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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

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Nr. 255-280 (01. November 1900 - 30. November 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0483

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Fr. 260. ErKes ölstt.

Rußland «nd das deutsch-englische Abkommen.
St. Petersburg, 6. Nov. Der Russische Invalide
Meldet: Rußland ertheilte bezüglich des deutsch-englischen
Abkommens unterm 28. Oktober folgende Antwort:
Das zwischen England und Deutschland getroffene Ab-
'umnicn ändere vom russischen Standpunkt aus
Acht in wesentlicher Weise die Lage der Dinge in China.
Der erste Punkt des Abkommens, der bestimmt, daß die
"U den Fluß- und Meeresküsten befindlichen Häfen, über-
eil wo die beiden genannten Regierungen Einfluß ausüben,
frei und offen für den Handel bleiben, kann von Rußland
Mpathisch angenommen werden, zudem diese Bestimmung
keiner Weise den durch die gegenwärtigen Verträge be-
gehenden status <zjuo ändert. Der zweite Punkt ent-
bricht umso mehr den Absichten Rußlands, da beim Ent-
chen der gegenwärtigen Verwickelungen Rußland zuerst
d>e Aufrechlerhaltung der Integrität des himmlischen Reiches
As Grundprinzip seiner Politik in China proklamikte. Was
°kn dritten Punkt betrifft, so kann die russische Regie-
dUllg, indem sie sich auf ihre Cirkularnote vom ^5. August
Aruft, nur ihre Erklärung erneuern, daß eine derartige
Verletzung Rußland zwingen würde, die von ihm einge-
^Minene Stellung je nach den Umständen zu ändern.
'Dieser dritte Punkt faßt den Fall ins Auge, daß eine
Andere Macht Eroberungen in China macht.) Der vierte
^unkt erfordere keine Kommentare.
. Sonach hat Rußland sich dem deutsch-englischen Ab-
lllrinien angeschlossen, was sehr erfreulich ist.

Prozeß Sternberg.
. .Berlin, 6. Nov. In der heutigen Verhandlung des Pro.
f.e.Ises Sternberg verwahrte sich der Schutzmann Stier»
Ldter gegen die Behauptung, daß er im Regiment den Namen
Schwindel-Ltierstädier" geführt habe. Er habe sich im Regi-
ment besten Rufes erfreut. Der Präsident erklärt darauf,
auch die Militärpapiere dasselbe ergeben. Der Zeuge Hulh,
Mer Vormund der Frieda Woyoa, schildert diese als unzuver-
,M>g und verlogen; ebenso schildern die Ehefrau Hulh und Be-
anrue der Leiden das Mädchen als verstockt und verlogen,
r Polizeidirektor v. M e e r s ch c i d t - H ü l l e s s e m vom Präsi-
dien befragt, weshalb er Stierstädter die weitere Beschäftigung
Ast der SternbergsLen Sache verboten habe, erklärt, es sei das
A Gehen, weil Slierslädter aus dem Dezernat, das mit der An-
Alegenheit Sternberg sich beschäftigte, in ein anderes versetzt
. vtde„ sei, aber auch weil Stierstädter eigenmächtig gehandelt
zu Ferner erklärt Zeuge, er habe sei 13 Jahren Beziehungen
Aslernbcrg, den Verkehr im Jahre 1893 aber abgebrochen, als
Meige gegen Sternbcrg vorlag. Er nahm ihn 1896 wieder auf.
L, batte auch mit seiner Frau und Tochter Famtlrenverkehr mit
. "lnberg, dessen Schwiegervater einen Obersten v. Meerscheidt
^HNte. 1896 habe Zeuge Sternberg zufällig getroffen und ihn
sAt seiner zweiten Frau 4—6 mal besucht. Im Jahre 1899 war
letzte derartige Besuch. Bezüglich seiner Geldbeziehungen zu
4 Anberg sagt Zeuge aus, Sternberg habe ihm 2000 Mark zu
Mrozent Zinsen zur Vollendung des von ihm in Binz ange-
^agenen Hausbaues geliehen. Das Geld wurde an Sternberg
d°,"ckgezahlt, gleich nachdem eine Verdächtigung Sternbergs auf
Ho Btldfläche erschien, v. Meerscheidt hatte auf seinem
Mse. in Binz auch eine Sternbcrgsche Hypothek,
deim Verkauf des Hauses im October 1899 an einen Steru-
unbekannten Bahnhofpächler an die Breslauer Discontobank
8">g, die sie bezahlt Halle. Die Frage des Präsidenten, ob
sxMe somit seit October 1899 aus der ganzen Sache heraus
ff' beantwortet dieser mit „Jawohl" uud erklärt ferner auf Bc-
„Mv, er habe irgendwelche größere Geschenke von Sternberg
eM bekommen. Zur Einrichtung der Villa habe ihm Sternberg
Mge Möbelstücke überlassen. Der Präsident stellt am Schluß
^.heutigen Verhandlung fest, daß die Hypothek bezahlt sei.
Pev " beschließt der Gerichtshof, daß der Abtheilungschef im
"zeipräsidium, Regieruugsrath Dielerici, morgen vernommen
*An soll. Damit schließt die Sieung.
tz^Aie Nordd. Allgem. Ztg. gibt die gestrigen Auslassungen der
bsieb ^vrresp. im Prozeß Sternberg mit folgender Bemerkung
i>o,, Hiernach ist die Gewähr gegeben, daß die Angelegenheit
»L de» ständigen Instanzen mit dem Nachdruck und Ernst be-

Das Romanfeuilleton findet der Leser im heutigen
festen Blatt.__
II. populäres Symphonic-Concert.
- Heidelberg, 7. November.
üel!>? litt an einem Vorzug, — es war zu reichhaltig; auch das
'»de gehört zur Popularität.
Krastnummer des Programms stand an der Spitze:
kj.AAkowsky „1812", eine histortsch-maleude Tondichtung. Im
C»Me genommen ist das Material, mit dem der feinsinnige
tzjl?dvnist hier arbeitet: Gegenüberstellung von Nationalszenen,
er nklang und Gewehrfeuec recht billiger Qualität, auch waltet
dg« A bischen brutal mit der dicken Jnstrumenttrung. Aber klingt
Mi- auch etwas grab und effekthaschend, so ist ihm ein ge-
b>,d Üeghaster Glanz nud selbstbewußte Kraft nicht abzusprechen,
„es vermag zu interessiren.
be» 1?ii>mark sieht wie ein Waisenkind neben dem Russen. Wie
diese „Ländliche Hochzeit", wie alt ist sie heut schon,
z. verträgt nicht mehr so viel Süßigkeiten.
^sie Satz mit seinem trefflichen Marschthema ermüdet in
v.riationen, die trotz aller virtuosen Instrumentation durch ihre
eifigkett etwas viel Geduld fordern. In dem übersüßen
^>b>i x ten" überrascht die Vorahnung Mascagnis und die Mtt-
ifit vg "fit Gounod. Das Finale in seiner robusten Heiter-
n?"kt am frischesten.
krjM"i reizend, als musikalisches Spielzeug, ober von künst-
^i»,7?r Feinheit, erweist sich Bizet's kleine Suite „llswr ä'LuLnts".
Maules, wie der Kreisel, dieser originelle scherz, oder das
^vrtx Oiebesduettchen, sind musikalische Nippsächelchen feinster
bichAGvde, daß man, schon ermüdet, für diese Dessertbonbons
hr den richtigen Appetit hatte.
Mvb>„ . r Direktor RadigS Leitung wurde, wie man es ge-
Ir ^ sit, trefflich gespielt. Das Beste leistete das Orchester in
jllltxFvverture and der Suite. Bei der Symphonie sei die warme
^vretion des Andantes hervorgehoben.
Dt s des Abends, Frl. L. Meyer von Frankfurt
^>stei» ?ehte ^ne hochwillkommene Gabe: Schumanns Clavicr-
5 das seit Jahren nicht mehr bei uns erklungen ist.

Mitlmch, den 7. NWkmber

handelt wird, den die Sachlage erfordert. Es werden dabei be-
sonders auch die Beziehungen vom Polizeidirektor v. Weer-
sche i d t. H ü l l c s s e m mit dem Banquier Sternbcrg wie seine
finanzielle Lage eingehend geprüft und je nach dem Ergebniß
die etwa nöthig werdenden Maßregeln ungesäumt er-
griffen. _

Deutsches Reich.
— Reichskanzler Graf Bülow hat sich nach Lieben-
berg begeben, um dem Kaiser Vortrag zu halten. (Wahr-
scheinlich über die Enthüllungen, die der Prozeß Stcrnberg
gebracht hat.)
Baden. * Von den badischen liberalen Blättern ist
bis jetzt die Kehler Zeitung das einzige, das sich
gegen die direkte Wahl ausspricht. Dabei gibt sie aber
unumwunden zu erkennen, daß sie nicht sowohl das
direkte als vielmehr das allgemeine und gleiche
Wahlrecht bekämpft. Sie schreibt u. a.:
Die verhängnißvolle Seite dieses Wahlsystems liegt weder in
dem allgemeinen, noch in dem direkten, sondern in dem gleichen
Wahlrecht. Einer Einführung des allgemeinen und direkten
Wahlrechts für die Landtagswahlen könnte daher nur dann zu-
gestimmt werden, wenn man daran ginge, das gleiche Wahlrecht
vernünftigen Beschränkungen zu unterwerfen. Das gleiche Wahl-
recht, das jedem Wähler die gleiche Stimmberechtigung zuerkennt,
ist widernatürlich und deshalb ungerecht und innerlich unwahr.
Das Grundübel unseres ganzen parlamentarischen Systems,
die Majorisirung, d. h. die Möglichkeit, selbst das Beste und
Vernünftigste durch „die Mehrheit", d. h. durch die brutale Herr-
schaft der Zahl lahm zu legen, erreicht mit dem gleichen Wahl-
recht seine äußersten Grenzen. Die rechnungsmäßige Mehrheit,
dieies unbestimmte, schwankende, wechselnde Etwas, sie wird hier
zum eigentlichen Staatssouverän, die Zahl, die Ziffer entscheidet
über die Lebensfragen der Gesammtheit.
Was die Kehler Zeitung da vorbringt, ist eigentlich
eine furchtbare Verurtheilung der in Baden
herrschenden Zustände, denn in Baden haben
wir, von der Regierung vorgeschlagen und begründet, das
allgemeine und gleiche Wahlrecht. Danach müßten
wir in Baden trostlose Verhältnisse haben; inzwischen be-
finden wir uns jedoch recht wohl und Baden hat sich
auf manchen Gebieten die ehrenvolle Bezeichnung eines
Musterstaates errungen. An die Abschaffung des all-
gemeinen und gleichen Wahlrechts ist nicht zu denken, es
handelt sich vielmehr um die Beseitigung der zu einer wider-
wärtigen Formalität herabgesunkenen indirekten Wahl und
ihre Ersetzung durch die direkte.
L.O. Karlsruhe, 6. November. Mehrere Blätter
brachten die Nachricht, daß auch in Bruchsal bei den
städt. Wahlen ein Bündniß zwischen der nat.-lib.
Partei und dem Centrum vereinbart sei. Bis jetzt
haben aber nur private Besprechungen über eine gemein-
schaftliche Liste für Liberale, Centrum und Demokraten
stattgefunden. Ob die Verhandlungen zn einem positiven
Resultate führen, ist noch zweifelhaft.
L.F. Waldshut, 6. Nov. Der hiesige national-
liberale Bürgerverein hat mit der Einführung der regel-
mäßigen Monatsversammlungen in Verbindung
mit zeitgemäßen Vorträgen einen guten Griff gethan. Die
gestern Abend im „Schwanen" abgchaltene Versammlung,
in welcher Herr Oberamtmann Wild mit vielem Beifall
über die Entwicklung des Steuerwesens sprach, war gut
besucht.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine König!. Hoheit der Großherzog haben dem
Geh. Oberregierungsrath im Ministerium des Innern Max
Föhrenbach die Stelle des Landeskommissärs für die Kreise
Offenburg, Freiburg und Lörrach mit dem Sitze in Freiburg
übertragen und den Hilfsarbeiter im gleichen Ministerium, Ober-
amtmann Dr. Friedrich Nieser zum Mintsterialrath daselbst,
und den Amtmann Dr. Peter Gülich in Freiburg zum Hilfs-
arbeiter im Ministerium des Innern ernannt.

ES gehört zu dem Schönsten, was in der Klavierliteratur
geschaffen worden ist. Mit der Gewalt und Tiefe der Beethoven-
schen Klavierkonzerte kann es sich nicht messen, eS ist eine süße,
weiche Romantik, die hier Gestaltung sucht. Ader wie wunderbar
fließt das Alles, welche prächtigen Themata tragen den ersten
Satz, wie haben in dem letzten alle guten Geister eines fein-
graziösen Humors sich zum Reigen eingefunden I Und klavier-
mäßig ist das Konzert geschrieben, wie kaum ein zweites Werk
auf diesem Gebiet.
Fräulein Meyer hat mit dem Vortrag desselben einen be-
deutenden Erfolg erzielt. Sie spielte den Klavierpart ungemein
klar, fließend, mit brillanter Technik und einem zarten Anfassen,
das Schumann'scher Art wohl zusagt. Der Flüget, etwas dumpf,
gab im Forte manchmal nicht genügend Ton heraus. Das
Publikum lohnte die anmuthig-virtuose Leistung mit reichem
Beifall. . , .
Das Orchester, unter Radigs Leitung, suchte in seiner
schwierigen Bcgleitungsaufgabe sich entsprechend discret zu halten.
Wenn in dem kritischen Schlußsatz die feinen Einsätze nicht immer
haarscharf stimmten, so weiß man, daß es fast eine Unmöglichkeit
ist, dies zu erreichen.
Wenn die Solonummern der Clavierspielerin weniger stark
wirkten, lag dies mit an der Wahl der Stücke. Sie Halle in die
Weichheit, die den Abend beherrschte, ahnungslos drei duftige
Nummern eingereiht, so daß es an Conlrasten fehlte. Mendels-
sohn's „Frühlingslied" ist im Concertsaal beinahe ein Wagnig.
Es berührte etwas kühl. In Grieg» Nocturne und in dem
Elfenreigen von Sapellnikoff herrschten zarter Anschlag und eine
mühelose, perlende Technik. Dr. 8.

Kleine Zeitung.
— Berlin, 2. Novbr. Vier große altmärkische Hoch-
zeiten, die den Pomp und gewaltigen Umfang der Bauern-
hochzeiten früherer Zeit zeigten, fanden kürzlich, wie Berliner Bl.
berichten, in den altmärkischen Dörfern Zethlingen, Holzhausen.
Jübar und Mehmke statt. In Mehmke heirathete der Hofbesitzer
Ernst Kersten die Tochter des Besitzers Kannert. Etwa 600
Personen nahmen an dem Hochzettsmahl Thetl. Es waren dazu

ISO«.

Karlsruhe, 6. Nov. Am Sonntag Vormittag 10
Uhr fand in der Schloßkapelle in Baden ein Gottesdienst
statt, bei welchem der Prälat a. D. v. Doll die Predigt
hielt. Gestern Vormittag trafen der Prinz und die Prin-
zessin Max in Baden ein und nahmen mit der Prinzessin
Wilhelm an der Frühstückstafel im Großherzogl. Schlosse
theil. Prinz und Prinzessin Max kehrten Nachmittags 4
Uhr nach Karlsruhe zurück. Um 5 Uhr wohnten Ihre
König!. Hoheiten der Großherzog und die Grobherzogin
im Konversationshause den poetisch-literarischen Vorträgen
der Frau Amelie Ernst an. Prinz Victor Napoleon
hatte sich gestern von Rupprechtsau, wo derselbe bei der
Gräfin Pourtales zur Jagd verweilt, zum Besuch bei den
Großherzogltchen Herrschaften angemeldet. Ihre Königl.
Hoheiten luden den Prinzen auf heute zum Frühstück ein.
Seine Königliche Hoheit traf heute Vormittag nach 11 Uhr
in Baden ein uud wurde am Bahnhof von dem Flügel-
adjutanten Generalmajor Freiherrn von Schönau-Wehr
empfangen und im Hofwagen zum Russische» Hof geleitet.
Die Höchsten Herrschaften empfingen den Prinzen um 1 Uhr;
hierauf nahm derselbe an der Frühstückstafel theil, zu
welcher auch die Prinzessin Wilhelm erschien. Prinz Victor
Napoleon kehrte nach 3 Uhr nach Straßburg zurück.

Ausland.
Schweiz. Der neue Tarif für General abonne-
ments auf schweizerischen Bahnen, der in der Luzecner
Konferenz der schweizerischen Eisenvahngesellschaften fest-

gestellt wurde, sieht folgende Preise
vor:
I. Kl.
II Kl.
III. Kl.
Fr.
Fr.
Fr.
15 Tage
70
50
35
30 Tage
110
75
55
3 Monate
270
190
135
6 „
420
295
210
12 .
670
470
335
12 „ 2 Personen
900
630
450
Wie man sieht, trifft
die Vertheuerung
relativ

stärksten die Abonnements von geringerer Zeitdauer. Da-
für sind neu ausgenommen die Linien Freiburg—Murten,
Burgdorf—Thun, Pruntrut—Bonfol, Pont—Brassus und
die Dampfschifflinien auf dem Genfer-, Neuenburger-,
Muriner-, Vierwaldstädter- und Bodensee, sodaß also die
Veriheucrung sich wieder ausgleicht. Wie außerordentlich
belebend die Einführung des Abonnements auf den Ver-
kehr eingewirkt hat, ist bekannt. Wohl richten sich die
Touristen, die ein Abonnement genommen haben, anders
ein, wie früher, sie fahren jetzt in einem Tag meistens
weiter wie früher, der Verkehr hat sich an den Fremden-
orten zum Theil verschoben, allein im Großen und Ganzen
gewinnt die schweizerische Fremdenindustrie doch sehr durch
die Einrichtung des GeneralabonnemenlS.
Türkei. Kon staut in opel, 6. Nov. Gestern Abend
fand ein Gala diner zu Ehren des deutschen Bot-
schafters Frhru. Marschall v. Bieberstein im Mdizkiosk
statt.
Asien. Die Gesandten in Peking hoben noch einige
Zusätze zu dem französischen Vorschläge betreffend die
zukünftige Sicherung der Fremden vereinbart. Neben Aufrccht-
erhaltung einer ständigen Besatzung von 2000 Mann zumSchutze
der ausländischen Gesandtschaften sollen die Gesandtschaften be-
festigt werden und es soll keinem Chinesen gestattet sein,
das Gesandtschaftsviertel zu bewohnen. Letztere Bestimmung
soll hauptsächlich deu Gesandten eine Handhabe verleihen,
die Chinesen aus ihrem Viertel auszuweisen. Die Bestim-
mung über die Schleifung der Takuforts soll allgemeiner
gefaßt werden, um die militärische Commission zu ermäch-
tigen, alle sonstigen strategischen Hindernisse bis Peking zu
4 Rinder, 4 Schweine, 8 Kälber und einige Dutzend Stück Feder-
vieh geschlachtet, 1000 große Kuchen gebacken und 6 Tonnen Bier
und einige 100 Flaschen Wein besorgt worden. Die Hochzeit
dauerte 2 Tage. Die Braut war in schwere Seide gekleidet;
20 Brautjungfern schritten dem Hochzeitszuge, der sich in die
Kirche begab, voran. In Zethlingen heirathete der Ackermanns-
sohn Ferd. Krüger das Fräul. Hulda Kamieth aus Groß-Apen-
burg. Zu dieser Hochzeit waren gegen 400 Personen erschienen.
Auch hier war die Hochzeitstafel zum Brechen voll, 3 Rinder,
5 Schweine rc., 4 Kessel voll Kaffee gehörten zu der reichen Be-
wirthung. Aus der Hochzeit in Holzhausen mochten 350 Hoch,
zeitsgäste zugegen gewesen sein, außerdem nahm das ganze Dorf
Theil an der Festesfreüde. In Jübar war die Hochzeit gleich
groß. Vor Kurzem wurden bei einer altmärktschen Hochzeit weit
über 1000 Personen gespeist. Natürlich muß sich jeder von den
Gästen, die nicht zur Familie gehören, Messer und Gabel, Ser-
viette und was er sonst bei Tisch benöthigt, selber mttbringen.

Herbstuebel.
Ein Nebelmeer
Weit, wett umher:
Auf Straßen und Gassen
Die feuchten Massen.
In stetigem Wanken
Und Irren und Schwanken
glicht Grund, noch Halt
Und ohne Gestalt.
Da — Sonn und Wind
Zertheilen geschwind,
Und treiben und jagen,
Wie flügelgetragen,
Die weißlichen Streifen;
Sie eilen und schweifen,
Und freundlich erhellt
Lacht wieder die Welt.
 
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