, wenn sich die italienische
Regierung im verflossenen Sommer entschloß,
ihre Dürer-Schätze nach Nürnberg zu sen-
den.
Die neun Jahre, die Colasanti seinem Vater-
lancle an exponierter Stelle gedient hat, be-
zeichnen in der Verwaltung und Gestaltung
des unvergleichlichen „Patrimonio Artislico“
dieses Landes einen Höhepunkt.
Welche Schätze sind dem Boden der Erde ent-
rissen worden, nicht nur in Rom, in Hercula-
num, in Pompeji, in Chlusi, in Gere, in Po-
pulonia, in Fiesole, in Chomaccio und in Tar-
quinia, sondern auch in Lybien und Alba-
nien und in der Cyrenaika!

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