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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

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Nr. 176-202 (01. August 1900 - 31. August 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0131

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Fttnsprech-Anschlutz Nr. 82.
181.

WelhkM Iritiui«.

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Ferusprech-Anschluß Nr. 82

Dikiiskg, den 7.A»M

190«.

Das Kaiserpaar in Bielefeld.
Bielefeld, 6. Aug. Heute fand hier die Enthüllung
Denkmals für den Großen Kurfürsten auf dem
Sparenberg statt. Um 12'/. Uhr hielten der Kaiser
u»d die Kaiserin unter stürmischer Begeisterung der
Anwesenden durch das Burgthor ihren Einzug in die
Sparenburg, wo sie von den Behörden der Provinz
empfangen wurden. Der Kaiser ritt vor die Front des
Denkmals und hielt eine ungewöhnlich lange Ansprache,
die das Vorbild des großen Kurfürsten als Hohenzollern-
lürsten behandelte und in der er zum Schlüsse ausführte,
daß jeder Hohcnzollernfürst von Anfang an sich bewußt
öewesen sei, daß er nur Statthalter auf Erden ist, daß er
Rechenschaft abzulegen hat von seiner Arbeit vor einem
höheren Herrn und Meister, daß er ein getreuer Arbeits-
frei für sein Volk sein muß, im allerhöchsten Aufträge.
Daher auch die felsenfeste Ueberzeugung von der Mission,
die jeden einzelnen seiner Vorfahren erfüllt habe. Daher
die unbeugsame Willenskraft, das durchzuführen, was man
Einmal sich zum Ziele gesetzt. (Stürmischer Beifall.):
So möge es auch mir vergönnt sein, nicht nur zum Wohls
des ganzen Reiches, sondern auch zum Wohle dieses schönen
Ländchens den Fußstapfen zu folgen, die dieser große Ahn
uns vorgezeichnet hat. (Lebhafter Beifall.) Mir ist es vielleicht
vergönnt. den Theil seines Traumes auszuführen, der Zurück-
bleiben mußte — den Weg über die See. Was damals der
große Kurfürst nur angedeutet hatte, dasvermögeu wir
jetzt, da wir ein geeintes g r o ß e s Ba t e r lan d haben
(anhaltender stürmischer Beifall). Was den deutschen Kaisern
in alter Zeit nicht möglich war, ist uns gelungen. Wir haben
es in diesen Tagen erlebt, daß das deutsche Heer zum Schutze
der deutschen Fahnen hinauszog. die Söhne unseres Vater-
landes aus allen Gauen vom Belt bis zum Wasgau, um ge-
meinsam die Sicherheit und den Ruhm des Vaterlandes im
Ausland zu bestätigen und zu zeigen, daß der Arm
des deutschen Kaisers bis in die entferntesten
Landestheile derWelt reicht (braus. Bravorufe). Das
alles wäre unmöglich gewesen, wenn das Werk des großen
Kurfürsten uns nicht die Wege gebahnt hätte. So hoffe ich, daß
jeder meiner Unterthanen in demselben Sinne wie der große
Kurfürst an seiner Aufgabe fortarbeitet, mir zu helfen. Jedem
ist seine Aufgabe und ein Ziel gesteckt, und wenn Jeder wie
der große Kurfürst in der Ueberzeugung arbeitet, daß er einst
Rechenschaft ablegen muß nach Oben über das, was er gethan,
dann bin ich felsenfest überzeugt, daß unserem deutschen
Vaterland noch große Zeiten bevor st ehe n. (Leb-
hafter Beifall.) Unbekümmert um die dunklen Wolken, di: über
uns dahinjagen, hoffe ich, daß ich mein Haupt in den
Schooß eines jeden Einzelnen von Ihnen getrost
legen kann. (Anhaltende stürmische Bravo.undHurrahrufe.)
Dann fiel die Hülle unter den Klängen der National-
hymne. Der Oberbürgermeister dankte für die Stadt
Bielefeld und bot dem Kaiser einen Ehrentrunk dar. Der
Kaiser dankte mit den Worten: »Der Graf von Ravens-
öerg den Ravensbergern!" Um 1 Uhr fuhr das Kaiser,
paar nach der Wohnung des Geh. Oberrcgierungsraths
Prof. Hjnzpeter, um dort das Frühstück einzunehmen. Um
b Uhr erfvlgte die Abreise.

Die Frau König Alexanders.
Frau Draga Maschin ist seit Sonntag die Frau König
Alexanders von Serbien. Da bis jetzt von einander ab-
weichende Angaben über die Familie der Königsfrau durch
öie Blätter liefen, lassen wir hier eine Darstellung des
Amtsblattes Srpske Novine folgen, die besagt:
Sie entstammt dem hervorragenden ehrwürdigen Ge-
flechte der Wojwoden Lunjevica. Nikola Milicevic, ge-
kannt Lunjevica nach dem Dorfe, in welchem er geboren
Wurde, stand zur Zeit des ersten serbischen Aufstandes im
"Esten Alter und war ein reicher Kaufmann. An den Un-
"öhängigkeitskämpfen nahm er an der Spitze der Bevöl-
.EEung des Rudntker Kreises lebhaften Antheil. Sein be-
sonderes Verdienst bestand darin, daß er der Sache der

8)

Kalliope Mavros.
Erzählung von Adolf Flachs.
(Fortsetzung.)

Kalliope fühlte sich unwohl. Sie hatte sich erkältet, als
siE das warme Bett verlassend, ungenügend bekleidet, in den
M geeilt war. Es zog sie ins Bett, die Glieder erschienen
M wie bleigesüllt, der Kopf schmerzte und war ihr so schwer,
sie ihn kaum aufrecht erhalten konnte. Kälte durch-
Muerte ihren Körper. Rasch entkleidete sie sich und legte
sich zu Bette. Bald war ihr etwas besser und sie dachte
.°ran, welche Folgen ihr instinktives Eintreten für Stas
Mvorgebracht hatte: Eine Steigerung des Hasses der
^ussrau, vielleicht eine Umkehr des aus bösen Wegen
Modelnden Stanislaus und die wohlthuende Sympathie-
sjE^ugung des Herrn von Kochanowski. Was nun? Wenn
doch der unbegründete Haß Frau Jadwiaos legen wollte
»AEr sich zum mindesten nicht in so häßlicher, verletzender
AEise äußern würde! Sie bliebe dann gern da, dem Haus-
ln,« ö" Liebe und in der berechtigten Hoffnung, Stanis-
on ^ bessern. Doch nein, das ist unmöglich, sagte sie sich,
n diesem Frau .habe ich auch nicht einen einzigen schönen
beobachtet, sie kann nicht besser, bloß böser werden. Ich
'ug es bisher nur noch mit Mühe, ost mit Hintansetzung
»jEMes Selbstgefühls, lange halte ich es nicht mehr aus,
nmal wird meine griechische Natur doch die Fesseln ab-
H^lEn und wer weiß, was dann geschieht I Wenn nur
ü,,Er von Kochanowski recht bald ein angenehmes Obdach für
Entdeckte. Sie schief ein und schlief, dis es am nächsten
sorgen an ihre Thür pochte.
IV.
i5 "Avädiges Fräulein." rief draußen das Mädchen, „'s
" ichon 9 Uhr. Die Gnädige scheint ungehalten, daß

serbischen Unabhängigkeit bedeutende Geldopfer brachte und
den größten Theil des Kriegsbedarfs aus eigenen Mitteln
herbeischaffte. Er war es auch, der die Ehe zwischen dem
Fürsten Milosch und der Fürstin Ljubica vermittelte. Im
Jahre 1815 war er einer der angesehensten Wojwoden in
jener Versammlung, welche den Aufstand beschloß und den
Fürsten Milosch zum Führer der Serben ausrief. Gleich
darauf vertheilte er hohe Beträge unter das Volk zur Be-
schaffung der nothwendigsten Kriegsmittel. Er hat an
allen politischen Ereignissen jener Tage regen Antheil ge-
nommen und sich bei jeder Gelegenheit durch strenge Ehren-
haftigkeit und seltene Thatkraft hervorgethan. Er er-
langte den Rang eines Obersten und war Ehrenpräsident
des Rudniker Kreisgerichts. Er war mit der Tochter des
berühmten Wojwoden Carajic verheirathet, der im Jahre
1806 bei der Erstürmung von Belgrad gefallen ist. Im
Jahre 1839 starb Lunjevica. Sein Sohn, Pante Lunje-
vica, war der Vater der Gemahlin des Königs Alexander.
Er hat eine glänzende Beamtenlaufbahn durchgemacht und
gehörte zu den hervorragendsten und begabtesten Ver-
waltungsbeamten Serbiens. Dem Hause Obrenowich war
er stets innig zugethan, und wo er wirkte, errang er
überall die Liebe und Anhänglichkeit der betreffenden Be-
völkerung. Große Verdienste hat er sich als Kceispräfekt
wie als Präfekt der Stadt Belgrad erworben. Frau Draga
Maschin zählt 33 Jahre. Sie ist fein gebildet und zeichnete
sich stets durch ihr vornehmes Wesen im Gesellschaftsleben
wie auch durch ihre angeborene Eleganz und allgemein
bekannte Geistesschärfe aus. Sie spricht mehrere Sprachen
und war kurze Zeit mit einem Bergingenieur verheirathet,
der eines Tages auf einer amtlichen Reise einem Herz-
schlage erlag. Die kurze Ehe blieb kinderlos. Frau Draga
hat zwei Brüder und drei Schwestern, deren eine an den
Direktor eines angesehenen Geldinstituts verheirathet ist,
während die beiden anderen Mädchen im Alter von 17
bis 15 Jahren stehen. Letztere wohnen bei ihrer Schwester.
Die Brüder sind Offiziere. Frau Draga Maschin war von
1891 bis 1897 Hofdame bei der Königin Natalie.

Die Untersuchung gegen die Anarchisten
fördert von Tag zu Tag haarsträubende Dinge. Das
Neue Wiener Tagblatt stellt das bisherige Ergebniß der
Untersuchung folgendermaßen zusammen: Der unglückliche
König war buchstäblich von Mördern umgarnt. Die
amerikanischen Zeitungen melden, daß das Attentat auf
König Humbert schon früher hätte verübt werden sollen,
und daß es sich nur um einige Tage verzögerte. An
mehrere in Bergamo wohnhafte Personen waren nämlich
schon am letzten Samstag Briefe aus Amerika eingelangt
mit der Anfrage, ob Humbert schon todt sei — man möge
sofort antworten. Eine Frau, die eine solche Anfrage er-
hielt und hierüber sehr erstaunt war, schrieb am Sonntag
zurück, daß der König ganz wohlauf sei. Kaum hatte sie
die Antwort befördert, als die Nachricht von der Er-
mordung des Königs eintraf. Sie ging sofort zur Polizei
und deponirte dort die Anfrage aus Amcrita. König
Humbert hätte also schon früher fallen sollen, und wenn
er auch in Monza dem Attentat entgangen wäre, dann
war schon, wie bereits gemeldet, dafür gesorgt, daß das
Attentat einige Tage später in Jvrea wiederholt werden
sollte. Besonders in Monza aber war alles, wie berichtet,
mit satanischem Raffinement derart vorbereitet, daß der
König, wenn er in den Wagen stieg, aus unmittelbarster
Nähe angeschossen werden sollte, rechts von BreSci, und
wenn er sich im Wagen links setzte, von jenem Unbekannten,
nach dem jetzt gesucht wird. Ueberdies ist nun aber fest-
gestellt, daß Bresci am Sonntag schon während der Messe

Sie noch nicht auf sind. Der Thee siebt schon aus dem
Tisch."
„Gleich, ich komme schon." Kalliope sprang aus dem
Bette: fünf Minuten später betrat sie das Speisezimmer.
Die Familie Kochanowski hatte gerade das Frühstück be-
endet.
Frau Jadwiga warf ihr einen ironischen Blick zu.
„Fräulein, haben Sie gut geschlafen?"
„Nein, Madame," erwiderte ruhig Kalliope, indem sie am
Tisch Platz nahm und sich Thee eingoß.
„Sie sehen heute so blaß aus," sagte Herr von
Kochanowski. .
„Diese dunklen Ringe umer Ihren Augen, Fräulein!
rief besorgt Stanislaus. „Und wie blau Ihre Lippen sind!
Mein Gott, Sie sind krank, Sie haben sich gewiß vorgestern
Abend erkältet."
„Ja, ich fühle mich ein wenig unwohl," erwiderte Kalliope.
„Ader 's ist sicherlich nicht von vorgestern. Vielleicht be-
komme ick Influenza!"
Frau Jadwiga erhob sich mit komisch-ängstlichem Gesicht
von der Tafel und sagte entrüstet:

„Etwas mehr Rücksicht sollte man doch vom Personal
erwarten! „Wenn Sie die Influenza haben, so bleiben Sie
gefälligst in Ihrer Stube, setzen Sie nicht die Menschen,
deren Brod Sie essen, der Gefahr der Ansteckung aus!
Aber freilich . . . von edlen Hellenen dergleichen zu er-
warten ! !" Sie eilte hinaus und konnte daher nicht hören,
daß Herr von Kochanowski ihr nachrief:
„Schwatz nicht solchen Unsinn!"
Stanislaus hatte sich erhoben und seiner Mutter mit
einem hassenden Blick nachgesehen. Er freute sich förmlich,
daß sie nicht mehr im Zimmer war, er hätte ihr sicherlich
etwas Ungehöriges gesagt; jetzt wandte er sich an Kalliope:
„Liebes, gutes Fräulein . . . Ich flehe Sie an, gehen
Sie sofort wieder zu Bett! Ich bitte inständigst . . .
Ich hole den Arzt. Welchen aber? Ja, Dr. Kärnthner, zu
dem haben wir ja alle Vertrauen . . . Ach, Fräulein, >

in der Kapelle des königlichen Schlosses weilte, offenbar
in der Absicht, dort gleich das Attentat zu verüben, wenn
der König in die Kapelle kam. Dazu kommen schließlich
die bereits beschafften Beweise, daß der in Elba verhaftete
Quintavalle vom anarchistischen Komitee beauftragt war,
die Königin Margherita während ihres geplanten Sommer-
aufenthaltes in Guensonuay zu ermorden! Fortgesetzt
werden denn auch jetzt Verhaftungen vorgenommen, so daß
ihre Zahl sich kaum mehr übersehen läßt.

Deutsches Reich.

Hamburg, 6. August. Die Hamburger Börsenhalle
meldet: Von der zur Abwehr der Einschleppung an-
steckender Krankheiten eingerichteten Gesundheits-
polizei wurde am 30. Juli auf einem Dampfer ein Mann
gefunden, der an Typhus zu leiden schien, und in das
Krankenhaus gebracht. Da sich am 4. Aug ust Symptome
einstellten, die den Verdacht erregten, daß es sich um eine
gefährliche ansteckende Krankheit (wohl die
Pest? Red.) handeln könne, ist der Kranke mit allen Vor-
sichtsmaßregeln in der Epidemieabtheilung des Eppendorfer
Krankenhauses iiolirt worden. Gleichzeitig wurden alle
Personen, die mit dem Kranken in Berührung kamen, in
den Epidemiebaracken zur ärztlichen Beobachtung unter-
gebracht.
Baden. L. 6. Ma n nhcim, 6. Aug. Die Freitags-
nummer der sozialdemokratischen Volks stimme, in dem
sich ein Feuilleton-Artikel, „Ueber Abel mit dem Sabel"
befand, wurde durch Beschluß des Großh. Amtsgerichts
Mannheim auf Grund des Z 184' (Verbreitung unzüch-
tiger Schriften) konfiscirt. Der Artikel handelt von
dem Jesuitenpater Abel und den Wiener Frauen.
Karlsruhe, 4. Aug. Der Staatsanzeiger veröffent-
licht die Besuchsziffern der badischen Ho chschulen
in dem nun zu Ende gegangenen Sommersemester. Da-
nach hat der Besuch die aufsteigende Richtung beibehalten.
Mit Einschluß von 48 bezw. 122 Hospitanten belief sich
die Zahl der Studirenden andenbeidenUniversitäten
auf 1814 (Freiburg) und 16(5 (Heidelberg) gegen 1641
und 1503 im Sommer 1898 und 1453 und 1309 im
Jahre 1896. Darunter befinden sich im laufenden Jahr
1294 und 1180 Nichtbadener. Die Zahl der katholischen
Theologen ist immer noch im Zunehmen, wenngleich auch
nicht mehr in dem früheren Maße, uns betrug in Frei-
burg 257, gegen 210 und 226 in den Jahren 1898
und 1896, während die evangelischen Theologen in
Heidelberg von 63 und 58 in den Jahren 1896 und
1898 auf 52 abgenommen haben. Den stärksten Besuch
zeige» die juristischen Facultäten mit 625 in Frei-
burg (mit Einschluß der Staatswissenschaftlichen Facultät)
und 564 in Heidelberg, dann folgen die Mediciner in
Freiburg mit 509 und 301 in Heidelberg; die philo-
sophische Fakultät in Frciburg zählte 375, jene in Heidel-
berg (mit der naturwissenschaftlich-mathe malischen, die in
Freiburg mit der philosophischen vereinigt ist 269 -j-367)
636 Studierende. Einen recht ansehnlichen Aufschwung
hat auch die technische Hochschule in Karlsruhe
genommen, deren Hörerzahl von 834 im Sommersemester
1895 auf 1251 im letzten Sommersemester gestiegen ist.
Auch bei dieser Hochschule überwiegen die Nichtbaüener,
die 864 ausmachen, gegen 387 Badener. Am stärksten
besucht waren die Abtheilung für Maschinenwesen mit
372, für Elektrotechnik mit 269, für Architektur mit 214
und für Jngenieurwesen mit 200. Alle diese Fächer
weisen erhebliche Steigerungen im Besuch auf. Am
stärksten ist dieser natürlich bei der Elektrotechnik von 71

ich bin unglücklich, daß ich eigentlich Ihr Unwohlsein ver-
schuldet habe."
Auch Herr von Kochanowski bestand darauf, daß sie sich
gleich wieder niederlege. Kalliope, durch die Besorgnitz
gerührt, gab nach.
Stanislaus stürmte hinaus, traf auf der Straße eine
Droichke und hieß den Kutscher im Galopp zu Dr. Kärnthner
fahren. Der Arzt wurde durch die Nachricht von der Er-
krankung Kalliope's in große Aufregung versetzt. Er hatte
sie, seit sie bei Kochanowskl's lebte, im Ganzen dreimal ge-
sehen und mit ihr bloß einmal flüchtig sprechen können, da
Frau Jadwiga ihn stets mit Beschlag legte, mit Fragen
überhäufte, so daß es ihm nicht gelingen konnte, selbst mit
Herrn von Kochanowski, wenn er gerade da war, ein Wort
zu wechseln. Die zu große Liebenswürdigkeit der Dame
war ihm lästig, und es wurde ihm geradezu unheimlich zu
Mulhe, als er bemerkte, daß die Sympathie Frau Jadwiga's
für ihn anwuchs. Sie hatte in der letzten Zeit einen so
hohen Grad erreicht, daß Dr. Kärnthner nahe daran war,
auf die Clientsle des Kochanowski'schen Hauses zu verzichten;
er that es bloß deshalb nicht, well er sich damit selbst der
Hoffnung beraubt hätte, doch hie und da sein „interessantes
Stutuenobjekt" sehen, vielleicht auch sprechen zu können.
Nun ist das Objekt krank — hoffentlich liegt nichts Ernstes
vor. Ein leichtes Unwohlsein — das wäre herrlich: er
könnte ffie da täglich besuchen und studiren. Im Fahren
richtete er Fragen über Fragen an Stanislaus über den
Zustand der Patientin, über die muthmaßliche U rsache. Der
junge Mann wußte nicht viel zu sagen; er sah den Arzt
erstaunt an, dessen heutige Nervosität mit seiner sonstigen
Ruhe in Widerspruch stand, und runzelte die Stirn. .
sollte der langweilige Deutsche da sich etwa mehr für Kalliope
intereffiren, als . . . als nöthig ist? Man hatte ja in Broila
eine Zeitlang davon gesprochen, daß er sie liebe . . . aber er
ist ja verlobt! ^
(Fortsetzung folgt.)
 
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