erscheint täglich.
sonntags ausgenommen.
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mit Familienblättern
. monatlich 50 Pf.
^srei in's Haus gebracht,
^urch die Post bezogen
. Vierteljahr!. 1.25 Mk.
»usichlteßlich Zustellgebühr.
^rnsprech-Anschluß Nr. 82.
JusertionSgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat,
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82
Sir. 2Ül.
DminnstW. dt« 3Ü. August
I960.
Bestellungen
»uf die Heidelberger Zeitung für den Monat September
werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den Agenten,
bei den Trägern in der Stadt, sowie in der Expedition,
Untere Neckarstr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für den Monat September,
wenn am Schalter abgeholt, 42 Pfg., für Zustellgebühr
^5 Pfg. mehr.
Prozeß Bresci.
Mailand, 29.
In der Umgebung des königl. Justizpalastes herrscht
'»folge des Beginns der Verhandlungen über den Königs-
wörder Bresci große Bewegung. Der Zutritt ist nur
Men Vorzeigung der Karten gestattet. Besonders zahlreich
»nd die Vertreter der in- und ausländischen Presse an-
wesend. Vor Eintritt in die Verhandlung beantragen die
Artheidiger Vertagung deS Prozesses wegen Nichtigkeil des
^röffnungsbeschlusses. Der Antrag wird vom Gericht ab-
Alehnt. Darauf wird zur Bildung der Jury geschritten.
Aie Vertheidiger von Bresci sind die Vertheidiger Martelli,
Vorsitzender der Nnwaltskammer in Mailand, und Merlino
ȟs Rom, Verfasser anarchistischer Schriften. Bresci ver-
hält sich ruhig und erscheint beinahe gleichgiltig. Bei ver-
flossenen Thüren beginnt das Verhör Brescis, der
Märt, er werde nicht antworten. Merlino beantragt
Nochmals Vertagung, weil er die Ernennung zum Vertheidiger
M gestern mitgetheilt bekam. Der Gerichtshof lehnt den
Antrag ab. Während der Gerichtshof sich zur Berathung
öurückzieht, liest Bresci ruhig in der Anklageschrift und
betrachtet ohne Erregung das Publikum. Der Präsident
wßt die Anklageschrift verlesen, was längere Zeit in An-
bruch nimmt. Sie führt die bekannten Thatsachen an und
Mt ferner hervor, daß Bresci sich fortwährend im Scheiben-
fießen übte, um sein Opfer nicht zu fehlen, und daß er
we Kugeln seines Revolvers in besonderer Weise bearbeitete,
M sst noch gefährlicher zu machen. Aus anderen That-
lachen geht hervor, daß Bresci mit Ucberlegung handelte.
^2 werden darauf 16 Zeugen in den Saal geführt: 11
bavon sind von der Anklagebehörde, 5 von der Vertheidi-
f»g geladen.
. Dann beginnt das Verhör Brescis. Er erklärt, er
?»be nach den Vorgängen in Sicilien und Mailand be-
flossen, den König zu ermorden, um das Elend des Volkes
fb sein eigenes zu rächen. Er habe allein gehandelt, ohne
Mhgeber und Mitschuldige. Er gibt zu, sich im Scheiben-
Aeßen geübt und die Kugeln seines Revolvers in besonderer
^eise bearbeitet zu haben. Bresci spricht leise und ruhig.
erklärt ferner, er habe drei Schüsse auf eine Ent-
lftnirng von 2 bis 3 Metern abgegeben. Man zeigt ihm
Mauf die Waffe und zwei Bretter, gegen die er Scheibe
Uchossen hat. Nach Verlesung der Schriftstücke wird die
Atzung um 12Uhr unterbrochen
" E ÄlHUNZ mipkpl" link s
be,
Um 1'/; Uhr wird
wieder eröffnet und das Zeugen verhör
Monnen. Brigadier der Gendarmen Salvatori erzählt
. w näheren Umstände bei der Verhaftung Brescis, der von
Menge halbtodt geschlagen und blutüberströmt und mit
^rissenen Kleidern ins Gefängniß gebracht wurde. Gene-
»ladjutant Avogadro, der sich mit dem König im Wagen
(Mnd, sagt ebenfalls über die Thatumstände aus. Der
ftieraladjutant fragte, als die Schüsse gefallen waren, den
o»»>g, ob er getroffen sei. Der König erwiderte: „Ich
o'»ube in der Thal ja." Hierauf verschied er. (All-
^»leine Bewegung.) Die bei der Thal gegenwärtigen
^»gen Galimberti und Olivieri berichten über bereits be-
kannte Einzelheiten. Der Reitknecht des Königs Lupi macht
die gleichen Aussagen; er stürzte sich auf Bresci und packte
ihn am Halse. Der Zeuge Ramella, bei dem Bresci und
seine Freunde drei Tage vor dem Verbrechen wohnten, sagt
aus, sie hätten ein ruhiges Wesen zur Schau getragen.
Die Wirthin Cumbiaghi und die Wildhändlerin Carenci
bezeugen, daß Bresci während seines Aufenthaltes in
Monza vor dem Verbrechen die größte Ruhe an den Tag
legte. Andere Belastungszeugen bringen nichts Neues zur
Sache vor. Teresa Brugnoli aus Bologna, die Brescis
Geliebte war, sagt aus, Bresci habe am 21. Juli ein
Telegramm erhalten, dessen Inhalt sie nicht kenne. Er sei
darauf nach Mailand abgereist. Die von der Vertheidigung
geladenen Zeugen geben dem Angeklagten für die Zeit
seines Aufenthalts in Prato ein gutes Leumundszeugniß.
Seine Familie besaß dort ein kleines Grundstück; sein
Bruder ist Offizier. Nach Beendigung der Zeugenaussagen
beginnt der Generalstaatsanwalt sein Plaidoyer. Der
Generalstaatsanwalt beantragte schließlich, der Gerichtshof
möge Bresci für schuldig erklären, ohne Zubilligung
mildernder Umstände.
Mailand, 29. Aug. Bresci wurde zu lebens-
länglichem Körker vcrurtheilt. (Das italienische Straf-
gesetzbuch kennt bekanntlich die Todesstrafe nicht. Die Red.)
Das gegenwärtige Kriegstheater in
Transvaal.
Von Jemandem, der das augenblicklich in Frage
kommende Gelände selbst bereist hat, geht der Köln. Ztg.
folgende Schilderung zu: Das große Hochplateau, welches
den Freistaat und den südlichen sowie östlichen Theil
Transvaals umfaßt, fällt von Johannesburg allmählich
über Pretoria nach Norden und über Rustenburg nach
Nordwest zum Buschfeld ab. Das Buschfeld beginnt
wenige Meilen nördlich von Pretoria, im Osten erstreckt
es sich aus den südlichen Bezirken Transvaals nach Norden
weit über Ermelo hinaus, um ziemlich unmittelbar im
Bezirke von Barberton abzufallen. Die Stadt Middelburg
liegt noch auf der Hochebene, aber nur wenig nördlich
beginnt auch hier das Tiefland, das Buschfeld. Das Busch-
feld ist der südafrikanische Wald, dessen Bäume von Dornen
strotzen und den man zu Pferde nur auf gebahntem Wege
ungestraft durchqueren kann. Der Bur nennt sehr be-
zeichnender Weise einen der dort vorkommenden Bäume
„Wart ein bißchen", denn die hakenförmigen Dornen dieses
Baumes halten jeden unvorsichtigen Wanderer unerbittlich
fest und zwingen ihn, will er sich nicht die Kleider vom
Leibe reißen, sich mit Geduld aus seinen Umarmungen zu
lösen. Der Boden unter den höchstens 10 bis 12 Meter
hohen Bäumen ist mit fast mannshohem Gras bewachsen.
Den Sommer hindurch ist das Buschfeld meist unbewohnt.
Herrenlos sind die Gebiete jedoch nicht, auch bleiben,
freilich in geringerer Zahl, Farmer während des Sommers
dort. Meist aber gehört dann der ruhende Wald dem
Wild. Die größeren Raubthiere, z. B. die Löwen, haben
sich recht weit nach Norden zurückgezogen, auch die größeren
Antilopenarten sind selten geworden. Kleinere Gazellen
jedoch, Hasen, namentlich aber Flugwild (Perlhühner,
Rebhühner, kleinere Trappenarten, Fasanen, Wildenten,
Tauben) sind reichlich vorhanden und bieten zur Winter-
zeit Gelegenheit zur Ausübung der Jagd. Schlangen und
Spinnen, fast alle giftig, sowie Skorpione sind hier häufig.
Insekten, als unangenehmste die Mosquitos, durchschwirren
die Luft. Das Buschfeld liefert Feuerung für Pretoria
und Johannesburg. Man sammelt lediglich abgestorbene
Stämme und Aeste und erzielt für Frachten von 40 bis
60 Centner in Johannesburg 80 bis 300 Mark, je nach
Angebot und Nachfrage. Hierher steht die Sehnsucht
des Hochfeldfarmers im Winter, weil er hier
Schutz vor den eisigen Stürmen der Hochebene und vor
der Nachtkälte (bis — 7 Gr. R.) und Futter für das
Vieh findet. Im Frühling zieht er jedoch wieder von
dannen, denn mit dem Höhersteigen der Sonne wird die
Hitze in der stickigen Luft unter den Bäumen geradezu un-
erträglich und haucht der beständig feuchte Boden mörderisch
giftige Dünste aus. Je weiter die englischen Truppen
ihren Vormarsch fortsetzen, um so näher kommen sie jetzt,
d. h. zu der Zeit, wo man das Buschfeld gern meidet,
zu den ungesunden Gegenden Transvaals. Aber das
Klima ist nicht der einzige Feind, der sich ihnen entgegen-
stellen wird, denn in der Hochebene erheben sich Gebirge
zum Theil wildester Art. Nördlich von Middelburg liegen
die Zoutpansberge, die ich persönlich nicht gesehen habe,
deren Geländeschwierigkeiten aber aus den Kämpfen der
Buren gegen unbotmäßige Kaffernstämme zur Genüge be-
kannt sind. Im Osten durchsaust heute der Eisenbahnzug
die Thäler bei Barberton und bohrt sich in Tunnels durch
die himmelanstrebenden Ketten der verlängerten Drakens-
berge. Etwa 100 Kilometer westlich von Barberton senkt
sich die Straße von Middelburg zum erstenmal auf ihrem
Wege nach Osten. Nur mit festgebundenen Rädern über-
winden selbst leichte Gefährte diese erste Gewaltprobe, die
sich beim „Teufels Kontor", dem letzten felsigen Höhenzuge
vor Barberton, in verstärktem Maße wiederholt. Damit
ist man dann in das breite Thal eingetreten, welches
sich in der allgemeinen Richtung von Südwesten
nach Nordosten zwischen den parallelen Gebirgsketten
dahinzieht und die De Kaap-Goldfeder birgt. Von Natal
her ist der Abstieg ähnlich. Barton selbst liegt am westlichen
Hange einer derartigen Bergkette. Es verdankt seine Ent-
stehung bekanntlich den in seiner Nähe entdeckten Goldfeldern,
die schon den ersten Krach erlebt hatten, als man an
Johannesburg noch nicht dachte. Es hat sich als Gold-
stadt trotz den unerhörten Schwindeleien seines Anfangs-
stadiums, trotz dem Emporblühen Johannesburgs und trotz
seinem im Sommer mörderischen Klima gehalten, nament-
lich infolge einer der reichsten Minen der Welt, des Sheba
Reef, dessen Aktien von 20 auf 2 000 Mark stiegen und
doch noch reichliche Dividende trugen. In diesem zerklüfteten
Gebirgslande ist abseit der mit unendlicher Mühe gebahnten
Wege jedes Fahren, ja selbst jedes Reiten unmöglich, und
die Straßen haben ein derartiges Gefälle, daß Auf- und
Abstieg nur unter den größten Anstrengungen und mit der
peinlichsten Vorsicht zu bewerkstelligen sind. Das Klima
aber in den Niederungen mordet während der Sommer-
monate Menschen und Thiere in gleicher Weise. Selbst
Esel, deren Widerstandsfähigkeit bekannt ist, sterben hier
wie die Fliegen. Die Aussichten für den englischen Soldaten
ind auf solchem Boden nicht rosig. Kein Gelände eignet
ich zum Guerillakrieg besser, als diese wilden Gebirgs-
gegenden. Der Anmarsch der englischen Kolonnen muß
ich auf den wenigen vorhandenen Wegen vollziehen; er
wird schon von weitem beobachtet; kleine, in unzugänglichen
Felsen aufgestellte Trupps können ungestraft ihre rauch-
chwachen Gewehre nach Herzenslust spielen lassen, den
Gegner Nachts beunruhigen und seine rückwärtigen Ver-
bindungen bedrohen. Kleinere Abtheilungen setzen sich ein-
fach dem Verderben aus. Die tropische Hitze wird einen
Massenkonsum von Wasser bei den marfchirenden Truppen
veranlassen und in der Folge, zusammen mit dem Aufent-
halt und Schlaf in Zelten auf dem feuchten Erdboden,
Massen.rkrankungen an Malaria mit Wahrscheinlichkeit her-
beiführen. Die Kavallerie, Artillerie, Kolonnen aller Art
Der Wurzelgraber.
Eine Hochlandsgeschichte von Friedrich Dolch.
(Fortsetzung.)
xj ."Und wenn er noch drei Höf dazu erb'n thät zu dem
D»' . rief das Mädchen, ich thät ihn doch net nehmen. Der
j, °»nni is kein Mensch, vor dem man Reipekt had'n und
Ne? gern bab'n kann. Freilich, einbilden thut er sich
5 wenig auf seine Sauberkeit und auf sein Zitherschlag'n
Äiv gingen! D'rum steckl er aber auch die ganz' Zeit tm
UMsharis und kugelt auf alle Tanzböden 'rum- Der
>vin it gehr er aus'm Weg und der Liederlichkeit nach, das
Ex Leut', und mich dauert nur sein armer Vater,
. schon n' Siebziger aus'm Buckel hat und sich elend ab-
str-M muß mit die Ehhalten (Dienstboten) auf sein'm Hof.
ö'kriegt hat er sich mit sein'm Vater, der gute Sohn l
warum? Weil ihm der Vater sein unordentliches
net hingehen hat lassen und ihm ganz gehörig den
dek! »^waschen hat. Aber statt er sich d'raui 'bessert hätt',
er heimlich auf und davon, macht ein' Holzknecht und
5»er ich will weiter kein Wort mehr verlier'n d'rüber.
sw' solchen Menschen soll ich heirathen? Vater, das
Dein Ernst net sein!"
djs.^'O finsterem Stirnrunzeln hatte der Alte zugehört. „Du
lem auch schon eine gar zu g'strenge Sittenrichter»!,"
g M er jetzt ärgerlich. „Ich will ja zugeb'n, daß er's diemal
^?°t z' arg treibt, aber die jungen Leut' müssen austobeu,
ans. ^ alleweil besser, wenn er sich im ledigen Stand
h'p??bt und sich's net auj'n Eh'stand ausspart. Und da ich
heraus red' — ja, der Domini bat mit mir gered't
HP bei mir um Deine Hand ang'halten. Er iS ganz
kz^sich verliebt in Dich, und wenn er Dich net krieg'n
hat er g'iagt, müßt' er sich den Tod anthun. Und
was sei'n leichtsinnigen Lebenswandel angeht, — die Lieb'
hat da schon wäre Wunder g'wirkt, sag ich Dir! Wenn er
heut' zu sein'm Vater geht und Frieden schließt mit ihm,
wenn er fleißig arbeit't und sich ordentlich aufsührt — ich
wett mit Dir, daß ihm der Alt' 'n Hof übergiebt, so bald er
nur grad' will, und in den Austrag geht. Nachher kann der
Domini jede Stund' heirathen, und die junge Hartlbäuerin
— die kannst Du sein, wenn D' magst."
„Vater, ich —"
„Red' mir jetzt nix mehr," unterbrach sie aber der Alte
abwehrend und sich erhebend. „Ueberleg' Dir die Sach' und
hör' den Domini wenigstens amal an. Er wird morg'n in
der Früh' kommen und mit Dir red'n. Und wenn Du
Dein'm alten Vater eine recht große Freude mach'n willst,
nachher giebst dem Domini kein' Korb, sondern Dein Jawort.
Ich mein's gut mit Dir, d'rum geb' ich Dir den Rath, und
wenn D' mein'm Rath folgst, wird's Dein Glück sein. Das
wirst später einmal einsehen und wirst mir dankbar sein
dafür. — So, und jetzt kein Wort mehr Von dene Sach'nl
Der Diskurs hat lang dauert, und wenn Deine Kost net
schon lang eintrückert (getrocknet) und verbrennt is, kannst's
auftragen. Zum Genießen wird's schon noch sein, und der
Appetit is mir trotz der z'wideren Heirathsg'schicht' doch net
vergangen."
Bald saßen die beiden beim Abendmahle, das schweigend
eingenommen wurde. Gleich darauf suchte der Alte, müde
Von der Tagesarbett sein Lager auf; das junge Mädchen
aber saß noch lange am offenen Küchenfenster und starrte
bang und sorgenvoll hinaus in die finstere Nacht. —
Der dunklen Nacht war ein blauer sonnenheller Morgen
gefolgt. Die ganze Gegend schimmerte und flimmerte im
reichlich ausgesprengten Thau, die Berge hoben ihre zackigen
Häupter bestimmt und scharf in die klare Morgenluft empor,
Lerchen jubilirten hoch oben im Himmelsblau, und feierliche
Glockcnklänge schwebten über das Thal hinweg und zu den
Bergen empor.
In dem kleinen Grasgarten hinter dem Häuschen, das
dem Wurzelgraber Kasper gehörte, stand Regerl und war
eifrig beschäftigt, das abgemähte Gras zusammenzurechen und
auf einen Schubkarren zu laden. Sie hatte dabei weder
Auge noch Ohr für die Umgebung; deshalb gewahrte sie auch
den jungen Burschen nicht, der, den Fußweg vom Dorfe her-
kommend, Plötzlich vor dem Gartenzaune hielt und die Emsige
mit lauernden Bücken beobachtete.
Unbeweglich, wie ein Steinbild, stand der Lauscher und
duckte sich halb hinter die Hecke, die sich am Zaune hinzog.
Er trug, obwohl es Werktag war, seine besten Kleider, und
hatte sich, offenbar um sich in so günstiger Erscheinung als
möglich zu zeigen, aufs beste herausgeputzt. Die Gestalt
war schlank und wohlgebaut, und unter dem mit einem
prächtigen Spielhahnstoß gezierten Hute schaute ein hübsches
Gesicht hervor, dem nur der etwas unstäte Blick Eintrag
that. Auch die Blässe desselben war störend, weil sie nicht
zum ganzen Aussehen der Gestalt paßte und unwillkürlich
den Gedanken an das wüste Leben hervorrief, dem sie ihre
Entstehung verdankte.
Jetzt hob das Mädchen, durch ein leises Geräusch vom
Zaune her aufmerksam gemacht, den Kops. Der Lauscher
hatte sich inzwischen aus seiner gebückten Stellung aufge-
richtet und schwang sich nun leicht und gewandt über Zaun
und Hecke in den Garten. Regerl stieß einen leichten Aus-
ruf der Ueberraschung aus, der Bursche aber trat rasch auf
sie zu und streckte ihr mit einem freundlichen Lächeln die
Hand entgegen.
„Guten Morg'n. Regcrl." sagte er. „Schon so fleißig
wieder m aller Früd' ? Und wie flink Dir die Arbeit von
der Hand geht, g'rad' nur so schau'n muß man! Du giebst
a gute Hausfrau ab, wenn Dir amal 's Heirathen in' Sinn
kommt —" ^ ^ c , .
Fortsetzung folgt.
sonntags ausgenommen.
Preis
mit Familienblättern
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bei den Trägern in der Stadt, sowie in der Expedition,
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gebracht; durch die Post bezogen für den Monat September,
wenn am Schalter abgeholt, 42 Pfg., für Zustellgebühr
^5 Pfg. mehr.
Prozeß Bresci.
Mailand, 29.
In der Umgebung des königl. Justizpalastes herrscht
'»folge des Beginns der Verhandlungen über den Königs-
wörder Bresci große Bewegung. Der Zutritt ist nur
Men Vorzeigung der Karten gestattet. Besonders zahlreich
»nd die Vertreter der in- und ausländischen Presse an-
wesend. Vor Eintritt in die Verhandlung beantragen die
Artheidiger Vertagung deS Prozesses wegen Nichtigkeil des
^röffnungsbeschlusses. Der Antrag wird vom Gericht ab-
Alehnt. Darauf wird zur Bildung der Jury geschritten.
Aie Vertheidiger von Bresci sind die Vertheidiger Martelli,
Vorsitzender der Nnwaltskammer in Mailand, und Merlino
ȟs Rom, Verfasser anarchistischer Schriften. Bresci ver-
hält sich ruhig und erscheint beinahe gleichgiltig. Bei ver-
flossenen Thüren beginnt das Verhör Brescis, der
Märt, er werde nicht antworten. Merlino beantragt
Nochmals Vertagung, weil er die Ernennung zum Vertheidiger
M gestern mitgetheilt bekam. Der Gerichtshof lehnt den
Antrag ab. Während der Gerichtshof sich zur Berathung
öurückzieht, liest Bresci ruhig in der Anklageschrift und
betrachtet ohne Erregung das Publikum. Der Präsident
wßt die Anklageschrift verlesen, was längere Zeit in An-
bruch nimmt. Sie führt die bekannten Thatsachen an und
Mt ferner hervor, daß Bresci sich fortwährend im Scheiben-
fießen übte, um sein Opfer nicht zu fehlen, und daß er
we Kugeln seines Revolvers in besonderer Weise bearbeitete,
M sst noch gefährlicher zu machen. Aus anderen That-
lachen geht hervor, daß Bresci mit Ucberlegung handelte.
^2 werden darauf 16 Zeugen in den Saal geführt: 11
bavon sind von der Anklagebehörde, 5 von der Vertheidi-
f»g geladen.
. Dann beginnt das Verhör Brescis. Er erklärt, er
?»be nach den Vorgängen in Sicilien und Mailand be-
flossen, den König zu ermorden, um das Elend des Volkes
fb sein eigenes zu rächen. Er habe allein gehandelt, ohne
Mhgeber und Mitschuldige. Er gibt zu, sich im Scheiben-
Aeßen geübt und die Kugeln seines Revolvers in besonderer
^eise bearbeitet zu haben. Bresci spricht leise und ruhig.
erklärt ferner, er habe drei Schüsse auf eine Ent-
lftnirng von 2 bis 3 Metern abgegeben. Man zeigt ihm
Mauf die Waffe und zwei Bretter, gegen die er Scheibe
Uchossen hat. Nach Verlesung der Schriftstücke wird die
Atzung um 12Uhr unterbrochen
" E ÄlHUNZ mipkpl" link s
be,
Um 1'/; Uhr wird
wieder eröffnet und das Zeugen verhör
Monnen. Brigadier der Gendarmen Salvatori erzählt
. w näheren Umstände bei der Verhaftung Brescis, der von
Menge halbtodt geschlagen und blutüberströmt und mit
^rissenen Kleidern ins Gefängniß gebracht wurde. Gene-
»ladjutant Avogadro, der sich mit dem König im Wagen
(Mnd, sagt ebenfalls über die Thatumstände aus. Der
ftieraladjutant fragte, als die Schüsse gefallen waren, den
o»»>g, ob er getroffen sei. Der König erwiderte: „Ich
o'»ube in der Thal ja." Hierauf verschied er. (All-
^»leine Bewegung.) Die bei der Thal gegenwärtigen
^»gen Galimberti und Olivieri berichten über bereits be-
kannte Einzelheiten. Der Reitknecht des Königs Lupi macht
die gleichen Aussagen; er stürzte sich auf Bresci und packte
ihn am Halse. Der Zeuge Ramella, bei dem Bresci und
seine Freunde drei Tage vor dem Verbrechen wohnten, sagt
aus, sie hätten ein ruhiges Wesen zur Schau getragen.
Die Wirthin Cumbiaghi und die Wildhändlerin Carenci
bezeugen, daß Bresci während seines Aufenthaltes in
Monza vor dem Verbrechen die größte Ruhe an den Tag
legte. Andere Belastungszeugen bringen nichts Neues zur
Sache vor. Teresa Brugnoli aus Bologna, die Brescis
Geliebte war, sagt aus, Bresci habe am 21. Juli ein
Telegramm erhalten, dessen Inhalt sie nicht kenne. Er sei
darauf nach Mailand abgereist. Die von der Vertheidigung
geladenen Zeugen geben dem Angeklagten für die Zeit
seines Aufenthalts in Prato ein gutes Leumundszeugniß.
Seine Familie besaß dort ein kleines Grundstück; sein
Bruder ist Offizier. Nach Beendigung der Zeugenaussagen
beginnt der Generalstaatsanwalt sein Plaidoyer. Der
Generalstaatsanwalt beantragte schließlich, der Gerichtshof
möge Bresci für schuldig erklären, ohne Zubilligung
mildernder Umstände.
Mailand, 29. Aug. Bresci wurde zu lebens-
länglichem Körker vcrurtheilt. (Das italienische Straf-
gesetzbuch kennt bekanntlich die Todesstrafe nicht. Die Red.)
Das gegenwärtige Kriegstheater in
Transvaal.
Von Jemandem, der das augenblicklich in Frage
kommende Gelände selbst bereist hat, geht der Köln. Ztg.
folgende Schilderung zu: Das große Hochplateau, welches
den Freistaat und den südlichen sowie östlichen Theil
Transvaals umfaßt, fällt von Johannesburg allmählich
über Pretoria nach Norden und über Rustenburg nach
Nordwest zum Buschfeld ab. Das Buschfeld beginnt
wenige Meilen nördlich von Pretoria, im Osten erstreckt
es sich aus den südlichen Bezirken Transvaals nach Norden
weit über Ermelo hinaus, um ziemlich unmittelbar im
Bezirke von Barberton abzufallen. Die Stadt Middelburg
liegt noch auf der Hochebene, aber nur wenig nördlich
beginnt auch hier das Tiefland, das Buschfeld. Das Busch-
feld ist der südafrikanische Wald, dessen Bäume von Dornen
strotzen und den man zu Pferde nur auf gebahntem Wege
ungestraft durchqueren kann. Der Bur nennt sehr be-
zeichnender Weise einen der dort vorkommenden Bäume
„Wart ein bißchen", denn die hakenförmigen Dornen dieses
Baumes halten jeden unvorsichtigen Wanderer unerbittlich
fest und zwingen ihn, will er sich nicht die Kleider vom
Leibe reißen, sich mit Geduld aus seinen Umarmungen zu
lösen. Der Boden unter den höchstens 10 bis 12 Meter
hohen Bäumen ist mit fast mannshohem Gras bewachsen.
Den Sommer hindurch ist das Buschfeld meist unbewohnt.
Herrenlos sind die Gebiete jedoch nicht, auch bleiben,
freilich in geringerer Zahl, Farmer während des Sommers
dort. Meist aber gehört dann der ruhende Wald dem
Wild. Die größeren Raubthiere, z. B. die Löwen, haben
sich recht weit nach Norden zurückgezogen, auch die größeren
Antilopenarten sind selten geworden. Kleinere Gazellen
jedoch, Hasen, namentlich aber Flugwild (Perlhühner,
Rebhühner, kleinere Trappenarten, Fasanen, Wildenten,
Tauben) sind reichlich vorhanden und bieten zur Winter-
zeit Gelegenheit zur Ausübung der Jagd. Schlangen und
Spinnen, fast alle giftig, sowie Skorpione sind hier häufig.
Insekten, als unangenehmste die Mosquitos, durchschwirren
die Luft. Das Buschfeld liefert Feuerung für Pretoria
und Johannesburg. Man sammelt lediglich abgestorbene
Stämme und Aeste und erzielt für Frachten von 40 bis
60 Centner in Johannesburg 80 bis 300 Mark, je nach
Angebot und Nachfrage. Hierher steht die Sehnsucht
des Hochfeldfarmers im Winter, weil er hier
Schutz vor den eisigen Stürmen der Hochebene und vor
der Nachtkälte (bis — 7 Gr. R.) und Futter für das
Vieh findet. Im Frühling zieht er jedoch wieder von
dannen, denn mit dem Höhersteigen der Sonne wird die
Hitze in der stickigen Luft unter den Bäumen geradezu un-
erträglich und haucht der beständig feuchte Boden mörderisch
giftige Dünste aus. Je weiter die englischen Truppen
ihren Vormarsch fortsetzen, um so näher kommen sie jetzt,
d. h. zu der Zeit, wo man das Buschfeld gern meidet,
zu den ungesunden Gegenden Transvaals. Aber das
Klima ist nicht der einzige Feind, der sich ihnen entgegen-
stellen wird, denn in der Hochebene erheben sich Gebirge
zum Theil wildester Art. Nördlich von Middelburg liegen
die Zoutpansberge, die ich persönlich nicht gesehen habe,
deren Geländeschwierigkeiten aber aus den Kämpfen der
Buren gegen unbotmäßige Kaffernstämme zur Genüge be-
kannt sind. Im Osten durchsaust heute der Eisenbahnzug
die Thäler bei Barberton und bohrt sich in Tunnels durch
die himmelanstrebenden Ketten der verlängerten Drakens-
berge. Etwa 100 Kilometer westlich von Barberton senkt
sich die Straße von Middelburg zum erstenmal auf ihrem
Wege nach Osten. Nur mit festgebundenen Rädern über-
winden selbst leichte Gefährte diese erste Gewaltprobe, die
sich beim „Teufels Kontor", dem letzten felsigen Höhenzuge
vor Barberton, in verstärktem Maße wiederholt. Damit
ist man dann in das breite Thal eingetreten, welches
sich in der allgemeinen Richtung von Südwesten
nach Nordosten zwischen den parallelen Gebirgsketten
dahinzieht und die De Kaap-Goldfeder birgt. Von Natal
her ist der Abstieg ähnlich. Barton selbst liegt am westlichen
Hange einer derartigen Bergkette. Es verdankt seine Ent-
stehung bekanntlich den in seiner Nähe entdeckten Goldfeldern,
die schon den ersten Krach erlebt hatten, als man an
Johannesburg noch nicht dachte. Es hat sich als Gold-
stadt trotz den unerhörten Schwindeleien seines Anfangs-
stadiums, trotz dem Emporblühen Johannesburgs und trotz
seinem im Sommer mörderischen Klima gehalten, nament-
lich infolge einer der reichsten Minen der Welt, des Sheba
Reef, dessen Aktien von 20 auf 2 000 Mark stiegen und
doch noch reichliche Dividende trugen. In diesem zerklüfteten
Gebirgslande ist abseit der mit unendlicher Mühe gebahnten
Wege jedes Fahren, ja selbst jedes Reiten unmöglich, und
die Straßen haben ein derartiges Gefälle, daß Auf- und
Abstieg nur unter den größten Anstrengungen und mit der
peinlichsten Vorsicht zu bewerkstelligen sind. Das Klima
aber in den Niederungen mordet während der Sommer-
monate Menschen und Thiere in gleicher Weise. Selbst
Esel, deren Widerstandsfähigkeit bekannt ist, sterben hier
wie die Fliegen. Die Aussichten für den englischen Soldaten
ind auf solchem Boden nicht rosig. Kein Gelände eignet
ich zum Guerillakrieg besser, als diese wilden Gebirgs-
gegenden. Der Anmarsch der englischen Kolonnen muß
ich auf den wenigen vorhandenen Wegen vollziehen; er
wird schon von weitem beobachtet; kleine, in unzugänglichen
Felsen aufgestellte Trupps können ungestraft ihre rauch-
chwachen Gewehre nach Herzenslust spielen lassen, den
Gegner Nachts beunruhigen und seine rückwärtigen Ver-
bindungen bedrohen. Kleinere Abtheilungen setzen sich ein-
fach dem Verderben aus. Die tropische Hitze wird einen
Massenkonsum von Wasser bei den marfchirenden Truppen
veranlassen und in der Folge, zusammen mit dem Aufent-
halt und Schlaf in Zelten auf dem feuchten Erdboden,
Massen.rkrankungen an Malaria mit Wahrscheinlichkeit her-
beiführen. Die Kavallerie, Artillerie, Kolonnen aller Art
Der Wurzelgraber.
Eine Hochlandsgeschichte von Friedrich Dolch.
(Fortsetzung.)
xj ."Und wenn er noch drei Höf dazu erb'n thät zu dem
D»' . rief das Mädchen, ich thät ihn doch net nehmen. Der
j, °»nni is kein Mensch, vor dem man Reipekt had'n und
Ne? gern bab'n kann. Freilich, einbilden thut er sich
5 wenig auf seine Sauberkeit und auf sein Zitherschlag'n
Äiv gingen! D'rum steckl er aber auch die ganz' Zeit tm
UMsharis und kugelt auf alle Tanzböden 'rum- Der
>vin it gehr er aus'm Weg und der Liederlichkeit nach, das
Ex Leut', und mich dauert nur sein armer Vater,
. schon n' Siebziger aus'm Buckel hat und sich elend ab-
str-M muß mit die Ehhalten (Dienstboten) auf sein'm Hof.
ö'kriegt hat er sich mit sein'm Vater, der gute Sohn l
warum? Weil ihm der Vater sein unordentliches
net hingehen hat lassen und ihm ganz gehörig den
dek! »^waschen hat. Aber statt er sich d'raui 'bessert hätt',
er heimlich auf und davon, macht ein' Holzknecht und
5»er ich will weiter kein Wort mehr verlier'n d'rüber.
sw' solchen Menschen soll ich heirathen? Vater, das
Dein Ernst net sein!"
djs.^'O finsterem Stirnrunzeln hatte der Alte zugehört. „Du
lem auch schon eine gar zu g'strenge Sittenrichter»!,"
g M er jetzt ärgerlich. „Ich will ja zugeb'n, daß er's diemal
^?°t z' arg treibt, aber die jungen Leut' müssen austobeu,
ans. ^ alleweil besser, wenn er sich im ledigen Stand
h'p??bt und sich's net auj'n Eh'stand ausspart. Und da ich
heraus red' — ja, der Domini bat mit mir gered't
HP bei mir um Deine Hand ang'halten. Er iS ganz
kz^sich verliebt in Dich, und wenn er Dich net krieg'n
hat er g'iagt, müßt' er sich den Tod anthun. Und
was sei'n leichtsinnigen Lebenswandel angeht, — die Lieb'
hat da schon wäre Wunder g'wirkt, sag ich Dir! Wenn er
heut' zu sein'm Vater geht und Frieden schließt mit ihm,
wenn er fleißig arbeit't und sich ordentlich aufsührt — ich
wett mit Dir, daß ihm der Alt' 'n Hof übergiebt, so bald er
nur grad' will, und in den Austrag geht. Nachher kann der
Domini jede Stund' heirathen, und die junge Hartlbäuerin
— die kannst Du sein, wenn D' magst."
„Vater, ich —"
„Red' mir jetzt nix mehr," unterbrach sie aber der Alte
abwehrend und sich erhebend. „Ueberleg' Dir die Sach' und
hör' den Domini wenigstens amal an. Er wird morg'n in
der Früh' kommen und mit Dir red'n. Und wenn Du
Dein'm alten Vater eine recht große Freude mach'n willst,
nachher giebst dem Domini kein' Korb, sondern Dein Jawort.
Ich mein's gut mit Dir, d'rum geb' ich Dir den Rath, und
wenn D' mein'm Rath folgst, wird's Dein Glück sein. Das
wirst später einmal einsehen und wirst mir dankbar sein
dafür. — So, und jetzt kein Wort mehr Von dene Sach'nl
Der Diskurs hat lang dauert, und wenn Deine Kost net
schon lang eintrückert (getrocknet) und verbrennt is, kannst's
auftragen. Zum Genießen wird's schon noch sein, und der
Appetit is mir trotz der z'wideren Heirathsg'schicht' doch net
vergangen."
Bald saßen die beiden beim Abendmahle, das schweigend
eingenommen wurde. Gleich darauf suchte der Alte, müde
Von der Tagesarbett sein Lager auf; das junge Mädchen
aber saß noch lange am offenen Küchenfenster und starrte
bang und sorgenvoll hinaus in die finstere Nacht. —
Der dunklen Nacht war ein blauer sonnenheller Morgen
gefolgt. Die ganze Gegend schimmerte und flimmerte im
reichlich ausgesprengten Thau, die Berge hoben ihre zackigen
Häupter bestimmt und scharf in die klare Morgenluft empor,
Lerchen jubilirten hoch oben im Himmelsblau, und feierliche
Glockcnklänge schwebten über das Thal hinweg und zu den
Bergen empor.
In dem kleinen Grasgarten hinter dem Häuschen, das
dem Wurzelgraber Kasper gehörte, stand Regerl und war
eifrig beschäftigt, das abgemähte Gras zusammenzurechen und
auf einen Schubkarren zu laden. Sie hatte dabei weder
Auge noch Ohr für die Umgebung; deshalb gewahrte sie auch
den jungen Burschen nicht, der, den Fußweg vom Dorfe her-
kommend, Plötzlich vor dem Gartenzaune hielt und die Emsige
mit lauernden Bücken beobachtete.
Unbeweglich, wie ein Steinbild, stand der Lauscher und
duckte sich halb hinter die Hecke, die sich am Zaune hinzog.
Er trug, obwohl es Werktag war, seine besten Kleider, und
hatte sich, offenbar um sich in so günstiger Erscheinung als
möglich zu zeigen, aufs beste herausgeputzt. Die Gestalt
war schlank und wohlgebaut, und unter dem mit einem
prächtigen Spielhahnstoß gezierten Hute schaute ein hübsches
Gesicht hervor, dem nur der etwas unstäte Blick Eintrag
that. Auch die Blässe desselben war störend, weil sie nicht
zum ganzen Aussehen der Gestalt paßte und unwillkürlich
den Gedanken an das wüste Leben hervorrief, dem sie ihre
Entstehung verdankte.
Jetzt hob das Mädchen, durch ein leises Geräusch vom
Zaune her aufmerksam gemacht, den Kops. Der Lauscher
hatte sich inzwischen aus seiner gebückten Stellung aufge-
richtet und schwang sich nun leicht und gewandt über Zaun
und Hecke in den Garten. Regerl stieß einen leichten Aus-
ruf der Ueberraschung aus, der Bursche aber trat rasch auf
sie zu und streckte ihr mit einem freundlichen Lächeln die
Hand entgegen.
„Guten Morg'n. Regcrl." sagte er. „Schon so fleißig
wieder m aller Früd' ? Und wie flink Dir die Arbeit von
der Hand geht, g'rad' nur so schau'n muß man! Du giebst
a gute Hausfrau ab, wenn Dir amal 's Heirathen in' Sinn
kommt —" ^ ^ c , .
Fortsetzung folgt.