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der Inserate auf den Plakat-
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Montag, den 19. Niocnibcr
ISS«.
Vom Ärbeitsmarkt.
Ein anderes Gepräge als die Börse mit wieder steigen-
den Kursen zeigt das gegenwärtige Bild des Arbeits-
Marktes. An den öffentlichen Arbeitsnachweisen, soweit
sie an die Berichterstattung der von Dc.J. Jastrow heraus-
gegebenen, im Verlage von Georg Reimer Berlin erschei-
nenden Halbmonatsschrift Der Arbeitsmarkt angeschlossen
sind, drängten sich im October um 100 offene Stellen
120,4 Arbeitsuchende (g-gen 104,9 im Vorjahre). Na-
mentlich nimmt bei den ungelernten Arbeitern die Zahl der
Arbeitslosen sichtlich zu; außer von Berlin wird sie auch
schon von mittleren Städten, wie Mainz berichtet. Aber
auch bei den Metallarbeitern wächst die Arbeitslosigkeit, so
in Heidelberg, Mannheim, Mainz, Freiburg in Br., in
den rheinisch-westfälischen Jndustriecentren, in Berlin. In
der Textilindustrie ist trotz einiger Lichtpunkte eine allgemeine
Besserung nicht zu finden, vielmehr greift die Krise auch
auf Bezirke über, die bisher verschont blieben. So ar-
beiten in der Weberei Bielefelds circa 1500 Arbeiter nur
fünf Tage in der Woche. Im Baugewerbe ist überwie-
gend schon stille Zeit, obwohl das Wetter noch nicht dazu
drängt. An einzelnen Orten wurde bereits eine Zunahme
der wandernden Arbeitslosen bemerkt, so in Pforzheim
157 (gegen 95 im Oktober v. I.). Wenn dennoch die
Zahl der beschäftigten Arbeiter nach den Mitgliederziffern
der Krankenkassen eine minimale Zunahme von 0,2 Pro-
zent zu verzeichnen hat, so bleibt diese doch um das Acht-
fache gegen das Vorjahr zurück, wo die Steigerung 1,6
betrug. Für die neu hinzutretenden Arbeitslosen werden
die Aussichten zusehends ungünstiger.
Von der Krankheit des Zaren.
Aus Darmstadt wird der Franks. Ztg. berichtet, daß
die Ueberanstrengungen und Aufregungen, die die politischen
Ereignisse und namentlich die Vorgänge in China für den
Zaren mit sich brachten, es ihm s. Z. gerathen erscheinen
ließen, zu seiner Erholung die Krim aufzusuchen. Aber
auch dort fand er, da ein Minister und Diplomat den
andern bei ihm ablöste, die nothwendige Ruhe nicht
und so kam es, daß die ungünstigen hygienischen Verhält-
nisse der Gegend, die an sich schon das Auftreten von
Fieber begünstigen sollen, auf die geschwächte Konstitution
des Zaren einwirkten und den Unterleibstyphus Hervor-
rufen konnten. Grund zu ernsten Bedenken soll jedoch
nicht vorliegen. Als möglich wird zugegeben, daß die
Sorglosigkeit des Zaren in Bezug auf seine Gesundheit
der Entstehung und dem Anwachsen der Krankheit förderlich
gewesen ist. Wie aus Petersburg berichtet wird, erkrankte
der Kaiser an Influenza infolge einer Erkältung, die
er sich durch ein kaltes Wannenbad zuzog, das er
trotz Abrathen in Livadia nahm. Der Großfürst Thron-
folger begab sich von Kopenhagen in Begleitung des
Obersten Daschkow und des Professors Frolowsky über
Gedser, Berlin, Wirrballen nach Petersburg. In Er-
widerung auf ein Telegramm des Sultans, in dem
dieser sein lebhaftes Bedauern über die Erkrankung des
Kaisers von Rußland und seinem Wunsche für die baldige
dollständige Wiedergenesung des Kaisers Ausdruck gab,
theilte die Kaiserin dem Sultan mit, daß die Krankheit
ganz regelmäßig und günstig verlaufe. Gleichzeitig sprach
sie dem Sultan ihren Dank aus für den Beweis des
freundschaftlichen Interesses, das den Kaiser tief gerührt
habe.
Die Vorgänge in China.
In dem Bestreben, den kaiserlichen Hof mürbe zu
Wachen, werden die Mächte durch den Aufstand der muha-
medanischen Chinesen in der Provinz Kangsu unterstützt,
dessen Ausbruch als Thatsache gilt. Die Kaiserin fühlt
sich in Singanfu nicht sicher und will nach Tatyüanfu in
der Provinz Shansi übersiedeln. Inzwischen haben sich
der deutsche Konsul in Shanghai, Dr. Knappe, und Ad-
miral Seymour nach Nanking begeben, um weiteren
Z ahl ung e n an den H o f Einhalt zu thun und da-
für zu sorgen, daß die Zolleinkünfte den ausländischen
Banken zugeführt werden. Der Vicekönig von Nanking
dürfte vermuthlich gezwungen werden, .entweder seine Hand
dazu zu bieten, daß die weitere Verproviantirung von
Singanfu aufhört und der Hof nach Peking zurückkehrt
oder seine den fremden Mächten unfreundliche Haltung
offen zu dokumentiren. Zweideutigkeiten sollen länger nicht
geduldet werden. Eine Million Taels, die in verschiedenen
Provinzen des Südens und im Centrum gesammelt wurden,
sind jetzt nach Nanking unterwegs, wo sie ein Spezialkom-
missär übernehmen soll. So dürfte der Hof allmählich
wegen seines Unterhalts in Schwierigkeiten gerathen. Fünf
große Transporte, die von Truppen aus den Wnsungforts
begleitet werden, harren in Shanghai der Weiterbeförderung.
Sie sollen eine halbe Will. Taels, den Tribut der Kwantung.
und Tschekiang-Provinzen, mitführcn, und die Verbündeten
müssen dem zuschauen, ohne bisher etwas machen zu können.
Der japanische Gesandte erklärte in einer Unterredung,
daß ein Nachgeben des chinesischen Hofes den
Bedingungen der Mächte gegenüber wahrscheinlich sei;
andernfalls müsse man freilich, da die Bedingungen ein
Ultimatum darstellen, die Nachgiebigkeit erzwingen. Aller-
dings müßten alsdann mehr Truppen ins Feld gestellt
werden, was jedoch keine Schwierigkeiten biete. Die
Kaiserin werde alsdann auf Tschengtufu zurückfallen,
wohin man ihr vor dem Frühjahr, frühestens im April,
nicht folgen könne. Keinenfalls könne sie weiter fliehen;
übrigens wisse man in China nie genau, wer eigentlich
die oberste Gewalt in Händen habe.
Wie gemeldet worden ist, hat der Kaiser in einigen
Edikten die Bestrafung von höheren Beamten befohlen, doch
hat man über Art und Umfang dieser Strafe keine rechte
Uebersicht. Prinz Tuan soll sich jetzt in Shansi in Hast
befinden. Die amerikanische Regierung hat ihren Ge-
sandten Conger angewiesen, das Strafedikt vom 13. ds.
als nicht ausreichend zu bezeichnen. In London betrachtet
man den neuen Straferlaß gegenüber den früheren Er-
lassen vom 25. und 27. September immerhin als Anzeichen,
daß der chinesische Hof unter der Befürchtung vor weiterem
Eindringen fremder Truppen mürbe zu werden anfange.
Eine Depesche des französischen Generals Voyron aus
Taku vom 16. November bestätigt die Besetzung der
Grabmäler im Osten und Westen, ebenso die Hin-
richtung des tatarischen Marschalls Fa ntsi in Paotingfu.
Die Depesche fügt hinzu, daß in der Gegend von Paotingfu
vollständige Ruhe herrsche, obwohl die Anwesenheit einiger
Boxer gemeldet wurde. Die Arbeiten zur Vollendung der
Bahn nach Hankau schritten gut fort, der allgemeine Ge-
sundheitszustand sei gut.
Gras Waldersee empfing am 15. d. den Prinzen
Tsching und Li-Hung-Tschang im Kaiserpalaste.
Freiherr v. d. Goltz fnngirte als Dolmetscher. Graf
Waldersee forderte, daß die chinesischen Truppen aus der
Nähe des Okkupationsgebietes zurückgezogen würden, dann
würden auch weitere Expeditionen unterbleiben.
Deutsches Reich.
— Von mehreren Seiten wird übereinstimmend erzählt,
daß der Kaiser den Unfall in Breslau gar nicht bemerkt
habe. Als er vernahm, daß es sich in der Thal um ein
Attentat handelte, wandte er sich mit einer kurzen Bemer-
kung an den im Wagen sitzenden Erbprinzen von Mei-
ningen und schenkte der Angelegenheit weiter keine Beach-
tung ; nur hatten die GestchtSzüge des Kaisers einen tief-
ernsten Ausdruck angenommen. Wie die Nachbarn der
Schnapke erzählen, hat diese bei ihnen von vornherein als
„verrückt" gegolten. Sie lebte mit allen Nachbarn im
Unfrieden und stieß oft Drohungen aus. Obschon ihre
Wohnung keinerlei Werthgegenstände enthielt, verwahrte sie
dieselbe stets mit einem schweren Vorhängeschloß, auch wenn
sie sich nur in den Flur begab, um Wasser zu holen.
Zufällig hatte die Frau wegen Beleidigung eines Schutz-
mannes und Widerstands gegen die Staatsgewalt am Frei-
tag vor dem Schöffengericht gestanden. Sie hat dort er-
klärt, daß sie von der Kaiserin verfolgt werde, und der
Gerichtshof hat beschlossen, sie auf ihren Geisteszustand
untersuchen zu lassen. Ihre Unterbringung in eine Irren-
anstalt dürfte bald erfolgen.
— Der Handwerkskammertag in Berlin be-
schloß mit 31 gegen 15 Stimmen, die Frage des Be-
fähigungsnachweises für die Tagesordnung des
nächsten Handwerkskammertages zurückzu stellen. Ferner
wurde beschlossen, bei den Landesbehörden hinzuwirken,
daß der Jnnungszwang sich auf Großbetriebe und
Mittelbetriebe erstrecke, die handwerksmäßige Arbeiten mit
handwerksmäßig ausgebildeten Hilfskräften Herstellen.
— Ueber die Ausreise der Truppen-Transport-
dam Pf er nach China liegen folgende letzte Meldungen vor:
Köln (N-D. Lloyd) 15. Nov. in Colombo (Heimreise).
Batavia (Hamb.A.L) 10. Nov. von Nagasaki (Heimreise).
Gera (N.D. Lloyd) 14. Nov. in Uokohama.
Sardinia (Hamb.A.L.) 11. Nov. von Hongkong (Heimreise).
Adria (Hamb.A.L.) 1.Nov, von Nagasaki (Heimreise).
H.H.Meter (N.D. Lloyd) 16. Nov. in Suez (Heimreise).
Andalusia (Hamb.A.L.) 8. Nov. von Taku.
Hannover (N.D. Lloyd) 14. Nov. von Tsingtau (Heimreise).
Kiel, 17. Nov. Nach einer telegraphischen Meldung
des Chefs des Kreuzergeschwaders ist die weitere
Heimsen düng von Mannschaften des Geschwaders,
ausgenommen die mit dem Dampfer „Köln" unterwegs
befindlichen, erst im Frühjahr des nächsten Jahres zu er-
warten,
Baden. Karlsruhe, 18. Nov. Die Landes-
versammlung der freisinnigen Partei in Baden
wurde gestern Abend durch einen Vortrag des Reichs- und
Landtagsabgeordnen Kops ch über die bevorstehende Reichs-
tagssesston mit besonderer Berücksichtigung der China-
politik und der Handelsverträge' eröffnet. Kopsch
verurtheilte die Chinapolitik in allen Tonarten; er ist noch
einer von den rückständigsten Freisinnigen. Was die Handels-
verträge anbetrifft, so tadelte er die etwaige Erhöhung
der Getreidezölle und den Doppeltarif. In der anschlie-
ßenden Diskussion beantwortete Kopsch eine Anfrage,
warum das Centrum die 2. Vicepräsidentenstelle im Reichs-
tag diesmal nicht einem Freisinnigen, sondern dem Nat.-lib.
Büsing übertragen habe, dahin, daß das Centrum immer
mehr von den Freisinnigen abrücke und jetzt schon genau
so nationalliberal sei, wie die Nationalliberalen:
außerdem wollte es mit den Freisinnigen abrechnen wegen
ihrer Stellungnahme zur lox Heinze. Rechtsanwalt Dr.
Früh auf ersuchte seinen Parteifreund, im Reichstag
darauf hinzuwirken, daß die „fürchterlichen" Wirkungen der
hohen Getreidezölle durch Herabsetzung der Eisenbahntarife
paralysirt werden und brachte folgende Resolution zum
Vorschlag: Die Großh. Regierung möge im Bundesrath
dahin wirken:
1. daß im neuen Zolltarif die jetzigen Getreidezölle keine
Erhöhung erfahren und daß überhaupt jede künstliche Ber-
theueruna der unentbehrlichsten Volksnahrungsmitret hinian-
a>'dalren werd-':
* Das Romanfeuilleton findet der Leser im heutigen
Seiten Blatt. ^
Stadt-Theater.
F; Heidelberg, 19. November.
„Boccaccio". Komische Operette in 3 Akten von Franz
d. Suppö.
Obgleich nur einzelne Leistungen auf der für diese reizende
Operette zu fordernden Höhe standen, machte doch die Gesammt-
"Ufführung einen recht vortheilbaften Eindruck, dank der recht
'»rgfältigen und sachgemäßen Einstudirung. Am besten war
Sestern Abend die Komik vertreten.
Herr Kaltenberger als Prinz schoß den Vogel ab;
Mer dem glücklich zusammengestellten Bürgerterzett — Dr.
Ae in mann fügte sich hülfbereit in die Operette — zeichnete
U Herr Meltzer-Burg als köstlicher Lambertuccio schau-
spielerisch, Herr Runsky als Faßbinder musikalisch aus. Unter
M Damen excelltrte Fräulein Hesch, welche die Partie der
Lametta reizend zur Geltung zu bringen wußte. Fräulein
pPenhöser stellte einen blonden Boccaccio, blond in jedem
Ä""- Ihre leichte, verschleierte Stimme hält nicht viel aus und
Mt nicht gern viel her, aber es ist musikalisch und sympathisch,
Ms sie singt. Schneidige und pikante Verve ist nicht ihre Sache,
"er frivole Novellist war mehr bet ihr liebenswürdig-lyrisch ge-
Met. In den anderen Damenrollen verthetdigten die Damen
Märchen und Pilna munter den ihnen anvertrauten Posten,
kraulest, Jelly als Petronella wirkte recht drastisch.
,, In der kleinen Partie des Colporteurs wußte Herr Paul
>r>»e Vorzüge einer gesunden Vortragsweise zur Geltung zu
"ringen._vr. 8.
Kleine Zeitung.
— Frankenthal, 13. Nov. Ein hiesiger Bürger, der sich
Uier starken Constitution erfreut, weilte gleichzeitig mit dem
^.chah von Persien in Martenbad. Dieser fand an dem
"mlzischen Recken so großes Gefallen, daß er dessen Photographie
zu erwerben wünschte. Um diesen Wunsch auf unauffällige Weise
zu erfüllen, ordnete der Schah, wie der Kreuzztg. berichtet wird,
an, daß der seine Bewunderung erregende „große deutsche Mann"
gemeinsam mit ihm und seinem Gefolge photographirt und mittels
eines großen Gruppenbildes der Nachwelt überliefert werde. Das
kürzlich hier eingetroffene wohlgelungene Bild, das unseren Lands-
mann in seiner ganzen Stattlichkeit stolz an der Seite des Schah
zeigt, wird in goldenem Rahmen als schätzbares Andenken an den
Schah aufbewahrt.
— München, 17. Nov. Der Wagnervorkämpfer Musikdirektor
Porges ist gestorben. Gestern leitete er noch die Proben
zu der morgigen Aufführung des Oratoriums „Christus' durch
den Porgessichen Chorverein.
— Nürnberg. 17. Nov. Heute Nachmittag zwischen 3 und
4 Uhr wurde die T a p e z t e r e r f r a u Sifsert in ihrer
Wohnung von einem dort eingedrungenen Unbekannten durch
mehrere Messerstiche und Hammerschläge auf den Kopf lebens-
gefährlichverletzt. Der Sekretär ist erbrochen und sein
Inhalt geraubt. Die Frau ist nicht vernehmungsfähig. Den
Thäter unterstützte ein Begleiter, der vor dem Hause Wache
hielt. Ein neuer Hammer ist am Thatort zurückgeblieben.
— Krefeld. 14. Novbr. Auf der elektrischen Kleinbahn
Düsseldorf-Krefeld fährt täglich ein aus einem kleinen Motor-
wagen und einem Güterwagen bestehender Zug von Düsseldorf
bis zur Haltestelle Diestem bet Krefeld zur Beförderung von
Milchgefäßen. Der Zug soll än jeder Station halten. Als er
jedoch kürzlich durch die Haltestelle Osterrath-Bewert sauste, be-
merkten die im Guterwagen fahrenden Arbeiter, die das Ver-
laden der Milchgefäße zu besorgen haben, daß der Zugführer
schlief. Sie versuchten ihn durch Schreien zu wecken, aber
ohne Erfolg. Als aber der Zug auch durch die Haltestelle Oster-
rath-Holerheide jagte, wo zahlreiche Ausflügler auf den von
Fischeln kommenden Personenzug warteten, sprang ein beherzter
Arbeiter, glücklicherweise ohne sich schwer zu verletzen, aus dem
Zuge. Er lief zur Haltestelle, von wo der Vorsteher sofort au
die Haltestelle Fischeln lelegraphirte. Hier ließ der Vorsteher
aus Vorsicht sämmtltcke Insassen des vollbesetzten von Krefeld
kommenden Personenzuges aussteigen. Kurz darauf sauste der
führerlose Zug heran. Ein Hagel von Steinwürfen, der fast
sämmtliche Fenster des Motorwagens zerstörte, vermochte end-
lich, den noch immer schlafenden Führer zu wecken, sodaß nun
der Zug einige Hundert Meter weiter hielt. Die Untersuchung
dieses Vorfalles ist eingeleitet.
— Hannover, 15. Nov. Der Direktor des hiesigen Gefäng-
nisses. Herr Thiekötter, hat verschiedenen Blättern eine Erklärung
zugehen lassen, in der es heißt: „Bet der Behandlung des
Prinzen von Arenberg finden irgend welche Abweichungen
von den Vorschriften der Gefängnißordnung nicht fftatt, haben
auch nicht etwa bisher stattgefunden."
— Paris, 16 Nov. In der italienischen Abtheilung des
großen Kunstpalastes der Welt ans fiel lunggeriethen beute
zwei Aufseher in Streit. Einer derselben, ein gewisser
Arrobio, feuerte gegen seinen Collegen Namens Enrico
Ellan einen Revolverschuß ab. Als er den letzteren schwer
verwundet niederstürzen iah, schoß er sich eine Kugel in den
Mund. Arrobio blieb auf der Stelle todt,
— Lima« (Colorado), 17- Nov- Hier wurde ein IWHriger
Negerbursche, der ein lljähriges weißes Mädchen ermordet
hatte, von der weichenden Menge auf dem S ch eite rhauf en
verbrannt. Der Vater des Mädchens zündete diesen selbst an.
Literarisches.
—§ „Der Haus-u. Familien-Korrespondent"
oder: Wie besorge ich schnell, klar, formgerecht und zweckent-
sprechend meine häuslichen schriftlichen Arbeiten? Bearbeitet
von M. Unterbeck, Redakteur und langjährigem ersten Korrespon-
denten. Kartonnirt. Preis 1.50. Scbwabacher'sche Verlags-
buchhandlung in Stuttgart. Das aus der Praxis hervorgegangenc
Hilfsbuch dürfte in weiten Kreisen als ein dringendes Bedürfniß
empfunden und somit überall sicher willkommen geheißen werden
als ein treuer, handlicher Berather und Helfer in allen Fällen,
wo es sich um schnelle, korrekte und exakte Formulirung schrift-
licher häuslicher Arbeiten ernster oder freudiger Art, privater,
geschäftlicher oder „amtlicher" Natur handelt.
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sie an die Berichterstattung der von Dc.J. Jastrow heraus-
gegebenen, im Verlage von Georg Reimer Berlin erschei-
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sind, drängten sich im October um 100 offene Stellen
120,4 Arbeitsuchende (g-gen 104,9 im Vorjahre). Na-
mentlich nimmt bei den ungelernten Arbeitern die Zahl der
Arbeitslosen sichtlich zu; außer von Berlin wird sie auch
schon von mittleren Städten, wie Mainz berichtet. Aber
auch bei den Metallarbeitern wächst die Arbeitslosigkeit, so
in Heidelberg, Mannheim, Mainz, Freiburg in Br., in
den rheinisch-westfälischen Jndustriecentren, in Berlin. In
der Textilindustrie ist trotz einiger Lichtpunkte eine allgemeine
Besserung nicht zu finden, vielmehr greift die Krise auch
auf Bezirke über, die bisher verschont blieben. So ar-
beiten in der Weberei Bielefelds circa 1500 Arbeiter nur
fünf Tage in der Woche. Im Baugewerbe ist überwie-
gend schon stille Zeit, obwohl das Wetter noch nicht dazu
drängt. An einzelnen Orten wurde bereits eine Zunahme
der wandernden Arbeitslosen bemerkt, so in Pforzheim
157 (gegen 95 im Oktober v. I.). Wenn dennoch die
Zahl der beschäftigten Arbeiter nach den Mitgliederziffern
der Krankenkassen eine minimale Zunahme von 0,2 Pro-
zent zu verzeichnen hat, so bleibt diese doch um das Acht-
fache gegen das Vorjahr zurück, wo die Steigerung 1,6
betrug. Für die neu hinzutretenden Arbeitslosen werden
die Aussichten zusehends ungünstiger.
Von der Krankheit des Zaren.
Aus Darmstadt wird der Franks. Ztg. berichtet, daß
die Ueberanstrengungen und Aufregungen, die die politischen
Ereignisse und namentlich die Vorgänge in China für den
Zaren mit sich brachten, es ihm s. Z. gerathen erscheinen
ließen, zu seiner Erholung die Krim aufzusuchen. Aber
auch dort fand er, da ein Minister und Diplomat den
andern bei ihm ablöste, die nothwendige Ruhe nicht
und so kam es, daß die ungünstigen hygienischen Verhält-
nisse der Gegend, die an sich schon das Auftreten von
Fieber begünstigen sollen, auf die geschwächte Konstitution
des Zaren einwirkten und den Unterleibstyphus Hervor-
rufen konnten. Grund zu ernsten Bedenken soll jedoch
nicht vorliegen. Als möglich wird zugegeben, daß die
Sorglosigkeit des Zaren in Bezug auf seine Gesundheit
der Entstehung und dem Anwachsen der Krankheit förderlich
gewesen ist. Wie aus Petersburg berichtet wird, erkrankte
der Kaiser an Influenza infolge einer Erkältung, die
er sich durch ein kaltes Wannenbad zuzog, das er
trotz Abrathen in Livadia nahm. Der Großfürst Thron-
folger begab sich von Kopenhagen in Begleitung des
Obersten Daschkow und des Professors Frolowsky über
Gedser, Berlin, Wirrballen nach Petersburg. In Er-
widerung auf ein Telegramm des Sultans, in dem
dieser sein lebhaftes Bedauern über die Erkrankung des
Kaisers von Rußland und seinem Wunsche für die baldige
dollständige Wiedergenesung des Kaisers Ausdruck gab,
theilte die Kaiserin dem Sultan mit, daß die Krankheit
ganz regelmäßig und günstig verlaufe. Gleichzeitig sprach
sie dem Sultan ihren Dank aus für den Beweis des
freundschaftlichen Interesses, das den Kaiser tief gerührt
habe.
Die Vorgänge in China.
In dem Bestreben, den kaiserlichen Hof mürbe zu
Wachen, werden die Mächte durch den Aufstand der muha-
medanischen Chinesen in der Provinz Kangsu unterstützt,
dessen Ausbruch als Thatsache gilt. Die Kaiserin fühlt
sich in Singanfu nicht sicher und will nach Tatyüanfu in
der Provinz Shansi übersiedeln. Inzwischen haben sich
der deutsche Konsul in Shanghai, Dr. Knappe, und Ad-
miral Seymour nach Nanking begeben, um weiteren
Z ahl ung e n an den H o f Einhalt zu thun und da-
für zu sorgen, daß die Zolleinkünfte den ausländischen
Banken zugeführt werden. Der Vicekönig von Nanking
dürfte vermuthlich gezwungen werden, .entweder seine Hand
dazu zu bieten, daß die weitere Verproviantirung von
Singanfu aufhört und der Hof nach Peking zurückkehrt
oder seine den fremden Mächten unfreundliche Haltung
offen zu dokumentiren. Zweideutigkeiten sollen länger nicht
geduldet werden. Eine Million Taels, die in verschiedenen
Provinzen des Südens und im Centrum gesammelt wurden,
sind jetzt nach Nanking unterwegs, wo sie ein Spezialkom-
missär übernehmen soll. So dürfte der Hof allmählich
wegen seines Unterhalts in Schwierigkeiten gerathen. Fünf
große Transporte, die von Truppen aus den Wnsungforts
begleitet werden, harren in Shanghai der Weiterbeförderung.
Sie sollen eine halbe Will. Taels, den Tribut der Kwantung.
und Tschekiang-Provinzen, mitführcn, und die Verbündeten
müssen dem zuschauen, ohne bisher etwas machen zu können.
Der japanische Gesandte erklärte in einer Unterredung,
daß ein Nachgeben des chinesischen Hofes den
Bedingungen der Mächte gegenüber wahrscheinlich sei;
andernfalls müsse man freilich, da die Bedingungen ein
Ultimatum darstellen, die Nachgiebigkeit erzwingen. Aller-
dings müßten alsdann mehr Truppen ins Feld gestellt
werden, was jedoch keine Schwierigkeiten biete. Die
Kaiserin werde alsdann auf Tschengtufu zurückfallen,
wohin man ihr vor dem Frühjahr, frühestens im April,
nicht folgen könne. Keinenfalls könne sie weiter fliehen;
übrigens wisse man in China nie genau, wer eigentlich
die oberste Gewalt in Händen habe.
Wie gemeldet worden ist, hat der Kaiser in einigen
Edikten die Bestrafung von höheren Beamten befohlen, doch
hat man über Art und Umfang dieser Strafe keine rechte
Uebersicht. Prinz Tuan soll sich jetzt in Shansi in Hast
befinden. Die amerikanische Regierung hat ihren Ge-
sandten Conger angewiesen, das Strafedikt vom 13. ds.
als nicht ausreichend zu bezeichnen. In London betrachtet
man den neuen Straferlaß gegenüber den früheren Er-
lassen vom 25. und 27. September immerhin als Anzeichen,
daß der chinesische Hof unter der Befürchtung vor weiterem
Eindringen fremder Truppen mürbe zu werden anfange.
Eine Depesche des französischen Generals Voyron aus
Taku vom 16. November bestätigt die Besetzung der
Grabmäler im Osten und Westen, ebenso die Hin-
richtung des tatarischen Marschalls Fa ntsi in Paotingfu.
Die Depesche fügt hinzu, daß in der Gegend von Paotingfu
vollständige Ruhe herrsche, obwohl die Anwesenheit einiger
Boxer gemeldet wurde. Die Arbeiten zur Vollendung der
Bahn nach Hankau schritten gut fort, der allgemeine Ge-
sundheitszustand sei gut.
Gras Waldersee empfing am 15. d. den Prinzen
Tsching und Li-Hung-Tschang im Kaiserpalaste.
Freiherr v. d. Goltz fnngirte als Dolmetscher. Graf
Waldersee forderte, daß die chinesischen Truppen aus der
Nähe des Okkupationsgebietes zurückgezogen würden, dann
würden auch weitere Expeditionen unterbleiben.
Deutsches Reich.
— Von mehreren Seiten wird übereinstimmend erzählt,
daß der Kaiser den Unfall in Breslau gar nicht bemerkt
habe. Als er vernahm, daß es sich in der Thal um ein
Attentat handelte, wandte er sich mit einer kurzen Bemer-
kung an den im Wagen sitzenden Erbprinzen von Mei-
ningen und schenkte der Angelegenheit weiter keine Beach-
tung ; nur hatten die GestchtSzüge des Kaisers einen tief-
ernsten Ausdruck angenommen. Wie die Nachbarn der
Schnapke erzählen, hat diese bei ihnen von vornherein als
„verrückt" gegolten. Sie lebte mit allen Nachbarn im
Unfrieden und stieß oft Drohungen aus. Obschon ihre
Wohnung keinerlei Werthgegenstände enthielt, verwahrte sie
dieselbe stets mit einem schweren Vorhängeschloß, auch wenn
sie sich nur in den Flur begab, um Wasser zu holen.
Zufällig hatte die Frau wegen Beleidigung eines Schutz-
mannes und Widerstands gegen die Staatsgewalt am Frei-
tag vor dem Schöffengericht gestanden. Sie hat dort er-
klärt, daß sie von der Kaiserin verfolgt werde, und der
Gerichtshof hat beschlossen, sie auf ihren Geisteszustand
untersuchen zu lassen. Ihre Unterbringung in eine Irren-
anstalt dürfte bald erfolgen.
— Der Handwerkskammertag in Berlin be-
schloß mit 31 gegen 15 Stimmen, die Frage des Be-
fähigungsnachweises für die Tagesordnung des
nächsten Handwerkskammertages zurückzu stellen. Ferner
wurde beschlossen, bei den Landesbehörden hinzuwirken,
daß der Jnnungszwang sich auf Großbetriebe und
Mittelbetriebe erstrecke, die handwerksmäßige Arbeiten mit
handwerksmäßig ausgebildeten Hilfskräften Herstellen.
— Ueber die Ausreise der Truppen-Transport-
dam Pf er nach China liegen folgende letzte Meldungen vor:
Köln (N-D. Lloyd) 15. Nov. in Colombo (Heimreise).
Batavia (Hamb.A.L) 10. Nov. von Nagasaki (Heimreise).
Gera (N.D. Lloyd) 14. Nov. in Uokohama.
Sardinia (Hamb.A.L.) 11. Nov. von Hongkong (Heimreise).
Adria (Hamb.A.L.) 1.Nov, von Nagasaki (Heimreise).
H.H.Meter (N.D. Lloyd) 16. Nov. in Suez (Heimreise).
Andalusia (Hamb.A.L.) 8. Nov. von Taku.
Hannover (N.D. Lloyd) 14. Nov. von Tsingtau (Heimreise).
Kiel, 17. Nov. Nach einer telegraphischen Meldung
des Chefs des Kreuzergeschwaders ist die weitere
Heimsen düng von Mannschaften des Geschwaders,
ausgenommen die mit dem Dampfer „Köln" unterwegs
befindlichen, erst im Frühjahr des nächsten Jahres zu er-
warten,
Baden. Karlsruhe, 18. Nov. Die Landes-
versammlung der freisinnigen Partei in Baden
wurde gestern Abend durch einen Vortrag des Reichs- und
Landtagsabgeordnen Kops ch über die bevorstehende Reichs-
tagssesston mit besonderer Berücksichtigung der China-
politik und der Handelsverträge' eröffnet. Kopsch
verurtheilte die Chinapolitik in allen Tonarten; er ist noch
einer von den rückständigsten Freisinnigen. Was die Handels-
verträge anbetrifft, so tadelte er die etwaige Erhöhung
der Getreidezölle und den Doppeltarif. In der anschlie-
ßenden Diskussion beantwortete Kopsch eine Anfrage,
warum das Centrum die 2. Vicepräsidentenstelle im Reichs-
tag diesmal nicht einem Freisinnigen, sondern dem Nat.-lib.
Büsing übertragen habe, dahin, daß das Centrum immer
mehr von den Freisinnigen abrücke und jetzt schon genau
so nationalliberal sei, wie die Nationalliberalen:
außerdem wollte es mit den Freisinnigen abrechnen wegen
ihrer Stellungnahme zur lox Heinze. Rechtsanwalt Dr.
Früh auf ersuchte seinen Parteifreund, im Reichstag
darauf hinzuwirken, daß die „fürchterlichen" Wirkungen der
hohen Getreidezölle durch Herabsetzung der Eisenbahntarife
paralysirt werden und brachte folgende Resolution zum
Vorschlag: Die Großh. Regierung möge im Bundesrath
dahin wirken:
1. daß im neuen Zolltarif die jetzigen Getreidezölle keine
Erhöhung erfahren und daß überhaupt jede künstliche Ber-
theueruna der unentbehrlichsten Volksnahrungsmitret hinian-
a>'dalren werd-':
* Das Romanfeuilleton findet der Leser im heutigen
Seiten Blatt. ^
Stadt-Theater.
F; Heidelberg, 19. November.
„Boccaccio". Komische Operette in 3 Akten von Franz
d. Suppö.
Obgleich nur einzelne Leistungen auf der für diese reizende
Operette zu fordernden Höhe standen, machte doch die Gesammt-
"Ufführung einen recht vortheilbaften Eindruck, dank der recht
'»rgfältigen und sachgemäßen Einstudirung. Am besten war
Sestern Abend die Komik vertreten.
Herr Kaltenberger als Prinz schoß den Vogel ab;
Mer dem glücklich zusammengestellten Bürgerterzett — Dr.
Ae in mann fügte sich hülfbereit in die Operette — zeichnete
U Herr Meltzer-Burg als köstlicher Lambertuccio schau-
spielerisch, Herr Runsky als Faßbinder musikalisch aus. Unter
M Damen excelltrte Fräulein Hesch, welche die Partie der
Lametta reizend zur Geltung zu bringen wußte. Fräulein
pPenhöser stellte einen blonden Boccaccio, blond in jedem
Ä""- Ihre leichte, verschleierte Stimme hält nicht viel aus und
Mt nicht gern viel her, aber es ist musikalisch und sympathisch,
Ms sie singt. Schneidige und pikante Verve ist nicht ihre Sache,
"er frivole Novellist war mehr bet ihr liebenswürdig-lyrisch ge-
Met. In den anderen Damenrollen verthetdigten die Damen
Märchen und Pilna munter den ihnen anvertrauten Posten,
kraulest, Jelly als Petronella wirkte recht drastisch.
,, In der kleinen Partie des Colporteurs wußte Herr Paul
>r>»e Vorzüge einer gesunden Vortragsweise zur Geltung zu
"ringen._vr. 8.
Kleine Zeitung.
— Frankenthal, 13. Nov. Ein hiesiger Bürger, der sich
Uier starken Constitution erfreut, weilte gleichzeitig mit dem
^.chah von Persien in Martenbad. Dieser fand an dem
"mlzischen Recken so großes Gefallen, daß er dessen Photographie
zu erwerben wünschte. Um diesen Wunsch auf unauffällige Weise
zu erfüllen, ordnete der Schah, wie der Kreuzztg. berichtet wird,
an, daß der seine Bewunderung erregende „große deutsche Mann"
gemeinsam mit ihm und seinem Gefolge photographirt und mittels
eines großen Gruppenbildes der Nachwelt überliefert werde. Das
kürzlich hier eingetroffene wohlgelungene Bild, das unseren Lands-
mann in seiner ganzen Stattlichkeit stolz an der Seite des Schah
zeigt, wird in goldenem Rahmen als schätzbares Andenken an den
Schah aufbewahrt.
— München, 17. Nov. Der Wagnervorkämpfer Musikdirektor
Porges ist gestorben. Gestern leitete er noch die Proben
zu der morgigen Aufführung des Oratoriums „Christus' durch
den Porgessichen Chorverein.
— Nürnberg. 17. Nov. Heute Nachmittag zwischen 3 und
4 Uhr wurde die T a p e z t e r e r f r a u Sifsert in ihrer
Wohnung von einem dort eingedrungenen Unbekannten durch
mehrere Messerstiche und Hammerschläge auf den Kopf lebens-
gefährlichverletzt. Der Sekretär ist erbrochen und sein
Inhalt geraubt. Die Frau ist nicht vernehmungsfähig. Den
Thäter unterstützte ein Begleiter, der vor dem Hause Wache
hielt. Ein neuer Hammer ist am Thatort zurückgeblieben.
— Krefeld. 14. Novbr. Auf der elektrischen Kleinbahn
Düsseldorf-Krefeld fährt täglich ein aus einem kleinen Motor-
wagen und einem Güterwagen bestehender Zug von Düsseldorf
bis zur Haltestelle Diestem bet Krefeld zur Beförderung von
Milchgefäßen. Der Zug soll än jeder Station halten. Als er
jedoch kürzlich durch die Haltestelle Osterrath-Bewert sauste, be-
merkten die im Guterwagen fahrenden Arbeiter, die das Ver-
laden der Milchgefäße zu besorgen haben, daß der Zugführer
schlief. Sie versuchten ihn durch Schreien zu wecken, aber
ohne Erfolg. Als aber der Zug auch durch die Haltestelle Oster-
rath-Holerheide jagte, wo zahlreiche Ausflügler auf den von
Fischeln kommenden Personenzug warteten, sprang ein beherzter
Arbeiter, glücklicherweise ohne sich schwer zu verletzen, aus dem
Zuge. Er lief zur Haltestelle, von wo der Vorsteher sofort au
die Haltestelle Fischeln lelegraphirte. Hier ließ der Vorsteher
aus Vorsicht sämmtltcke Insassen des vollbesetzten von Krefeld
kommenden Personenzuges aussteigen. Kurz darauf sauste der
führerlose Zug heran. Ein Hagel von Steinwürfen, der fast
sämmtliche Fenster des Motorwagens zerstörte, vermochte end-
lich, den noch immer schlafenden Führer zu wecken, sodaß nun
der Zug einige Hundert Meter weiter hielt. Die Untersuchung
dieses Vorfalles ist eingeleitet.
— Hannover, 15. Nov. Der Direktor des hiesigen Gefäng-
nisses. Herr Thiekötter, hat verschiedenen Blättern eine Erklärung
zugehen lassen, in der es heißt: „Bet der Behandlung des
Prinzen von Arenberg finden irgend welche Abweichungen
von den Vorschriften der Gefängnißordnung nicht fftatt, haben
auch nicht etwa bisher stattgefunden."
— Paris, 16 Nov. In der italienischen Abtheilung des
großen Kunstpalastes der Welt ans fiel lunggeriethen beute
zwei Aufseher in Streit. Einer derselben, ein gewisser
Arrobio, feuerte gegen seinen Collegen Namens Enrico
Ellan einen Revolverschuß ab. Als er den letzteren schwer
verwundet niederstürzen iah, schoß er sich eine Kugel in den
Mund. Arrobio blieb auf der Stelle todt,
— Lima« (Colorado), 17- Nov- Hier wurde ein IWHriger
Negerbursche, der ein lljähriges weißes Mädchen ermordet
hatte, von der weichenden Menge auf dem S ch eite rhauf en
verbrannt. Der Vater des Mädchens zündete diesen selbst an.
Literarisches.
—§ „Der Haus-u. Familien-Korrespondent"
oder: Wie besorge ich schnell, klar, formgerecht und zweckent-
sprechend meine häuslichen schriftlichen Arbeiten? Bearbeitet
von M. Unterbeck, Redakteur und langjährigem ersten Korrespon-
denten. Kartonnirt. Preis 1.50. Scbwabacher'sche Verlags-
buchhandlung in Stuttgart. Das aus der Praxis hervorgegangenc
Hilfsbuch dürfte in weiten Kreisen als ein dringendes Bedürfniß
empfunden und somit überall sicher willkommen geheißen werden
als ein treuer, handlicher Berather und Helfer in allen Fällen,
wo es sich um schnelle, korrekte und exakte Formulirung schrift-
licher häuslicher Arbeiten ernster oder freudiger Art, privater,
geschäftlicher oder „amtlicher" Natur handelt.