- Erscheint tSgttch.
^"Nntags ausgenommen.
Preis
Ait Familienblättern
, Monatlich 5V Pf.
- trei in's HauS gebracht,
urch dix Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25 Mk.
'uslchliehlich Zustellgebühr.
Anschluß Nr. 82.
202.
Fttitiz, de» A.Auzust
Jnsertkonsgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzelle oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- nnd
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Grafts-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Hcidelb. Zeitung
und den Plakatsäulm.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82
I960.
Bestellungen
^ die Heidelberger Zeitung für den Monat September
. krden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den Agenten,
^ den Trägern in der Stadt, sowie in der Expedition,
Ere Neckarstr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich «ur 50 Pfg., frei in's Haus
Fracht; die Post bezogen für den Monat September,
.°un am Schalter abgeholt, 42 Pfg., für Zustellgebühr
^ Pfg. mehr.
Die Vorgänge in China.
d Der zweite Chef des deutschen Kreuzergeschwaders mel-
z? aus Taku vom 30. August: Keine bestimmte
schlicht von der Front, auch von den anderen
^wnen nicht. Der Cousul in Tschifu theilt mit, der
o„k^6raph sei überlastet. Viele Telegramme warten
f Beförderung.
d Ueber den Erfolg des Marsches der Verbündeten
I-?, Peking aus südwärts verlautet noch nichts Zuver-
?mgcs. Zwar wird dem Daily Telegraph aus Shanghai
29. gemeldet, die Chinesen hätten am 28. eine große
y ^erläge bei Tetschu (vielleicht Tschotschou zwischen Peking
Paolingfu) erlitten, Prinz Tuan und 1500 Mann
gefallen, die übrigen von den Japanern aus der
^ °dinz hinausgetrieben worden, aber zugleich wird dem
. «ndard aus Shanghai offenbar über dasselbe Gefecht
Achtet, Juanschikai solle einen großen Sieg über die von
s-^ffarig und Hohsiou kommenden Boxer und kaiserlichen
f^bpen davongetragcn haben, 1500 Mann sollten gefallen
y?' Eine Klärung dieser widersprechenden Gerüchte bleibt
MW arten.
Der Times wird aus Shanghai vom 28. gemeldet:
H'Hung-Tschang und andere Vicekänige fahren fort,
sj^Nksch riften an den Thron zu richten. Sie senden
l>E-^ den Provinzialschatzmeister zu Paotingsu zur Weiter-
tzo^derung. Li-Hung-Tschangs letzte Denkschrift befüc-
Zi Eet dringend die Befolgung des Rathcs der japanischen
H Gerung, den Prinzen Tsching und die Vicekänige von
Eng und Wutschang als seine Gehilfen in seinen Ver.
"dlungen mit den Mächten zu ernennen,
ty ^iner Meldung des Daily Chronicle aus Washing-
gE? Zufolge hat am 29. d. das Kabinet lange Sitzungen
HstEeu, Zweck der sei, durch eine gemeinsame
^ wn der Mächte den Frieden in China zu sichern.
Bereinigten Staaten hätten dafür Rußlands Mit-
kj,, .g zugestchert erhalten, dessen Erklärungen, daß es
schnelle friedliche Lösung wünsche, als aufrichtig
s^ Ert worden seien. Die amerikanische Regierung beeile
^ darum, schnell zu einer Lösung zu kommen, weil es
sx^tschlands Programm weiterer Feindseligkeiten matt
wolle. Mac Kinley und das Kabinet glauben,
wenn alle anderen Mächte für den Frieden sind,
Deutschland nicht allein handeln werde. Sollte die
sich Eng auf eine Einigung der Mächte in dieser Richtung
ri> ^'cht erfüllen, so würde Amerika eine Persönlichkeit
iiad^En, die seine Interessen in China zu vertreten hätte,
dann seine Truppen zurückziehen. (Man wird bei
bei früheren alarmirenden Depeschen nicht über-
" dürfen, daß sie aus englischer Quelle stammen.)
Deutsches Reich.
Astern hat in Berlin die Nagelung und W.eihe
!>eH ^4 Fahnen und Standarten in Anwesenheit
i» Äffers urid der Kaiserin sowie einer Anzahl gerade
.Hern» anwesender Fürstlichkeiten, Generäle u. s. w.
stattgefunden. Der Kaiser schritt nach seiner Ankunft in
Berlin die Front der Ehrenkowpagnie ab und begab sich
mit den Fürstlichkeiten in das Zeughaus, wo in der
Ruhmeshalle die Nagelung erfolgte. Daran schloß sich
im Lichthof die Weihe, welche der Oberpfarrer Wölfing
unter Assistenz des katholischen Fcldpropstes Haßmann vor-
nahm. Nach der Feier fand ein Vorbeimarsch der Leib-
kompagnie statt, worauf die neuen Fahnen in das Palais
Kaiser Wilhelms I. gebracht wurden, wohin sich auch der
Kaiser begeben hatte.
— Nach einer in dem Reichskommissariat aufgestellten
Statistik beträgt die Zahl der auf deutsche Aussteller
in Paris entfallenen Preise (die den Mitarbeitern zu-
erkannten Auszeichnungen abgerechnet) 261 große Preise,
545 goldene Medaillen, 608 silberne Medaillen, eine große
Anzahl bronzener Medaillen und ehrenvoller Erwähnungen.
— Ein Zeugniß für die zunehmende Stei gerung des
Volkswohlstandes bilden die Ausweise der preußischen
Sparkaffe. Wie enorm die Einlagen bei den Spar-
kassen, die zum Schluffe des Jahres 1898 die fünfte
Milliarde bereits erheblich überschritten haben, in den letzten
Jahren gestiegen sind, ergibt sich daraus, daß im Jahre
1884 nur 2115 Millionen Mark Einlagen gezählt wurden,
und daß sich seit 1887, also in 11 Jahren, der Einlagen-
bestand, der damals 2673 Millionen Mark betrug, nahezu
verdoppelt hat. Am erheblichsten war der Einlagebetrag in
den industriell meist entwickelten Provinzen Rheinland-West-
falen, was mit der tendenziösen Behauptung, die Arbeiter könn-
ten bei ihren „Hungerlöhnen" keine Ersparnisse machen, in
krassem Widerspruche steht. Eine Bevölkerung, welche sich
im Zustande fortschreitender „Verelendung" befände, könnte
schwerlich innerhalb 11 Jahren den Betrag ihrer Spar-
einlagen nahezu verdoppeln.
— Ueber die maßlose Verhimmelung, die von der
sozialdemokratischen Presse mit dem verstorbenen Lieb-
knecht getrieben wurde, braucht man sich nicht zu wun-
dern, wenn man in einem Nachrufe, den Naumanns
Hilfe dem todten Sozialistenführer widmet, folgende
Sätze liest: „Die Arbeiter bereiteten ihm ein Leichenbegäng-
niß, wie cs vielleicht noch kein Großer der Erde je gehabt
hat. Ich habe die erschütternde Leichenfeier für den alten
Kaiser gesehen, der doch so viel Liebe hatte. Aber um
Liebknecht trauerten weit, weit mehr (!). Er war eben den
Arbeitern nicht bloß ein Führer. Er stand ihnen nahe
wie ein Vater. Und wie beim Begräbniß des Vaters kein
Kind fehlen möchte, so wollte jeder Arbeiter Liebknechts
Sarge folgen. Er war ihnen wirklich eine Art Heiland (!)"
Einfach widerwärtig.
— DaS Kriegsministerium theilt über die Truppen-
transporte mit: Die „Phönicia" ist am 30. August
in Colombo eingetroffen. Der Gesundheitszustand ist vor-
züglich. (Die „Phönicia" und der „H. H. Meyer" waren
die letzten Transportschiffe der sogen. Seebrigade, d. h.
der Division, die unter v. Lessel nach China entsandt
wurde.)
Bremen, 29. August. Der erste Truppen Nach-
schub für das ostasiatische Expeditionskorps
gelangt am Freitag zur Einschiffung. Die Truppen
treffen hier zwischen 6 Uhr 30 Minuten und 9 Uhr
56 Minuten Vormittags in fünf Sond-rzügen ein. Der
letzte Zug geht um 10 Uhr 46 Minuten nach Bremer-
haven weiter. Ueber die Anwesenheit des Kaisers
verlautet, daß der Kaiser jedenfalls am zweiten Ausreise-
tag, am 4. September, in Bremerhaven weilen wird. Es
sei jedoch nicht ausgeschlossen, daß der Monarch schon am
31. August eintrifft, er würde dann am 1. September
wieder in Berlin sein, um der Parade beizuwohnen.
Baden. L.O. Karlsruhe, 30. August. Aus der
Thatsache, daß die sieben Handelskammern des Großherzog-
thums in einem Erlaß des Großh. Ministeriums des In-
nern aufgefordert wurden, die Anzahl der vorhandenen
Waarenhäuser und ähnlich zu beurtheilender Betriebe
bis zum 1. October festzustellen, läßt sich keineswegs mit
Sicherheit der Schluß ziehen, daß die Großh. Regierung
in der That einen Gesetzentwurf betr. die Besteuerung
der Waarenhäuser vorbereitet. Die Regierung kommt
mit dieser Enquete zunächst lediglich einem Wunsche der
ErstenKammer entgegen, welche seinerzeit die Petition
des Verbands badischer Gewerbevereine in dem Sinne der
Regierung zur Kenntnißnahme überwies, daß sie die zur
Grundlage eines etwaigen Vorgehens gegen die Waaren-
häuser nöthigen Erhebungen von sich aus veranstalten möge.
Noch viel weniger läßt sich heute schon beurtheilen, ob die
Regierung die Einführung einer Umsatzsteuer oder eine
Sonderbesteuecung der Waarenhäuser im Rahmen der all-
gemeinen Veranlagungsnormen unserer künftigen Vermö-
genssteuergesetzgebuiig, d. h. eine progressive Veranlagung
der gewerblichen Betriebskapitalien, plant. Demokratische
Blätter behaupten zwar, daß nach den Erklärungen des
Finanzministers im Landtag an die Einführung einer Um-
satzsteuer kaum gedacht werden kann, daß also nur die
zweite Form der Besteuerung in Frage käme. Allerdings
hat Finanzminister Dr. Buchenberger in seiner Rede
in der Ersten Kammer dieser Form den Vorzug gegeben,
aber wenige Wochen nachher in der Zweiten Kammer aus-
drücklich erklärt, daß es von untergeordneter Be-
deutung sei, ob wir bei einer kräftigeren Heranziehung
der Waarenhäuser in einem etwa zu erlassenden Spezial-
gesetz uns des Mittels der Umsatzsteuer bedienen, oder
ob wir diese kräftige Heranziehung im System unserer
jetzigen Gewerbesteuer vornehmen. Der Finanzminister
gab der progressiven Veranlagung der gewerblichen Be-
triebskapitalien lediglich aus dem Grund den Vorzug, weil
die Umsatzsteuer ein unserer Steuer vollständig fremdes
Element ist und weil er der Meinung war, daß man auf
dem Boden unserer Gewerbsteuergesetzgebnng, allerdings
mit etwas anderer Ausgestaltung, ein ganz ähnliches Ziel
erreichen kann, wie es die Freunde der Umsatzsteuer in
Aussicht haben. Der Finanzminister hat sich also keines-
wegs prinzipiell gegen die Umsatzsteuer ausgesprochen, folg-
lich wäre auch der Vorwurf der Jnconsequenz. falls die
Regierung thatsächlich mit einem derartigen Entwurf an
die Landständc herantceten würde, hinfällig. Die Haupt-
sache ist übrigens, daß die Regierung thunlichst bald von
Erwägungen zu Thaten schreitet und die Waarenhäuser
kräftiger zur Steuer heranziehl.
L.N. Karlsruhe, 30. August. Im letzten Jahre
(1899) wurden im Großherzogthum Baden 328 Konkurse
anhängig, von denen 242 überjährig waren. Hiervon
wurden erledigt 188 durch Schlußvertheilung, 37 durch
Zwangsvertheilung, 89 in anderer Weise; 256 blieben
übergehend.
Preußen. Durch die Blätter geht ein „Küchenzettel",
der von dem Präsidium der Ansiedlungskommission
an die Gutsverwalter der noch im Besitz der Ansiedlungs-
kommission befindlichen Güter versandt worden ist und
über die Verpflegung der auf diesen Gütern beschäftigten
Arbeiter Anordnungen trifft. Der Verpflegungsaufwand
pro Kopf ist in diesem Küchenzettel auf rund 40 Pf. be-
messen, ein Betrag, der von den Blättern durchweg als
unzureichend bezeichnet wird. West- oder süddeutsche Maß-
stäbe darf man an diesen Küchenzettel nicht anlegen. Aber
man muß bedenken, daß bet der Zubereitung in größeren
Mengen, und solche kommt hier wesentlich in Frage, billiger
Der Wurzelgraber.
Eine Hochlandsgeschichte von Friedrich Dolch.
(Fortsetzung.)
sagte das Mädchen, das sich risch wieder ge-
NviinEer. „Streng' Dich aber nur net so an mit 'n Loben,
ich weiß schon, wohin Deine Red'n ziel'n. Der
sfft schon mit mir gered't, aber ich muß Dir sag'n —"
rief der Bursche, indem er abwehrend die Hand
Ml,-' nur mich z'erst red'n und nachher überleg Dir
i^Vwort. „Also, Dein Vater bat Dir's schon g'sagt,
sinnt bin zu Dir und daß ich bei ihm schon ange-
Ne I,bab um Deine Hand? Gut, nachher kann ich mir
siftil^rred' spar'n und gleich direkt auf's Ziel losgeh'n.
>ch hab's im Voraus gewußt, daß ich bei Dir ein'
' /SM"ud haben werd'l Du wirst schon allerhand gehört
v. "
^ .Leu?>^st's 'troffen, und wenn nur d' Hälft' von dem, was
Dir sag'n, wahr is, nachher bist nimmer werrh,
^ Erdboden noch trägt."
Du machst es aber scharf," lachte der Bursche ge-
,,„No, a Heiliger bin ich g'rad' net, das will ich
^>llen L,b "! Weißt, bei mir is's halt auch, wie's in dem-
^chnaderhüpfel heißt:
Im Thal drunt' sind die Nebel,
Auf die Alma is 's klar,
Und was d' Leut' von mir red'n,
Is a' net alles wahr."
wag sein, ich will keinem Menschen Unrecht thun,"
Mädchen kalt. „Was geh'n auch mich Deine
Dftickl an! Wir zwei hab'n heul' 's erste und 's
^rt mit einander gered't."
„Also Du willst wirklich nix wissen von mir? So laß
Dir nur noch sag'n —"
„Nix mehr will ich hör'n," unterbrach ihn aber das Mäd-
chen mit finsterer Strenge. „Ich kanns überhaupt net be-
greifen, wie Du Dich 'traust, ein'm ehrlichen Madel ein
Heirathsantrag z'machenl Geh z'erst z'ruck zu Dein'm Vater
und bitl' ihn um Verzeihung und mach ein' gm'n Sohn,
nachher kann's vielleicht sem, daß er Dich heirathen laßt und
Dir den Hof übergiebt, wenn ihm anders die Schwieger-
tochter paßt."
„Und wenn ich's thät," rief Domini hastig, dicht an das
Mädchen herantretend.und sie mit verzehrenden Blicken be-
trachtend, „wenn ich mich wirklich bessern und mich mit
mein'm Vater aussöhnen thät, wollt'st nachher mein
g'hören? Mein Vater thät g'wiß mit Freud'n sein' Segen
dazu geb'n."
„Das möcht' ich bezweifeln," wehrte aber Reger! ab.
„Aber wenn er auch wirklich nix dagegen hält', so könnt'S
doch nix werd'n mit uns zwei» denn ich Hab' schon lang ein'
andern gern —"
Sie brach ab und zog sich rasch hinter den Schubkarren
zurück, denn der Bursche, der einen Augenblick wie versteinert
dagestanden, stieß plötzlich einen wilden Fluch aus und hob
drohend die geballten Fäuste.
„Ein' andern gern?" rief er mit heiserer Stimme. »So?
Und wie heißt der andere, wenn man fragen darf?"
„Warum net? Cyrill Leitner heißt er," sagte das Mädchen
fest. „Und wenn Du noch mehr wissen willst — im Hergscht
(Herbst) halten wir Hochzeit."
Einen Augenblick noch stand Domini unbeweglich und
starrte das Mädchen mit weitausgerissenen Augen an. Dann
aber brach er plötzlich m ein heiseres Lachen aus und drehte
sich aus dem Absatz herum. „Hält' mir's einbilden können,"
stieß er hervor. „Aber es macht nix!" Er schritt auf den
Gartenzaun zu. wirbelte den Hut in die Luft und sang mit
überlauter Stimme:
„Diandl, wenn d' mich net magst,
So sag mir's nur g'ichwind!
A andere Mutter
Hat auch a schön's Kind I
Diandl, wenn d' mich net magst,
Hast a Maul, daß d' es sagst I
Nachher geh' ich wieder hin,
Wo ich her'kommen bin."
Er schwang sich über den Zaun, stieß einen grelle»
Jauchzer aus und fing wieder, während er hastig den
sich zum Bergwald emporschlängelnden Fußpfad emporstieg,
aufs Neue an:
's Diandl mag mich net,
Wie mich das kränkt!
Und i' woaß mir koa' Lackerl,
Sunst hält' i' mich 'tränkt,
Aber weil i' koa' Lack'n woaß,
Wo i' mich 'tränk.
So such' ich ein Tannabaum,
Wo i' mich aufhenk'.
Der Baam iS scho' g'funden,
Lieb's Schätzer!, schau zua,
Wie i' mich auf a sauber's Almdiandel
Aushenka thua."
Der Gesang verhallte in der Ferne. Regerl aber raffte
ihre Arbeitsgeräthe auf und eilte nut glühenden Wangen, ohne
sich noch einmal umzusehen, ins Haus zurück. —
Am Abend desselben Tages saß der alte Wurzelgraber
allein hoch droben im Bergwald unter einer Tanne, die hart
am Rande einer steilen Felswand stand, und schaute finster
vor sich nieder auf den Boden. Ueber dem Walde lag schon
tiefe, an Dunkelheit grenzende Dämmerung; der Mond aber
t schwamm im endlosen, klaren Himmel und beleuchtete den
^"Nntags ausgenommen.
Preis
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urch dix Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25 Mk.
'uslchliehlich Zustellgebühr.
Anschluß Nr. 82.
202.
Fttitiz, de» A.Auzust
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Petitzelle oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- nnd
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ermäßigt.
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der Inserate auf den Plakat-
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und den Plakatsäulm.
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I960.
Bestellungen
^ die Heidelberger Zeitung für den Monat September
. krden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den Agenten,
^ den Trägern in der Stadt, sowie in der Expedition,
Ere Neckarstr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich «ur 50 Pfg., frei in's Haus
Fracht; die Post bezogen für den Monat September,
.°un am Schalter abgeholt, 42 Pfg., für Zustellgebühr
^ Pfg. mehr.
Die Vorgänge in China.
d Der zweite Chef des deutschen Kreuzergeschwaders mel-
z? aus Taku vom 30. August: Keine bestimmte
schlicht von der Front, auch von den anderen
^wnen nicht. Der Cousul in Tschifu theilt mit, der
o„k^6raph sei überlastet. Viele Telegramme warten
f Beförderung.
d Ueber den Erfolg des Marsches der Verbündeten
I-?, Peking aus südwärts verlautet noch nichts Zuver-
?mgcs. Zwar wird dem Daily Telegraph aus Shanghai
29. gemeldet, die Chinesen hätten am 28. eine große
y ^erläge bei Tetschu (vielleicht Tschotschou zwischen Peking
Paolingfu) erlitten, Prinz Tuan und 1500 Mann
gefallen, die übrigen von den Japanern aus der
^ °dinz hinausgetrieben worden, aber zugleich wird dem
. «ndard aus Shanghai offenbar über dasselbe Gefecht
Achtet, Juanschikai solle einen großen Sieg über die von
s-^ffarig und Hohsiou kommenden Boxer und kaiserlichen
f^bpen davongetragcn haben, 1500 Mann sollten gefallen
y?' Eine Klärung dieser widersprechenden Gerüchte bleibt
MW arten.
Der Times wird aus Shanghai vom 28. gemeldet:
H'Hung-Tschang und andere Vicekänige fahren fort,
sj^Nksch riften an den Thron zu richten. Sie senden
l>E-^ den Provinzialschatzmeister zu Paotingsu zur Weiter-
tzo^derung. Li-Hung-Tschangs letzte Denkschrift befüc-
Zi Eet dringend die Befolgung des Rathcs der japanischen
H Gerung, den Prinzen Tsching und die Vicekänige von
Eng und Wutschang als seine Gehilfen in seinen Ver.
"dlungen mit den Mächten zu ernennen,
ty ^iner Meldung des Daily Chronicle aus Washing-
gE? Zufolge hat am 29. d. das Kabinet lange Sitzungen
HstEeu, Zweck der sei, durch eine gemeinsame
^ wn der Mächte den Frieden in China zu sichern.
Bereinigten Staaten hätten dafür Rußlands Mit-
kj,, .g zugestchert erhalten, dessen Erklärungen, daß es
schnelle friedliche Lösung wünsche, als aufrichtig
s^ Ert worden seien. Die amerikanische Regierung beeile
^ darum, schnell zu einer Lösung zu kommen, weil es
sx^tschlands Programm weiterer Feindseligkeiten matt
wolle. Mac Kinley und das Kabinet glauben,
wenn alle anderen Mächte für den Frieden sind,
Deutschland nicht allein handeln werde. Sollte die
sich Eng auf eine Einigung der Mächte in dieser Richtung
ri> ^'cht erfüllen, so würde Amerika eine Persönlichkeit
iiad^En, die seine Interessen in China zu vertreten hätte,
dann seine Truppen zurückziehen. (Man wird bei
bei früheren alarmirenden Depeschen nicht über-
" dürfen, daß sie aus englischer Quelle stammen.)
Deutsches Reich.
Astern hat in Berlin die Nagelung und W.eihe
!>eH ^4 Fahnen und Standarten in Anwesenheit
i» Äffers urid der Kaiserin sowie einer Anzahl gerade
.Hern» anwesender Fürstlichkeiten, Generäle u. s. w.
stattgefunden. Der Kaiser schritt nach seiner Ankunft in
Berlin die Front der Ehrenkowpagnie ab und begab sich
mit den Fürstlichkeiten in das Zeughaus, wo in der
Ruhmeshalle die Nagelung erfolgte. Daran schloß sich
im Lichthof die Weihe, welche der Oberpfarrer Wölfing
unter Assistenz des katholischen Fcldpropstes Haßmann vor-
nahm. Nach der Feier fand ein Vorbeimarsch der Leib-
kompagnie statt, worauf die neuen Fahnen in das Palais
Kaiser Wilhelms I. gebracht wurden, wohin sich auch der
Kaiser begeben hatte.
— Nach einer in dem Reichskommissariat aufgestellten
Statistik beträgt die Zahl der auf deutsche Aussteller
in Paris entfallenen Preise (die den Mitarbeitern zu-
erkannten Auszeichnungen abgerechnet) 261 große Preise,
545 goldene Medaillen, 608 silberne Medaillen, eine große
Anzahl bronzener Medaillen und ehrenvoller Erwähnungen.
— Ein Zeugniß für die zunehmende Stei gerung des
Volkswohlstandes bilden die Ausweise der preußischen
Sparkaffe. Wie enorm die Einlagen bei den Spar-
kassen, die zum Schluffe des Jahres 1898 die fünfte
Milliarde bereits erheblich überschritten haben, in den letzten
Jahren gestiegen sind, ergibt sich daraus, daß im Jahre
1884 nur 2115 Millionen Mark Einlagen gezählt wurden,
und daß sich seit 1887, also in 11 Jahren, der Einlagen-
bestand, der damals 2673 Millionen Mark betrug, nahezu
verdoppelt hat. Am erheblichsten war der Einlagebetrag in
den industriell meist entwickelten Provinzen Rheinland-West-
falen, was mit der tendenziösen Behauptung, die Arbeiter könn-
ten bei ihren „Hungerlöhnen" keine Ersparnisse machen, in
krassem Widerspruche steht. Eine Bevölkerung, welche sich
im Zustande fortschreitender „Verelendung" befände, könnte
schwerlich innerhalb 11 Jahren den Betrag ihrer Spar-
einlagen nahezu verdoppeln.
— Ueber die maßlose Verhimmelung, die von der
sozialdemokratischen Presse mit dem verstorbenen Lieb-
knecht getrieben wurde, braucht man sich nicht zu wun-
dern, wenn man in einem Nachrufe, den Naumanns
Hilfe dem todten Sozialistenführer widmet, folgende
Sätze liest: „Die Arbeiter bereiteten ihm ein Leichenbegäng-
niß, wie cs vielleicht noch kein Großer der Erde je gehabt
hat. Ich habe die erschütternde Leichenfeier für den alten
Kaiser gesehen, der doch so viel Liebe hatte. Aber um
Liebknecht trauerten weit, weit mehr (!). Er war eben den
Arbeitern nicht bloß ein Führer. Er stand ihnen nahe
wie ein Vater. Und wie beim Begräbniß des Vaters kein
Kind fehlen möchte, so wollte jeder Arbeiter Liebknechts
Sarge folgen. Er war ihnen wirklich eine Art Heiland (!)"
Einfach widerwärtig.
— DaS Kriegsministerium theilt über die Truppen-
transporte mit: Die „Phönicia" ist am 30. August
in Colombo eingetroffen. Der Gesundheitszustand ist vor-
züglich. (Die „Phönicia" und der „H. H. Meyer" waren
die letzten Transportschiffe der sogen. Seebrigade, d. h.
der Division, die unter v. Lessel nach China entsandt
wurde.)
Bremen, 29. August. Der erste Truppen Nach-
schub für das ostasiatische Expeditionskorps
gelangt am Freitag zur Einschiffung. Die Truppen
treffen hier zwischen 6 Uhr 30 Minuten und 9 Uhr
56 Minuten Vormittags in fünf Sond-rzügen ein. Der
letzte Zug geht um 10 Uhr 46 Minuten nach Bremer-
haven weiter. Ueber die Anwesenheit des Kaisers
verlautet, daß der Kaiser jedenfalls am zweiten Ausreise-
tag, am 4. September, in Bremerhaven weilen wird. Es
sei jedoch nicht ausgeschlossen, daß der Monarch schon am
31. August eintrifft, er würde dann am 1. September
wieder in Berlin sein, um der Parade beizuwohnen.
Baden. L.O. Karlsruhe, 30. August. Aus der
Thatsache, daß die sieben Handelskammern des Großherzog-
thums in einem Erlaß des Großh. Ministeriums des In-
nern aufgefordert wurden, die Anzahl der vorhandenen
Waarenhäuser und ähnlich zu beurtheilender Betriebe
bis zum 1. October festzustellen, läßt sich keineswegs mit
Sicherheit der Schluß ziehen, daß die Großh. Regierung
in der That einen Gesetzentwurf betr. die Besteuerung
der Waarenhäuser vorbereitet. Die Regierung kommt
mit dieser Enquete zunächst lediglich einem Wunsche der
ErstenKammer entgegen, welche seinerzeit die Petition
des Verbands badischer Gewerbevereine in dem Sinne der
Regierung zur Kenntnißnahme überwies, daß sie die zur
Grundlage eines etwaigen Vorgehens gegen die Waaren-
häuser nöthigen Erhebungen von sich aus veranstalten möge.
Noch viel weniger läßt sich heute schon beurtheilen, ob die
Regierung die Einführung einer Umsatzsteuer oder eine
Sonderbesteuecung der Waarenhäuser im Rahmen der all-
gemeinen Veranlagungsnormen unserer künftigen Vermö-
genssteuergesetzgebuiig, d. h. eine progressive Veranlagung
der gewerblichen Betriebskapitalien, plant. Demokratische
Blätter behaupten zwar, daß nach den Erklärungen des
Finanzministers im Landtag an die Einführung einer Um-
satzsteuer kaum gedacht werden kann, daß also nur die
zweite Form der Besteuerung in Frage käme. Allerdings
hat Finanzminister Dr. Buchenberger in seiner Rede
in der Ersten Kammer dieser Form den Vorzug gegeben,
aber wenige Wochen nachher in der Zweiten Kammer aus-
drücklich erklärt, daß es von untergeordneter Be-
deutung sei, ob wir bei einer kräftigeren Heranziehung
der Waarenhäuser in einem etwa zu erlassenden Spezial-
gesetz uns des Mittels der Umsatzsteuer bedienen, oder
ob wir diese kräftige Heranziehung im System unserer
jetzigen Gewerbesteuer vornehmen. Der Finanzminister
gab der progressiven Veranlagung der gewerblichen Be-
triebskapitalien lediglich aus dem Grund den Vorzug, weil
die Umsatzsteuer ein unserer Steuer vollständig fremdes
Element ist und weil er der Meinung war, daß man auf
dem Boden unserer Gewerbsteuergesetzgebnng, allerdings
mit etwas anderer Ausgestaltung, ein ganz ähnliches Ziel
erreichen kann, wie es die Freunde der Umsatzsteuer in
Aussicht haben. Der Finanzminister hat sich also keines-
wegs prinzipiell gegen die Umsatzsteuer ausgesprochen, folg-
lich wäre auch der Vorwurf der Jnconsequenz. falls die
Regierung thatsächlich mit einem derartigen Entwurf an
die Landständc herantceten würde, hinfällig. Die Haupt-
sache ist übrigens, daß die Regierung thunlichst bald von
Erwägungen zu Thaten schreitet und die Waarenhäuser
kräftiger zur Steuer heranziehl.
L.N. Karlsruhe, 30. August. Im letzten Jahre
(1899) wurden im Großherzogthum Baden 328 Konkurse
anhängig, von denen 242 überjährig waren. Hiervon
wurden erledigt 188 durch Schlußvertheilung, 37 durch
Zwangsvertheilung, 89 in anderer Weise; 256 blieben
übergehend.
Preußen. Durch die Blätter geht ein „Küchenzettel",
der von dem Präsidium der Ansiedlungskommission
an die Gutsverwalter der noch im Besitz der Ansiedlungs-
kommission befindlichen Güter versandt worden ist und
über die Verpflegung der auf diesen Gütern beschäftigten
Arbeiter Anordnungen trifft. Der Verpflegungsaufwand
pro Kopf ist in diesem Küchenzettel auf rund 40 Pf. be-
messen, ein Betrag, der von den Blättern durchweg als
unzureichend bezeichnet wird. West- oder süddeutsche Maß-
stäbe darf man an diesen Küchenzettel nicht anlegen. Aber
man muß bedenken, daß bet der Zubereitung in größeren
Mengen, und solche kommt hier wesentlich in Frage, billiger
Der Wurzelgraber.
Eine Hochlandsgeschichte von Friedrich Dolch.
(Fortsetzung.)
sagte das Mädchen, das sich risch wieder ge-
NviinEer. „Streng' Dich aber nur net so an mit 'n Loben,
ich weiß schon, wohin Deine Red'n ziel'n. Der
sfft schon mit mir gered't, aber ich muß Dir sag'n —"
rief der Bursche, indem er abwehrend die Hand
Ml,-' nur mich z'erst red'n und nachher überleg Dir
i^Vwort. „Also, Dein Vater bat Dir's schon g'sagt,
sinnt bin zu Dir und daß ich bei ihm schon ange-
Ne I,bab um Deine Hand? Gut, nachher kann ich mir
siftil^rred' spar'n und gleich direkt auf's Ziel losgeh'n.
>ch hab's im Voraus gewußt, daß ich bei Dir ein'
' /SM"ud haben werd'l Du wirst schon allerhand gehört
v. "
^ .Leu?>^st's 'troffen, und wenn nur d' Hälft' von dem, was
Dir sag'n, wahr is, nachher bist nimmer werrh,
^ Erdboden noch trägt."
Du machst es aber scharf," lachte der Bursche ge-
,,„No, a Heiliger bin ich g'rad' net, das will ich
^>llen L,b "! Weißt, bei mir is's halt auch, wie's in dem-
^chnaderhüpfel heißt:
Im Thal drunt' sind die Nebel,
Auf die Alma is 's klar,
Und was d' Leut' von mir red'n,
Is a' net alles wahr."
wag sein, ich will keinem Menschen Unrecht thun,"
Mädchen kalt. „Was geh'n auch mich Deine
Dftickl an! Wir zwei hab'n heul' 's erste und 's
^rt mit einander gered't."
„Also Du willst wirklich nix wissen von mir? So laß
Dir nur noch sag'n —"
„Nix mehr will ich hör'n," unterbrach ihn aber das Mäd-
chen mit finsterer Strenge. „Ich kanns überhaupt net be-
greifen, wie Du Dich 'traust, ein'm ehrlichen Madel ein
Heirathsantrag z'machenl Geh z'erst z'ruck zu Dein'm Vater
und bitl' ihn um Verzeihung und mach ein' gm'n Sohn,
nachher kann's vielleicht sem, daß er Dich heirathen laßt und
Dir den Hof übergiebt, wenn ihm anders die Schwieger-
tochter paßt."
„Und wenn ich's thät," rief Domini hastig, dicht an das
Mädchen herantretend.und sie mit verzehrenden Blicken be-
trachtend, „wenn ich mich wirklich bessern und mich mit
mein'm Vater aussöhnen thät, wollt'st nachher mein
g'hören? Mein Vater thät g'wiß mit Freud'n sein' Segen
dazu geb'n."
„Das möcht' ich bezweifeln," wehrte aber Reger! ab.
„Aber wenn er auch wirklich nix dagegen hält', so könnt'S
doch nix werd'n mit uns zwei» denn ich Hab' schon lang ein'
andern gern —"
Sie brach ab und zog sich rasch hinter den Schubkarren
zurück, denn der Bursche, der einen Augenblick wie versteinert
dagestanden, stieß plötzlich einen wilden Fluch aus und hob
drohend die geballten Fäuste.
„Ein' andern gern?" rief er mit heiserer Stimme. »So?
Und wie heißt der andere, wenn man fragen darf?"
„Warum net? Cyrill Leitner heißt er," sagte das Mädchen
fest. „Und wenn Du noch mehr wissen willst — im Hergscht
(Herbst) halten wir Hochzeit."
Einen Augenblick noch stand Domini unbeweglich und
starrte das Mädchen mit weitausgerissenen Augen an. Dann
aber brach er plötzlich m ein heiseres Lachen aus und drehte
sich aus dem Absatz herum. „Hält' mir's einbilden können,"
stieß er hervor. „Aber es macht nix!" Er schritt auf den
Gartenzaun zu. wirbelte den Hut in die Luft und sang mit
überlauter Stimme:
„Diandl, wenn d' mich net magst,
So sag mir's nur g'ichwind!
A andere Mutter
Hat auch a schön's Kind I
Diandl, wenn d' mich net magst,
Hast a Maul, daß d' es sagst I
Nachher geh' ich wieder hin,
Wo ich her'kommen bin."
Er schwang sich über den Zaun, stieß einen grelle»
Jauchzer aus und fing wieder, während er hastig den
sich zum Bergwald emporschlängelnden Fußpfad emporstieg,
aufs Neue an:
's Diandl mag mich net,
Wie mich das kränkt!
Und i' woaß mir koa' Lackerl,
Sunst hält' i' mich 'tränkt,
Aber weil i' koa' Lack'n woaß,
Wo i' mich 'tränk.
So such' ich ein Tannabaum,
Wo i' mich aufhenk'.
Der Baam iS scho' g'funden,
Lieb's Schätzer!, schau zua,
Wie i' mich auf a sauber's Almdiandel
Aushenka thua."
Der Gesang verhallte in der Ferne. Regerl aber raffte
ihre Arbeitsgeräthe auf und eilte nut glühenden Wangen, ohne
sich noch einmal umzusehen, ins Haus zurück. —
Am Abend desselben Tages saß der alte Wurzelgraber
allein hoch droben im Bergwald unter einer Tanne, die hart
am Rande einer steilen Felswand stand, und schaute finster
vor sich nieder auf den Boden. Ueber dem Walde lag schon
tiefe, an Dunkelheit grenzende Dämmerung; der Mond aber
t schwamm im endlosen, klaren Himmel und beleuchtete den