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Vierteljahr!. 1.25 Mk.
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Pctitzeile oder deren Raum.'
Für hiesige Geschäfts- und
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der Inserate auf den Plakat«
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Fernsprech-Anschluß Nr. 82
«r. 186.
Mimtis, den 13.ANM
1908.
Der Kaiser in Mainz.
Mainz, 11. Aug. Um 8°° Uhr traf der kaiser-
liche Sonderzug an dem Bahnwärterhause 39 der
Bahnstrecke Mainz-Alzey ein. Hier war ein künstlerisch
geschmücktes Zelt errichtet, in dem der Groß Herzog
von Hessen, Generalmajor v. Zastrow und Provin-
zialdirektor v. Gagern den Kaiser erwarteten. Der
Kaiser, der kleine Generalsuniform trug, begrüßte nach
dem Aussteigen den Großherzog aufs herzlichste und
unterhielt sich einige Zeit mit den zum Empfang er-
schienenen Herren. Er stieg dann zu Pferde und ritt in
gestrecktem Galopp nach dem Paradeplatze. Dort hatte
eine kombinirte Brigade, bestehend aus dem 88. und
117. Regiment, Aufstellung genommen. Der Kaiser ließ
die Brigade vorerst exerzieren und einige Gefechtsübungen
vornehmen, hieran schloß sich eine Hebung des
13. Husaren re giments. Nach dem Exerzieren des
13. Husarenregiments, das mit einer glänzenden Attacke
schloß, versammelte der Kaiser das Offizierkorps des Regi-
ments um sich und hielt eine kurze Ansprache, in der er
auf den Tod des Königs Humbert hinwies und
hervorhob, mit welch großer Liebe dieser an dem Regi-
ment gehangen habe (dessen Chef er bekanntlich gewesen
ist. Die Red.). Gleichzeitig theilte der Kaiser mit, daß
von heute ab König Victor Emanuel Chef des
Regimentes sei. Dann folgte eine Gefechtsübung,
an der sich die Regimenter 87, 88 nnd 117 mit der er-
forderlichen Artillerie und Kavallerie berheiligten. Um
10^° uhr war die Gefechtsübung beendet. Die nunmehr
vorgesehene Paradeaufstcllung war abgesagt worden, und
während der Kaiser die Offiziere zur Kritik um sich ver-
sammelte, formirten sich die Regimenter zum Parademarsch.
Der Kaiser führte dem Großherzog bei dem zweimaligen
Vorbeimarsch sein Regiment vor. Um halb 1 Uhr war
Re Parade beendigt, und der Kaiser setzte sich nunmehr
an die Spitze der Fahnenkompagnic, um seinen Einzug in
Re Stadt zu halten. Der Kaiser ritt an der Seite des
Großherzogs; ein offizieller Empfang fand nicht statt. Um
halb 2 Uhr traf der Kaiser, vom Zuruf der jubelnden
Menge begrüßt, beim großherzoglichen Schlosse ein und
hielt im Vorhof desselben bis nach dem Einbringen der
Fahnen und Standarten. Im Vestibül des Schlosses fand
eine herzliche Begrüßung mit dem Prinzen Heinrich statt,
Rr um 11 Uhr hier eingetroffen war. Nachher fand im
siroßherzoglichen Schlosse eine Frühstückstafel statt.
Bei der Frühstückstafel saß rechts vom Kaiser der
^roßherzog, links Prinz Heinrich. Tafelmusik fand nicht
statt. Um 3 Uhr fuhren die Herrschaften im offenen Zwei-
spänner zum Bahnhof. Nachdem sich der Kaiser auf's
herzlichste verabschiedet hatte, fuhr der kaiserliche Sonderzug
vai 3 Uhr 15 Min. nach Homburg ab. Um 3 Uhr
25 Min. fuhr der Großhcrzog nach Schloß Wolfsgarten,
Vripz Heinrich begab sich um 3 Uhr 45 Min. über Frank-
en nach Cronberg. __
erste größere Nachtransport für China
Mrd eben in Wilhelmshaven ausgerüstet. Der Hamburger
Frachtdampfer „Elsa" wird zur Zeit mit denjenigen Gütern
Rsrachtet, welche das Lazarethschiff „Gera" nicht mehr
Ritnehmen konnte. Am Montag und Dienstag wurde
Munition für die schwere Artillerie der Panzerdivision
^vd für Handfeuerwaffen, sowie eine ganze Feldküchen-
Rnrichtung verladen. Um unseren ostasiatischen Schiffen
Gelegenheit zur Ausführung größerer Reparaturen zu
Leben, für welche die an Bord befindlichen Einrichtungen
Rcht mehr ausreichen, hat das Reichsmarineamt die Er-
Ntuna von Reparaturwerkstätten in Tsingtau angeordnet.
13)
Kalliope Mavros.
Erzählung von Adolf Flachs.
(Fortsetzung.)
, ^ »Was Sie sagen I" rief Kalliope aus, indem sie die Hände
"wninienschlug. Er konnte nicht erkennen, ob sich darin
o,M„eine Ueberraschung — etwa freudige Ueberraschung
^ddruckle; sie selbst wußte es in diesem Augenblick wohl
nichtI Er beeilte sich, ihr zu erklären, was ihn dazu
e» ?nlaßt hatte, die Braut zu erfinden, verschwieg aber, daß
ih ""durch auch sie damals halte prüfen wollen. Es kam
ihr vor, daß seine Aufklärung eine gewisse Freude bei
den« rvorgerufen hätte. Das machte ihn froh und er
st?°nn nun nüt ihr in herzlicherem Ton zu sprechen . . .
st, -scheine ihm als die interessanteste Dame in Braila, es
sie ein Festtag, wenn er sie besuche, was er um
fükii M^end ihrer Krankheit gelitten habe. In der fein-
kan«, n Weise dämpfte Kalliope seinen Schwung. Er
Mn« "eh dadurch vielleicht gekränkt fühlen; als kluger
bx>n"",, ibat er, als hätte er ihre leise Abwehr garnicht
Heu??" und unterließ auch einen neuen Anlauf ... für
in N ,28er weiß, welche Bewandtniß es mit jener Person
agz ?ustantinopel hatte! Vielleicht eine liebe Bekanntschaft,
sichtig iväter viel mehr werden soll. Er trat also vor-
ljm den Rückzug an, um zuerst noch „das Terrain gründ-
M rekoanosciren."
u>itte>e wit Stanislaus?" fragte sie dann fast unver-
beut-i ^ beruhigte sie, er sei wieder hergestellt und dürfe
ähr schon auSgehen.
Kan?^w Abschied küßte er ihr die Hand — zum ersten Male,
ließ es geschehen — und lächelte ihn an.
- w vor kurzem noch so lebensfrischen, übermüthigen
es iiEh"ch?u Stanislaus n,ar ein düsterer Mensch geworden;
siill
en
sich leicht an seinem hohlen Blick, an seinem scheuen
wiesen erkennen, daß ein tiefer Schmerz an seiner
Die ganzen Werkstatteinrichtungen, welche jetzt
ebenfalls mit dem Dampfer „Elsa" zur Versendung kommen,
sind von der kaiserlichen Werft zusammengestellt und be-
schafft. Sie entsprechen im Ganzen den Betriebswerk-
stätten einer kleinen Werft unter besonderer Berücksichtigung
der im Kriegsschiffsbau vorkommcnden Reparaturen. Die
Gebäude bestehen aus zwei 100 Meter langen und 15
Meter breiten Wellblechschuppe». Die Maschinenbauwerk-
statt enthält Werkzeugmaschinen aller Art für Metall-
bearbeitung. die Schiffsbauwerkstatt außerdem eine Anzahl
Schmiedefeuer mit Gebläse. Zur Anfertigung von Guß-
stücken wird ein kleiner Kupolofen mit allem Zubehör aus-
gestellt und zur Bearbeitung größerer Schmiedestücke ein
kleiner Hammer. Alle Werkzeugmaschinen haben elektrischen
Antrieb. Die Einrichtung für den elektrischen Betrieb ist
von der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft getroffen. Die
Betriebmaschine ist eine kräftige Lanz'sche Lokomobile. Zur
Einrichtung und Betriebsleitung der Maschinenbauwerkstatt
sind bereits der Marine-Maschinenbaumcister Breymann und
der Marine-Werkmeister Schiemeier mit dem Lazarethschiff
„Gera" vorausgereist. Der dem Stabe des Kreuzer-
geschwaders attachirte Marine-Schiffsbaumeister Reimers
wird die Leitung der Schiffsbaureparaturwerkstatt über-
nehmen. Zur Inbetriebsetzung dieser ersten Werkstatt-
anlagen in Tsingtau sind aus dem Wilhelmshavener Werft-
arbeiterkorps 35 Handwerker der verschiedenen Zweige ge-
wählt. Dieselben sollten ursprünglich schon mit der „Gera"
befördert werden, wozu es aber nicht gekommen ist, und
werden sie jetzt wahrscheinlich mit der „Elsa" die Reise
anlreten.
Zur Ernennung Waldersees.
Nunmehr sind in Berlin auch die Zustimmungs-
erklärungen zur Ernennung des Grafen Waldersce zum
Oberbefehlshaber in China von England, Amerika
und Japan eingegangen. Amerika und Japan sprachen
ihre Zustimmung ohne Vorbehalt aus, während England
sie an die Voraussetzung knüpfte, daß sich auch die ande-
ren Mächte anschließen. Praktisch gilt dieser englische Vor-
behalt als erledigt.
Die Pariser Libertä hatte eine Unterredung mit einem
in hervorragender Stellung befindlichen Mitglieds der rus-
sischen Colonie in Paris, das intime Beziehungen zur
russischen Gesandtschaft hat, und gibt vor, Folgendes ver-
nommen zu haben: In Petersburg war man ent-
schlossen, die Ernennung eines deutschen Offiziers zum
Obercommandirendcn in China in Anbetracht der be-
rechtigten Empfindlichkeit Frankreichs nicht
anzunehmen: man erwartete auch, daß Frankreich diesen
Posten für einen seiner Offiziere beanspruchen würde we-
gen seiner Stellung als ostastatische Macht, wegen der vom
Marineminister angedeuteten bedeutenden französ. Truppen-
stärke und wegen der Wichtigkeit der französischen Interessen
in China. Rußland sah aber mit Erstaunen, daß
Frankreich dieser Frage kein Interesse entgegenbrachte, uno
da es keinen Grund hatte, sich empfindlicher zu zeigen als
Frankreich, stimmte es der Ernennung des Grafen Wal-
dersee zu. Das Blatt theilt weiter mit, Kaiser Wil-
helm habe der französischen Regierung mittheilen lassen,
daß er bereit sei, einem französischen General die
Ehre dieses hohen Postens zu überlassen. Delcasso habe
diesen Vorschlag im Ministerrath befürwortet, doch sei er
an dem Widerspruch Waldeck-Rousseaus und
Millerands gescheitert, wahrscheinlich aus Furcht,
ein französischer General könne keine Gelegenheit finden,
eine große Rolle zu spielen, die ihn ins rechte Licht stellen
würde.
Seele nagle. Frau Jadwiga, die besonders scharf sah, wenn
es sich um ihren geliebten Sohn handelte, wußte auch, was
es war. — Die Mutter war verzweifelt über die „Gefahr",
die ihrem Sohne drohte; sie hätte darauf schwören mögen,
daß Stanislaus bloß zu sprechen brauchte, um Kalliope's
Gegenliebe zu erwecken. Welches Mädchen könnte auch der
stürmischen leidenschaftlichen Liebe ihres Stas Stand
halten? Und gar hier . . . Kalliopes Herz hatte gewiß noch nicht
lebhafter für einen Mann geschlagen, um so leichteres Spiel
hat der erste, der ihr süße Liebesworte in die Seele träufelt.
Die Gefahr war also groß und nahe. Und als treue
Mutter darf ihr kein Mittel zu schlecht sein, ihren Sohn zu
retten. Sie darf und wird es nicht zugeben, daß Stas ein
armes Mädchen heirathet, sie will zur Schwiegertochter ein
hübsches Mädchen aus reichem und angesehenem Hause, das
überdies der Schwiegermutter gegenüber gefügig ist. Und
sie grübelte und klügelte und sann und sann und spann
Pläne... so lange, bis sie fand was sie suchte. Und sie
lieb auch gleich Stas rufen, um den ersten Abschnitt ihres
Kriegsplanes in Szene zu setzen.
Der Sohn kam.
„Komm zu mir. mein Söhnchen," sprach zärtlich und mit
ihrer Weichesten Stimme Frau Jadwiga, die auf dem Divan
lag. „Setz Dich zu mir... io... wie schlecht Du aus-
siehst. mem Stasl" Sie streichelte sein braunes Haar.
„Sag's doch Deiner Mutter, was Dich drückt . . . denn
daß Dich ein heftiger Schmerz verzehrt, ahne ich. Sprich
vertrauensvoll wie zu einer Schwester . - - sprich mein
„Nichts Mama . . . nichts von Bedeutung ... es wird
Vorbeigehen I"
„Du verschweigst mir etwas, Stas. Gut, dann werde
ich sprechen!"
Stas richtete sich auf. sein Gesicht ward bleich, die
Züge verzerrten sich wie in Angst; er erhob abwehrend
die Hand und. als ahnte er, was kommen wird, sagte er
herzlich bittend:
Der Kaiser hat dem General Höpfner Befehl ertheilt,
sich sofort nach erfolgter Landung mit den Seebataillonen
bis zur Ankunft des Generals v. Lessel bezw. des Gra-
fen Waldersee dem Befehl des ältesten anwesenden
russischen Generals zu unterstellen.
Die Vorgänge in China.
Nach einer Meldung der Daily Mail über Tschifn
waren im Treffen bei Jangtsun am 6. August Eng-
länder und Amerikaner im Vordertreffen. Die
chinesischen Stellungen bestanden aus 7 Linien, deren Ver-
schanzungeu je 200 Meter auseinander lagen. Der Feind
ging von einer Linie in die andere unter fortgesetztem
Feuer zurück, bis er die letzte in zerstreuter Flucht auf
Peking räumte. Die Stellungen bei Jangtsun waren von
natürlicher Stärke und dazu trefflich befestigt. Die Briten
büßten 200, die Amerikaner 250 Todte und Verwundete
ein. Die Chinesen erklären ihren Rückzug mit der Be-
hauptung, die Briten hätten Gift über sic ausgegossen,
was sich auf die Lydditgeschosse beziehen soll. Die Nach-
richt über den kaiserlichen Erlaß, der Li-Hung-Tschang zu
Friedensunterhandlungen um jeden Preis be-
vollmächtigt, wird in London als ein günstiges Zeichen dafür
ausgenommen, daß die Chinesen den Widerstand
aufgcben wollen.
Daily Expreß theilt mit, der ständige Unterstaatssekretär
im engl. Auswärtigen Amte, Saunderson, solle geäußert haben,
die verbündeten Truppen würden, wenn sie Peking er-
reichen, nicht den Eingang zu erzwingen suchen, um
nicht das Leben der Europäer in Gefahr zu bringen. Nur
falls die Insassen der Gesandtschaften ermordet wären,
würde Peking angegriffen werden. Diese Angabe könnte
übrigens, wie man in unterrichteten Kreisen feststellt, nur
insoweit richtig sein, als es sich darum handelt, vorläufig
die Europäer in Peking in Sicherheit zu bringen. Der
dem Auswärtigen Amte nahestehende Daily Telegraph er-
klärt heute sehr bestimmt, Friedensverhandlungen
könnten nur unter der Voraussetzung eingeleitet werden,
daß den Verbündeten der unbehinderte Vormarsch
nach Peking und der Siegeseinzug zur Befreiung
ihrer Landsleute eingeräumt werde. Es sei Zeit genug,
über die Sühne und die Entschädigungen zu ver-
handeln, wenn die Ausländer wieder unter eigenem Flaggen-
schutz seien. Allein die Chinesen dürfen im voraus über-
zeugt sein, daß sie nicht so streng behandelt würden,
wie ihr Verbrechen es verdiene; möglicherweise handle es
sich bei ihnen auch jetzt hauptsächlich darum, Zeit zu ge-
winnen. Es scheine aber, als ob es ihnen gegenwärtig
thatsächlich ernst sei. Augenblicklich sei die zeitige Er-
reichung Pekings und die Rettung der Belagerten die erste
Erwägung.
Der russische Regierungsbote meldet: Am 9. August
erhielt das Ministerium des Aeußern ein Telegramm un-
mittelbar von den Gesandten in Peking, das offen-
bar durch einen Eilboten dem Aamen der Provinzhaupt-
stadt Tsinan übermittelt und durch dieses Jamen nach
seinem Bestimmungsorte befördert wurde. In dieser De-
pesche meldet der russische Gesandte, daß der Be-
lagerungszustand fortdauere und die Belagerten
noch einigen Vorrath an Lebensmitteln hätten. Die
chinesische Regierung schlage den Gesandten vor, denselben
Telegramme zu übermitteln und bestehe auf deren
Abreise nach Tientsin. Da die Gesandten keine
genügende Bürgschaft für ihre Sicherheit hatten, ant-
worteten sie, daß sie für die Reise die Erlaubnis ihrer
Regierung haben müßten. Mit Genehmigung des Kaisers
„Nicht, liebe Mama . . . sprechen Sie nicht!
„Du liebst Kalliope!" rief Frau Jagwiga.
Stas empfand Fieberfrost, seine Glieder zitterten. Er
erhob sich langsam und schwankte zum Fenster! er athmete
schwer. Wie betäubt blickte er starr und unbeweglich durch
die vom Regen trüben Scheiben. Plötzlich reckte er sich
empor, wandte sich um und rief aus:
„Ja, ich liebe dieses göttliche Mädchen. Mit jeder Faser
meines Herzens, mit jedem Gedanken meines Kopfes hänge
ich an ihr. Wenn ich sie sehe, erfaßt mich ein Wonne-
schauer, der mich vom Kopf bis zum Fuß durchrieselt. Höre
ich ihre weiche, tiefe Stimme, jo glaube ich Sph Lrengeiang
zu vernehmen. O, welch herrliches einziges Mädchen! Hat
es je einen Menschen von solch abgrundtiefer Güte und
Milde gegeben? Wenn ich vor ihr stehe drängt es mich, zu
ihren Füßen Hinzustürzen, als dürfe ich in ihrer Gegenwart
meinen Kopf nicht hoch tragen, als hätte ich nicht das Recht»
in ihrer Gegenwart zu stehen. Ich komme mir wie ein
Sklave vor, der vor seiner geliebten Königin immer auf den
Knieen liegen sollte. Wenn ich ihr doch nur beweisen könnte,
daß sie mein ganzes Leben ausmacht . . - durch eine
That ... vor keiner Gefahr würde ich zurückscheuen und
vor keinem Verbrechen. Aber, was liegt ihr an mir! Wer
wäre ihrer würdig!' Da erinnerte ee sich des Arztes und
seine Stimme wurde heftiger. „Dieser Kärnthner erkühnt
sich zu glauben ... ha ha, dieser eingebildete Tropf!" Frau
Jadwiga horchte gespannt; daß auch der verlobte Arzt von
Liebe zu dieser Griechin erfüllt war, hatte sie vermuthet,
jetzt hatte sie Gewißheit. O, diese Kalliope ist wirklich ge-
fährlich ! „Daß er es wagt, an sie so zu denken, ist mehr
Thorheit.als Vermessenheit . . . Süße, süße Kalliope, tausend-
fältig glücklich der, dem du dein Herz schenkst!" Stanis-
laus sank auf einen L>tuhl und verbarg sein Gesicht in den
Händen. ^ ,
(Fortsetzung folgt.)
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1908.
Der Kaiser in Mainz.
Mainz, 11. Aug. Um 8°° Uhr traf der kaiser-
liche Sonderzug an dem Bahnwärterhause 39 der
Bahnstrecke Mainz-Alzey ein. Hier war ein künstlerisch
geschmücktes Zelt errichtet, in dem der Groß Herzog
von Hessen, Generalmajor v. Zastrow und Provin-
zialdirektor v. Gagern den Kaiser erwarteten. Der
Kaiser, der kleine Generalsuniform trug, begrüßte nach
dem Aussteigen den Großherzog aufs herzlichste und
unterhielt sich einige Zeit mit den zum Empfang er-
schienenen Herren. Er stieg dann zu Pferde und ritt in
gestrecktem Galopp nach dem Paradeplatze. Dort hatte
eine kombinirte Brigade, bestehend aus dem 88. und
117. Regiment, Aufstellung genommen. Der Kaiser ließ
die Brigade vorerst exerzieren und einige Gefechtsübungen
vornehmen, hieran schloß sich eine Hebung des
13. Husaren re giments. Nach dem Exerzieren des
13. Husarenregiments, das mit einer glänzenden Attacke
schloß, versammelte der Kaiser das Offizierkorps des Regi-
ments um sich und hielt eine kurze Ansprache, in der er
auf den Tod des Königs Humbert hinwies und
hervorhob, mit welch großer Liebe dieser an dem Regi-
ment gehangen habe (dessen Chef er bekanntlich gewesen
ist. Die Red.). Gleichzeitig theilte der Kaiser mit, daß
von heute ab König Victor Emanuel Chef des
Regimentes sei. Dann folgte eine Gefechtsübung,
an der sich die Regimenter 87, 88 nnd 117 mit der er-
forderlichen Artillerie und Kavallerie berheiligten. Um
10^° uhr war die Gefechtsübung beendet. Die nunmehr
vorgesehene Paradeaufstcllung war abgesagt worden, und
während der Kaiser die Offiziere zur Kritik um sich ver-
sammelte, formirten sich die Regimenter zum Parademarsch.
Der Kaiser führte dem Großherzog bei dem zweimaligen
Vorbeimarsch sein Regiment vor. Um halb 1 Uhr war
Re Parade beendigt, und der Kaiser setzte sich nunmehr
an die Spitze der Fahnenkompagnic, um seinen Einzug in
Re Stadt zu halten. Der Kaiser ritt an der Seite des
Großherzogs; ein offizieller Empfang fand nicht statt. Um
halb 2 Uhr traf der Kaiser, vom Zuruf der jubelnden
Menge begrüßt, beim großherzoglichen Schlosse ein und
hielt im Vorhof desselben bis nach dem Einbringen der
Fahnen und Standarten. Im Vestibül des Schlosses fand
eine herzliche Begrüßung mit dem Prinzen Heinrich statt,
Rr um 11 Uhr hier eingetroffen war. Nachher fand im
siroßherzoglichen Schlosse eine Frühstückstafel statt.
Bei der Frühstückstafel saß rechts vom Kaiser der
^roßherzog, links Prinz Heinrich. Tafelmusik fand nicht
statt. Um 3 Uhr fuhren die Herrschaften im offenen Zwei-
spänner zum Bahnhof. Nachdem sich der Kaiser auf's
herzlichste verabschiedet hatte, fuhr der kaiserliche Sonderzug
vai 3 Uhr 15 Min. nach Homburg ab. Um 3 Uhr
25 Min. fuhr der Großhcrzog nach Schloß Wolfsgarten,
Vripz Heinrich begab sich um 3 Uhr 45 Min. über Frank-
en nach Cronberg. __
erste größere Nachtransport für China
Mrd eben in Wilhelmshaven ausgerüstet. Der Hamburger
Frachtdampfer „Elsa" wird zur Zeit mit denjenigen Gütern
Rsrachtet, welche das Lazarethschiff „Gera" nicht mehr
Ritnehmen konnte. Am Montag und Dienstag wurde
Munition für die schwere Artillerie der Panzerdivision
^vd für Handfeuerwaffen, sowie eine ganze Feldküchen-
Rnrichtung verladen. Um unseren ostasiatischen Schiffen
Gelegenheit zur Ausführung größerer Reparaturen zu
Leben, für welche die an Bord befindlichen Einrichtungen
Rcht mehr ausreichen, hat das Reichsmarineamt die Er-
Ntuna von Reparaturwerkstätten in Tsingtau angeordnet.
13)
Kalliope Mavros.
Erzählung von Adolf Flachs.
(Fortsetzung.)
, ^ »Was Sie sagen I" rief Kalliope aus, indem sie die Hände
"wninienschlug. Er konnte nicht erkennen, ob sich darin
o,M„eine Ueberraschung — etwa freudige Ueberraschung
^ddruckle; sie selbst wußte es in diesem Augenblick wohl
nichtI Er beeilte sich, ihr zu erklären, was ihn dazu
e» ?nlaßt hatte, die Braut zu erfinden, verschwieg aber, daß
ih ""durch auch sie damals halte prüfen wollen. Es kam
ihr vor, daß seine Aufklärung eine gewisse Freude bei
den« rvorgerufen hätte. Das machte ihn froh und er
st?°nn nun nüt ihr in herzlicherem Ton zu sprechen . . .
st, -scheine ihm als die interessanteste Dame in Braila, es
sie ein Festtag, wenn er sie besuche, was er um
fükii M^end ihrer Krankheit gelitten habe. In der fein-
kan«, n Weise dämpfte Kalliope seinen Schwung. Er
Mn« "eh dadurch vielleicht gekränkt fühlen; als kluger
bx>n"",, ibat er, als hätte er ihre leise Abwehr garnicht
Heu??" und unterließ auch einen neuen Anlauf ... für
in N ,28er weiß, welche Bewandtniß es mit jener Person
agz ?ustantinopel hatte! Vielleicht eine liebe Bekanntschaft,
sichtig iväter viel mehr werden soll. Er trat also vor-
ljm den Rückzug an, um zuerst noch „das Terrain gründ-
M rekoanosciren."
u>itte>e wit Stanislaus?" fragte sie dann fast unver-
beut-i ^ beruhigte sie, er sei wieder hergestellt und dürfe
ähr schon auSgehen.
Kan?^w Abschied küßte er ihr die Hand — zum ersten Male,
ließ es geschehen — und lächelte ihn an.
- w vor kurzem noch so lebensfrischen, übermüthigen
es iiEh"ch?u Stanislaus n,ar ein düsterer Mensch geworden;
siill
en
sich leicht an seinem hohlen Blick, an seinem scheuen
wiesen erkennen, daß ein tiefer Schmerz an seiner
Die ganzen Werkstatteinrichtungen, welche jetzt
ebenfalls mit dem Dampfer „Elsa" zur Versendung kommen,
sind von der kaiserlichen Werft zusammengestellt und be-
schafft. Sie entsprechen im Ganzen den Betriebswerk-
stätten einer kleinen Werft unter besonderer Berücksichtigung
der im Kriegsschiffsbau vorkommcnden Reparaturen. Die
Gebäude bestehen aus zwei 100 Meter langen und 15
Meter breiten Wellblechschuppe». Die Maschinenbauwerk-
statt enthält Werkzeugmaschinen aller Art für Metall-
bearbeitung. die Schiffsbauwerkstatt außerdem eine Anzahl
Schmiedefeuer mit Gebläse. Zur Anfertigung von Guß-
stücken wird ein kleiner Kupolofen mit allem Zubehör aus-
gestellt und zur Bearbeitung größerer Schmiedestücke ein
kleiner Hammer. Alle Werkzeugmaschinen haben elektrischen
Antrieb. Die Einrichtung für den elektrischen Betrieb ist
von der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft getroffen. Die
Betriebmaschine ist eine kräftige Lanz'sche Lokomobile. Zur
Einrichtung und Betriebsleitung der Maschinenbauwerkstatt
sind bereits der Marine-Maschinenbaumcister Breymann und
der Marine-Werkmeister Schiemeier mit dem Lazarethschiff
„Gera" vorausgereist. Der dem Stabe des Kreuzer-
geschwaders attachirte Marine-Schiffsbaumeister Reimers
wird die Leitung der Schiffsbaureparaturwerkstatt über-
nehmen. Zur Inbetriebsetzung dieser ersten Werkstatt-
anlagen in Tsingtau sind aus dem Wilhelmshavener Werft-
arbeiterkorps 35 Handwerker der verschiedenen Zweige ge-
wählt. Dieselben sollten ursprünglich schon mit der „Gera"
befördert werden, wozu es aber nicht gekommen ist, und
werden sie jetzt wahrscheinlich mit der „Elsa" die Reise
anlreten.
Zur Ernennung Waldersees.
Nunmehr sind in Berlin auch die Zustimmungs-
erklärungen zur Ernennung des Grafen Waldersce zum
Oberbefehlshaber in China von England, Amerika
und Japan eingegangen. Amerika und Japan sprachen
ihre Zustimmung ohne Vorbehalt aus, während England
sie an die Voraussetzung knüpfte, daß sich auch die ande-
ren Mächte anschließen. Praktisch gilt dieser englische Vor-
behalt als erledigt.
Die Pariser Libertä hatte eine Unterredung mit einem
in hervorragender Stellung befindlichen Mitglieds der rus-
sischen Colonie in Paris, das intime Beziehungen zur
russischen Gesandtschaft hat, und gibt vor, Folgendes ver-
nommen zu haben: In Petersburg war man ent-
schlossen, die Ernennung eines deutschen Offiziers zum
Obercommandirendcn in China in Anbetracht der be-
rechtigten Empfindlichkeit Frankreichs nicht
anzunehmen: man erwartete auch, daß Frankreich diesen
Posten für einen seiner Offiziere beanspruchen würde we-
gen seiner Stellung als ostastatische Macht, wegen der vom
Marineminister angedeuteten bedeutenden französ. Truppen-
stärke und wegen der Wichtigkeit der französischen Interessen
in China. Rußland sah aber mit Erstaunen, daß
Frankreich dieser Frage kein Interesse entgegenbrachte, uno
da es keinen Grund hatte, sich empfindlicher zu zeigen als
Frankreich, stimmte es der Ernennung des Grafen Wal-
dersee zu. Das Blatt theilt weiter mit, Kaiser Wil-
helm habe der französischen Regierung mittheilen lassen,
daß er bereit sei, einem französischen General die
Ehre dieses hohen Postens zu überlassen. Delcasso habe
diesen Vorschlag im Ministerrath befürwortet, doch sei er
an dem Widerspruch Waldeck-Rousseaus und
Millerands gescheitert, wahrscheinlich aus Furcht,
ein französischer General könne keine Gelegenheit finden,
eine große Rolle zu spielen, die ihn ins rechte Licht stellen
würde.
Seele nagle. Frau Jadwiga, die besonders scharf sah, wenn
es sich um ihren geliebten Sohn handelte, wußte auch, was
es war. — Die Mutter war verzweifelt über die „Gefahr",
die ihrem Sohne drohte; sie hätte darauf schwören mögen,
daß Stanislaus bloß zu sprechen brauchte, um Kalliope's
Gegenliebe zu erwecken. Welches Mädchen könnte auch der
stürmischen leidenschaftlichen Liebe ihres Stas Stand
halten? Und gar hier . . . Kalliopes Herz hatte gewiß noch nicht
lebhafter für einen Mann geschlagen, um so leichteres Spiel
hat der erste, der ihr süße Liebesworte in die Seele träufelt.
Die Gefahr war also groß und nahe. Und als treue
Mutter darf ihr kein Mittel zu schlecht sein, ihren Sohn zu
retten. Sie darf und wird es nicht zugeben, daß Stas ein
armes Mädchen heirathet, sie will zur Schwiegertochter ein
hübsches Mädchen aus reichem und angesehenem Hause, das
überdies der Schwiegermutter gegenüber gefügig ist. Und
sie grübelte und klügelte und sann und sann und spann
Pläne... so lange, bis sie fand was sie suchte. Und sie
lieb auch gleich Stas rufen, um den ersten Abschnitt ihres
Kriegsplanes in Szene zu setzen.
Der Sohn kam.
„Komm zu mir. mein Söhnchen," sprach zärtlich und mit
ihrer Weichesten Stimme Frau Jadwiga, die auf dem Divan
lag. „Setz Dich zu mir... io... wie schlecht Du aus-
siehst. mem Stasl" Sie streichelte sein braunes Haar.
„Sag's doch Deiner Mutter, was Dich drückt . . . denn
daß Dich ein heftiger Schmerz verzehrt, ahne ich. Sprich
vertrauensvoll wie zu einer Schwester . - - sprich mein
„Nichts Mama . . . nichts von Bedeutung ... es wird
Vorbeigehen I"
„Du verschweigst mir etwas, Stas. Gut, dann werde
ich sprechen!"
Stas richtete sich auf. sein Gesicht ward bleich, die
Züge verzerrten sich wie in Angst; er erhob abwehrend
die Hand und. als ahnte er, was kommen wird, sagte er
herzlich bittend:
Der Kaiser hat dem General Höpfner Befehl ertheilt,
sich sofort nach erfolgter Landung mit den Seebataillonen
bis zur Ankunft des Generals v. Lessel bezw. des Gra-
fen Waldersee dem Befehl des ältesten anwesenden
russischen Generals zu unterstellen.
Die Vorgänge in China.
Nach einer Meldung der Daily Mail über Tschifn
waren im Treffen bei Jangtsun am 6. August Eng-
länder und Amerikaner im Vordertreffen. Die
chinesischen Stellungen bestanden aus 7 Linien, deren Ver-
schanzungeu je 200 Meter auseinander lagen. Der Feind
ging von einer Linie in die andere unter fortgesetztem
Feuer zurück, bis er die letzte in zerstreuter Flucht auf
Peking räumte. Die Stellungen bei Jangtsun waren von
natürlicher Stärke und dazu trefflich befestigt. Die Briten
büßten 200, die Amerikaner 250 Todte und Verwundete
ein. Die Chinesen erklären ihren Rückzug mit der Be-
hauptung, die Briten hätten Gift über sic ausgegossen,
was sich auf die Lydditgeschosse beziehen soll. Die Nach-
richt über den kaiserlichen Erlaß, der Li-Hung-Tschang zu
Friedensunterhandlungen um jeden Preis be-
vollmächtigt, wird in London als ein günstiges Zeichen dafür
ausgenommen, daß die Chinesen den Widerstand
aufgcben wollen.
Daily Expreß theilt mit, der ständige Unterstaatssekretär
im engl. Auswärtigen Amte, Saunderson, solle geäußert haben,
die verbündeten Truppen würden, wenn sie Peking er-
reichen, nicht den Eingang zu erzwingen suchen, um
nicht das Leben der Europäer in Gefahr zu bringen. Nur
falls die Insassen der Gesandtschaften ermordet wären,
würde Peking angegriffen werden. Diese Angabe könnte
übrigens, wie man in unterrichteten Kreisen feststellt, nur
insoweit richtig sein, als es sich darum handelt, vorläufig
die Europäer in Peking in Sicherheit zu bringen. Der
dem Auswärtigen Amte nahestehende Daily Telegraph er-
klärt heute sehr bestimmt, Friedensverhandlungen
könnten nur unter der Voraussetzung eingeleitet werden,
daß den Verbündeten der unbehinderte Vormarsch
nach Peking und der Siegeseinzug zur Befreiung
ihrer Landsleute eingeräumt werde. Es sei Zeit genug,
über die Sühne und die Entschädigungen zu ver-
handeln, wenn die Ausländer wieder unter eigenem Flaggen-
schutz seien. Allein die Chinesen dürfen im voraus über-
zeugt sein, daß sie nicht so streng behandelt würden,
wie ihr Verbrechen es verdiene; möglicherweise handle es
sich bei ihnen auch jetzt hauptsächlich darum, Zeit zu ge-
winnen. Es scheine aber, als ob es ihnen gegenwärtig
thatsächlich ernst sei. Augenblicklich sei die zeitige Er-
reichung Pekings und die Rettung der Belagerten die erste
Erwägung.
Der russische Regierungsbote meldet: Am 9. August
erhielt das Ministerium des Aeußern ein Telegramm un-
mittelbar von den Gesandten in Peking, das offen-
bar durch einen Eilboten dem Aamen der Provinzhaupt-
stadt Tsinan übermittelt und durch dieses Jamen nach
seinem Bestimmungsorte befördert wurde. In dieser De-
pesche meldet der russische Gesandte, daß der Be-
lagerungszustand fortdauere und die Belagerten
noch einigen Vorrath an Lebensmitteln hätten. Die
chinesische Regierung schlage den Gesandten vor, denselben
Telegramme zu übermitteln und bestehe auf deren
Abreise nach Tientsin. Da die Gesandten keine
genügende Bürgschaft für ihre Sicherheit hatten, ant-
worteten sie, daß sie für die Reise die Erlaubnis ihrer
Regierung haben müßten. Mit Genehmigung des Kaisers
„Nicht, liebe Mama . . . sprechen Sie nicht!
„Du liebst Kalliope!" rief Frau Jagwiga.
Stas empfand Fieberfrost, seine Glieder zitterten. Er
erhob sich langsam und schwankte zum Fenster! er athmete
schwer. Wie betäubt blickte er starr und unbeweglich durch
die vom Regen trüben Scheiben. Plötzlich reckte er sich
empor, wandte sich um und rief aus:
„Ja, ich liebe dieses göttliche Mädchen. Mit jeder Faser
meines Herzens, mit jedem Gedanken meines Kopfes hänge
ich an ihr. Wenn ich sie sehe, erfaßt mich ein Wonne-
schauer, der mich vom Kopf bis zum Fuß durchrieselt. Höre
ich ihre weiche, tiefe Stimme, jo glaube ich Sph Lrengeiang
zu vernehmen. O, welch herrliches einziges Mädchen! Hat
es je einen Menschen von solch abgrundtiefer Güte und
Milde gegeben? Wenn ich vor ihr stehe drängt es mich, zu
ihren Füßen Hinzustürzen, als dürfe ich in ihrer Gegenwart
meinen Kopf nicht hoch tragen, als hätte ich nicht das Recht»
in ihrer Gegenwart zu stehen. Ich komme mir wie ein
Sklave vor, der vor seiner geliebten Königin immer auf den
Knieen liegen sollte. Wenn ich ihr doch nur beweisen könnte,
daß sie mein ganzes Leben ausmacht . . - durch eine
That ... vor keiner Gefahr würde ich zurückscheuen und
vor keinem Verbrechen. Aber, was liegt ihr an mir! Wer
wäre ihrer würdig!' Da erinnerte ee sich des Arztes und
seine Stimme wurde heftiger. „Dieser Kärnthner erkühnt
sich zu glauben ... ha ha, dieser eingebildete Tropf!" Frau
Jadwiga horchte gespannt; daß auch der verlobte Arzt von
Liebe zu dieser Griechin erfüllt war, hatte sie vermuthet,
jetzt hatte sie Gewißheit. O, diese Kalliope ist wirklich ge-
fährlich ! „Daß er es wagt, an sie so zu denken, ist mehr
Thorheit.als Vermessenheit . . . Süße, süße Kalliope, tausend-
fältig glücklich der, dem du dein Herz schenkst!" Stanis-
laus sank auf einen L>tuhl und verbarg sein Gesicht in den
Händen. ^ ,
(Fortsetzung folgt.)