- erscheint täglich,
sonntags ausgenommm. jj
Preis
"ut Familienblättmr
. monatlich 50 Pf.
gebracht.
die Post bezogen
,» vitttchährl. 1.25 Mk.
schließlich Zustellgebühr.
^vrech'Anschluß Nr. 82.
Jnserttonsgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petttzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82
227. Wes Klatt. Samts«, iicn 29. September
isov.
Bestellungen
die Heidelberger Zeitung für das IV. Vierteljahr
Werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den Agenten,
ei den Trägern in der Stadt, sowie in der Expedition,
Untere Neüarstr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen Mk. 1.25 vierteljährlich
Zustellgebühr Mk. 1.65.
Vorliegende Nummer ist die letzte des 3. Viertel-
^hrs. Wo pjx Bestellung bei der Post bis jetzt unter-
sten wurde, wolle sie nunmehr schleunigst nachgcholj
werden. Nach Beginn des neuen Vierteljahrs werden be-
*eits erschienene Nummern, soweit überhaupt noch vor-
^nden, nur auf besonderes Verlangen von der Post nach-
S-liefert.
Die Vorgänge in China.
^ Es ist ausfallend, mit welcher Hartnäckigkeit man in
England immer wieder dicBesorgniß ausspricht, daß Deutsch-
en d Absichten aus das Aangtsegebiet habe. So
:°Uiail der Berichterstatter der Morning Post in Shanghai
U' einer neuerlichen Depesche auf seine frühere Beargwoh-
^Ung der deutschen Absichten im Jangtsethcil zurück und
Wiederholt, diese Angaben kämen aus authentischer Quelle.
^ deutet aber ihre Herkunft mit dem Bemerken an, es
handle sich möglicherweise um eine Finte, um die Aufmerk-
^Mkcit vom Norden abzulenken, wo Rußland sich in einer
^zweifelten Klemme befinde. Nach einer New-Aorker
T^ffanmeldung sind auch in Washington ähnliche Verdäch-
-PUligen an der Arbeit. Demgegenüber muß bemerkt
Werden, daß die deutsche Politik offen und ehrlich ihr
Erlangen ausgesprochen hat, welches dahingeht, daß die
^unschuldigen in China bestraft, ähnliche Ausschreitungen
die vorgckommenen unmöglich gemacht und die Chinesen
Gewährung von Genugthuung und zur Respektirung
^ Verträge gebracht werden. Wenn alle Mächte einig
^ diesem Sinne Zusammenwirken würden, dann müßte
" b"ld nachgeben, aber die gegenseitige Eifersucht der
'ächte lähmt das einheitliche Vorgehen. Es ist Gefahr
orhanden, daß die chinesische Angelegenheit nicht durch
'üen scharfen aber reinlichen Prozeß schnell in Ordnung
Fracht wird, sondern versumpft und schließlich zu einer
7s? von Auftheilung Chinas führt. In diesem Falle
^>rd Deutschland natürlich nicht leer ausgehen wollen,
l^blin man Deutschlands schließliches Zugreifen vermeiden
dann möge man Deutschland in seinem jetzigen auf
"Urinale Vergeltung gerichteten Bestreben unterstützen.
^ Einen bemerkenswerthen Artikel findet man in der
tewyorker Times. Dem Blatt wird aus Washington
"Egraphirt: China erweist dem Prinzen Tuan Ehren
^ fordert dadurch Deutschland heraus, das ohne
Zweifel auf diese Herausforderung antworten wird. China's
Ergehen beweist, wie unfähig es ist, seine Lage zu er«
Fällen, und es zeigt zugleich, wie nichtig die Erwartung
daß China aus eigenem Antrieb die Frevler bestrafen
?erde. Wenn die Verhandlungen eröffnet werden, ohne
dß Deutschland den Krieg erklärt hat, so muß der
Akt der amerikanischen Bevollmächtigten sein, daß sie
weitere Verhandeln ablehnen, bis Tuan ab-
^ietzt ist. Aber der Krieg würde die Lage völlig
.ädern; wahrscheinlich würde das amerikanische Programm
-?er den Haufen geworfen und würden die Vereinigten
Achaten in den Krieg hineingezogen werden.
^ Das Newyorker Blatt empfiehlt also eine regelrechte
. -tgserklärung. llnd dieser Gedanke ist nllerdinan nickit
sv
Und dieser Gedanke ist allerdings nicht
°hne. Es würde in der That die Kriegserklärung jaus
die Mächte aller Voraussicht nach einigend wirken und zu-
dem wäre ein klarer Zustand — eben der Kriegszustand —
hergestellt, während man sich jetzt in einem Mischzustand
befindet.
Dem Newyork Herald wird aus Washington
telegraphirt: Während das Staatsdepartement einerseits
bemüht ist. die Zerstückelung Chinas zu verhin-
dern, betrachtet es das Departement auf der anderen
Seite bei den vorliegenden Verhältnissen als unvermeidlich,
von den Mächten, die Territorien in China erwerben wür-
den, Bürgschaften zu verlangen, daß die Handelsrechte
der Amerikaner auch weiterhin geachtet werden. Das
Staatsdepartement ist auch willens, diesen Schritt eventuell
auch zu thun. — Das geht zunächst auf die vom russischen
General Gribsky ausgesprochene Annexion eines Theiles
der Mandschurei; dann aber auch auf die englischen, fran-
zösischen und vermeintlichen deutschen Bestrebungen zur
Erlangung von Tcrritorial-Erwerb.
Aus China selbst hört man heute wenig. Die Times
meldet aus Peking vom 28. Sept.: Die letzte Unterneh-
mung hatte den Zweck, die Sicherheit in der Umgegend
von Peking zu erhöhen und die Verproviantirung zu
erleichtern. Das Blatt besteht darauf, es sei nothwendig,
Paotingfu vollständig zu zerstören. Der Gegensatz der
russischen und der englischen Interessen stehe jedem
systematischen Versuche der Wiederherstellung der Eisen-
bahn entgegen, waS im übrigen eine leichte Arbeit wäre.
Der russische Gesandte richtete an die Kaiserin ein
Schreiben, in dem sie ausgefordert wird, nach Peking
zurückzukehren, und in dem ihr der Schutz Rußlands ver-
sprochen wird.
Der Chinese, der beschuldigt ist, den deutschen
Gesandten ermordet zu haben, wurde dieser Tage
vor dem Kriegsgericht verhört. Da kein neues Beweis-
material beigebracht werden konnte, beschloß der Gerichts-
hof, daß es nicht gerechtfertigt sei, einen endgiltigen Spruch
zu fällen. Dementsprechend wurde das Urtheil vertagt, in
der Hoffnung, weiteres Material bezüglich des wirklichen
Anstifters des Verbrechens zu erhalten.
Vierzig der bedeutendsten chinesischen Beamten, die in
Peking zurückgeblieben sind, haben kürzlich eine Adresse an
den Kaiser und die Kaiserin gerichtet, um diese zu bitten,
nach Peking zurückzukehreu. Schangyehuang, der zu den
Jubiläumsfestlichkeiten nach England entsandt worden war,
ist aus Grund eines kaiserlichen Beschlusses gleichzeitig mit
allen Ministern hingerichtet worden, die den Fremden
freundlich gesinnt waren.
Mit dem Köpfen ist die chinesische Regierung schnell
bei der Hand. Bei uns in Europa ist es minder gefähr-
lich, Gesandter oder Minister zu sein, als im himmlischen
Reich der Mitte. Bei uns wird ein Minister mit einem
Orden verabschiedet, in China mit einem Schwertstreich.
Der Unterschied in der Kultur ist an diesem Unterschied
in der Ministerverabschiedung so recht deutlich zu erkennen.
Deutsches Reich.
Baden. Der Bad. Landesbote hat Etwas über
die „wahre" Ursache der letzten Ministerkrisis erfahren.
Darnach ist Eisenlohc nicht freiwillig gegangen, sondern
wegen Differenzen in kirchenpolitischen Fragen. Von
einer Seite, „die es wohl wissen kann", wird dem demo-
kratischen Blatt versichert, daß vor allem Minister Eisen-
lohr der Anbahnung eines Ausgleichs zwischen Regierung
und Centrumspartei durch die Curie im Wege stand und
deshalb gehen mußte. Die Details der Verhandlungen
aus der Mainau entziehen sich zwar der Kenntniß des
Gewährsmanns vom Landesboten, „aber", so versichert er
weiter, „man darf als sicher annehmen, daß der jüngste
Ministerwechsel nicht nur ein Personenwechsel war, sondern
daß der Rücktritt Nokks in nicht allzu ferner Zeit zu
erwarten ist und daß dann auch der Systemwechsel
offen zu Tage treten wird. Durch Zugeständnisse an das
Centrum auf kirchenpolitischem Gebiete soll dann aus dem
Centrum unter der Führung der Mannheimer Richtung
(Zehnter-Gießler) und dem nicht kulturkämpferisch gesinnten
Theil der Nationalliberalen eine Majorität für die Regie-
rung zusammengeschweißt werden." Dem Landes boten wird
ob dieser „Kombination" indessen selbst etwas schwül zu
Muthe und er giebt zu, „daß diese Konsequenzen nicht so
strikte durchgeführt werden dürften." In der Straßb. Post
und im Schwäb. Merkur ist mittlerweile von Freiburg ans
die Mittheilung des Mannh. Gen.-Anz. über Herrn Rein-
hard's Verhandlungen mit dem Erzbischof demcntirt wor-
den. Der Bad. Beob. bemerkt dazu, daß das Dementi
(wie auch wir schon hcrvorgehoben haben) den Kern der
Sache nicht trifft, und der Mannh. Gen.-Anz. schreibt:
„Unsere Nachricht stammt aus absolut zuverlässiger Quelle
und wird uns heute überdies von anderer sehr unterrichteter
Seite bestätigt. Wir holten unsere früheren Mitthei-
lungen in allen Theilen aufrecht."
— In einer Abonnements-Einladung schreibt der
Volks freund: Viele legen sich den Namen Sozial-
demokrat bei, aber nur Wenige haben ein Recht, ihn zu
führen; viele sind ehrlich davon überzeugt, daß sie Sozial-
demokraten sind, trotzdem können sie als solche nicht aner-
kannt werden. — Da hat der Volksfreund einmal ein wahres
Wort gesprochen.
Bayern. Ein Manövetzwischenfall wird in der
bayerischen Presse erörtert: Prinz Ru pp recht, der ein
Infanterieregiment kommandirt, wurde sammt seinem Heer-
haufen von einem „feindlichen" Regiment „gefangen
genommen". Ursprünglich hieß es, der kühne Kriegs-
mann, dem die Gefangennahme „glückte", sei der Oberst
Walther vom 16. Regiment gewesen; er habe sich gleich
darauf „krank" gemeldet. Neuerdings wird behauptet,
die Krankheit Walther's sei schon einige Tage vor der
Gefangennahme ausgebrochen, und zwar als der Kommandeur
v. d. Tann dem Prinzen Rupprecht, statt dem rangälteren
Obersten Walther, den Brigadebefehl übertrug. Dann habe
Oberstleutnant Gradinger die Führung des Walther'schen
Regiments übernommen, und ihm sei allerdings ein paar
Tage daraus das Malheur zugestoßen, daß er das Re-
giment des Prinzen Rupprecht, das an ungünstiger Stelle
in Rast stand und von einem spähenden Kavalleriegefreiten
ausgekundschaftet wurde, überrumpeln und außer Gefecht
setzen konnte.
Preuße» Posen, 28. Sept. Bei den gestrigen Berath-
ungen der Minister mit den Posener Vertrauensmännern
beschäftigte man sich mit der Frage der Erhaltung des
deutschen Bauernstandes. Es wurden Maßregeln
vereinbart, auf deren praktische Wirksamkeit man in voller
Uebereinstimmung das größte Vertrauen setzt.
Sachsen-Weimar. Auf ein me rkwürd iges Gesetz,
das im Großherzogthum Sachsen-Weimar noch Gültig-
keit hat und neuerdings auch wieder zur Anwendung ge-
bracht worden ist, wird in der Post von einem höheren
Offizier aufmerksam gemacht. Cs handelt sich um die
Heranziehung der in Weimar lebenden Offi-
ziere a. D. zur Kirchensteuer. Diese Offiziere wer-
den hier in zwei Kategorie en gethetlt: solche von
Adel und solche ohne Adel. Die Adligen sind der
Militärgemeinde zugctheilt und zahlen ein Fünftel ihrer
vierteljährigen Communalsteuer als Kirchensteuer. Die
Nichtadligen sind der Stadtkirche zugetheilt und zahlen ein
Vom Zeppelin-Luftschiff.
2 sieber den neuesten Unfall, der das Luftschiff des Grafen
MPelin betroffen und der die in Friedrichshofen bereits ver-
jgsä">elten Fachleute, Offiziere u. s. w. stark deprimirt zu haben
zu nt, ist in der Neuen Züricher Zeitung folgende Schilderung
lesen, die weniger vessimistisch ausklingt: „Ich traf am
k>.' Man sprach im Städtchen gar von vollständigem Zusammen-
z "ch. So schlimm war nun freilich die Sache nicht, wenn auch
b-Mich genug. Die Aussichten hatten am Montag Abend
g, !jj°nt gestanden; man versprach sich nach den seit dem 2. Juli
ynWenen Verbesserungen einen ganzen Erfolg. Zwar nicht
Via, ^ geändert worden, was uns gemeldet worden; so hat
namentlich die Schrauben durchaus in der alten Größe be-
yZen; erste Versuch bewies, wenn überhaupt etwas, durchaus
ihre Unzulänglichkeit. Die Hinteren Steuerflügel setzte man
d^l>ie Untcrfläche herab, um die Verbindung zwischen ihnen und
tz., .Stenden einfacher zu gestalten und einer Verbiegung oder
des Drahtes vorzubeugen. So schien alles gut, am Diens-
lyss iollte die Füllung des Ballons mit Wasserstoffgas vollzogen
,Js°en. Die benöthigte Mannschaft stand bereit; Eugen Wolf
die 5^ Dienstag früh ein, um wieder mit einem Maschinisten
h?, Hintere Gondel zu besorgen, in der vorderen Gondel sollte
s '°ebrand, Leutnant der Luftschifferabtheilung, neben Graf
dox ?ltn amtiren. Etwa am Mittwoch hätte der zweite Aufstieg
h. s, i'ch gehen können und zwar, wenn möglich, d. h. nach
des Nebels über dem Bodensee schon in den Vormittags-
dg?°en. Man reflektirt nicht mehr auf den späten Abend, wie
Zweite Mal. Das Verhängniß kam also dazwischen: Das
ij-lLchiff ist in der Halle am Dache derselben aufgehängt mit
bxsj^laschenzügen, einen für jede Abtheilung. Jeder Flaschenzug
hjP«t am unteren Ende eine Oese, die 4fach vernietet ist. Nun
wan offenbar eher an eine Lockerung der Vernietung am
dxM oben, das Wind und Wetter so lange ausgesetzt war,
"en können; es gaben aber einige Nieten der Oesen nach,
offenbar langsam durchgefeilt durch das beständige Pendeln von
Halle und verhängtem Schiff im Wellenschlag. Dadurch verbog
sich ein Theil des Gestänges; in gefülltem Zustande wäre dem
Schiff wohl nichts passirt. Man steht also keineswegs vor
Trümmern; es find Nieten auszuwechseln, vielleicht auch nicht
gebrochene zu verifiziren, Gestänge ist zu gräden, und es kann
sich, wie Graf Zeppelin persönlich sagte, höchstens um gänzlichen
Austausch der Längsstange einer einzigen Ballonabthcilung
handeln. Diese Reparaturarbeit hofft man in 14 Tagen zu be-
wältigen, und die Absicht, im October das Schiff steigen zu
lassen, ist durchaus nicht aufgegeben. So rasch gibt Graf
Zeppelin, wenn überhaupt, nicht nach. Daß Wolf zur Stelle
bleibt, wie ich von ihm selber gehört, ist ein weiterer Beleg für
diese Absicht." _
Kleine Zeitung.
— München, 28. Sept. In Gegenwart des Prinzregenten,
der Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses wurde
heute Vormittag der Grundstein zu dem von dem verstorbenen
Rentner Mathias Pschorr gestifteten Denkmal KaiserLudwigs
des Bayern in feierlicher Weise gelegt.
— Schlechtes Einschiinken — Vorspiegelung falscher That-
sachen. Allen Biertrinkern wird eine Entscheidung des bayerischen
Oberlandesgerichts München zur Genugthuung gereichen. Diese
hat das schlechte Einschänken der Bierkrüge als eine Vorspiege-
lung falscher Thatsachen, event. als vollendeten Betrug qualifiztrt.
Ein Schänkkellner war wegen Betrugs in Anklagezustand versetzt
worden, weil er nachweisbar wenigstens in zwei Fällen an Gäste
statt einer Maß nur eine Halbe, bezw. l'/s Ouart Bier abge-
geben hatte. Vom Landgericht München war er zu 14 Tagen
Gefängniß verurtheilt worden mit beifolgender Begründung: Es
liege eine Vorspiegelung falscher Tbatsachen seitens des Ange-
klagten vor, weil er durch die bekannten Kunstgriffe — Heben
und Senken des Kruges beim Einschäuken u. s. w. — übermäßig
viel Schaum erzeugte und so bei den Gästen den Schein erweckte,
als ob sie volle Krüge bekämen, während thatsächlich der Inhalt
der Krüge nur zum kleinsten Theil aus Bier, im übrigen aber
aus Schaum bestand. — Das Oberlandesgertcht hat dieses
Urtheil bestätigt.
— Dresden, 28. Sept. Ein gutbesuchter Congreß des
Bundes deutscher Frauenvereine beschloß einstimmig,
die allgemeine Einführung von Eheverträgen
anzustreden- In der Versammlung sind 70000 Bundesmit-
mitglieder in 139 Vereinen vertreten.
— Berlin, 2S. Sept. In einem Bericht der Königsberger
Allg. Zeiiung über die Enthüllung des Denkmals der Königin
Luise in Tilsit liest man: „Vielfach fiel es auf, daß der
Kaiser die Barttracht, in der ihn die meisten Bilder
zeigen, nicht beibehalten hat. Er trägt den Schnurr-
bart zur Seite gebürstet."
— Berlin, 28. Septbr. Dem Gatten der bekannten Schau-
spielerin Agnes Sorma, Demetrius v. Minotto, ist der
italienische Grafentitel zuerkannt worden.
— Berlin, 27. Septbr. Der ütammerdiener der Kaiserin
Friedrich, I. Fuchs, feiert, wie die Blätter melden, am
8. October d. I. sein bOjähriges Dienstjubiläum.
— Kiel, 28. Sept. Fünf Matrosen der Kriegsmarine unter-
nahmen gestern Nacht eine Segelfahrt auf der Kieler Förde.
Das Boot kenterte. Laut Kieler Zeitung sind vier Matrosen
ertrunken. Drei davon waren Reservisten, die heute ent-
lassen werden sollten.
— Hamburg, 28. Sept. Seit 12 Uhr wüthet in der
Hasenstraße em gewaltiger Brand. Die Speicher und
Holzlager von Pflug und die Speicher von Tietgens und
Robertson sind total ausgebrannt. Das Feuer ist auf
die Vorderhäuser übergespruugen, die in Hellen Flammen
stehen. Da die aus der anderen Seite auf dem Berge
stehenden Häuser in großer Gefahr sind, werden die Häuser
geräumt. Auch der Cirkus Busch ist nicht ungefährdet. Alle
Mühe der Feuerwehr ist aus den Schutz dieser Häuser ge-
richtet. Der Wind weht von der Elbe gegen tue Stadt.
— Die Schuhe vor den Hotelzimmern. In einer von der
Wiener Wochenschrift, Die Wage, veröffentlichten Reiseskizze
Verner v. Heidenstams „Eine Nacht auf dem Blocksberg" schildert
der schwedische Schriftsteller den Korridor des Brockenhotels wie
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^nden, nur auf besonderes Verlangen von der Post nach-
S-liefert.
Die Vorgänge in China.
^ Es ist ausfallend, mit welcher Hartnäckigkeit man in
England immer wieder dicBesorgniß ausspricht, daß Deutsch-
en d Absichten aus das Aangtsegebiet habe. So
:°Uiail der Berichterstatter der Morning Post in Shanghai
U' einer neuerlichen Depesche auf seine frühere Beargwoh-
^Ung der deutschen Absichten im Jangtsethcil zurück und
Wiederholt, diese Angaben kämen aus authentischer Quelle.
^ deutet aber ihre Herkunft mit dem Bemerken an, es
handle sich möglicherweise um eine Finte, um die Aufmerk-
^Mkcit vom Norden abzulenken, wo Rußland sich in einer
^zweifelten Klemme befinde. Nach einer New-Aorker
T^ffanmeldung sind auch in Washington ähnliche Verdäch-
-PUligen an der Arbeit. Demgegenüber muß bemerkt
Werden, daß die deutsche Politik offen und ehrlich ihr
Erlangen ausgesprochen hat, welches dahingeht, daß die
^unschuldigen in China bestraft, ähnliche Ausschreitungen
die vorgckommenen unmöglich gemacht und die Chinesen
Gewährung von Genugthuung und zur Respektirung
^ Verträge gebracht werden. Wenn alle Mächte einig
^ diesem Sinne Zusammenwirken würden, dann müßte
" b"ld nachgeben, aber die gegenseitige Eifersucht der
'ächte lähmt das einheitliche Vorgehen. Es ist Gefahr
orhanden, daß die chinesische Angelegenheit nicht durch
'üen scharfen aber reinlichen Prozeß schnell in Ordnung
Fracht wird, sondern versumpft und schließlich zu einer
7s? von Auftheilung Chinas führt. In diesem Falle
^>rd Deutschland natürlich nicht leer ausgehen wollen,
l^blin man Deutschlands schließliches Zugreifen vermeiden
dann möge man Deutschland in seinem jetzigen auf
"Urinale Vergeltung gerichteten Bestreben unterstützen.
^ Einen bemerkenswerthen Artikel findet man in der
tewyorker Times. Dem Blatt wird aus Washington
"Egraphirt: China erweist dem Prinzen Tuan Ehren
^ fordert dadurch Deutschland heraus, das ohne
Zweifel auf diese Herausforderung antworten wird. China's
Ergehen beweist, wie unfähig es ist, seine Lage zu er«
Fällen, und es zeigt zugleich, wie nichtig die Erwartung
daß China aus eigenem Antrieb die Frevler bestrafen
?erde. Wenn die Verhandlungen eröffnet werden, ohne
dß Deutschland den Krieg erklärt hat, so muß der
Akt der amerikanischen Bevollmächtigten sein, daß sie
weitere Verhandeln ablehnen, bis Tuan ab-
^ietzt ist. Aber der Krieg würde die Lage völlig
.ädern; wahrscheinlich würde das amerikanische Programm
-?er den Haufen geworfen und würden die Vereinigten
Achaten in den Krieg hineingezogen werden.
^ Das Newyorker Blatt empfiehlt also eine regelrechte
. -tgserklärung. llnd dieser Gedanke ist nllerdinan nickit
sv
Und dieser Gedanke ist allerdings nicht
°hne. Es würde in der That die Kriegserklärung jaus
die Mächte aller Voraussicht nach einigend wirken und zu-
dem wäre ein klarer Zustand — eben der Kriegszustand —
hergestellt, während man sich jetzt in einem Mischzustand
befindet.
Dem Newyork Herald wird aus Washington
telegraphirt: Während das Staatsdepartement einerseits
bemüht ist. die Zerstückelung Chinas zu verhin-
dern, betrachtet es das Departement auf der anderen
Seite bei den vorliegenden Verhältnissen als unvermeidlich,
von den Mächten, die Territorien in China erwerben wür-
den, Bürgschaften zu verlangen, daß die Handelsrechte
der Amerikaner auch weiterhin geachtet werden. Das
Staatsdepartement ist auch willens, diesen Schritt eventuell
auch zu thun. — Das geht zunächst auf die vom russischen
General Gribsky ausgesprochene Annexion eines Theiles
der Mandschurei; dann aber auch auf die englischen, fran-
zösischen und vermeintlichen deutschen Bestrebungen zur
Erlangung von Tcrritorial-Erwerb.
Aus China selbst hört man heute wenig. Die Times
meldet aus Peking vom 28. Sept.: Die letzte Unterneh-
mung hatte den Zweck, die Sicherheit in der Umgegend
von Peking zu erhöhen und die Verproviantirung zu
erleichtern. Das Blatt besteht darauf, es sei nothwendig,
Paotingfu vollständig zu zerstören. Der Gegensatz der
russischen und der englischen Interessen stehe jedem
systematischen Versuche der Wiederherstellung der Eisen-
bahn entgegen, waS im übrigen eine leichte Arbeit wäre.
Der russische Gesandte richtete an die Kaiserin ein
Schreiben, in dem sie ausgefordert wird, nach Peking
zurückzukehren, und in dem ihr der Schutz Rußlands ver-
sprochen wird.
Der Chinese, der beschuldigt ist, den deutschen
Gesandten ermordet zu haben, wurde dieser Tage
vor dem Kriegsgericht verhört. Da kein neues Beweis-
material beigebracht werden konnte, beschloß der Gerichts-
hof, daß es nicht gerechtfertigt sei, einen endgiltigen Spruch
zu fällen. Dementsprechend wurde das Urtheil vertagt, in
der Hoffnung, weiteres Material bezüglich des wirklichen
Anstifters des Verbrechens zu erhalten.
Vierzig der bedeutendsten chinesischen Beamten, die in
Peking zurückgeblieben sind, haben kürzlich eine Adresse an
den Kaiser und die Kaiserin gerichtet, um diese zu bitten,
nach Peking zurückzukehreu. Schangyehuang, der zu den
Jubiläumsfestlichkeiten nach England entsandt worden war,
ist aus Grund eines kaiserlichen Beschlusses gleichzeitig mit
allen Ministern hingerichtet worden, die den Fremden
freundlich gesinnt waren.
Mit dem Köpfen ist die chinesische Regierung schnell
bei der Hand. Bei uns in Europa ist es minder gefähr-
lich, Gesandter oder Minister zu sein, als im himmlischen
Reich der Mitte. Bei uns wird ein Minister mit einem
Orden verabschiedet, in China mit einem Schwertstreich.
Der Unterschied in der Kultur ist an diesem Unterschied
in der Ministerverabschiedung so recht deutlich zu erkennen.
Deutsches Reich.
Baden. Der Bad. Landesbote hat Etwas über
die „wahre" Ursache der letzten Ministerkrisis erfahren.
Darnach ist Eisenlohc nicht freiwillig gegangen, sondern
wegen Differenzen in kirchenpolitischen Fragen. Von
einer Seite, „die es wohl wissen kann", wird dem demo-
kratischen Blatt versichert, daß vor allem Minister Eisen-
lohr der Anbahnung eines Ausgleichs zwischen Regierung
und Centrumspartei durch die Curie im Wege stand und
deshalb gehen mußte. Die Details der Verhandlungen
aus der Mainau entziehen sich zwar der Kenntniß des
Gewährsmanns vom Landesboten, „aber", so versichert er
weiter, „man darf als sicher annehmen, daß der jüngste
Ministerwechsel nicht nur ein Personenwechsel war, sondern
daß der Rücktritt Nokks in nicht allzu ferner Zeit zu
erwarten ist und daß dann auch der Systemwechsel
offen zu Tage treten wird. Durch Zugeständnisse an das
Centrum auf kirchenpolitischem Gebiete soll dann aus dem
Centrum unter der Führung der Mannheimer Richtung
(Zehnter-Gießler) und dem nicht kulturkämpferisch gesinnten
Theil der Nationalliberalen eine Majorität für die Regie-
rung zusammengeschweißt werden." Dem Landes boten wird
ob dieser „Kombination" indessen selbst etwas schwül zu
Muthe und er giebt zu, „daß diese Konsequenzen nicht so
strikte durchgeführt werden dürften." In der Straßb. Post
und im Schwäb. Merkur ist mittlerweile von Freiburg ans
die Mittheilung des Mannh. Gen.-Anz. über Herrn Rein-
hard's Verhandlungen mit dem Erzbischof demcntirt wor-
den. Der Bad. Beob. bemerkt dazu, daß das Dementi
(wie auch wir schon hcrvorgehoben haben) den Kern der
Sache nicht trifft, und der Mannh. Gen.-Anz. schreibt:
„Unsere Nachricht stammt aus absolut zuverlässiger Quelle
und wird uns heute überdies von anderer sehr unterrichteter
Seite bestätigt. Wir holten unsere früheren Mitthei-
lungen in allen Theilen aufrecht."
— In einer Abonnements-Einladung schreibt der
Volks freund: Viele legen sich den Namen Sozial-
demokrat bei, aber nur Wenige haben ein Recht, ihn zu
führen; viele sind ehrlich davon überzeugt, daß sie Sozial-
demokraten sind, trotzdem können sie als solche nicht aner-
kannt werden. — Da hat der Volksfreund einmal ein wahres
Wort gesprochen.
Bayern. Ein Manövetzwischenfall wird in der
bayerischen Presse erörtert: Prinz Ru pp recht, der ein
Infanterieregiment kommandirt, wurde sammt seinem Heer-
haufen von einem „feindlichen" Regiment „gefangen
genommen". Ursprünglich hieß es, der kühne Kriegs-
mann, dem die Gefangennahme „glückte", sei der Oberst
Walther vom 16. Regiment gewesen; er habe sich gleich
darauf „krank" gemeldet. Neuerdings wird behauptet,
die Krankheit Walther's sei schon einige Tage vor der
Gefangennahme ausgebrochen, und zwar als der Kommandeur
v. d. Tann dem Prinzen Rupprecht, statt dem rangälteren
Obersten Walther, den Brigadebefehl übertrug. Dann habe
Oberstleutnant Gradinger die Führung des Walther'schen
Regiments übernommen, und ihm sei allerdings ein paar
Tage daraus das Malheur zugestoßen, daß er das Re-
giment des Prinzen Rupprecht, das an ungünstiger Stelle
in Rast stand und von einem spähenden Kavalleriegefreiten
ausgekundschaftet wurde, überrumpeln und außer Gefecht
setzen konnte.
Preuße» Posen, 28. Sept. Bei den gestrigen Berath-
ungen der Minister mit den Posener Vertrauensmännern
beschäftigte man sich mit der Frage der Erhaltung des
deutschen Bauernstandes. Es wurden Maßregeln
vereinbart, auf deren praktische Wirksamkeit man in voller
Uebereinstimmung das größte Vertrauen setzt.
Sachsen-Weimar. Auf ein me rkwürd iges Gesetz,
das im Großherzogthum Sachsen-Weimar noch Gültig-
keit hat und neuerdings auch wieder zur Anwendung ge-
bracht worden ist, wird in der Post von einem höheren
Offizier aufmerksam gemacht. Cs handelt sich um die
Heranziehung der in Weimar lebenden Offi-
ziere a. D. zur Kirchensteuer. Diese Offiziere wer-
den hier in zwei Kategorie en gethetlt: solche von
Adel und solche ohne Adel. Die Adligen sind der
Militärgemeinde zugctheilt und zahlen ein Fünftel ihrer
vierteljährigen Communalsteuer als Kirchensteuer. Die
Nichtadligen sind der Stadtkirche zugetheilt und zahlen ein
Vom Zeppelin-Luftschiff.
2 sieber den neuesten Unfall, der das Luftschiff des Grafen
MPelin betroffen und der die in Friedrichshofen bereits ver-
jgsä">elten Fachleute, Offiziere u. s. w. stark deprimirt zu haben
zu nt, ist in der Neuen Züricher Zeitung folgende Schilderung
lesen, die weniger vessimistisch ausklingt: „Ich traf am
k>.' Man sprach im Städtchen gar von vollständigem Zusammen-
z "ch. So schlimm war nun freilich die Sache nicht, wenn auch
b-Mich genug. Die Aussichten hatten am Montag Abend
g, !jj°nt gestanden; man versprach sich nach den seit dem 2. Juli
ynWenen Verbesserungen einen ganzen Erfolg. Zwar nicht
Via, ^ geändert worden, was uns gemeldet worden; so hat
namentlich die Schrauben durchaus in der alten Größe be-
yZen; erste Versuch bewies, wenn überhaupt etwas, durchaus
ihre Unzulänglichkeit. Die Hinteren Steuerflügel setzte man
d^l>ie Untcrfläche herab, um die Verbindung zwischen ihnen und
tz., .Stenden einfacher zu gestalten und einer Verbiegung oder
des Drahtes vorzubeugen. So schien alles gut, am Diens-
lyss iollte die Füllung des Ballons mit Wasserstoffgas vollzogen
,Js°en. Die benöthigte Mannschaft stand bereit; Eugen Wolf
die 5^ Dienstag früh ein, um wieder mit einem Maschinisten
h?, Hintere Gondel zu besorgen, in der vorderen Gondel sollte
s '°ebrand, Leutnant der Luftschifferabtheilung, neben Graf
dox ?ltn amtiren. Etwa am Mittwoch hätte der zweite Aufstieg
h. s, i'ch gehen können und zwar, wenn möglich, d. h. nach
des Nebels über dem Bodensee schon in den Vormittags-
dg?°en. Man reflektirt nicht mehr auf den späten Abend, wie
Zweite Mal. Das Verhängniß kam also dazwischen: Das
ij-lLchiff ist in der Halle am Dache derselben aufgehängt mit
bxsj^laschenzügen, einen für jede Abtheilung. Jeder Flaschenzug
hjP«t am unteren Ende eine Oese, die 4fach vernietet ist. Nun
wan offenbar eher an eine Lockerung der Vernietung am
dxM oben, das Wind und Wetter so lange ausgesetzt war,
"en können; es gaben aber einige Nieten der Oesen nach,
offenbar langsam durchgefeilt durch das beständige Pendeln von
Halle und verhängtem Schiff im Wellenschlag. Dadurch verbog
sich ein Theil des Gestänges; in gefülltem Zustande wäre dem
Schiff wohl nichts passirt. Man steht also keineswegs vor
Trümmern; es find Nieten auszuwechseln, vielleicht auch nicht
gebrochene zu verifiziren, Gestänge ist zu gräden, und es kann
sich, wie Graf Zeppelin persönlich sagte, höchstens um gänzlichen
Austausch der Längsstange einer einzigen Ballonabthcilung
handeln. Diese Reparaturarbeit hofft man in 14 Tagen zu be-
wältigen, und die Absicht, im October das Schiff steigen zu
lassen, ist durchaus nicht aufgegeben. So rasch gibt Graf
Zeppelin, wenn überhaupt, nicht nach. Daß Wolf zur Stelle
bleibt, wie ich von ihm selber gehört, ist ein weiterer Beleg für
diese Absicht." _
Kleine Zeitung.
— München, 28. Sept. In Gegenwart des Prinzregenten,
der Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses wurde
heute Vormittag der Grundstein zu dem von dem verstorbenen
Rentner Mathias Pschorr gestifteten Denkmal KaiserLudwigs
des Bayern in feierlicher Weise gelegt.
— Schlechtes Einschiinken — Vorspiegelung falscher That-
sachen. Allen Biertrinkern wird eine Entscheidung des bayerischen
Oberlandesgerichts München zur Genugthuung gereichen. Diese
hat das schlechte Einschänken der Bierkrüge als eine Vorspiege-
lung falscher Thatsachen, event. als vollendeten Betrug qualifiztrt.
Ein Schänkkellner war wegen Betrugs in Anklagezustand versetzt
worden, weil er nachweisbar wenigstens in zwei Fällen an Gäste
statt einer Maß nur eine Halbe, bezw. l'/s Ouart Bier abge-
geben hatte. Vom Landgericht München war er zu 14 Tagen
Gefängniß verurtheilt worden mit beifolgender Begründung: Es
liege eine Vorspiegelung falscher Tbatsachen seitens des Ange-
klagten vor, weil er durch die bekannten Kunstgriffe — Heben
und Senken des Kruges beim Einschäuken u. s. w. — übermäßig
viel Schaum erzeugte und so bei den Gästen den Schein erweckte,
als ob sie volle Krüge bekämen, während thatsächlich der Inhalt
der Krüge nur zum kleinsten Theil aus Bier, im übrigen aber
aus Schaum bestand. — Das Oberlandesgertcht hat dieses
Urtheil bestätigt.
— Dresden, 28. Sept. Ein gutbesuchter Congreß des
Bundes deutscher Frauenvereine beschloß einstimmig,
die allgemeine Einführung von Eheverträgen
anzustreden- In der Versammlung sind 70000 Bundesmit-
mitglieder in 139 Vereinen vertreten.
— Berlin, 2S. Sept. In einem Bericht der Königsberger
Allg. Zeiiung über die Enthüllung des Denkmals der Königin
Luise in Tilsit liest man: „Vielfach fiel es auf, daß der
Kaiser die Barttracht, in der ihn die meisten Bilder
zeigen, nicht beibehalten hat. Er trägt den Schnurr-
bart zur Seite gebürstet."
— Berlin, 28. Septbr. Dem Gatten der bekannten Schau-
spielerin Agnes Sorma, Demetrius v. Minotto, ist der
italienische Grafentitel zuerkannt worden.
— Berlin, 27. Septbr. Der ütammerdiener der Kaiserin
Friedrich, I. Fuchs, feiert, wie die Blätter melden, am
8. October d. I. sein bOjähriges Dienstjubiläum.
— Kiel, 28. Sept. Fünf Matrosen der Kriegsmarine unter-
nahmen gestern Nacht eine Segelfahrt auf der Kieler Förde.
Das Boot kenterte. Laut Kieler Zeitung sind vier Matrosen
ertrunken. Drei davon waren Reservisten, die heute ent-
lassen werden sollten.
— Hamburg, 28. Sept. Seit 12 Uhr wüthet in der
Hasenstraße em gewaltiger Brand. Die Speicher und
Holzlager von Pflug und die Speicher von Tietgens und
Robertson sind total ausgebrannt. Das Feuer ist auf
die Vorderhäuser übergespruugen, die in Hellen Flammen
stehen. Da die aus der anderen Seite auf dem Berge
stehenden Häuser in großer Gefahr sind, werden die Häuser
geräumt. Auch der Cirkus Busch ist nicht ungefährdet. Alle
Mühe der Feuerwehr ist aus den Schutz dieser Häuser ge-
richtet. Der Wind weht von der Elbe gegen tue Stadt.
— Die Schuhe vor den Hotelzimmern. In einer von der
Wiener Wochenschrift, Die Wage, veröffentlichten Reiseskizze
Verner v. Heidenstams „Eine Nacht auf dem Blocksberg" schildert
der schwedische Schriftsteller den Korridor des Brockenhotels wie