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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150-175 (02. Juli 1900 - 31. Juli 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0095

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.


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tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Xi-. 172.

Kkitig, den 27. Juli

ISvo.

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für die Monate August und
September werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern,
den Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Neckarstr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für tue Monate August
und September, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfg.,
mit Zustellgebühr Mk. 1.14._
Die Vorgänge in China.
Die Agentur Havas berichtet: Nach Meldungen aus
London nimmt der Meinungsaustausch zwischen
den verschiedenen Kabinetten einen regen Fort-
gang. In denselben wird als zweifellos angenommen und
als Grundlage für die Verhandlungen festgehalten, daß
die Vertreter der Mächte in Peking wohl-
behalten sind und die chinesische Regierung sich heraus-
nimmt, dieselben in mehr oder weniger verschleierter Weise
als Geiseln zurückzuhalten, in der Hoffnung, auf diese
Weise die auf ihr lastenden persönlichen, pekuniären und
militärischen Verpflichtungen zu vermindern. Ebenso nimmt
man an, daß die chinesische Regierung sich einbildet, sie
werde dadurch, daß sie die Gesandten daran hindert, mit
ihren Regierungen unmittelbar zu verkehren, bessere Be-
dingungen erlangen, da sie im Laufe der Verhandlungen,
die sie schon jetzt einleiten will, nicht nöthig haben werde,
sich von der unmittelbaren Anklage der Mitschuld zu
reinigen, welche die Gesandten gegen sie erheben könnten.
Wie dem auch sei, der Vormarsch auf Peking wird
nicht länger verschoben werden und wahr-
scheinlich gegen 1. August beginnen. Die
Truppen werden, soweit wie möglich, der Eisenbahn von
Tientsin nach Peking folgen.
Auch die russische Presse ist dafür, daß man die
Chinesen kräftig anfasse. Die Nowoje Wremja warnt
davor, bei den Verhandlungen mit China sich mit Ver-
sprechungen Hinhalten zu lassen. Die Chinesen hätten es
Meisterhaft verstanden, die Wachsamkeit der Diplomatie
einzuschläfern. Darum müßten von China ener-
gische Handlungen und keine Worte verlangt
werden. Die Nowosti spricht sich dahin aus, daß sich
Europa nicht darauf beschränken dürfe, von China eine
Entschädigung und Genugthuung zu fordern. China habe
seine Unfähigkeit zu regieren bewiesen, deshalb müßten die
Truppen der Mächte so lange in China gelassen
werden, bis sich mit voller Klarheit herausgestcllt hat, daß
sich solche Vorgänge nicht wiederholen.
Die Regierung der Vereinigten Staaten von Nord-
amerika scheint leider mit den andern Mächten in der Frage
der weiteren Behandlung Chinas nicht zu harmoniren.
Nach einer Meldung des Bureau Reuter hält man in
Washington nicht mit der Ansicht zurück, daß die Aus-
sichten auf eine erfolgreiche Vermittlung seitens Amerikas
gering sind und zwar in Folge der Wahrscheinlichkeit, daß
sich der Anerkennung oder Zustimmung derjenigen
Dt ächte, welche Verluste an Leben und Eigenthum in
Peking erlitten haben, ernste Schwierigkeiten cntgegenstellen
werden. Wenn es der Regierung der Vereinigten Staaten
nicht gelingt, die Mächte zu bewegen, bei den Verhand-
lungen mit China Milde walten zu lassen, so wird sich
Amerika nicht in weitere Feindseligkeiten hin ei »ziehen
lassen, nachdem es für seine eigenen Angelegenheiten Sorge
getragen hat, und sich zurückziehen. Es wird dies aber
ijicht thun, ohne zu verstehen zu geben, daß die Vereinigten
Staaten nicht zugeben würden, daß ihre Interessen durch
Handlungen irgend welcher anderer Mächte verletzt werden.

Aus Freiers Füßen.
(Schluß.)
.. Ein Verwandter der Prinzessin kam nach Belgrad, um
sich diese Dynastie und deren letzten Sproßen zu besehen.
blieb nur zwei Tage in Belgrad und — hatte genug
Wehen: auch diese Verlobung fand nicht statt! Allein, König
Aulan ließ sich nicht schrecken; mit der Beharrlichkeit des
Zweiers, der alles auf eine Karte gesetzt hat, suchte er
siwiter nach Bräuten für seinen Sohn. Wo klopfte er nicht
juurall an l Allein im ganzen mitteleuropäischen Staaten-
s; wplex war keine Prinzessin zu haben. Jetzt wandte ec
W nach Ungarn, eine reiche Magnatcntochter wäre auch
'?mmen gewesen, allein, vergeblich; sobald man sich den
kj^rautigam" angesehen hatte, hütete man sich wohl, sein
'genes Kind zu opfern. Jetzt kam Milan aus eine zu
Wndest originelle Idee: eine reiche Uankeetochter sollte
Labien und die Dynastie Obrenovic retten! Zn diesem
^kyufe setzte er sich mit den größten amerikanischen Heiraths-
crniittlungsbureaux ins Einvernehmen und bald konnte
h wj in den amerikanischen Zeitungen spaltenlange, mit Jllu-
lji?"onen verzierte Artikel lesen, in welchen von den könig-
Schlössern, den Krondiamanten und Krondomänen
^.r. Majestät König Alexander» von Serbien die Rede war,
z-5 wdeß Papa Milan schon längs verklopft oder am grünen
avs!r verspielt hatte. Selbst Krone, Scepter und Reichs-
ieN ' die Serbien und' dessen Könige niemals be-
abmn! ^te der ingeniöse Heirathsvermittler Sr. Majestät
b-j"!°en lassen, um den Aankeetöchtern den serbischen Thron
»i^.z nswerther zu machen — allein alles, auch das, hals
König Alexander blieb unbeweibt, der serbische
"cnsschatz unbereichert, die Dynastie ungesestigt.
d-Dun trat die Königin Natalie auf den Plan. Die vielen
zn k - chen Bemühungen Milans, „Sascha" unter die Haube
"ringen, hatten ihr gesagt, daß ernstliche Gefahren vor-

Voraussetzung der gegenwärtigen Verhandlungen zwi-
schen den Mächten ist, wie bemerkt, daß die Gesandten noch
leben. Nach einer Meldung der Daily Mail ist nur der
chinesische Dolmetscher der britischen Gesandt-
schaft nach Niutschwang entkommen. Er erzählte, als
er Peking verlassen habe, seien die meisten Mitglie-
der der Gesandtschaft todt, die Lage der anderen
hoffnungslos gewesen. Sir Robert Hart sei am
2. d. M. gestorben. Ob diese Mittheilnng sich be-
stätigt, muß dahingestellt bleiben. Sollte sie wahr sein,
so würde für die Mächte die Grundlage der Verhandlungen
sich ändern. Wenn der Mann in Niutschwang ist, das
am Meere liegt, so wird man ihn bald offiziell aus fragen.
Li-Hung-Tschang war am 25. ds. noch in
Shanghai. Wie verlautet, haben mehrere Konsuln chiff-
rirte Telegramme an die Gesandten in Peking gerichtet,
und diese Li-Hung-Tschang zur Beförderung übergeben.
Man glaubt, daß dieser in Shanghai bleiben wird, bis
die Antworten cingcgangen sind. Es wird befürchtet,
daß Versuche gemacht werden könnten, Torpedos im
Aangtsekiangflusse zu legen.
Von Tientsin scheinen die Chinesen — Truppen
wie Boxer — sich verzogen zu haben, während in der
Mandschurei, also gegen die Russen, die fremdenfeindliche
Bewegung noch stark im Gang ist. Nach einer Meldung
des Daily Telegraph aus Niutschwang ist die Eisenbahn
zwischen Liaotung, Mulden und Tschcting, sowie die Loko-
motiven und das rollende Material zerstört. Die Russen
haben angesichts dieser Lage einen Theil ihrer Truppen
aus Tientsin zurückgezogen, um sie in der Mandschurei zu
verwenden.
Der Russischen Telegraphcnagcntur zufolge besagt ein
Telegramm des Kollegienrathes Wachowitsch aus Hankau
am Dangtsekiang, also im mittleren China, vom 22. ds.,
daß die Aufregung der Chinesen gegen die Chri-
sten immer stärker wird. Der englische und der ameri-
kanische Konsul empfehlen ihren Landsleuten, ihre Familien
nach Shanghai zu schaffen. Der Vizekönig ist bemüht,
die Ordnung aufrecht zu erhalten und trifft Maßnahmen
zum Schutze der Fremden. Bisher verhielt sich bekanntlich
der mittlere und südliche Theil Chinas äußerlich ruhig.
Daily Telegraph erfährt von Shanghai aus wichtiger
geheimer Quelle den Inhalt eines angeblich neuerdings
unter den Vicekönigen umlaufenden Pro-
gramms Juanschikais, dessen Richtigkeit er jedoch
nicht unbedingt verbürgen kann. Danach sollen die zur
Rettung des Kaisers anmarschirenden Generäle sich aller
Angriffe auf den Prinzen Tuan und die Boxer enthalten,
bis mehr Klarheit über den Gang der Dinge cingetreten
sei. Falls der allgemeine Gesandten- und Fremdenmord
sich bestätigte und die Mächte die Zerstörung Pekings an-
strcbten, müßten die Generäle mit dem Prinzen Tuan
und den Boxern zusammenwirken, um dieses Unheil zu
verhindern und gleichzeitig den Rückzug der Kaiserin nach
Szinanfu, der alten Hauptstadt des Reiches, zu decken.
Ferner müßten alle den fremden Kriegsschiffen zugäng-
lichen Häfen und Städte verstärkt werden, sodaß man
einmüthig dem Ausland die Stirn bieten kann und der
Kampf einstweilen auf den Norden beschränkt bleibe. Da-
durch würden die anderen Mächte veranlaßt werden,
Frieden zu schließen. Neben den Verhandlungen müßten
jedoch die Rüstungen fortschreiten und die Arsenale mit
doppelter Kraft arbeiten, da die Einfuhr von Kriegs-
material stocke. Sodann müßten die Vicekönigd des
Südens den Schutz der Fremden jedenfalls solange fort-
setzen, bis der Hof die alte Hauptstadt erreicht habe und
der allgemeine Krieg unvermeidlich sei. Sollten die

fremden Gesandten noch leben und die Absicht, das Reich
zu theilen, zuverlässig bestritten werden, so müßten die
Generäle, unter Androhung eines Angriffs, die Boxer zur
Auflösung bringen. Der Friede wäre alsdann leicht,
während anderenfalls der Kampf bis aufs Messer sicher sei.
Zur Reform unseres Münzwesens.
Goldene Fünfmarkstücke sind seit 1879 nicht
mehr geprägt worden, es begann vielmehr bald darnach
die Einziehung derselben durch die Reichsbank. Jnsgesammt
waren an halben Kronen für 27,9 Millionen Mark zur
Ausprägung gekommen. Diese sind bis auf 5,9 Millionen
Mark zur Einziehung gelangt. Da der ausstehende Theil
der halben Kronen schon seit Jahren auf diesem Bestand
bcharrt, so ist als ziemlich sicher anzunehmen, daß ein
großer Theil dieser nahezu 6 Millionen sich nicht mehr
im Verkehr befindet, sondern in Sammlungen ruht, als
Schmuck Verwendung gefunden hat u. s. w. Es dürste
demnach auch durch die neuesten Verfügungen kaum er-
reicht werden, daß noch ein großer Theil der ausstehenden
halben Kronen zur Einziehung gelangt. Wenn mit dem
1. October d. I. auch die goldenen halben Kronen nicht
mehr als gesetzliches Zahlungsmittel gelten und Niemand
außer den Kassen, die mit der Einziehung beauftragt sind,
die Verpflichtung haben wird, diese Münzen in Zahlung
zu nehmen, so werden sie doch bis zum 30. September
1901 noch bei den Reichs- und Laudeskassen angenommen.
Von da ab haben sie allerdings nur noch ihren Goldwerth.
Der Außerkurssetzung der halben Goldkronen wird zunächst
die der silbernen Zwanzigpfennigstücke folgen.
So darf angenommen werden, daß sie zu einem Termin
erfolgen wird, der nicht weit hinter dem Beginn des
Jahres 1902 liegen wird. Mit der thatsächlichen Ein-
ziehung dieser Münzsorte ist schon seit einiger Zeit be-
gonnen worden. Es waren von den silbernen 20 Pfg.-
Stücken für insgesammt 35,7 Millionen Mark ausgeprägt
worden. Davon waren bereits Mitte des laufenden
Jahres für 28 Millionen Mark zur Einziehung gelangt,
sodaß sich noch für etwa 7,7 Millionen Mark im Ver-
kehr befinden. Es darf angenommen werden, daß, wenn
erst den silbernen 20-Pfg.-Stücken die Eigenschaft eines
gesetzlichen Zahlungsmittels genommen sein wird, der
nicht einzuziehende Rest ein ungleich kleinerer sein wird,
als bei den goldenen halben Kronen. Die Außerkurs-
setzung der Nickelzwan-zigp fennigstücke schließlich
wird nicht vor dem 1. Januar 1903 erfolgen. Die Ein-
ziehung dieser Münzsorte wird sich leichter als die der
anderen vollziehen lassen, weil sie einmal noch nicht so
lange im Verkehr war und sodann auch in weit kleinerem
Betrag zur Ausprägung gelangt ist. Die deutschen
Münzstätten haben von ihr für rund 5 Millionen Mark
geprägt Davon waren Mitte des laufenden Jahres
allerdings nur für ein paar 100 Mark wieder eingezogen,
so daß fast der ganze ausgeprägte Betrag noch im Ver-
kehr ist. Indessen darf angenommen werden, daß, nach-
dem einmal einzelne Kassen mit der Einziehung voran-
gegangen sind, die Nickelzwanzigpfennigstücke sehr bald aus
dem Verkehr verschwinden werden.

Deutsches Reich
— Der Germania zufolge ist am 25. d. im Missions-
haus Steyl folgendes Telegramm von dem Generalproku-
rator der Mission, Bartels, aus Tsintau eingetroffen: „Die
Missionare leben noch; 6 leben im Innern, die übri-
gen sind hier." Bischof Anzer befindet sich seit einigen
Tagen in Steyl und wird demnächst zur Mission zurück-
kehren.

anden seien, daß König Atexanüer der letzie Oorenovic
leiben werde und die ganze Königsspielerei eines Tages ein
lötzliches unerwartetes Ende nehmen könnte. Auch hoffte
ie, mit Hilfe ihrer russischen Verwandtschaft eine russische
Zrinzessin für den Sohn erringen zu können, wodurch sie
llerdings dem Einflüsse Milans aus Alexander einen ge-
laltigen Riegel vorgeschoben hätte. Jndeß die russischen
Zrinzessinen wollten von dem Serbenkönig ebenso wenig
ussen, wie die deutschen und die österreichischen, und die
iönigin mußte schließlich zu den kaukasischen Fürstenge-
hlechtern. deren Adel durchaus kein vollgültiger ist. ihre
»uflucht nehmen, um einigermaßen offenes Gehör zu finden,
-ndlich, endlich schien es, als ob der alte Fürst Urusoff. mit
em die Königin im verwandischaftlichem Verhällniß steht,
ie Dynastie retten und eine seiner Töchter opfern wollte.
Illein bei näherer Besichtigung der serbischen Maiestät
hüttelte auch er sein Haupt und sagte: nein! Die Königin,
ie sonst im Ehestisten viel Glück hatte und deshalb dachte,
uch ihren Sohn leicht unter die Haube bringen zu können,
»schloß sich, als man ihr in Rußland die Thür vor der
läse zugeschlagen hatte, am Balkan ihr Glück zu ver-
ichen: die Unterstützung der russischen Diplomatie hatte sie
ch gesichert.
„Sascha", sagte sie eines Tages ihrem Sohn, .geh' nach
iettinje; der Streit zwischen unserem Hause und dem Hause
ietrovic-Njegusch wird am sichersten aus der Welt geschafft,
enn beide Häuser zu einander in ein verwandtschaftliches
terhältniß treten. Die Prinzessin Helene würde zur serbl-
hen Königin passen."
Die serbische Diplomatie trat in Aktion, um die Reise des i
önigs und seine Brautwerbung vorzubereiten, allein ehe
öniu Alexander noch seine Koffer packen konnte, ereilte ihn
e unerwartete Botschaft, daß sich seine Braut mit dem i
ronprinzen von Italien verlobt hatte. Man tröstete -
Sascha" damit, daß man ihm sagte, der lochtergesegnete >
Monarch der Schwarzen Berge werde halt die Hand eines
ideren Töchterleins hergeben. Allein man tauschte sich

aucv hierin; als nämlich die serbische Diplomatie diesbezüglich
in Cetlinje an den Strauch klopfte, erklärte Nikita ganz
protzig: „Einem Obrenovic giebt ein Petrovic-Njegusch
keine Tochter!" In Athen hatte Alexander schon ein paar
Jahre vorher gefreit und zwar mit dem gleichen Erfolge —
er blieb unbeweibt und Serbien und die Dynastie Obrenovic
ungerettet. Die serbische Diplomatie, die „Hofkreise" und vor
allem Milan und Natalie ließen die Köpfe hängen. Ganz
Europa hatte man abgesucht. um für den Serbenkönig eine
Braut zu finden, allein überall wurde man heimgeschickt, hier
mehr, dort weniger höflich. Und selbst die neue Welt, in
der ein Heer von Agenten nach der Königsbraut suchte, blieb
unbarmherzig. Die Geiahr, daß der serbische Thron ohne
Erben bleiben und den Atkentatsplänen hungernder Thron»
Prätendenten leicht erliegen könne, trat hierdurch immer
mehr in die Wahrscheinlichkeit, so daß die Eltern des Königs
dahin übereinkamen, ihn mit einer serbischen Patriciersrochtcr
zu verheirathen. Da fiel das Auge zunächst aus die Tochter
des Gardeobersten Konstantinovic. der ein Verwandler der
Obrenovic und auch ziemlich vermögend ist, nachdem seine
Frau kurz zuvor von ihren Rangusaner-Äerwandlen eine
ziemlich bedeutende Erbschaft gemacht halte. Man rechnete
mit dem Ehrgeize der Frau Konstantinovic und hielt diese
! Verheirathung für bombenfest. Allein man rechnete mit
einem nicht, mit dem körperlichen und seelischen Zustande
des jungen Königs, der ein derart erschreckender geworden
ist, daß jede Mutter, die ihr Kind lieb hat, sich scheuen muß,
dasselbe dem jungen Alexander^ auszuliefern. Trotz allen
Ehrgeizes und der maßlosen Sehnsucht nach einer Königs-
krone brachte es Frau Konstantinovic doch nicht zu Wege,
ihr Töchterchen so ohne weiteres dem jungen Könige zu
opfern, den sie ja ein Dutzendmale in seiner blödsinnigen
Verfassung bei den unterschiedlichen Hoffestlichkeiten herum-
hocken sah. Sie verlangte daher eine gewisse Garantie, die
ihr dadurch geboten werden sollte, daß man den König durch
zwei Aerzte, die sie selbst normiren werde bezüglich seines
geistigen und körperlichen Zustandes untersuchen lassen wird.
Dies geschah und die Wahrnehmungen der beiden Aerzte
 
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