die Pekinger Armee ist in vier Korps getheilt, das erste
hat Mulden zu besetzen, ein Theil desselben die Straße
zwischen Peking und Schanhaikwak besetzt zu halten. Das
zweite Korps ist bei Tientsin, das dritte bei Peking und
das vierte bei Nanking konzentrirt. Ein Theil des dritten
Korps mit 40 000 Mann geht gegen Wei-Hai-Wei und
Tientsin.
Was an der detaillirten Meldung wahr ist, muß dahin-
gestellt werden.
Daily Expreß meldet aus Tientsin vom 15.: Die
Verluste der ausländischen Truppen am 14. ds. Mts. be-
trugen 460 Todte und Verwundete. Demselben Blatte
wird von seinem Berichterstatter aus Shanghai vom 17.
gemeldet, er habe aus chinesischer Quelle erfahren, daß in
einem Edict des Prinzen Tuan der Anfangstag für einen
allgemeinen Aufstand festgesetzt wurde. Der Berichterstatter
fügt hinzu, die Chinesen in Shanghai erklärten offen, sie
würden auf die fremden Truppen schießen, falls sie dort
landen sollten.
Das Gesammtbild der Lage ist also heute recht un-
günstig. Aber es kann sich jeden Tag ändern. So kann
schon die moralische Wirkung der Einnahme Tientsins
durch die Mächte die Situation verbessern.
Deutsches Reich
— Die Nordd. Allg.Ztg. meldet: Staatssecretär Graf
Bülow sah sich veranlaßt, der hiesigen chinesischen
Gesandtschaft bekannt zu geben, daß ihr bis auf wei-
teres nicht mehrgestattet werden könne, chiffrirte oder
in verabredeter Sprache abgefaßte Telegramme abzugeben
und daß offene Telegramme vor ihrer Absendung dem
Staatssekretär zur Genehmigung der Beförderung vorgelegt
werden müssen.
— Die Bestimmungen über die Ausrüstung und
Bekleidung der Truppentheile des ostasiatischen
Expeditionskorps lassen erkennen, daß es sich nicht
wie beim China-Expeditionskorps unter Generalmajor v.
Hoepfner um eine sozusagen allgemeine deutsche Truppe, als
welche sich die Marineinfanterie darstellt, handelt, sondern
um ein preußisches Corps, bei dem nur das bayerische
Contingent mit einem geschlossenen Truppentheil vertreten
ist, der aber nicht selbständig ist, sondern in seiner Eigen-
schaft als Jnfanteriebataillon dem Regimentskommando
unterstellt ist, das von einem preußischen Obersten geführt
wird. Die Uniformirung wird aber für alle Truppen
dieselbe sein, wobei in erster Linie hervorzuheben ist, daß
der Waffenrock gänzlich fallen gelassen wurde, den man
bisher für geradezu nicht ersetzbar angesehen hatte. Und
nun ist er ohne weiteres durch die Litewka verdrängt,
welche im Verein mit dem Mantel die Winterbekleidung
der ausreisenden Truppen abgiebt, während als Sommer-
kleidung ein braungefärbter starker Drillich gewählt ist,
der noch besser sein soll als der Khakistoff. Die im
preußischen Heere üblichen vier Farbenabzeichen hat man
dabet auf die vier verschiedenen Truppengattungen derart
verwendet, daß bei den Schulterklappen für die Infanterie
weiß, für die berittenen Waffen roth, für die technischen
Truppen — Pioniere und Verkehrstruppen — gelb und
für den Train, sowie die Sanitätsmannschaften blau ge-
wählt wurde. Wie das ostastatische Feldartillerieregiment
die neue Schnellfeuerkanone 96 erhalten hat, so wurden
auch die neuesten Muster der Handfeuerwaffen ausgegeben,
nämlich das Jnfanteriegewehr 98 und der Karabiner 98.
— Die Ringbildung nimmt ununterbrochen zu.
Dem Petroleum folgte der Spiritus, die Kohle, das Pa-
pier und jetzt auch das GlaS. Die deutschen Glasfabri-
kanten haben sich vereint (aber nicht alle), um die Preise
zu schrauben, namentlich für die Beleuchtungsglaskörper.
Auch in diesem Zweig wehren sich die Abnehmer. In
Stuttgart macht eine Anzahl von Lampenfabrikanten,
Grossisten und Händlern der Beleuchtungsbranche gegen
das Geschäftsgebahren des Syndikats der vereinigten Glas-
fabriken Front. Es wurde in der Versammlung, in wel-
cher 22 Firmen aus allen Theilen Deutschlands vertreten
waren, beschlossen, einen Verband deutscher Beleuchtungs-
interesscnten zu gründen, um über die Frage des gemein-
samen Einkaufs von Glas unter Umgehung des Syndikats
sich zu benehmen.
— Aus Drontheim, 18. Juli, wird berichtet: Der
Kaiser blieb gestern und heute an Bord der „Hohen-
zollern" und nahm die Vorträge der Cabinetsvertreter
gegen Nordlund ab und traf denselben schwer m die Seite,
ko daß er zu Boden stürzte. Es ist noch ungewiß, ov die
Wunde lebensgefährlich ist. Der Zustand des einen Wärters
ist bedenklich.
— Deutsche Landsleute schicken der Köln. Ztg. aus Paris
eine Schleife in französischen Farben zu, die von einem Knopfe
in den deutschen Farben zusammengehälten wird und mit einer
Nadel zum Anheften versehen ist. Diesesd e uts ch - französis ch e
Verbrüderungsabzeichen sei am Nationalfeste (14. Juli)
zu Tausenden auf dem Boulevard des Italiens verkauft worden.
Der poetische Erguß, mit dem die Einsender diese Gabe be-
gleitet, lautet: Dieser Knopf, Stellt auf den Kopf, Jedwede
Politik. Was Staatskunst nicht fand, Der Menschenverstand,
Ersah es mit richtigen Blick!
— Der Dampfer „Deutschland", der am 12. d. in New-
york eingetroffen ist, hat schon auf seiner ersten Reise den Re-
kord der schnellsten Fahrt, welche jemals nach Newyork aus-
geführt ist, errungen.^ Die Leistungen des Schiffes auf dieser
Erstlingsreise übertreffen um mehr als einen Knoten per Stunde
die Leistungen des nächst der „Deutschland" schnellsten Schiffes,
des Dampfers „Kaiser Wilhelm der Große". Die Durchschnitls-
fahrt bezifferte sich, obwohl einige Male Aufenthalt durch Nebel
und eine kleine Maschinenstörung entstand, auf 22,42 Knoten per
Stunde. Nach den Erfahrungen, welche bei allen auf der Werft
des Stettiner „Vulkan" erbauten Schiffen gemacht worden sind,
dürfte sich die Geschwindigkeit des Dampfers bei künftigen Reisen
noch sehr wesentlich erhöhen. Bei dem „Kaiser Wilhelm der
Große" hat diese mit der Zeit erzielte Geschwtndigkeitserhöhung
erheblich mehr als einen Knoten per Stunde betragen.
— Mailand, 16. Juli. Von Florenz ging gestern eine Ab-
ordnung des 5. Lancierregiments ab, bestehend aus Leutnant
Boselli, 2 Unteroffizieren und 2 Gemeinen, die sich zu Pferd
nach Berlin begeben, um mit dem Grafen von Turin
den preußischen Cavalleriemanövern beizuwohnen.
entgegen. Das Wetter ist sehr kühl und wechselnd. Mor-
gen erfolgt die Weiterfahrt in südlicher Richtung, zunächst
bis Molde. An Bord ist Alles wohl.
Baden. Die am 18. d. ausgegebene Nummer 22 des
Staatsanzeigers enthält eine allerhöchste Entschließung Sr.
König!. Hoh. des Großherzogs vom 16. d. M., wodurch
der Landtag für die Periode 1899/1900 als ge-
schlossen erklärt wird.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Kapitän zur See Harms im Reichs-Marine-Amt das Kom-
mandeurkreuz zweiter Klasse und dem Rechnungsrath Giese
daselbst das Ritterkreuz zweiter Klasse des Ordens vom Zähringer
Löwen verliehen.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
Hauptlehrern Eduard Edelmann in Pforzheim, Michael
Molitor in Unterneudorf, Karl Link in Seelbach, Philipp
Schleid in Rinktingen, Karl Jost in Mannheim, Heinrich
Schemenau in Neckarhausen, Peter Gärtner in Brötzingen,
Georg Lutz in Neudenau, Anton Rieger in Langenhart,
Rudolf Mosbrugger in Wollmatingen, Felix Walter in
Oetigheim, Leopold Sutter in Ichenheim, Leopold Jutz in
Bühl, Julius Dietrich in Plittersdorf, Karl Gersbach in
Ueberlingen, Michael Geiger in Hoffenyeim und Peter Ehr-
hardt in Merdingen das Verdienstkreuz vom Zubringer Löwen,
dem Gendarm Bernhard Theobald in Owingen die kleine
goldene Verdienstmedaille, dem Rathschreiber Johann Georg Leiz
in Döggingen die silberne Verdienstmedaille und dem Privat-
dozenten Dr. Wilibald Arnold Nagel in der medizinischen
Fakultät der Universität Freiburg den Charakter eines außer-
ordentlichen Professors verliehen.
Karlsruhe. 18. Juli. Die Kronprinzessin von
Schweden und Norwegen trat gestern Abend, von den
Höchsten Herrschaften zum Bahnhof begleitet, die Rückreise
nach Stockholm an. Heute Vormittag nahm der Gcoß-
hcrzog verschiedene Meldungen entgegen und hörte von 10
Uhr an den Vortrag des Generaladjutanten General-
leutnants von Müller. An der Frühstückstafel nahm die
Prinzessin Wilhelm theil. Dieselbe beabsichtigt in einigen
Lagen nach Rußland zu reisen und dort mehrere Wochen
bei ihren Verwandten zu verweilen. Die Höchsten Herr-
schaften treten heute Nacht die Reise nach dem Engadin
an und gedenken dort mehrere Wochen zu verweilen. Die-
selben werden unterwegs zwei Mal übernachten und zwar
zunächst in Churwalden, dann in Lenzer Heide und ge-
denken am 21. in St. Moritz einzutreffen.
Ausland.
Frankreich. Paris, 18. Juli. Einer amtlichen Note
des Kriegsministers zufolge wird das französische
Expeditionscorps bestehen aus einer Brigade Infanterie,
drei berittenen Batterieen, zwei Compagnieen Genietruppen
und Verwaltungsabtheilungen.
England. London, 18. Juli. Daily Expreß meldet
aus Beira vom 17. ds. Mts.: Der britische Konsul
erhielt einen Dolch stich ins Genick. An der Erhaltung
seines Lebens wird gezweifelt. Der Mörder wurde ins
Gefängniß gebracht.
Rußland. Petersburg, 18. Juli. General Gribski
meldet aus Blag owjeschenk, die Chinesen hätten
längs des Amur in einer Ausdehnung von 30 Werst
Schanzen aufgeworfen, Batterieen erbaut und mit Kanonen
besetzt. Bei der Beschießung von Blagowjeschenk hatten die
Chinesen acht Geschütze und 3000 Mann.
Italien. Mailand, 18. Juli. Die Perseveranza
meldet, officiös verlaute, daß der M i nt ste r r at h, der
gestern mehrmals zusammengetreten sei, beschlossen habe,
ein zweites E xp e d iti o n sco rps, wahrscheinlich stärker
als das erste, schleunigst anszurüsten und abzusenden. Der
Oberbefehl der gestimmten italienischen Truppenmacht in
China dürfte dem Generalmajor Nava übertragen werden.
Afrika. Das Bureau Reuter meldet aus Pretoria
vom 17. ds.: Gestern griffen die Buren den linken
Flügel der Stellung Polecarew's erfolglos an. Polecarew
hatte eine scheinbare Lücke in der Vertheidigungsstellung
gelassen, die jedoch durch das Feuer der Schiffs- und
Feldgeschütze bestrichen werden konnte. Die Buren gingen
mit Vorsicht vor, worauf die britische Artillerie ein heftiges
Feuer eröffnete, so daß sie zurückgehen mußten. Auch
Springs wurde von den Buren angegriffen, wo sie
nach heftigem Kampfe bis 50 Jard an das Royalirish-
regimcnt herankamen. Das Regiment, aufgefordert sich
zu ergeben, gab als Antwort eine Salve ab, die den Feind
nach allen Richtungen zerstreute.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 19. Juli.
-f Der Vau einer evangelischen Kirche in der Weststadt.
Am nächsten Freitag (also morgen) wird sich die evangelische
Kirchengemeinde-Versammlung wieder mit dem geplanten Bau
einer e v a n g e l i s ch e n K i r ch e in der Weststadt zu beschäftigen
haben. Die Pläne für die Kirche sind nunmehr von der Kirchen-
bauinspektion bis in die Details fertig gestellt. Es sind an dem
ursprünglichen Projekte einige Aenderungen vorgenommen. Der
Bericht der Kirchenbauinspektion sagt darüber: „Allen sicherheits-
polizeilichen Vorschriften wurde in erweitertem Maße entsprochen
und auch die Raumbedürfnisse fanden unter Verbesserung der
Abmessungen des Hauptschiffes im allgemeinen eine reichlichere
Berücksichtigung Insbesondere dürfen wir nicht unerwähnt lassen,
daß es unser Bestreben war, allen in der Kirchengemeinde-Ver-
sammlung vom 12. Jan. v. I. gegebenen Winken und Anregungen zu
folgen und dabei der von vielen Seiten gewünschten Verbesserung
der Ausgestaltung des Jnnenraums bezüglich der symmetrischen
Durchführung der Architekturtheile unsere volle Aufmerksamkeit
zuzuwenden. Wir haben infolgedessen die ganze Arkadenbildung,
welche aus dem Anschluß des Seitenschiffes an das Hauptschiff
sich ergibt, auf der östlichen Längswand des letzteren mit einer
Halbsäulenstellung wiederholt und hierdurch nicht nur für das
Auge das Gleichgewicht der formalen Durchbildung hergestellt,
sondern auch neben diesem ästhetischen Gewinn den weiteren Vor-
theil erzielt, daß die kräftige Gliederung dieser Wand durch die
schallzerstreuende Wirkung der vorspringcnden Säulen und Bogen-
anschiäge eine wesentliche Verbesserung der Akustik zur Folg?
haben wird. Wenn auch durch diese Anordnung der Kosten-
aufwand sich etwas erhöht, io sind doch deren Vorzüge derart in
die Augen springend, daß finanzielle Erwägungen hier zurück-
treten müssen. Die östliche Langwand wird ferner noch belebt
durch die architektonische Umrahmung der in den Versammlungs-
saal führenden Thür, die in reicher gegliedertem Aufbau sich er-
hebt und somit — wie dies bei älteren Kirchen häufig der Fall
ist — ihrem Charakter nach als „Brautthüre" besonders aus-
gezeichnet ist. Die Orgelempore ist gegenüber der ersten Projekt-
skizze insofern verändert, als die früher über das zweite Gewölbe-
joch sich erstreckende Anlage derselben im Interesse der Belichtung
des unter den Emporen befindlichen Gestühles reduzirt, dafür
aber die Vorhalle mit der darüber liegenden Orgelempore an-
gemessen vertieft und eine in Rippenüberkragung durchgeführte
Ausladung derselben angenommen wurde, um eine Verbindung
mit der Seitenempore zu bewerkstelligen. Ein über den Mittel-
gang angelegter erkerartiger Ausbau in der Emporenbrüstung
gestattet dem Dirigenten eines hier eventuell abzuhaltenden
Kirchenkonzertes den Ueberblick über die auf der Seitenempore
befindlichen Mitwirkenden. Auch das Gestühl des Hauptschiffes
soll für musikalische Darbietungen so eingerichtet werden, daß die
Banklehnen — wie dies ohne Schädigung des gefälligen Aus-
sehens auch anderweitig schon mit Erfolg durchgeführt ist — um-
geklappt werden können. Die räumliche Wirkung des Inneren
nach der Längenachse ist außer dieser sehr bemerkenswerthen Ver-
besserung auch dadurch wesentlich gesteigert worden, daß der
Chor als Altarraum durch eine besonders betonte schräge Leibung
mit scharf gegliederter Umrahmung vom Hauptschiff sich abhebt,
wodurch zudem für die Kanzel eine bessere und akustisch vortheil-
haftere Aufstellung sich ergibt." Der in Aussicht genommene
Bauplan ist folgender: Im Jahre 1900: Fundamentirung des
ganzen Bauwerkes -inschl. der Anbauten; im Jahre 1901: Auf-
führung der Kirche mit Ausnahme der Anbauten bis auf Kämpfer-
höhe der Fenster, circa -s- 9,00 w Höhe über Terrain; im
Jahre 1902: Fortführung bis auf Gesimshöhe, Fertigstellung
des Dachstuhls sammt Deckung. Aufführung des Thurmes bis
Firsthöhe; im Jahre 1903: Wölbung und Verputz der Jnnen-
räume, gleichzeitige Ausführung der Anbauten im Rohbau.
Fertigstellung des Thurmes, Beginn des Jnbaues und Erledi-
gung der ganzen .Heizungsanlage; im Jahre 1904: Winter-
arbeit bei ohnehin zur gründlicheren Austrocknung nothwendigen
Heizung und Vollendung der sämmtlichen Bauarbeiten bis zu der
Ende Juli erfolgenden Einweihung. Als Bausumme waren
ursprünglich 360000 in Aussicht genommen, später wurde
diese Summe auf 400000 erhöht, aber bei der in letzter Zeit
eingetretenen Preissteigerung wird auch sie nicht ausreichen, viel-
mehr ist der Bau auf 460 000 veranschlagt. Angesichts dieser
Thatsache hat der Kirchengemeinderath erwogen, ob nicht der
ganze Bau zu vertagen sei. Er entschied sich indessen gegen die
Verschiebung. Seine Gründe sind in der Vorlage an die Ktrchen-
gemeinde-Versammlung ausführlich und überzeugend dargestellt.
Er unterbreitet daher der Versammlung folgende Anträge: 1. Den
vorgelegten Bauplänen der ev. Kirchsnbauinspektion wird die Zu-
stimmung ertheilt. 2. Ebenso dem Kostenvoranschlag in der Höhe
von 460 000 3. Die Bauzeit wird auf fünf Jahre ausgedehnt
(bis 1904) und zwar in der Weise, daß bis Anfang 1903 mit
den Mitteln des Kirchenbaufonds gebaut, von da an nach Bedarf
ein Anlehen erhoben wird bis zum Betrag von 230 000
4. Dieses Kapital wird mit 4 Prozent verzinst und wird, wenn
es nicht anderwärts unter dieser Bedingung zu beschaffen ist, von
den örtlichen Kircheufonds ausgenommen. S. Die Amortisalions-
zeit für diese Schuld beträgt 40 Jahre. 6. Der Bau soll in
diesem Jahre begonnen werden. 7. Dem vorgelegten Finanzplan
wird die Zustimmung ertheilt.
Vom Gymnasium. Am 16. und 17. d. fand am hiesigen
Gymnasium unter dem Vorsitz des Geh. Hofraths Dr. Crusius
die Abiturientenprüfung statt. Es bestanden alle 35
Abiturienten.
ü> Für unsere Soldaten in China. Alle die Muthigen, die
sich als Freiwillige nach China gemeldet haben, gehen daselbst
schweren Kämpfen und Strapazen entgegen. Es ist daher über-
aus sympathisch zu begrüßen, daß man schon jetzt vielfach von
privater Sette bemüht ist, durch Liebesgaben aller Art unseren
Soldaten die Beschwerden und Gefahren des ostasiatischen
Klimas zu erleichtern. So erfahren wir, daß die Continen-
tal-Havana-Compagnie (Ges. m. b. H.), Berlin V.,
Mohrenstr. 11/12, mit Genehmigung des Chefs des Marine-
kadinets des Kaisers für die Dauer des Aufenthalts unserer
Krieger in China fortlaufende Sendungen von Cigarren und
Cigaretten, wie auch von Rauchtabak als Liebesgabe zur Ver-
fügung gestellt hat.
Ausgestellt. In dem Schaufenster der Firma A. Stoll, Ci-
garrenhandlung, Haupistraße Nr. 155, sind gegenwärtig die von
der „Heidelberger Liederhalle" in diesem Jahre errungenen Preise
ausgestellt. Die Preise sind unter der trefflichen Leitung des
langjährigen Vereinsdirigenten Herrn Musikdirektor M. Mann
errungen worden, und zwar in Mannheim bei dem großen
nationalen Wettstreit 4. Preis, bestehend in Ehrenpokal, goldener
Medaille und Urkunde, und in Dillstein bei Pforzheim 2.
Preis n, silberne Medaille und Ehrenurkunde.
Polizeibericht. Verhaftet wurden ein Glaser zum Zwecke
eines Strafvollzugs, ein Taglöhner wegen Einbruchsdiebstahls
und ein Dienstmädchen wegen Trunkenheit. Wegen Unfugs
kamen 6 Personen zur Anzeige.
— Neckargemünd, 18. Juli. Gestern Abend ertrank beim
Baden im Neckar bei der Ziegelhütte der Glasergehilfe Willy von
Windbach. Sein Leichnam ist bis jetzt noch nicht aufgefunden.
— Gestern Nachmittag ging über unsere Gegend ein Gewitter
mit orkanartigem Sturm, doch hat derselbe wenig Schaden an-
gerichtet.
Schatthausen. 16. Juli. In vergangener Nacht machte,
laut Wiesl. Ztg., ein Reisender der Dampfziegelei Wesch-
heimer und Müller in Altlußheim, der hier un Gasthaus zur
Rose übernachtete, einen Selbstmordversuch, indem er
sich 2 Revolverschüsse in der Lungengegend beibrachte. Das
Motiv zu dieser That ist wie ec angicbß Rückgang feiner
Äermögensverhältlusse. Daß er den Schritt aus lieber-
legung gethan hat, geht daraus hervor, daß er vorher Briese
an seine Frau und an den Gastgeber schrieb, in denen er
verschiedene Anordnungen traf. Heute Mittag wurde er in
das Krankenhaus nach Heidelberg überführt. An seinem Aus-
kommen wird gezwerfelt.
):( Eppingen. 17. Juli. Die gegenwärtige tropische Hitze
befördert das Reifen des Getreides in der kräftigsten Weise,
so daß am Ende dieser Woche schon mir dem Schneiden
des Kornes begonnen werden kann. Eine andere reiche Ernte
fand im Lause der vorigen und der letzigen Woche statt, die
der Johannisbeeren, von welchen außer dem zum
eigenen Hausverbrauche bestimmten Quantum noch viele
Zentner verkauft werden. Nur schade, daß nicht auch die
zur JohannrSbeer-Weinbereitung erforderlichen Zuckerhüle
zugleich geherbstet werden können.
— Weinheim. 19. Juli. Gestern Abend gegen 5 Uhr zog
nach einigen vorausgegangenen schwülen und heißen Tagen über
unsere Stadt und nächste Umgebung unerwartet ein über eine
Stunde andauerndes furchtbar schweres und heftiges
Gewitter. Die Blitze zuckten unaufhörlich am Himmels-
firmament und die Donnerschläge erfolgten in erschreckender und
ganz ungewöhnlichen Weise, wobei es anhaltend in wolkenbruch-
ortiger Weise derart regnete, daß alle- Straßen überschwemmt
waren und viel Schutt und Gestein vom Gebirg ins Thal ge-
wälzt wurde, das Wasser in viele Keller eindrang und vielfachen
Schaden anrichtete. Zum Glück blieben wir von Schloßen ver-
schont. Eingeschlagen - hat der Blitz in verschiedene Telephon-
und Telegraphendrähte. Trotz dieser Abkühlung haben wir heute
aber wieder gleich drückende Hitze, wie zuvor. — Die Ernte
beginnt bei dieser Witterung allgemein nächste Woche und wird
gut ausfallen. — In dem nahen Gebirgsorte Wünsch Michel-
bach erhielt der 32jährige Sohn des Mühlenbesitzers und Bezirks-
raths Jöst von einem Pferde einen solchen Schlag, daß er
gestern seinen Verletzungen erlag. — Sämmtliche 10 Schüler
der Bürgerschule, welche sich dem Einjährigencxameu unter-
zogen, sind bestanden. — Der Neubau des Reform--
hat Mulden zu besetzen, ein Theil desselben die Straße
zwischen Peking und Schanhaikwak besetzt zu halten. Das
zweite Korps ist bei Tientsin, das dritte bei Peking und
das vierte bei Nanking konzentrirt. Ein Theil des dritten
Korps mit 40 000 Mann geht gegen Wei-Hai-Wei und
Tientsin.
Was an der detaillirten Meldung wahr ist, muß dahin-
gestellt werden.
Daily Expreß meldet aus Tientsin vom 15.: Die
Verluste der ausländischen Truppen am 14. ds. Mts. be-
trugen 460 Todte und Verwundete. Demselben Blatte
wird von seinem Berichterstatter aus Shanghai vom 17.
gemeldet, er habe aus chinesischer Quelle erfahren, daß in
einem Edict des Prinzen Tuan der Anfangstag für einen
allgemeinen Aufstand festgesetzt wurde. Der Berichterstatter
fügt hinzu, die Chinesen in Shanghai erklärten offen, sie
würden auf die fremden Truppen schießen, falls sie dort
landen sollten.
Das Gesammtbild der Lage ist also heute recht un-
günstig. Aber es kann sich jeden Tag ändern. So kann
schon die moralische Wirkung der Einnahme Tientsins
durch die Mächte die Situation verbessern.
Deutsches Reich
— Die Nordd. Allg.Ztg. meldet: Staatssecretär Graf
Bülow sah sich veranlaßt, der hiesigen chinesischen
Gesandtschaft bekannt zu geben, daß ihr bis auf wei-
teres nicht mehrgestattet werden könne, chiffrirte oder
in verabredeter Sprache abgefaßte Telegramme abzugeben
und daß offene Telegramme vor ihrer Absendung dem
Staatssekretär zur Genehmigung der Beförderung vorgelegt
werden müssen.
— Die Bestimmungen über die Ausrüstung und
Bekleidung der Truppentheile des ostasiatischen
Expeditionskorps lassen erkennen, daß es sich nicht
wie beim China-Expeditionskorps unter Generalmajor v.
Hoepfner um eine sozusagen allgemeine deutsche Truppe, als
welche sich die Marineinfanterie darstellt, handelt, sondern
um ein preußisches Corps, bei dem nur das bayerische
Contingent mit einem geschlossenen Truppentheil vertreten
ist, der aber nicht selbständig ist, sondern in seiner Eigen-
schaft als Jnfanteriebataillon dem Regimentskommando
unterstellt ist, das von einem preußischen Obersten geführt
wird. Die Uniformirung wird aber für alle Truppen
dieselbe sein, wobei in erster Linie hervorzuheben ist, daß
der Waffenrock gänzlich fallen gelassen wurde, den man
bisher für geradezu nicht ersetzbar angesehen hatte. Und
nun ist er ohne weiteres durch die Litewka verdrängt,
welche im Verein mit dem Mantel die Winterbekleidung
der ausreisenden Truppen abgiebt, während als Sommer-
kleidung ein braungefärbter starker Drillich gewählt ist,
der noch besser sein soll als der Khakistoff. Die im
preußischen Heere üblichen vier Farbenabzeichen hat man
dabet auf die vier verschiedenen Truppengattungen derart
verwendet, daß bei den Schulterklappen für die Infanterie
weiß, für die berittenen Waffen roth, für die technischen
Truppen — Pioniere und Verkehrstruppen — gelb und
für den Train, sowie die Sanitätsmannschaften blau ge-
wählt wurde. Wie das ostastatische Feldartillerieregiment
die neue Schnellfeuerkanone 96 erhalten hat, so wurden
auch die neuesten Muster der Handfeuerwaffen ausgegeben,
nämlich das Jnfanteriegewehr 98 und der Karabiner 98.
— Die Ringbildung nimmt ununterbrochen zu.
Dem Petroleum folgte der Spiritus, die Kohle, das Pa-
pier und jetzt auch das GlaS. Die deutschen Glasfabri-
kanten haben sich vereint (aber nicht alle), um die Preise
zu schrauben, namentlich für die Beleuchtungsglaskörper.
Auch in diesem Zweig wehren sich die Abnehmer. In
Stuttgart macht eine Anzahl von Lampenfabrikanten,
Grossisten und Händlern der Beleuchtungsbranche gegen
das Geschäftsgebahren des Syndikats der vereinigten Glas-
fabriken Front. Es wurde in der Versammlung, in wel-
cher 22 Firmen aus allen Theilen Deutschlands vertreten
waren, beschlossen, einen Verband deutscher Beleuchtungs-
interesscnten zu gründen, um über die Frage des gemein-
samen Einkaufs von Glas unter Umgehung des Syndikats
sich zu benehmen.
— Aus Drontheim, 18. Juli, wird berichtet: Der
Kaiser blieb gestern und heute an Bord der „Hohen-
zollern" und nahm die Vorträge der Cabinetsvertreter
gegen Nordlund ab und traf denselben schwer m die Seite,
ko daß er zu Boden stürzte. Es ist noch ungewiß, ov die
Wunde lebensgefährlich ist. Der Zustand des einen Wärters
ist bedenklich.
— Deutsche Landsleute schicken der Köln. Ztg. aus Paris
eine Schleife in französischen Farben zu, die von einem Knopfe
in den deutschen Farben zusammengehälten wird und mit einer
Nadel zum Anheften versehen ist. Diesesd e uts ch - französis ch e
Verbrüderungsabzeichen sei am Nationalfeste (14. Juli)
zu Tausenden auf dem Boulevard des Italiens verkauft worden.
Der poetische Erguß, mit dem die Einsender diese Gabe be-
gleitet, lautet: Dieser Knopf, Stellt auf den Kopf, Jedwede
Politik. Was Staatskunst nicht fand, Der Menschenverstand,
Ersah es mit richtigen Blick!
— Der Dampfer „Deutschland", der am 12. d. in New-
york eingetroffen ist, hat schon auf seiner ersten Reise den Re-
kord der schnellsten Fahrt, welche jemals nach Newyork aus-
geführt ist, errungen.^ Die Leistungen des Schiffes auf dieser
Erstlingsreise übertreffen um mehr als einen Knoten per Stunde
die Leistungen des nächst der „Deutschland" schnellsten Schiffes,
des Dampfers „Kaiser Wilhelm der Große". Die Durchschnitls-
fahrt bezifferte sich, obwohl einige Male Aufenthalt durch Nebel
und eine kleine Maschinenstörung entstand, auf 22,42 Knoten per
Stunde. Nach den Erfahrungen, welche bei allen auf der Werft
des Stettiner „Vulkan" erbauten Schiffen gemacht worden sind,
dürfte sich die Geschwindigkeit des Dampfers bei künftigen Reisen
noch sehr wesentlich erhöhen. Bei dem „Kaiser Wilhelm der
Große" hat diese mit der Zeit erzielte Geschwtndigkeitserhöhung
erheblich mehr als einen Knoten per Stunde betragen.
— Mailand, 16. Juli. Von Florenz ging gestern eine Ab-
ordnung des 5. Lancierregiments ab, bestehend aus Leutnant
Boselli, 2 Unteroffizieren und 2 Gemeinen, die sich zu Pferd
nach Berlin begeben, um mit dem Grafen von Turin
den preußischen Cavalleriemanövern beizuwohnen.
entgegen. Das Wetter ist sehr kühl und wechselnd. Mor-
gen erfolgt die Weiterfahrt in südlicher Richtung, zunächst
bis Molde. An Bord ist Alles wohl.
Baden. Die am 18. d. ausgegebene Nummer 22 des
Staatsanzeigers enthält eine allerhöchste Entschließung Sr.
König!. Hoh. des Großherzogs vom 16. d. M., wodurch
der Landtag für die Periode 1899/1900 als ge-
schlossen erklärt wird.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Kapitän zur See Harms im Reichs-Marine-Amt das Kom-
mandeurkreuz zweiter Klasse und dem Rechnungsrath Giese
daselbst das Ritterkreuz zweiter Klasse des Ordens vom Zähringer
Löwen verliehen.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
Hauptlehrern Eduard Edelmann in Pforzheim, Michael
Molitor in Unterneudorf, Karl Link in Seelbach, Philipp
Schleid in Rinktingen, Karl Jost in Mannheim, Heinrich
Schemenau in Neckarhausen, Peter Gärtner in Brötzingen,
Georg Lutz in Neudenau, Anton Rieger in Langenhart,
Rudolf Mosbrugger in Wollmatingen, Felix Walter in
Oetigheim, Leopold Sutter in Ichenheim, Leopold Jutz in
Bühl, Julius Dietrich in Plittersdorf, Karl Gersbach in
Ueberlingen, Michael Geiger in Hoffenyeim und Peter Ehr-
hardt in Merdingen das Verdienstkreuz vom Zubringer Löwen,
dem Gendarm Bernhard Theobald in Owingen die kleine
goldene Verdienstmedaille, dem Rathschreiber Johann Georg Leiz
in Döggingen die silberne Verdienstmedaille und dem Privat-
dozenten Dr. Wilibald Arnold Nagel in der medizinischen
Fakultät der Universität Freiburg den Charakter eines außer-
ordentlichen Professors verliehen.
Karlsruhe. 18. Juli. Die Kronprinzessin von
Schweden und Norwegen trat gestern Abend, von den
Höchsten Herrschaften zum Bahnhof begleitet, die Rückreise
nach Stockholm an. Heute Vormittag nahm der Gcoß-
hcrzog verschiedene Meldungen entgegen und hörte von 10
Uhr an den Vortrag des Generaladjutanten General-
leutnants von Müller. An der Frühstückstafel nahm die
Prinzessin Wilhelm theil. Dieselbe beabsichtigt in einigen
Lagen nach Rußland zu reisen und dort mehrere Wochen
bei ihren Verwandten zu verweilen. Die Höchsten Herr-
schaften treten heute Nacht die Reise nach dem Engadin
an und gedenken dort mehrere Wochen zu verweilen. Die-
selben werden unterwegs zwei Mal übernachten und zwar
zunächst in Churwalden, dann in Lenzer Heide und ge-
denken am 21. in St. Moritz einzutreffen.
Ausland.
Frankreich. Paris, 18. Juli. Einer amtlichen Note
des Kriegsministers zufolge wird das französische
Expeditionscorps bestehen aus einer Brigade Infanterie,
drei berittenen Batterieen, zwei Compagnieen Genietruppen
und Verwaltungsabtheilungen.
England. London, 18. Juli. Daily Expreß meldet
aus Beira vom 17. ds. Mts.: Der britische Konsul
erhielt einen Dolch stich ins Genick. An der Erhaltung
seines Lebens wird gezweifelt. Der Mörder wurde ins
Gefängniß gebracht.
Rußland. Petersburg, 18. Juli. General Gribski
meldet aus Blag owjeschenk, die Chinesen hätten
längs des Amur in einer Ausdehnung von 30 Werst
Schanzen aufgeworfen, Batterieen erbaut und mit Kanonen
besetzt. Bei der Beschießung von Blagowjeschenk hatten die
Chinesen acht Geschütze und 3000 Mann.
Italien. Mailand, 18. Juli. Die Perseveranza
meldet, officiös verlaute, daß der M i nt ste r r at h, der
gestern mehrmals zusammengetreten sei, beschlossen habe,
ein zweites E xp e d iti o n sco rps, wahrscheinlich stärker
als das erste, schleunigst anszurüsten und abzusenden. Der
Oberbefehl der gestimmten italienischen Truppenmacht in
China dürfte dem Generalmajor Nava übertragen werden.
Afrika. Das Bureau Reuter meldet aus Pretoria
vom 17. ds.: Gestern griffen die Buren den linken
Flügel der Stellung Polecarew's erfolglos an. Polecarew
hatte eine scheinbare Lücke in der Vertheidigungsstellung
gelassen, die jedoch durch das Feuer der Schiffs- und
Feldgeschütze bestrichen werden konnte. Die Buren gingen
mit Vorsicht vor, worauf die britische Artillerie ein heftiges
Feuer eröffnete, so daß sie zurückgehen mußten. Auch
Springs wurde von den Buren angegriffen, wo sie
nach heftigem Kampfe bis 50 Jard an das Royalirish-
regimcnt herankamen. Das Regiment, aufgefordert sich
zu ergeben, gab als Antwort eine Salve ab, die den Feind
nach allen Richtungen zerstreute.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 19. Juli.
-f Der Vau einer evangelischen Kirche in der Weststadt.
Am nächsten Freitag (also morgen) wird sich die evangelische
Kirchengemeinde-Versammlung wieder mit dem geplanten Bau
einer e v a n g e l i s ch e n K i r ch e in der Weststadt zu beschäftigen
haben. Die Pläne für die Kirche sind nunmehr von der Kirchen-
bauinspektion bis in die Details fertig gestellt. Es sind an dem
ursprünglichen Projekte einige Aenderungen vorgenommen. Der
Bericht der Kirchenbauinspektion sagt darüber: „Allen sicherheits-
polizeilichen Vorschriften wurde in erweitertem Maße entsprochen
und auch die Raumbedürfnisse fanden unter Verbesserung der
Abmessungen des Hauptschiffes im allgemeinen eine reichlichere
Berücksichtigung Insbesondere dürfen wir nicht unerwähnt lassen,
daß es unser Bestreben war, allen in der Kirchengemeinde-Ver-
sammlung vom 12. Jan. v. I. gegebenen Winken und Anregungen zu
folgen und dabei der von vielen Seiten gewünschten Verbesserung
der Ausgestaltung des Jnnenraums bezüglich der symmetrischen
Durchführung der Architekturtheile unsere volle Aufmerksamkeit
zuzuwenden. Wir haben infolgedessen die ganze Arkadenbildung,
welche aus dem Anschluß des Seitenschiffes an das Hauptschiff
sich ergibt, auf der östlichen Längswand des letzteren mit einer
Halbsäulenstellung wiederholt und hierdurch nicht nur für das
Auge das Gleichgewicht der formalen Durchbildung hergestellt,
sondern auch neben diesem ästhetischen Gewinn den weiteren Vor-
theil erzielt, daß die kräftige Gliederung dieser Wand durch die
schallzerstreuende Wirkung der vorspringcnden Säulen und Bogen-
anschiäge eine wesentliche Verbesserung der Akustik zur Folg?
haben wird. Wenn auch durch diese Anordnung der Kosten-
aufwand sich etwas erhöht, io sind doch deren Vorzüge derart in
die Augen springend, daß finanzielle Erwägungen hier zurück-
treten müssen. Die östliche Langwand wird ferner noch belebt
durch die architektonische Umrahmung der in den Versammlungs-
saal führenden Thür, die in reicher gegliedertem Aufbau sich er-
hebt und somit — wie dies bei älteren Kirchen häufig der Fall
ist — ihrem Charakter nach als „Brautthüre" besonders aus-
gezeichnet ist. Die Orgelempore ist gegenüber der ersten Projekt-
skizze insofern verändert, als die früher über das zweite Gewölbe-
joch sich erstreckende Anlage derselben im Interesse der Belichtung
des unter den Emporen befindlichen Gestühles reduzirt, dafür
aber die Vorhalle mit der darüber liegenden Orgelempore an-
gemessen vertieft und eine in Rippenüberkragung durchgeführte
Ausladung derselben angenommen wurde, um eine Verbindung
mit der Seitenempore zu bewerkstelligen. Ein über den Mittel-
gang angelegter erkerartiger Ausbau in der Emporenbrüstung
gestattet dem Dirigenten eines hier eventuell abzuhaltenden
Kirchenkonzertes den Ueberblick über die auf der Seitenempore
befindlichen Mitwirkenden. Auch das Gestühl des Hauptschiffes
soll für musikalische Darbietungen so eingerichtet werden, daß die
Banklehnen — wie dies ohne Schädigung des gefälligen Aus-
sehens auch anderweitig schon mit Erfolg durchgeführt ist — um-
geklappt werden können. Die räumliche Wirkung des Inneren
nach der Längenachse ist außer dieser sehr bemerkenswerthen Ver-
besserung auch dadurch wesentlich gesteigert worden, daß der
Chor als Altarraum durch eine besonders betonte schräge Leibung
mit scharf gegliederter Umrahmung vom Hauptschiff sich abhebt,
wodurch zudem für die Kanzel eine bessere und akustisch vortheil-
haftere Aufstellung sich ergibt." Der in Aussicht genommene
Bauplan ist folgender: Im Jahre 1900: Fundamentirung des
ganzen Bauwerkes -inschl. der Anbauten; im Jahre 1901: Auf-
führung der Kirche mit Ausnahme der Anbauten bis auf Kämpfer-
höhe der Fenster, circa -s- 9,00 w Höhe über Terrain; im
Jahre 1902: Fortführung bis auf Gesimshöhe, Fertigstellung
des Dachstuhls sammt Deckung. Aufführung des Thurmes bis
Firsthöhe; im Jahre 1903: Wölbung und Verputz der Jnnen-
räume, gleichzeitige Ausführung der Anbauten im Rohbau.
Fertigstellung des Thurmes, Beginn des Jnbaues und Erledi-
gung der ganzen .Heizungsanlage; im Jahre 1904: Winter-
arbeit bei ohnehin zur gründlicheren Austrocknung nothwendigen
Heizung und Vollendung der sämmtlichen Bauarbeiten bis zu der
Ende Juli erfolgenden Einweihung. Als Bausumme waren
ursprünglich 360000 in Aussicht genommen, später wurde
diese Summe auf 400000 erhöht, aber bei der in letzter Zeit
eingetretenen Preissteigerung wird auch sie nicht ausreichen, viel-
mehr ist der Bau auf 460 000 veranschlagt. Angesichts dieser
Thatsache hat der Kirchengemeinderath erwogen, ob nicht der
ganze Bau zu vertagen sei. Er entschied sich indessen gegen die
Verschiebung. Seine Gründe sind in der Vorlage an die Ktrchen-
gemeinde-Versammlung ausführlich und überzeugend dargestellt.
Er unterbreitet daher der Versammlung folgende Anträge: 1. Den
vorgelegten Bauplänen der ev. Kirchsnbauinspektion wird die Zu-
stimmung ertheilt. 2. Ebenso dem Kostenvoranschlag in der Höhe
von 460 000 3. Die Bauzeit wird auf fünf Jahre ausgedehnt
(bis 1904) und zwar in der Weise, daß bis Anfang 1903 mit
den Mitteln des Kirchenbaufonds gebaut, von da an nach Bedarf
ein Anlehen erhoben wird bis zum Betrag von 230 000
4. Dieses Kapital wird mit 4 Prozent verzinst und wird, wenn
es nicht anderwärts unter dieser Bedingung zu beschaffen ist, von
den örtlichen Kircheufonds ausgenommen. S. Die Amortisalions-
zeit für diese Schuld beträgt 40 Jahre. 6. Der Bau soll in
diesem Jahre begonnen werden. 7. Dem vorgelegten Finanzplan
wird die Zustimmung ertheilt.
Vom Gymnasium. Am 16. und 17. d. fand am hiesigen
Gymnasium unter dem Vorsitz des Geh. Hofraths Dr. Crusius
die Abiturientenprüfung statt. Es bestanden alle 35
Abiturienten.
ü> Für unsere Soldaten in China. Alle die Muthigen, die
sich als Freiwillige nach China gemeldet haben, gehen daselbst
schweren Kämpfen und Strapazen entgegen. Es ist daher über-
aus sympathisch zu begrüßen, daß man schon jetzt vielfach von
privater Sette bemüht ist, durch Liebesgaben aller Art unseren
Soldaten die Beschwerden und Gefahren des ostasiatischen
Klimas zu erleichtern. So erfahren wir, daß die Continen-
tal-Havana-Compagnie (Ges. m. b. H.), Berlin V.,
Mohrenstr. 11/12, mit Genehmigung des Chefs des Marine-
kadinets des Kaisers für die Dauer des Aufenthalts unserer
Krieger in China fortlaufende Sendungen von Cigarren und
Cigaretten, wie auch von Rauchtabak als Liebesgabe zur Ver-
fügung gestellt hat.
Ausgestellt. In dem Schaufenster der Firma A. Stoll, Ci-
garrenhandlung, Haupistraße Nr. 155, sind gegenwärtig die von
der „Heidelberger Liederhalle" in diesem Jahre errungenen Preise
ausgestellt. Die Preise sind unter der trefflichen Leitung des
langjährigen Vereinsdirigenten Herrn Musikdirektor M. Mann
errungen worden, und zwar in Mannheim bei dem großen
nationalen Wettstreit 4. Preis, bestehend in Ehrenpokal, goldener
Medaille und Urkunde, und in Dillstein bei Pforzheim 2.
Preis n, silberne Medaille und Ehrenurkunde.
Polizeibericht. Verhaftet wurden ein Glaser zum Zwecke
eines Strafvollzugs, ein Taglöhner wegen Einbruchsdiebstahls
und ein Dienstmädchen wegen Trunkenheit. Wegen Unfugs
kamen 6 Personen zur Anzeige.
— Neckargemünd, 18. Juli. Gestern Abend ertrank beim
Baden im Neckar bei der Ziegelhütte der Glasergehilfe Willy von
Windbach. Sein Leichnam ist bis jetzt noch nicht aufgefunden.
— Gestern Nachmittag ging über unsere Gegend ein Gewitter
mit orkanartigem Sturm, doch hat derselbe wenig Schaden an-
gerichtet.
Schatthausen. 16. Juli. In vergangener Nacht machte,
laut Wiesl. Ztg., ein Reisender der Dampfziegelei Wesch-
heimer und Müller in Altlußheim, der hier un Gasthaus zur
Rose übernachtete, einen Selbstmordversuch, indem er
sich 2 Revolverschüsse in der Lungengegend beibrachte. Das
Motiv zu dieser That ist wie ec angicbß Rückgang feiner
Äermögensverhältlusse. Daß er den Schritt aus lieber-
legung gethan hat, geht daraus hervor, daß er vorher Briese
an seine Frau und an den Gastgeber schrieb, in denen er
verschiedene Anordnungen traf. Heute Mittag wurde er in
das Krankenhaus nach Heidelberg überführt. An seinem Aus-
kommen wird gezwerfelt.
):( Eppingen. 17. Juli. Die gegenwärtige tropische Hitze
befördert das Reifen des Getreides in der kräftigsten Weise,
so daß am Ende dieser Woche schon mir dem Schneiden
des Kornes begonnen werden kann. Eine andere reiche Ernte
fand im Lause der vorigen und der letzigen Woche statt, die
der Johannisbeeren, von welchen außer dem zum
eigenen Hausverbrauche bestimmten Quantum noch viele
Zentner verkauft werden. Nur schade, daß nicht auch die
zur JohannrSbeer-Weinbereitung erforderlichen Zuckerhüle
zugleich geherbstet werden können.
— Weinheim. 19. Juli. Gestern Abend gegen 5 Uhr zog
nach einigen vorausgegangenen schwülen und heißen Tagen über
unsere Stadt und nächste Umgebung unerwartet ein über eine
Stunde andauerndes furchtbar schweres und heftiges
Gewitter. Die Blitze zuckten unaufhörlich am Himmels-
firmament und die Donnerschläge erfolgten in erschreckender und
ganz ungewöhnlichen Weise, wobei es anhaltend in wolkenbruch-
ortiger Weise derart regnete, daß alle- Straßen überschwemmt
waren und viel Schutt und Gestein vom Gebirg ins Thal ge-
wälzt wurde, das Wasser in viele Keller eindrang und vielfachen
Schaden anrichtete. Zum Glück blieben wir von Schloßen ver-
schont. Eingeschlagen - hat der Blitz in verschiedene Telephon-
und Telegraphendrähte. Trotz dieser Abkühlung haben wir heute
aber wieder gleich drückende Hitze, wie zuvor. — Die Ernte
beginnt bei dieser Witterung allgemein nächste Woche und wird
gut ausfallen. — In dem nahen Gebirgsorte Wünsch Michel-
bach erhielt der 32jährige Sohn des Mühlenbesitzers und Bezirks-
raths Jöst von einem Pferde einen solchen Schlag, daß er
gestern seinen Verletzungen erlag. — Sämmtliche 10 Schüler
der Bürgerschule, welche sich dem Einjährigencxameu unter-
zogen, sind bestanden. — Der Neubau des Reform--