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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281-304 (01. Dezember 1900 - 31. Dezember 1900)
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Femsprech-Anschluß Nr. 82.


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Femsprech-Anschluß Nr. 82.

Xr.M. Erker Platt. Mittwoch, den 5. Aminder

isoo.

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gebühr 15 Pfg. weiter.

Zur Reichstags-Stichwahl in Meseritz-Bombst.
Bei der Reichstagsstichwahl in Meseritz-Bombst wird
Man die wirklichen Wahlausweise nachprüfen
müssen, um der Mittheilung nachzugehen, daß
stellenweise antisemitis che Wähler in ihrem
Nationalen Pflichtbewutztsein beirrt sich im entschei-
denden zweiten Gang entweder der Wahl enthalten
oder gar für den Polen gestimmt haben. Will man das
Wahlergebniß mit früheren Wahlen vergleichen, dann muß
Man bis auf das Jahr 1895 zurückgehcn, wo ebenfalls
wie diesmal erst im zweiten Wahlgang die Entscheidung
siel; dabei ergiebt sich beim Vergleich des jeweiligen ersten
Mahlganges folgendes Bild:
Konservative Antis. Soc.-D. Polen Deutsche Katholiken.
1895 5183 3601 81 8012 —
1900 6180 3667 40 7146 551
Diese Gegenüberstellung ergiebt in beiden Fällen die
Aussichtslosigkeit antisemitischer Zerstörungs-
kandidaturen; obwohl mit allen Mitteln agitirt
worden und ein Stab der führenden antisemitischen Agi-
tatoren sich wochenlang in diesem Wahlkreis aufhielt, ist
bas Ergebniß noch nicht hundert Stimmen mehr — trotz
der Zunahme der Gesammtwählerzahl. Ferner ergiebt sich
trotz dieser Zunahme ein Rückgang des Polenthums um
Nahezu tausend Stimmen, und ein Zuwachs der vereinigten
deutschen Wähler, die für den Konservativen stimmten, um
An volles Tausend, und obendrein die besondere Bildung
einer deutsch-katholischen gegen die polnisch-klerikale Allianz
gebildeten Gruppe, die trotz des Bannstrahls des Erz-
bischofs v. Stablewski, der ihren Kandidaten am Tage
bor der Wahl verleugncte, in Stärke von einem halben
Tausend dasteht. Aus der Centrumspresse, die für den
Polen eintrat, ist zu ersehen, daß der Wahlkreis in seiner
Mehrheit aus katholischen Wählern besteht; daraus liegt
der Schluß nahe, daß der größere Theil der deutschen
katholischen Wähler, der nicht mehr für den gemaßregelien
Probst v. Krzesinski gestimmt, von vornherein als Deutsche
gegen den Polen für ihren Landsmann eingetreten sind
Und auf die unter Berufung auf eine von der mißbrauchten
Centrumsführung gegebene entnationalisirende Parole mit
verdienter Nichtachtung geantwortet haben. Damit hat es
>>n Osten getagt und alle Nebel, die die Centrumsorgane
darüber verbreiten, werden die Solidarität des
Teutschthums gegenüber den unter dem Panier der
Czenstochauer Muttergottes und Königin Polens alle
Deutschen ohne Unterschied des Glaubens boykottirenden
großpolnischen Agitatoren nicht mehr schädigen. Und nun
öu den Stichwahlen:
Deutsch Polnisch
1895 .... 9481 8817
1900 .... 9555 8719
In beiden Fällen hat der deutsche Kandidat gesiegt.
Und die polnischen Simmen sind um 100 zurückgegangen;
die weitere Nachprüfung wird sich daraufhin zu erstrecken
Naben, wieviel Antisemiten unter jenen 8719 polnischen
Mählern zu suchen sind. Und wären es keine, so bleibt
^u^Rückgam^on^^OStimmei^i^onstatiren^ro^der

* Das Romanfeuilleton findet der Leser im heutigen
Seiten Blatt. _
II. Kammermusik-Abend.
L^T Heidelberg, 4. December.
Die Kammermusik-Veranstaltungen des Herrn Direktors
. elig sind aus ihrem bescheideneren bisherigen Heim in den
Eueren großen Harmoniesaal hincingewachsen. Auch die Be-
gebungen haben sich mit dem sich weiternden Raume gedehnt.
. Für gestern war ein Münchener Quartett zur Mitwirkung
Asangczogen. Es ist nicht „das Münchener Quartett", der
Aachttge'-Biermäniierbund mit dem herrlichen süßen, glockenrein
ungenden Zusammenspiel, aber auch eine sehr achtbare Ton-
erbindung.
Offenbar haben sich die Herren Hösl, Kirchner, Meister und
Mber noch nicht so lange zusammengefunden, wie ihre berühmten
Milche»^ Collcgen, und wird man darum nicht von ihnen jenes
Msivoll feine Jneinanderaufgeben und Verschmelzen fordern, das
ka« der Pflege und des Schaffens zu Stande bringen
l vNen. Die jungen Münchener verstehen sich schon recht gut,
gen die Compositioneu mit wackerer Verständigung durch-
Agbeitet, geben die zarten Sätze mit vieler Empfindung und
..Traschen recht flott. Was ihnen zunächst noch mangelt, ist
^ außerhalb ihres Spieles liegt: sie besitzen keine
^chtrumente von charakteristischem, individuellem Klang. Die
bWwbedingung und Schönheit des Quartetts beruht darauf,
LZ lede der Stimmen in schärfster Ausprägung ihrer jpccifischen
l,i/?°ung hervortritt. Dann ist das Spiel noch nicht absolut rein,
»v» darf die dynamische und rhythmische Abschattirung
n.?^l feiner und interessanter ausgestaltet werden,
ldr^s tüchtige Musiker brachten sie heute schon sehr Willkom-
i» Schubert hatten sie dos ziemlich bekannte Streichquartett
istul ?,oll — op. 29 — gewählt. Der erste Satz ist der be-
dx»"ndste, echter Schubert, freilich auch mit der einzigen Schwäche
Unvergleichlichen, einer gewissen schädlichen Breite. Die drei

konstalirten allgemeinen Fortschritte des PolenthumS, also
ein Rückgang, der nur den entschlossenen Abmarsch katho-
licher Deutscher von dem zwischen dem Centrum und den
Polen abgeschlossenen Wahlbündniß bedeutet und damit eine
heillose Bloßstellung der großpolnischen
Ccn trumsa g itat o rcn in Wort und Schrift zu
konstatiren gestattet.
Was dann im Besonderen das Vorgehen des Herrn
Erzbischofs v. StablewSki anlangt, so wird im
preußischen Ab gcordnetenhause Gelegenheit ge-
nommen worden, dasselbe einer Nachprüfung zu unterziehen.

Die Zurückweisung Krügers.
Wir möchten noch einmal betonen, daß nach unserer
Ansicht Präsident Krüger selbst daran Schuld ist,
daß er auf halbem Wege nach Berlin wieder umkehren
mußte. Hätte er, wie das üblich ist, vorher in Berlin
angcfragt, dann wäre ihm gesagt worden, er möge nicht
kommen; man hätte in der Ocffentlichkeit von einer Reise
nach Berlin gar nicht gesprochen und es wäre dem
Präsidenten Krüger die sehr peinliche Umkehr auf halbem
Wege erspart geblieben. Nun wird man vielleicht sagen:
Krüger kennt die Gebräuche Europa's nicht, er ist ein ein-
facher, in den diplomatischen Formen nicht gewandter
Mann; es sei nicht schön, ihn in den Fallstricken äußerer
Förmlichkeiten zu fangen und darin zappeln zu lassen.
Darauf sei aber doch erwidert, daß Krüger seit vielen
Jahren an der Spitze eines Staatswesens steht und die
Gebräuche der Diplomatie sehr gut kennt, wie sich dies bei
seinem früheren Besuch in Europa gezeigt hat. Es sei
auch an das Wort Krüger's erinnert, er wolle den deutschen
Kaiser durch das deutsche Volk zwingen. Das steht darnach
aus, als wollte er unter allen Umständen nach Deutschland
kommen. Ist dies der Fall, so kann das Unterlassen einer
Anmeldung in Berlin sehr wohl auf vollem Vorbedacht
beruhen. Wir wollen es ja dem alten Krüger gewiß nicht
übel nehmen, wenn er mit allen seinen Kräften auf die
deutsche Regierung einzuwirken sucht, allein wir möchten
doch die Vorstellung bekämpfen, als sei ihm mit der Ab-
sage, die ihm in Köln zu Theil wurde, eine unverdiente
Kränkung bereitet worden.
Nun wird man weiter einwenden und sagen: Ja, wenn
die deutsche Regierung Krüger nur hätte in Berlin em-
pfangen wollen, dann hätte sie über die Nichtanmeldung
leicht hinweggesehen; daß man den alten Präsidenten in
Berlin nicht empfangen wollte, während Loubet in Paris
ungenirt mit ihm Besuche austauschte, das ist ja der
Kern der Sache und dieser Kern gefällt uns nicht. Sehr
richtig: in Berlin hat man Krüger nicht gewünscht. Die
Gründe dafür, die in mehreren Berliner Blättern angegeben
werden — und höchst wahrscheinlich auf Andeutungen des
auswärtigen Amtes beruhen — verdienen sehr beachtet
und reiflich erwogen zu werden, ehe man, vom Mitgefühl
für die Buren hingerissen, ein vorschnelles Urtheil abgibt.
Man weist in Berlin auf den Besuch Krüger's in Frank-
reich hin. Was sei die Folge von der Krügerfeier dort-
selbst? Nur die, daß Krüger in der Absicht bestärkt worden sei,
Europa werde den Buren helfen. Da sei man in
Berlin ehrlicher. Man gebe in Berlin dem alten
Präsidenten offen zu verstehen, daß er auf den Beistand
Deutschlands nicht zu rechnen habe. Es wäre ja sehr
leicht, ihn einen moralischen Triumphzug durch Berlin
machen zu lassen und ihm dort einige unverbindliche Worte
zu sagen, wie das Loubet in Paris gethan habe, aber
das würde nach Lage der Sache auf eine Täuschung
herauskommen, und dazu biete die deutsche Regierung nicht
die Hand.

weiteren Sätze gehören nicht zu dem „tiefsten Schubert", aber
zum heitersten und liebenswürdigsten.
Großes Interesse erregte eine Novität des Nordländers (wohl
Norweger?) Sinding, ein Klavierqutntett in L-moll op.5. Es ist
freilich eine ganz andere Welt, als die Schubert's, die keine
Nationalität, als die Unterthänigkeit unter dem Szepter der
Schönheit kennt. Es sind auch nicht die Wege der Kammer-
musik, die diese Modernen wandeln, es gilt ihnen, mit einem
Miniaturorchester dem großen Konkurrenz zu machen. (Man
halte Schumann's üs-äur-Quintctt neben das in L-raoll von

Sinding!)
Aber es soll nicht getadelt werden, wenn sie als kühne Er-
oberer die Formen zerbrechen.
Eine selsame Mischnatur ist Sinding, wie Grieg, wie Svendsen
eigen. Bald sind sie herb schillernde, oder melancholisch träumende
Nordlandskinder, bald erfaßt sie eine Bacchantenlaune, die sie vom
römischen oder Pariser Carneval erborgt haben. In den einzelnen
Sätzen sogar wechseln jene beiden Seelen, und das erzeugt viel-
fach jene Zerrissenheit, die befremdet.
Das Allegro mit seinen markigen Themata ist wirklich präch-
tig und mit mächtiger Klangwirkung angelegt. Es ist Meeres-
poesie, ein Tongewoge, ein Passagengeschäume um zerklüftete
Felsen. Hier herrscht eine packende und elementare Kraft. Das
Andante träumt, träumt wie Schumann, nur nordischer, trüber,
aber keinen Alltagstraum.
Das Intermezzo greift zum rasselnden Tamburin. Es ist
eine Tarantella, ein Fandango, etwas Wildes, Rhythmisch-Pikan-
tes. Ibsens Nora sich in das angstvolle Vergessen der Tarantella
stürzend. Das Finale hat einen echt nordischen, melancholischen
Sang zum Hauptlhema, der von einem wilden, leidenschaftlichen
Variiren ausgenommen und fortgewirbelt wird. Auch dieser Satz
ist wirklich großartig, nur zu zerrissen angelegt, und kann leider
kein, oder richtiger nur ein sehr unvermitteltes Ende finden.
Das Werk als Ganzes muß kraftvoll und fesselnd genannt
werden und übt einen eigenartigen, ungewohnten Klangzanber.
Die Komposition ist mehr als schwierig, und was von den
Ausführenden geleistet wurde, war eine schwere, technische Arbeit.
Vortrefflich bezwang Hr. Seelig seinen anspruchsvollen Klavier-

So ist der innerste Kern dieser Angelegenheit der: soll
Deutschland mit der ihm zu Gebote stehenden Macht auf
das Risico einer Entzweiung oder gar eines Krieges mit
England hin für die Buren eintrcten oder nicht? Wir stehen
keinen Augenblick an zu sagen: Das soll Deutschland nicht
thun. Wer fest, bewußt und entschieden sich auf diesen Jn-
tereffenstandpunkt Deutschlands gestellt hat, der wird über
die Absage an Krüger anders urtheilen als dies vielfach
in Deutschland geschieht.
Wenn die Franzosen so sehr ärgerlich über die Haltung
der deutschen Regierung sind und sich geradezu geringschätzig
über dieselbe äußern, so darf uns das nicht anfechten. In
Frankreich freute man sich schon sehr darauf, wie Krüger
sich gleich einem Keil zwischen Deutschland und England
schieben werde. -Damit war es aber nichts. Das ist für
die Franzosen in der That sehr ärgerlich.
Und noch Eins, was jetzt durch schweizerische Blätter
aus einer Berliner Quelle an die Oeffentlichkeit kommt.
Als bei Gelegenheit des Jameson'schen Raubzuges der deut-
sche Kaiser so entschieden für die Buren eintrat, glaubte
die französische Politik nichts Klügeres thun zu kön-
nen, als in London vertrauliche Annäherungen
zu machen, die darauf abzielten, Deutschland zu
isoliren und der Feindschaft Englands auszusetzen! Von
dieser Haltung Frankreichs erhielt man in Berlin zuerst
Nachricht — aus London selbst. Auch das mit Frankreich
verbündete Rußland hielt die Hände im Schooß, denn der
russischen Politik konnte eine ernste Verfeindung zwischen
Deutschland und England wohl angenehm erscheinen.
Das betreffende schweizerische Blatt, die Neue Zür. Ztg.,
bemerkt von sich aus hierzu: Und auch heute stehen die
Dinge noch so, daß Deutschland jederzeit Gefahr laufen
muß, daß Frankreich und Rußland, wenn es sich etwa mit
diesen beiden Mächten verbinden würde, um den Buren zu
helfen, im gegebenen Augenblicke mit England Frieden
schließen und ihre Waffen gegen das isolirte Deutschland
richten würden. Vor dieser perfiden Politik muß sich
Deutschland in Acht nehmen. Darum hütet es sich
mit Recht davor, sich mit England wegen der
Buren zu Überwerfen. Diese aber haben es einzig
und allein Frankreich zu verdanken, wenn damals
nach Jamesons Raubzug nicht Schritte gethan wurden, um
durch einen internationalen Vertrag die Selbständigkeit der
Burenstaaten sicher zu stellen. Wahrlich, die Pariser
Blätter haben allen Grund, sich darüber zu erzürnen, daß
Kaiser Wilhelm Krüger nicht empfangen will!

Deutsches Reich.
— In der Budgetcommissivn des Reichstags,
die am 4. ds. zusammentrat, theilte bet Erörterung der
Chinavorlage der Regicrungsvertreter mit, im Ganzen
seien für die Expedition 5448 Pferde geliefert worden.
Der Kriegsminister erklärte, die gekauften Pferde hätten
sich gut bewährt. Ueber den Gesundheitszustand der Trup-
pen erklärte der Kriegsminister: die Verluste durch den
Tod sind nicht sehr groß. China sei stark verseucht.
Typhus und Ruhr seien stark aufgetreten. Auf dem
Transport starben 6 Mann. Bis zum 30. November
waren 3 Offiziere und 60 Mann todt; 3 Mann werden
vermißt, also ungefähr '/- Prozent der gesummten Ex-
pedition. Nach den neuesten Nachrichten lassen die Krank-
heiten nach. Zur Beunruhigung wäre kein Anlaß vor-
handen. Der Hauptherd der Krankheit sei in Tientsin.
Die Namen der todten Mannschaften werden ebenso ver-
öffentlicht, wie diejenigen der todten Offiziere. Sobald
kein Zweifel über die Identität der Todten vorliegt.

Part mit großer Kraft und feinster Ausarbeitung. Ebenso ent-
wickelten die Vertreter der Streichinstrumente in diesem Werk
viel Temperament und ein reiches technisches Können.
Die Kreuzersonate, von der ich nur zwei Sätze hörte, ist seit
einigen Jahren nicht mehr öffentlich hier gespielt worden. Herr
Hösl beherrscht die Vtolinstimme des wunderbaren Werkes,
ohne ihm voll gewachsen zu sein. Beethoven fordert mehr Poesie
und Temperament und vor allem absolute Reinheit. Die Wieder-
gabe war etwas flach. Hr. Seelig interpretirte den difsicilen
Klavierpart sicher und gewandt. Or. 8.

Kleine Zeitung.
— München, 2. Dez. In dem Oertchen Jrchenhausen bei
Altomünster (6 Meilen nördlich von München, zwischen Dachau
und Aichach gelegen,) wurde in der Nacht zum 1. Dez. der Gen-
darmeriekommandant Brandmaier von dem Räuber Matthias
Kneißl erschossen und der Gendarm Setdler schwer ver-
wundet. Hier taucht wirklich ein Stück der wildesten Räuber-
romantik vor uns auf: Matthias Kneißl, der Sohn des Raub-
mörders und Besitzers der Krachermühle Kneißl (nächst Dachau),
der wegen Raubes saß, brach kürzlich aus dem Gefängntß aus
und verübte sofort in der Hollertau einen Einbruch, bei dem er
viel Goldgeld und 2500 Mk. in Obligationen erbeutete. Natürlich
führt er seitdem das Leben eines gehetzten Raubthiers, fand aber
ab und zu bet alten Bekannten, die er gut zahlte und die ihn
fürchteten, Unterkunft. Bei einer Suche nach einem Nacht-
quartier hat Matthias Kneißl (vulgo: der Kracherhies) den
neuen Mord begangen. Sein Äirth hatte die Geudarmerie
heimlich rufen.
— Rom, 4. Dcc. In Folge des Hochwassers der Tiber
hat sich der Anguillarastaden längs des Stromes in einer Länge
von 360 Metern losgelöst und ist ins Wasser gestürzt. Die be-
nachbarten Häuser sind vorsichtshalber geräumt worden. Der
Schaden beträgt 2000 000 Lire. Eine überaus zahlreiche Men-
schenmenge hat sich an der Unfallstelle angesammelt. Auch Prinz
Georg von Griechenland begab sich dorthin-
 
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