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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150-175 (02. Juli 1900 - 31. Juli 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0035

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Xr. 157.

Münsing, den 10. Juli

190«.

Die Vorgänge in China.
Der Berichterstatter der Daily Mail in Shanghai
hat nach persönlicher Ausfrngung des eingeborenen Boten,
der die Meldung aus Peking vom 3. Juli überbrachte,
Folgendes nachzutragen: Als der Angriff gegen die
Ausländer begann, besetzten, schlossen und hielten die
Deutschen die Tschienmienthore während Prinz
Dsching, Gegner der Boxer und Anhänger der Kaiserin,
die drei übrigen Thore angriff und besetzte und dadurch
breiteren Zuzug für die Empörer in die Stadt abschnitt.
Wilde Kämpfe folgten und brachten den Angreifern
schwere Verluste bei, da jeder Schuß in die dichten Massen
traf. Mehr als 2000 Mann der chinesischen Truppen und
wohl 5000 Boxer fielen. Die Straßen waren mit Todten
bedeckt. Die Deutschen besonders richteten mit zwei
schweren Thorgeschützen in den Straßen ein furchtbares
Blutvergießen an; abgesehen von General Tungfuhsians
Truppen, die sich hauptsächlich durch Plündern auszeichnetcn,
nahmen keine kaiserlichen Truppen am Kampfe theil.
Schließlich trat eine Art Stillstand ein, da die Boxer,
bie gewaltige Verluste gehabt, aber nicht geplündert hatten,
bie Truppen aufforderten, den Vortritt im Kampf zu
Nehmen, während diese erklärten, das sei Sache der Boxer.
Der Bote berichtet, neben diesen wilden Ereignissen sei das
tägliche Leben in Peking seinen Gang ge-
gangen. Die Ladengeschäfte und Theater blieben geöffnet
Und die Nebenstraßen waren mit Menschen belebt. Der
Bote versichert sogar, die Gesandtschaften hätten
Lebensmittel erhalten.
Wenn der eingeborene Bote die lautere Wahrheit gesagt
hat, dann könnte man die Aussichten auf Rettung der
Europäer in Peking heute als ziemlich gute bezeichnen.
Die Situation wäre für sie zwar immer noch sehr gefähr-
lich, aber doch durchaus nicht hoffnungslos.
Eine in Brüssel eingegangene Depesche aus Shanghai
Weidet, einem chinesischen Blatt zufolge sei die Truppe des
Prinzen Tsching in Peking eingetroffen, um
bie bedrohten Europäer zu verproviantiren und gegen
bie Aufrührer zu Verth eidi gen. Uebereinstimmend damit
Weidet eine Depesche des britischen Contreadmirals Bruce
aus Taku, es bestehe Grund zu der Annahme, daß Prinz
Tsching mit seiner Armee die Gesandtschaften in
Peking gegen den Prinzen Tuan, dessen Armee und die
Boxer beschütze.
Es sind das ein paar gewichtige Bestätigungen der
Hauptaussage des Pekinger Boten. Im Zusammenhang
bannt ist auch an die wiederholte Behauptung Li Hung
Tschaugs zu erinnern, wonach die Gesandtschaften unter
bem Schutze der Regierung stünden.
Wohl ist es möglich, daß alle jene Nachrichten aus
ber gleichen chinesischen Quelle stammen, sodaß es sich nur
Um eine Nachricht handelte, auch kommt dazu, daß nach
Ueueren Angaben des Telegrapheudirektors Sheng der
Bote nicht am 3. Juli Peking verlassen hat, sondern an
wesem Tage bei ihm eingetroffen sei, so daß seine Angaben
pch etwa auf den 28. Juni beziehen würden. Allein selbst
w diesem Falle bleibt ihnen soviel Werth, daß man die
Situation als besser ansehen darf.
Man kann die Entwicklung der Dinge in China in
^oßen Zügen sich ungefähr folgendermaßen vorstellen:
b^r japanische Krieg und die darauf folgenden kleinen
Amputationen Chinas durch verschiedene Mächte, der Sturm
uuf China zur Erlangung von Konzessionen aller Art hat
gegen die Fremden gerichtete Stimmung dort sehr verstärkt.
Täe Kaiserin, die eine erfahrene Regeutin ist, mußte mit
Weser Stimmung rechnen. Sie schien der Nationalpartei
Aurieigen, zumal sie den zu überstürzten Reformen schrei-

tenden Kaiser in' den Hintergrund drängte und zum Kron-
prinzen den Sohn eines Hauptführers der Nationalpartei be-
stimmte. Andererseits suchte sie sich auch bei den Mächten
in ein gutes Licht zu stellen, namentlich zu zeigen, daß sie
Neuerungen durchaus nicht unzugänglich sei. Man denke
z. B. an die Damenempfänge, die sie abhielt. Die gegen
die Fremden gerichtete Bewegung führte indessen zu einer
Palastrevolution. Prinz Tuan, der Vater des Thron-
folgers, bemächtigte sich der Gewalt. Was mit der alten
Kaiserin und dem Kaiser geschehen ist, ist nicht ganz klar.
Es scheint aber, daß sie noch leben. Der Staatsstreich
Tuans hatte indessen keinen durchschlagenden Erfolg. Der
Süden Chinas schloß sich nicht an, auch die Provinz
Schantung, in der Kiautschou liegt, nicht. Die Vizekönige
und Gouverneure mögen sich gesagt haben, daß China zur
Zeit nicht stark genug ist, um der ganzen Kulturwelt Trotz
zu bieten. Innerlich sympathisiren sie ohne Zweifel Alle
mit der Boxerbewegung, aber die Klugheit gebot ihnen,
dagegen aufzutreten. So ist denn eine Gegenrevolution
zu Gunsten der alten Kaiserin im Gange, die den in
Peking eingeschlossenen Fremden zugut kommt.
Aus einer Privatmittheilung aus Canton erfährt die
Times, Li-Hung-Tschang habe dem chinesischen Ge-
sandten in London telegraphirt, er solle darauf dringen,
daß England sich mit den Vereinigten Staaten
in Verbindung setze, um Japan aufzufordern, mit
England und den Vereinigten Staaten zusammen für die
Aufrechterhaltung des chinesischen Reiches und
Einsetzung einer starken Regierung zu wirken.
Diese drei Mächte sollten sich dann gemeinschaftlich um
Unterstützung an alle Mächte wenden.
Die ganze chinesische Angelegenheit hat, wie man sagen
darf, über Nacht ein anderes Gesicht bekommen.
Inzwischen versuchten die Truppen der Boxerpartei
mit Hartnäckigkeit sich Tientsins wieder völlig zu bemäch-
tigen. Da sie noch immer einen Theil der Stadt besetzt
halten und von da aus die europäischen Niederlassungen
beschießen, so gestaltete sich die Lage der europäischen Be-
satzung so unangenehm, daß die älteren Offiziere am 5. d.
die ernstesten Besorgnisse hegten und den Beschluß faßten,
Japan um schleunige Sendung einer Felodivi-
sion zu bitten; diese Division wird so rasch wie möglich
von Japan abrücken, und es ist möglich, daß Theile von
ihr bereits in Taku eingetroffen sind.
Müßten die Mächte Tientsin räumen, so würde das
das Ansehen der Boxerparte! sehr heben, darum ist sehr
zu wünschen, daß rechtzeitig Hilfe, sei es von Japan, sei
es von sonst wo, eintrifft.

Die Fremden in Peking.
DaS Personal der kaiserlich deutschen Gesandt-
schaft in Peking besteht, abgesehen von der Wittwe des
ermordeten Gesandten, Freiherrn von Kettele r, aus
dem ersten Sekretär v. Below-Saleske, dem zweiten Se-
kretär v. Bergen, dem zur Gesandtschaft kommandirten
Leutnant ä la, suits des Dragonerregiments König Fried-
rich III. (2. Schlesisches) Nr. 8, v. Loesch, dem zweiten
Dolmetscher Cordes (er ist erst vor Kurzem vom Urlaub
nach Peking zurückgekehrt und bei dem Angriff auf Herrn
v. Ketteler verwundet worden), dem Stabsarzt Dr. Velde,
dem als Hilfsschreiber kommandirten Seesoldaten Koch vom
Gouvernement in Kiautschou, dem Kanzleischreiber Pifrement,
dem Amtsdiener Hummelke und dem Dolmetscher-Eleven
Dr. Merklinghaus. Der erste Dolmetscher, Freiherr
v. d. Goltz, hat am 2. April einen Urlaub angetreten, der
neuernannte Legationskanzlist Dobrikow ist noch unterwegs

und wird nach Berlin zurückberufen werden. Das Detache-
ment, das am 3. Juni zum Schutze der Gesandtschaft in
Peking eingetroffcn ist, besteht aus einem Offizier und
50 Mann von dem in Kiautschou stationirten Seebataillon.
Von sonstigen namhaften Deutschen befanden sich zur
Zeit des Ausbruches der Revolte in Peking die Professoren
an dem kaiserlichen Kolleg und der Universität Stuhlmann
(Chemie), Coltmann (Anatomie und Physiologie), Bismarck
(deutsche Sprache), Hans v. Bronn (deutsche Literatur und
militärische Taktik); vier deutsche Beamte bei der Zoll-
verwaltung unter Direktor Sir Robert Hart; die Missio-
närin Frau Marie Leithauser. Dazu kommen noch die
Kaufleute, Industrielle und Beamte der Banken und Eisen-
bahnen mit ihren Familien.
Von namhaften ausländischen Persönlichkeiten be-
fanden sich in Peking die Gesandten Englands (Sir Clau-
dius Macdonald), Amerikas (Edwin H. Conger), Japans
(Baron Tokujioo Nischi), Rußlands (v. Giers), Spaniens
(Don Bernardo Jacinto de Colognan), Frankreichs
(Pichon), Italiens (Marchese Salvagoraggi nebst dem
Legationssekretär Ton Livio Caetani), Oesterreich-UngarnS
(Sekretär Dr. v. Rosthorn), Belgiens (Joostens), Hollands
(Knobel).
Von namhaften ausländischen Damen befinden sich
in Peking: Lady Macdonald (die Gemahlin des englischen
Gesandten) und deren Schwester Fräulein Armstrong, die
Gemahlin und Tochter des russischen Gesandten v. Giers,
die Gemahlin des französischen Gesandten Pichon und
Baronesse Anthouard, die Gemahlin des italienischen Ge-
sandten Marquis Salvagoraggi und diejenige des hollän-
dischen Gesandten, Knobel, Frau Denby, die Schwieger-
tochter des früheren amerikanischen Gesandten, Frau
v. Rosthorn, Fräulein Detrioz, Drew und De Triantrin
von der österreichisch-ungarischen Gesandtschaft, die zur
Zeit von Baron v. Wahlborn vertreten wird, Frau H. E.
King und Fräulein Alice Terell von der Pekinger Uni-
versität.

Die deutschen Rüstungen.
Kiel, 8. Juli. Auf dem Linienschiff „Kurfürst
Friedrich Wilhelm" fand heute Morgen Gottesdienst statt,
an dem die Damen der Offiziere des Geschwaders Theil
nahmen. Der Kaiser begab sich in Begleitung des
Fürsten Eulenburg, des Vizeadmirals Frhrn. v. Senden-
Bibran und des Flügeladjutanten Kapitän zur See Grüner
um IlV^ Uhr von der „Hohenzollern" mit einer Rudergig
an Bord des Flaggschiffes des ersten Geschwaders, „Kur-
fürst Friedrich Wilhelm", wo die Standarte gehißt war
und Präsentirmarsch geschlagen wurde. Auf dem Achterdeck
war das Offizierkorps des ausreisenden Geschwaders auf-
gestellt, voran Admiral Köster und die Admiräle Hoffmann
und Geißler. Der Kaiser ließ sich die Offiziere vorstellen
und hielt eine Ansprache. Hierauf stellten sich die Mann-
schaften auf dem Achterdeck auf. Der Kaiser hielt ebenfalls
eine Ansprache. Nach dem Bericht des Berl. Tagebl.
sagte er: „Ihr seid die erste Panzerdivision, welche ich in
das Ausland entsende. Bedenkt, daß Ihr mit hinter-
listigen aber mit modernen Waffen ausgerüsteten
Gegnern kämpfen müßt, und rächt vergossenes deutsches
Blut, schonet Weiber, Kinder. — Ich werde nicht
ruhen, bis China nied er g ew orfen ist und alle Blut-
thaten gerächt sind. Ihr werdet mit den Mannschaften
verschiedener Nationen zusammen kämpfen, haltet stets gute
Kameradschaft." Admiral Geißler dankte und brachte auf
den Kaiser drei Hurrahs aus. Der Kaiser verweilte noch
kurze Zeit auf dem Schiffe und kehrte unter Salutschüssen

84)

Die Irre von Sankt Rochus.
Kriminalroman von Gustav Höcker.
(Fortsetzung.)

-»..»Vergessen Sie nicht, Frau Schubert, mir auf morgen
*llh vier Uhr die Droschke zu bestellen."
- »Versteht sich, — wenn nicht wieder etwas dazwischen
"Mint." lachte die Alte.
»Ich wüßte nicht was!"
»Na, na," rief Frau Schubert, „wie oft Hab' ichs schon
,^bt. daß Sie Plötzlich Ihre Reisepläne änderten, — da
ein Besuch oder auch nur ein Brief — und flugs wurde
üroße Reisekorb wieder ausgepackt und Herr Allram be-
fugte sich mit dem kleinen Handköfferchen oder umgekehrt,
er verreiste auch gar nicht."
»Hatschi! Pfui Teufel!"
b^eZur Genesung! Sehen Sie, Herr Allram, Sie haben's
„.,»Ei was, gilt nicht I Es war mir nur Seife in die Nase
kommen."
An der Thür des Wohnzimmers klopfte es.
- »rau Schubert patschte die Thür zum Schlaskabinet zu
d-Uef: „Herein!"
H,. Dieselbe Fremde trat ein, welche schon einmal wegen der
Wiedererlangung eines Rubinschmucks, den ihr entwichener
Unk ^ sich genommen hatte, mit dem Detektiv konferirte
dew ^ wir auf ihrer kleinen Reise nach der Sägcmühle an
E" großen Strome begleiteten.
Frau Schubert begab sich ins Schlafzimmer ihres Herrn,
tzi "Herr Allram," sagte sie, „die Dame ist wieder da, wissen
svj?' von der ich Ihnen sagte, sie hätte Sie schon ein paarmal
"chen wollen, während Sie verreist waren."

„Ich stehe gleich zu Diensten," antwortete Allram,
vorauf die Alte ins Zimmer zurückkehrte und der Be-
ucherin den Stuhl vor dem »roßen runden Tische anwies,
aelcher in hergebrachter Weise für die Klienten des Detektivs
estimmt war. . ^ . » „ . .
Obwohl die Dame nur wenige Sekunden allein geblieben
,ar. so hatte sie doch diese kurze Zeit benutzt, ihre spähenden
Ricke durck das ganze Zimmer zu senden, als wäre sie neu-
ierig, ob sich alles noch am früheren Orte befand. Kein
Segenstand entging ihrem raschen Auge, am wenigsten ihr
lter Bekannter, der Revolver; ihr besonderes Interesse
ber schien der große Reisekorb zu erregen. Gar zu gern
ätte sie sich erkundigt, ob der Detektiv eine größere Reise
orhabe und wohin diese gehe, aber sie halte bereits ihre
Erfahrungen mit der Alten gemacht, denn Frau Schubert
)ußte, wessen Brod sie atz. und wich jeder Frage aus. die
ach Ausforschung klang, indem sie sich schwerhörig stellte
nd verkehrte Antworten gab.
Allram beeilte sich, seine Toilette zu beenden. Er trat
in und begrüßte seine Besucherin, woraus Frau Schubert
rit ein paar Fußteppichen unter dem Arme und einem Aus-
chpfer diskret verschwand. .....
„Ich bedauere, daß Sie sich wiederholt vergebens zu mir
emüht haben." sagte Allram, seinen gewohnten Platz ein-
^Sie" machten mir Hoffnung." entgegnete die Dame, „mir
shre Dienste in meiner Angelegenheit zu leihen, welcher Sie
ch vielleicht noch erinnern." ^ ^ .
„Ganz genau," versetzte der Detektiv. „Ihren Gatten
usfindig zu machen, dürste jedoch ohne die Hilfe des Staats-
iiwalts schwer sein. Dieser kann einen Steckbrief erlassen,
ns mir nicht zu Gebote steht. Ueberdies habe ich nur
nen einzigen Tag Zeit übrig." setzte er hinzu und deutete
rf den Reisekorb. „ , . ..
„Ein Tag würde vollständig genügen, sagte die Dame.
Allram blickte sie verwundert an. „Entweder habe ich

Sie falsch verstanden," versetzte er, „oder Sie stellen sich die
Sache sehr leicht vor."
„Durchaus nicht, denn ich kenne den Aufenthalt meines
Gatten. Ein wunderbarer Zufall ist mir zu Hilfe gekommen.
Wollen Sie mich hören?"
„Sehr gern; ich bin sogar ein wenig darauf gespannt."
Sie erzählte nun, ohne jedoch die Gegend näher zu be-
zeichnen. wie sie sich unlängst auf einem Fluß übersetzen ließ;
wie unter den Leuten, die sich auf dem Fährboote befanden,
die Rede aus einen Mann kam, der aus einem dicht am
Strome gelegenen Pachtgute in einem Garteuhause verborgen
gehalten werde, und wie der Fährmann in der Betrunkenheit
ausplauderte, daß der Geheimnißvolle des Nachts im Garten
spazieren gehe und ihn mir einem Botengänge nach der
nagen Stadt betraut habe.
„Haben Sie einen Anhalt," srug der Detektiv zweifelnd,
»daß Ihr Gatte so ergebene Freunde oder Verwandte be-
sitzt, die ihm den nicht ungefährlichen Dienst erweisen würden,
ihn zu verbergen? Welche Sicherheit haben Sie überhaupt,
daß dieser tagesscheue Mann Ihr Gatte ist?"
Allrams Besucherin lächelte, wobei der schlaue Zug um
ihren Mund ganz unverhohlen zum Ausdruck kam.
„Mit seinen Freunden und Verwandtschaften bin ich nicht
bekannt," entgegnete sie; „der Fährmann aber, der ihn ge-
sehen und mit ihm gesprochen hat, erzählte, der Mann hinke
und habe einen auffallenden Sprachfehler: er könne nämlich
das S nicht aussprechen. Das sind untrügliche Kennzeichen,
die genau auf meinen Gatten passen."
Es ging etwas Seltsames in Allrams Mienen vor, so
sehr er diese auch zu beherrschen verstand. Seine Besucherin
bemerkte es wohl, nur wußte sie nicht, ob es Ueberraschung
oder ein Plötzlich rege gewordenes lebhaftes Interesse für
ihre Angelegenheit war. Im nächsten Augenblick zeigten seine
Züge schon wieder eine steinerne Ruhe.
(Fortsetzung folgt.)
 
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