, Erscheint täglich,
sonntags ausgenommen.
Preis
mit Familienblättern
. monatlich 50 Pf.
frer in'z Haus gebracht.
-Lurch die Post bezogen
-rl. 1.25 Mk.
Zustellgebühr.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82.
HÄckn-er Zeitm.
JnsertionSgebühr:
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserat auf den Plakat-
tafeln der Heidclb. Zeitung
und den Plakatsäulen.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82.
Ar. 251. WkS Mit.
Sawstaji, dt« 27. Oclibrr
ISO».
Bestellungen
"uf die Heidelberger Zeitung für die Monate November
und December werden bei allen Postanstalten, den Brief-
Wägern, den Agenten, bei den Trägern in der Stadt, so-
ä>ie in der Expedition, Untere Neckarstr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
^bracht; durch die Post bezogen für die Monate Novelli-
er und December, wenn am Schalter abgeholt, 84 Psg.,
eit Zustellgebühr Mk. 1.14.
Zum Gedächtnis; Moltke's.
Berlin, 26. Okl. Das Armceverordnungsblatt ver-
öffentlicht folgenden kaiserlichen Befehl: „Heute sind
hundert Jahre seit dem Tage verflossen, an dem General-
^dmarschall Graf Moltke das Licht der Welt erblickte.
Dankerfüllten Herzens preise ich die Gnade des Allmäch-
ten, der dem Vaterlande diesen Mann geschenkt hat, und
trendigen Stolzes beglückwünsche ich mein Heer, daß es
Diesen Feldherrn sein eigen nennen durfte. Die Thaten des
"rrewiglen Feldmarschalls, der in glorreichen Siegen von
Aelterschüttcrnder Bedeutung meinem unvergeßlichen Herrn
Großvater als lreuer Berather zur Seite gestanden, sind
W Flammenschrift auf den Tafeln der Geschichte verzeich-
nt. Unauslöschlich wird in meiner Armee die Erinnerung
ihn fortleben, dem bis zu seinem letzten Tage seines
övttgesegneten Lebens in treuer Pflichterfüllung und un-
wandelbarer Vaterlandsliebe es niemand zuvor gethan.
Ege dieses Muster aller Krieger der Armee in den fern-
en Zeiten ein Vorbild sein, woraus sie neue Kraft für
ihu erhabenen, schweren Aufgaben schöpfen kann, die ihr
^gewiesen sind."
-erlin, 26. Okt. Der Kaiser sagte bei der heu-
lgen Frühstückstafel im königlichen Schlosse: „Unser Glas
sei
geweiht dem Andenken des großen Feldmar-
Ichalls, der gleich unerreicht als Sieger und Heerführer
M dem Schlachtfelde, als Lehrer und Ausbilder im Frie-
da und als treuer Freund, Berather und Diener meines
Hauses und meiner Person gewesen. Den Manen und dem
Andenken des Feldmarschalls, dessen Geist meinen Geueral-
nab auch fernerhin zu treuen Arbeiten und Siegen führen
Wge.
^ Schweidnitz,
26. Okt. Der hundertste Ge-
' U r tstag Moltkes wurde heute in Creisau durch eine
Weihevolle Gedächtnißfeier im Mausoleum begangen. Daran
Minen theil die Verwandten Moltkes, Vertreter des großen
^neralstabes vom 6. Armeecorps, die Officicrcorps der
Garnisonen Breslau, Oels, Schweidnitz und Glatz, Depu-
^wiien des Rerchskriegerverbandes und zahlreiche Kriegcr-
ereinc der Umgegend. Im Aufträge des Kaisers legte
Generalmajor Graf Moltke einen prächtigen Lorbcerkranz
-w Sarge nieder. Er trug die Inschrift: dem General-
^drnarschall Grafen Moltke von seinem dankbaren Könige
""d Kaiser Wilhelm, 26. Oktober 1800—1900. Zahl-
iMe Kranzspenden wurden ferner am Sarge niedcrgelegt.
mch der Feier fand im Schlosse ein Diner statt.
^ Parchim, 26. Okt. In der hiesigen Stadt, dem
Geburtsorte des F eldmar s challs Grafen
Moltke, fand anläßlich seines 100. Geburtstages ein
°e»ßer Festzug statt und eine Feier vor dem reichgeschmückten
Mllkedenkmal. Die Schwestern des Verstorbenen hatten
e>N Kriegerverein für den Festzug einen Zweig des Baumes
^widmet, unter dem er als Knabe gespielt hatte. Die
Mdt ist festlich geschmückt; Abends wird sie illuminirt.
Die Angelegenheit Bueck—v. Woedtke.
Die Nationallib. Corresp. prüft die Angelegen-
heit mit den 12 000 der Industrie vom Reichsamt des
Innern abverlangten Reichsmark zur Agitation für das
sog. Zuchthausgesetz vom Rechtsstandpunkt und stellt zu-
nächst fest, daß es sich um eine Vorlage handelte, hinter
der, wie im Reichstag bekannt gegeben worden ist, die ge-
lammten verbündeten Regierungen standen und die im
Reichstag die erste Lesung hinter sich hatte. Das entlaste
die Situation wesentlich. Ferner, so sagt das Blatt, steht
fest, daß es sich lediglich um Zeitungsbeilagen parlamen-
tarischen Materials handelt. Daraus zusammengestellte
Beilagen für Zeitungen Herstellen zu lassen, ist eine Hand-
lung, die man, gleichviel wie man zu einer Vorlage steht,
der Regierung unbedenklich einräumen muß. Auch ist an
sich noch nicht zu mißbilligen, wenn die Regierung für eine
solche Propaganda eines von allen verantwortlichen Stellen
vertretenen Zweckes sich auch socher Mittel bedient, die ihr
in gleicher Richtung mit ihr arbeitende Einzelpersonen zur
Verfügung stellen. Wir wiederholen, das ist bei der
Flottenvorlage und bei den SeptennatSwahlen
und noch bei manchen anderen Gelegenheiten
geschehen, und oft genug hat es sich dabei sogar um Be-
einflussung durch Artikel und sonstige Anlagen gehandelt,
und nicht nur, wie im vorliegenden Fall, um Beilagen
mit parlamentarischem Material.
Der Vorwurf der Verletzung der Amtspflichten
läßt sich daher im vorliegenden Fall keinesfalls be-
gründen, womit wir aber trotzdem zu keiner vollen
Billigung dieses Schrittes gelangen können. Diese Nicht-
billigung aber hat ihre Begründung in der Stellungnahme
zur Arbeitswilligen-Vorlage überhaupt. Wir begreifen,
daß nach der ungünstigen Aufnahme in der ersten Lesung
im Reichstag in der Reichsregierung das Bedürfnis herrschte,
für diese Vorlage den Sommer hindurch Stimmung zu
machen für die zweite Lesung, die nach der Sommerpause
stattfand. Es hätte dabei aber nicht entgehen dürfen, daß
die Agitation, die eine, sagen wir leitende Gruppe des
Centralverbandes dabei entfaltete, in ihrer Art sehr vielen
Anstoß erregt hat, auch in solchen Kreisen, die einzelne
berechtigte Forderungen in der Vorlage gebilligt haben.
Unter diesen Umständen hätten die verantwortlichen Stellen
im Reichsamte des Innern von der Möglichkeit, Mittel
des Centralverbandes für eine wenn auch an sich er-
laubte Propaganda zu benutzen, keinen Gebrauch machen
sollen.
Das ist aber keine Staatsfrage, die für die Zusammen-
setzung der Staatsleitung beziehungsweise der Reichs-
regierung irgendwie bestimmend ist, wie sich daraus ergibt,
daß die maßgebendste Stelle im Reiche, die doch die
nächste dazu ist, in dem berührten Vorgang keinen An-
laß zu einer Kabinetsfrage erblickt.
So die Nationallib. Korresp. Beigefügt sei noch, daß
dem Hrn. Bueck nicht mit Unrecht Vorwürfe gemacht wer-
den. So schreibt die deutsche Tageszlg.: Das Vorgehen
des Herrn Bueck erscheint uns jedoch keinesfalls einwand-
frei. Wenn er die Ansprüche, die durch Herrn Dr. von
Woedtke ihm nahe gebracht wurden, für eigenthümlich und
bedenklich hielt, dann mußte er sie zurückweisen.
Derjenige, der in dieser Sache am meisten cinbüßt,
das ist Herr Bueck. Er hat in seinen schriftlichen Aeuße-
rungen nicht den nöihigen Takt unv die nöihige Dis-
kretion gezeigt; in den Beziehungen des Centralverbandcs
deutscher Industrieller zur Regierung kann er unmöglich
länger als Mittelsmann wirken.
-b, Das Romanfeuilleton findet der Leser im heutigen
fetten Blatt._.
Kaim-Orchester-Concert.
Heidelberg, 27. October.
o^Nur sch^r findet man sich wieder zurück aus diesen Höhen,
b,? diesen Sphären des Wohlklangs. Einen süßen Tonrausch
w?eutet so ein Weingartncr-Concert, es besprechen, heißt im Grunde
'dem Kater der Reflexion aufwachen.
^ ^er elementare Applaus, der wie ein Orkan nach der
KrN!« ^Ouvertüre bervorbrach, ist die beste und ehrlichste
bin, ' die gesprochene und geschriebene, ein nüchterner — nach-
'Mer Bote.
dan ° nimmt dieses Orchester all den Wohllaut her? Wie viel
"°N wird ihm von seinem genialen Dirigenten suggerirt?
kön - genial, aber ohne einen Funken von Wahnsinn I Man
tz>Me nach dem gestrigen Abend behaupten: je vollkommener
s,i"Ngartner als Dirigent sich entwickelt, desto einfacher wird
ciU Auffassung. Er. der Modernsten Einer, dtrigtrt wahrhaft
Wch im edelsten Sinne.
n> Vvchclasflsch, mit Bach, setzte er denn auch ein. Nicht zum
b,i"Wen mag dabei der befriedigende Gedanke ihn lenken, daß
MuL W auch alle Orchesterstimmen vornehme Solisten sind. Da
Wj? Jeder gleichwerthig mitschaffen. Die O-äur Suite war
^bekannt. Kennt man sie, so wird das große Bachräthsel
^lösbarer. Wie hat - ein Mann das Alles schaffen, so
bii» " können? Die drei ersten Sätze sind an sich eine Gold-
tzeb,' °us der ein anderer Musiker das Kapital für sein ganzes
" schlagen könnte.
S nann man sich etwas Innig-Süßeres denken als oen zweiten
vier» frischeren Humor, als der dritte ihn birgt! Der
voi^l. wirkt dagegen monoton. Das ist die Kehrseite dieser
ist , W" Classtcität mit dem cominuirlichen Baß. Irgendwo
vvmi» , . modernes Empfinden erschöpft, der Baß schreitet
"NMrlich weiter, nicht mehr aber unsere Empfänglichkeit.
-"ne interpretirt Weingartner mit feinen Leuten Bach!
Das Orchester hat einen ganz specifischen, verhaltenen Klang;
dieses entzückende Streichquartett spielt Kammermusik on masos.
In seinen weichen wonnigen Wohlklang muß man sich einfach
verlieben.
Auf Bach brachte Weingartner drei — man darf sagen der
populärsten Ouvertüren.
Wer heute die Zauberflöten- und Freischütz-Ouverture im
Concertsaal wagt, der muß etwas Eigenes zu sagen haben.
Erst die klassiche „Iphigenie" von Gluck.
Das Geläute der Jesuitenkirche — es begrüßte gestern den
Erzbischof — ist sicherlich prächtig, aber mit der heidnischen
Iphigenie und der mauernden Zauberflöte harmonirt es nicht.
Die Griechin litt darunter und die Zauberflöte mußte warten —
so macht der Zufall oft seine kulturellen Witze. ^ .
Trotz der Beeinträchtigung erfreute man sich an dem flecken-
losen Marmorglanz, den die Iphigenie-Wiedergabe aufwies.
Wagners Schluß ist gewiß der beste, den Jemand finden
konnte, und doch ist er mit seinen chromatischen Anwandlungen
ein gothisches Thürmchen auf dem griechischen Tempel.
Nun die „Zauberflöte".
Weingartner läßt die Ouvertüre wahrhaft prächtig erstehen —
ihre Pracht besteht in ihrer ungetrübten Wahrheit. Er trägt kem
Geheimniß hinein und ergrübelt nichts. Er gibt das Ideal der
Klarheit und das Ideal eines straffen Rhythmus.
Schließlich die Romantik: die „Freischützouverture .
Schön ist sie ja immer geblieben, aber neu war stc gewiß nicht
mehr — gestern wurde sie neu. Das war wirklich eine Meister-
leistung. Wie die Themata hingelegt, herausgearbeitet werden,
das ist einfach entzückend.
Es läßt sich das nicht beschreiben, wie die Celli Barüon-
recitative vortragen, wie die Holzbläser die innigsten Cantilenen
anstimmen, wie der Klang der Hörner in Weichheit zerschmilzt.
An einer bösen Stelle haben diese auch bei Weingartner „gepatzt .
Gott sei Dank! Das Publikum wird dabei begreifen, daß das
an der Unvollkommenheit der Instrumente liegt.
Unvergleichlich ist es, wie der Dirigent den Schlußiubel vor-
bereitet und hervorbringt. Die Ait, wie er das einsetzende i
Holland und die Buren.
Die holländische Regierung veröffentlicht die ge-
heimen Depeschen, die sie im Frühling und im Sommer des
vorigen Jahres an den Präsidenten Krüger sandte, um
ihn zu warnen und zur Nachgiebigkeit zu ermahnen.
In einer Depesche vom 13. Mai 1899 sagt der hol-
ländische Minister des Auswärtigen: Als treuer Freund
rathe er ihm und im wahrhaften Interesse der Republik,
sich so versöhnlich als möglich zu zeigen, und
fügte hinzu, er wisse aus sicherer Quelle, daß die
deutsche Regierung diese Meinung durchaus theile.
Krüger antwortete, daß er stets versöhnlich gewesen sei
und den Krieg nicht wünsche, daß er aber die Unabhängig-
keit der Republik nicht hinopfern könne. Er könne nicht
dulden, daß Engländer Unterthanen der Königin von Eng-
land bleiben und trotzdem das Wahlrecht in der Republik
erhalten.
In der zweiten Depesche vom 4. August räth der
Minister des Aeußern dem Präsidenten im Interesse seines
Landes, den englischen Vorschlag der internationalen Kom-
mission nicht rundweg abzulehnen. Krüger ant-
wortet-', es handle sich nicht um eine internationale, sondern
um eine englisch-transvaalische Kommission. Er habe
England um nähere Mittheilung über die Bedeutung des
Vorschlags ersucht und werde denselben nicht endgiltig zu-
rückweisen.
Schließlich stellt der niederländische Minister in einer
Depesche vom 15. August fest, daß die deutsche Regie-
rung vollkommen die Meinung theile, den englischen Vor-
schlag nicht zurückzuweisen. Er bemerkt dazu, die deutsche
Regierung sei überzeugt, daß jeder Schritt in dieser An-
gelegenheit bei einer Großmacht ohne jedes Ergeb«
niß und für die Republik sehr gefährlich sein dürfte»
Krüger antwortete darauf, der englische Vorschlag wäre
eine direkte Einmischung Englands in die innere An-
gelegenheiten der Republik. Krüger erklärt dann, daß er
nicht die Absicht habe, an eine Großmacht zu
appelliren.
Leider haben die Buren auf die gutgemeinten War-
nungen Hollands nicht gehört. Wären sie die thatkräftigen
Kriegsmänner, für die man sie früher gehalten hat, dann
hätten sie den Tanz mit England wagen können. Aber
sie haben sich als, gelinde ausgedrücki, sehr lässig und ein
Theil ihrer Führer als beschränkt, wenn nicht gar als be-
stochen gezeigt. So sind sie denn um ihre Unabhängigkeit
gekommen. Wohl flackert gerade gegenwärtig das Feuer
des Widerstandes der Buren nochmals auf, aber auf eine
ernstliche Erschütterung der englischen Stellung in den
Burenländcrn ist nicht mehr zu rechnen.
Deutsches Reich.
— Nach der Kreuzztg. hat Fürst Hohenlohe Auf-
zeichnungen über sei» politisches Leben gemacht. Er be-
itze eine kostbare Sammlung von Korrespondenzen zur
Zeitgeschichte. Die Kreuzztg. räth dem Fürsten, sich ein
großes neues Verdienst durch Veröffentlichung wenigstens
eines Theiles dieser historisch gewordenen Materialien zu
erwerben. Man könne heute bereits mit Fug und Recht
agen, daß, was vor das Jahr 1890 falle, bereits Ge-
chichte geworden ist. Es sei längst erkannt worden, daß
posthume Veröffentlichungen, wie etwa die Denkwürdigkeiten
von Hardenberg, Metternich oder Talleyraud, durch die
ganz willkürliche Bestimmung, daß erst ein halbes Säculum
vor der Veröffentlichung htngehen müsse, unbeschreiblich an
Werth verlieren. In dem einen wie in dem andern Falle
Thema vor dem Losstürmen noch einmal retardirt, ist eine seiner
wenigen Capricen — eine geniale Caprice. Dann bricht wunder-
voll der Jubel des Schlußrondos hervor.
Auf die populären Ouvertüren eine der populärsten Sympho-
nien, wenn man von solchen reden kann, Beethovens Fünfte in
O-moll.
Im ersten Satz wurde uns Weingartner etwas fremder. Nicht,
daß er ihn nicht trefflich klar gegliedert, plastisch geformt geboten
hätte, aber hier meldete sich ein bischen Manier. Die erzwun»
genen langen Halte, die etwas gesuchten, scharfen, dynamischen
Eonlraste mußten befremden, man erkaltete ein wenig dabei.
Dafür taucht man unter in der Wonne der Andantes. Hier war
schlichte Größe!
Das Scherzo brachte schimmernde Klein- und Feinkunst. Es
will gehört werden, wie hier die Contrabässe im Verein mit den
andern Streichern ihren Wirbeltanz in schnellstem Tempo als
jugendsrische elastische Burschen ausführen. Die Abschattirungen
und Nuancirungen find hier wahrhaft verblüffend. Den Ueber-
gang zum Schlußsatz auf dem Orgelpunkt hat man wohl selten
so zu hören bekommen. Und wie dieser triumphtrende Schlußsatz
strahlt! Blendend, geradezu blendend! Nur etwas blendete gestern
zu sehr, die Trompeten. — es mag an meinem Platz gelegen
haben — die stachen so schrill durch, daß es mir noch in den
Ohren gellt. Immerhin — Sonnenflecken! Denn es war ein
Sonnenabend der Kunst, den uns Felix Weingartner brachte.
Felix — nomsn bleibt omsn. vr. 8,
Literart «et>es.
—Z „China, Schilderung von Land und Leuten, mit kurzer
Berücksichtigung der jüngsten Ereignisse und Deutschlands Handels-
interessen" ist ein Schriftchen von F. Seifarth-Heldelberg betitelt,
das in jetziger Zeit wohl aktuell genannt werden kann. Wenn
die Auffassung der militärischen und politischen Vorkommnisse der
letzten Zeit der unseligen auch nicht entspricht, so sei doch darauf
hingewiesen, daß der mit China Unbekannte das Schriftchen
zu seiner Belehrung und Orientirung sehr wohl wird in die Hand
nehmen können.
sonntags ausgenommen.
Preis
mit Familienblättern
. monatlich 50 Pf.
frer in'z Haus gebracht.
-Lurch die Post bezogen
-rl. 1.25 Mk.
Zustellgebühr.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82.
HÄckn-er Zeitm.
JnsertionSgebühr:
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserat auf den Plakat-
tafeln der Heidclb. Zeitung
und den Plakatsäulen.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82.
Ar. 251. WkS Mit.
Sawstaji, dt« 27. Oclibrr
ISO».
Bestellungen
"uf die Heidelberger Zeitung für die Monate November
und December werden bei allen Postanstalten, den Brief-
Wägern, den Agenten, bei den Trägern in der Stadt, so-
ä>ie in der Expedition, Untere Neckarstr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
^bracht; durch die Post bezogen für die Monate Novelli-
er und December, wenn am Schalter abgeholt, 84 Psg.,
eit Zustellgebühr Mk. 1.14.
Zum Gedächtnis; Moltke's.
Berlin, 26. Okl. Das Armceverordnungsblatt ver-
öffentlicht folgenden kaiserlichen Befehl: „Heute sind
hundert Jahre seit dem Tage verflossen, an dem General-
^dmarschall Graf Moltke das Licht der Welt erblickte.
Dankerfüllten Herzens preise ich die Gnade des Allmäch-
ten, der dem Vaterlande diesen Mann geschenkt hat, und
trendigen Stolzes beglückwünsche ich mein Heer, daß es
Diesen Feldherrn sein eigen nennen durfte. Die Thaten des
"rrewiglen Feldmarschalls, der in glorreichen Siegen von
Aelterschüttcrnder Bedeutung meinem unvergeßlichen Herrn
Großvater als lreuer Berather zur Seite gestanden, sind
W Flammenschrift auf den Tafeln der Geschichte verzeich-
nt. Unauslöschlich wird in meiner Armee die Erinnerung
ihn fortleben, dem bis zu seinem letzten Tage seines
övttgesegneten Lebens in treuer Pflichterfüllung und un-
wandelbarer Vaterlandsliebe es niemand zuvor gethan.
Ege dieses Muster aller Krieger der Armee in den fern-
en Zeiten ein Vorbild sein, woraus sie neue Kraft für
ihu erhabenen, schweren Aufgaben schöpfen kann, die ihr
^gewiesen sind."
-erlin, 26. Okt. Der Kaiser sagte bei der heu-
lgen Frühstückstafel im königlichen Schlosse: „Unser Glas
sei
geweiht dem Andenken des großen Feldmar-
Ichalls, der gleich unerreicht als Sieger und Heerführer
M dem Schlachtfelde, als Lehrer und Ausbilder im Frie-
da und als treuer Freund, Berather und Diener meines
Hauses und meiner Person gewesen. Den Manen und dem
Andenken des Feldmarschalls, dessen Geist meinen Geueral-
nab auch fernerhin zu treuen Arbeiten und Siegen führen
Wge.
^ Schweidnitz,
26. Okt. Der hundertste Ge-
' U r tstag Moltkes wurde heute in Creisau durch eine
Weihevolle Gedächtnißfeier im Mausoleum begangen. Daran
Minen theil die Verwandten Moltkes, Vertreter des großen
^neralstabes vom 6. Armeecorps, die Officicrcorps der
Garnisonen Breslau, Oels, Schweidnitz und Glatz, Depu-
^wiien des Rerchskriegerverbandes und zahlreiche Kriegcr-
ereinc der Umgegend. Im Aufträge des Kaisers legte
Generalmajor Graf Moltke einen prächtigen Lorbcerkranz
-w Sarge nieder. Er trug die Inschrift: dem General-
^drnarschall Grafen Moltke von seinem dankbaren Könige
""d Kaiser Wilhelm, 26. Oktober 1800—1900. Zahl-
iMe Kranzspenden wurden ferner am Sarge niedcrgelegt.
mch der Feier fand im Schlosse ein Diner statt.
^ Parchim, 26. Okt. In der hiesigen Stadt, dem
Geburtsorte des F eldmar s challs Grafen
Moltke, fand anläßlich seines 100. Geburtstages ein
°e»ßer Festzug statt und eine Feier vor dem reichgeschmückten
Mllkedenkmal. Die Schwestern des Verstorbenen hatten
e>N Kriegerverein für den Festzug einen Zweig des Baumes
^widmet, unter dem er als Knabe gespielt hatte. Die
Mdt ist festlich geschmückt; Abends wird sie illuminirt.
Die Angelegenheit Bueck—v. Woedtke.
Die Nationallib. Corresp. prüft die Angelegen-
heit mit den 12 000 der Industrie vom Reichsamt des
Innern abverlangten Reichsmark zur Agitation für das
sog. Zuchthausgesetz vom Rechtsstandpunkt und stellt zu-
nächst fest, daß es sich um eine Vorlage handelte, hinter
der, wie im Reichstag bekannt gegeben worden ist, die ge-
lammten verbündeten Regierungen standen und die im
Reichstag die erste Lesung hinter sich hatte. Das entlaste
die Situation wesentlich. Ferner, so sagt das Blatt, steht
fest, daß es sich lediglich um Zeitungsbeilagen parlamen-
tarischen Materials handelt. Daraus zusammengestellte
Beilagen für Zeitungen Herstellen zu lassen, ist eine Hand-
lung, die man, gleichviel wie man zu einer Vorlage steht,
der Regierung unbedenklich einräumen muß. Auch ist an
sich noch nicht zu mißbilligen, wenn die Regierung für eine
solche Propaganda eines von allen verantwortlichen Stellen
vertretenen Zweckes sich auch socher Mittel bedient, die ihr
in gleicher Richtung mit ihr arbeitende Einzelpersonen zur
Verfügung stellen. Wir wiederholen, das ist bei der
Flottenvorlage und bei den SeptennatSwahlen
und noch bei manchen anderen Gelegenheiten
geschehen, und oft genug hat es sich dabei sogar um Be-
einflussung durch Artikel und sonstige Anlagen gehandelt,
und nicht nur, wie im vorliegenden Fall, um Beilagen
mit parlamentarischem Material.
Der Vorwurf der Verletzung der Amtspflichten
läßt sich daher im vorliegenden Fall keinesfalls be-
gründen, womit wir aber trotzdem zu keiner vollen
Billigung dieses Schrittes gelangen können. Diese Nicht-
billigung aber hat ihre Begründung in der Stellungnahme
zur Arbeitswilligen-Vorlage überhaupt. Wir begreifen,
daß nach der ungünstigen Aufnahme in der ersten Lesung
im Reichstag in der Reichsregierung das Bedürfnis herrschte,
für diese Vorlage den Sommer hindurch Stimmung zu
machen für die zweite Lesung, die nach der Sommerpause
stattfand. Es hätte dabei aber nicht entgehen dürfen, daß
die Agitation, die eine, sagen wir leitende Gruppe des
Centralverbandes dabei entfaltete, in ihrer Art sehr vielen
Anstoß erregt hat, auch in solchen Kreisen, die einzelne
berechtigte Forderungen in der Vorlage gebilligt haben.
Unter diesen Umständen hätten die verantwortlichen Stellen
im Reichsamte des Innern von der Möglichkeit, Mittel
des Centralverbandes für eine wenn auch an sich er-
laubte Propaganda zu benutzen, keinen Gebrauch machen
sollen.
Das ist aber keine Staatsfrage, die für die Zusammen-
setzung der Staatsleitung beziehungsweise der Reichs-
regierung irgendwie bestimmend ist, wie sich daraus ergibt,
daß die maßgebendste Stelle im Reiche, die doch die
nächste dazu ist, in dem berührten Vorgang keinen An-
laß zu einer Kabinetsfrage erblickt.
So die Nationallib. Korresp. Beigefügt sei noch, daß
dem Hrn. Bueck nicht mit Unrecht Vorwürfe gemacht wer-
den. So schreibt die deutsche Tageszlg.: Das Vorgehen
des Herrn Bueck erscheint uns jedoch keinesfalls einwand-
frei. Wenn er die Ansprüche, die durch Herrn Dr. von
Woedtke ihm nahe gebracht wurden, für eigenthümlich und
bedenklich hielt, dann mußte er sie zurückweisen.
Derjenige, der in dieser Sache am meisten cinbüßt,
das ist Herr Bueck. Er hat in seinen schriftlichen Aeuße-
rungen nicht den nöihigen Takt unv die nöihige Dis-
kretion gezeigt; in den Beziehungen des Centralverbandcs
deutscher Industrieller zur Regierung kann er unmöglich
länger als Mittelsmann wirken.
-b, Das Romanfeuilleton findet der Leser im heutigen
fetten Blatt._.
Kaim-Orchester-Concert.
Heidelberg, 27. October.
o^Nur sch^r findet man sich wieder zurück aus diesen Höhen,
b,? diesen Sphären des Wohlklangs. Einen süßen Tonrausch
w?eutet so ein Weingartncr-Concert, es besprechen, heißt im Grunde
'dem Kater der Reflexion aufwachen.
^ ^er elementare Applaus, der wie ein Orkan nach der
KrN!« ^Ouvertüre bervorbrach, ist die beste und ehrlichste
bin, ' die gesprochene und geschriebene, ein nüchterner — nach-
'Mer Bote.
dan ° nimmt dieses Orchester all den Wohllaut her? Wie viel
"°N wird ihm von seinem genialen Dirigenten suggerirt?
kön - genial, aber ohne einen Funken von Wahnsinn I Man
tz>Me nach dem gestrigen Abend behaupten: je vollkommener
s,i"Ngartner als Dirigent sich entwickelt, desto einfacher wird
ciU Auffassung. Er. der Modernsten Einer, dtrigtrt wahrhaft
Wch im edelsten Sinne.
n> Vvchclasflsch, mit Bach, setzte er denn auch ein. Nicht zum
b,i"Wen mag dabei der befriedigende Gedanke ihn lenken, daß
MuL W auch alle Orchesterstimmen vornehme Solisten sind. Da
Wj? Jeder gleichwerthig mitschaffen. Die O-äur Suite war
^bekannt. Kennt man sie, so wird das große Bachräthsel
^lösbarer. Wie hat - ein Mann das Alles schaffen, so
bii» " können? Die drei ersten Sätze sind an sich eine Gold-
tzeb,' °us der ein anderer Musiker das Kapital für sein ganzes
" schlagen könnte.
S nann man sich etwas Innig-Süßeres denken als oen zweiten
vier» frischeren Humor, als der dritte ihn birgt! Der
voi^l. wirkt dagegen monoton. Das ist die Kehrseite dieser
ist , W" Classtcität mit dem cominuirlichen Baß. Irgendwo
vvmi» , . modernes Empfinden erschöpft, der Baß schreitet
"NMrlich weiter, nicht mehr aber unsere Empfänglichkeit.
-"ne interpretirt Weingartner mit feinen Leuten Bach!
Das Orchester hat einen ganz specifischen, verhaltenen Klang;
dieses entzückende Streichquartett spielt Kammermusik on masos.
In seinen weichen wonnigen Wohlklang muß man sich einfach
verlieben.
Auf Bach brachte Weingartner drei — man darf sagen der
populärsten Ouvertüren.
Wer heute die Zauberflöten- und Freischütz-Ouverture im
Concertsaal wagt, der muß etwas Eigenes zu sagen haben.
Erst die klassiche „Iphigenie" von Gluck.
Das Geläute der Jesuitenkirche — es begrüßte gestern den
Erzbischof — ist sicherlich prächtig, aber mit der heidnischen
Iphigenie und der mauernden Zauberflöte harmonirt es nicht.
Die Griechin litt darunter und die Zauberflöte mußte warten —
so macht der Zufall oft seine kulturellen Witze. ^ .
Trotz der Beeinträchtigung erfreute man sich an dem flecken-
losen Marmorglanz, den die Iphigenie-Wiedergabe aufwies.
Wagners Schluß ist gewiß der beste, den Jemand finden
konnte, und doch ist er mit seinen chromatischen Anwandlungen
ein gothisches Thürmchen auf dem griechischen Tempel.
Nun die „Zauberflöte".
Weingartner läßt die Ouvertüre wahrhaft prächtig erstehen —
ihre Pracht besteht in ihrer ungetrübten Wahrheit. Er trägt kem
Geheimniß hinein und ergrübelt nichts. Er gibt das Ideal der
Klarheit und das Ideal eines straffen Rhythmus.
Schließlich die Romantik: die „Freischützouverture .
Schön ist sie ja immer geblieben, aber neu war stc gewiß nicht
mehr — gestern wurde sie neu. Das war wirklich eine Meister-
leistung. Wie die Themata hingelegt, herausgearbeitet werden,
das ist einfach entzückend.
Es läßt sich das nicht beschreiben, wie die Celli Barüon-
recitative vortragen, wie die Holzbläser die innigsten Cantilenen
anstimmen, wie der Klang der Hörner in Weichheit zerschmilzt.
An einer bösen Stelle haben diese auch bei Weingartner „gepatzt .
Gott sei Dank! Das Publikum wird dabei begreifen, daß das
an der Unvollkommenheit der Instrumente liegt.
Unvergleichlich ist es, wie der Dirigent den Schlußiubel vor-
bereitet und hervorbringt. Die Ait, wie er das einsetzende i
Holland und die Buren.
Die holländische Regierung veröffentlicht die ge-
heimen Depeschen, die sie im Frühling und im Sommer des
vorigen Jahres an den Präsidenten Krüger sandte, um
ihn zu warnen und zur Nachgiebigkeit zu ermahnen.
In einer Depesche vom 13. Mai 1899 sagt der hol-
ländische Minister des Auswärtigen: Als treuer Freund
rathe er ihm und im wahrhaften Interesse der Republik,
sich so versöhnlich als möglich zu zeigen, und
fügte hinzu, er wisse aus sicherer Quelle, daß die
deutsche Regierung diese Meinung durchaus theile.
Krüger antwortete, daß er stets versöhnlich gewesen sei
und den Krieg nicht wünsche, daß er aber die Unabhängig-
keit der Republik nicht hinopfern könne. Er könne nicht
dulden, daß Engländer Unterthanen der Königin von Eng-
land bleiben und trotzdem das Wahlrecht in der Republik
erhalten.
In der zweiten Depesche vom 4. August räth der
Minister des Aeußern dem Präsidenten im Interesse seines
Landes, den englischen Vorschlag der internationalen Kom-
mission nicht rundweg abzulehnen. Krüger ant-
wortet-', es handle sich nicht um eine internationale, sondern
um eine englisch-transvaalische Kommission. Er habe
England um nähere Mittheilung über die Bedeutung des
Vorschlags ersucht und werde denselben nicht endgiltig zu-
rückweisen.
Schließlich stellt der niederländische Minister in einer
Depesche vom 15. August fest, daß die deutsche Regie-
rung vollkommen die Meinung theile, den englischen Vor-
schlag nicht zurückzuweisen. Er bemerkt dazu, die deutsche
Regierung sei überzeugt, daß jeder Schritt in dieser An-
gelegenheit bei einer Großmacht ohne jedes Ergeb«
niß und für die Republik sehr gefährlich sein dürfte»
Krüger antwortete darauf, der englische Vorschlag wäre
eine direkte Einmischung Englands in die innere An-
gelegenheiten der Republik. Krüger erklärt dann, daß er
nicht die Absicht habe, an eine Großmacht zu
appelliren.
Leider haben die Buren auf die gutgemeinten War-
nungen Hollands nicht gehört. Wären sie die thatkräftigen
Kriegsmänner, für die man sie früher gehalten hat, dann
hätten sie den Tanz mit England wagen können. Aber
sie haben sich als, gelinde ausgedrücki, sehr lässig und ein
Theil ihrer Führer als beschränkt, wenn nicht gar als be-
stochen gezeigt. So sind sie denn um ihre Unabhängigkeit
gekommen. Wohl flackert gerade gegenwärtig das Feuer
des Widerstandes der Buren nochmals auf, aber auf eine
ernstliche Erschütterung der englischen Stellung in den
Burenländcrn ist nicht mehr zu rechnen.
Deutsches Reich.
— Nach der Kreuzztg. hat Fürst Hohenlohe Auf-
zeichnungen über sei» politisches Leben gemacht. Er be-
itze eine kostbare Sammlung von Korrespondenzen zur
Zeitgeschichte. Die Kreuzztg. räth dem Fürsten, sich ein
großes neues Verdienst durch Veröffentlichung wenigstens
eines Theiles dieser historisch gewordenen Materialien zu
erwerben. Man könne heute bereits mit Fug und Recht
agen, daß, was vor das Jahr 1890 falle, bereits Ge-
chichte geworden ist. Es sei längst erkannt worden, daß
posthume Veröffentlichungen, wie etwa die Denkwürdigkeiten
von Hardenberg, Metternich oder Talleyraud, durch die
ganz willkürliche Bestimmung, daß erst ein halbes Säculum
vor der Veröffentlichung htngehen müsse, unbeschreiblich an
Werth verlieren. In dem einen wie in dem andern Falle
Thema vor dem Losstürmen noch einmal retardirt, ist eine seiner
wenigen Capricen — eine geniale Caprice. Dann bricht wunder-
voll der Jubel des Schlußrondos hervor.
Auf die populären Ouvertüren eine der populärsten Sympho-
nien, wenn man von solchen reden kann, Beethovens Fünfte in
O-moll.
Im ersten Satz wurde uns Weingartner etwas fremder. Nicht,
daß er ihn nicht trefflich klar gegliedert, plastisch geformt geboten
hätte, aber hier meldete sich ein bischen Manier. Die erzwun»
genen langen Halte, die etwas gesuchten, scharfen, dynamischen
Eonlraste mußten befremden, man erkaltete ein wenig dabei.
Dafür taucht man unter in der Wonne der Andantes. Hier war
schlichte Größe!
Das Scherzo brachte schimmernde Klein- und Feinkunst. Es
will gehört werden, wie hier die Contrabässe im Verein mit den
andern Streichern ihren Wirbeltanz in schnellstem Tempo als
jugendsrische elastische Burschen ausführen. Die Abschattirungen
und Nuancirungen find hier wahrhaft verblüffend. Den Ueber-
gang zum Schlußsatz auf dem Orgelpunkt hat man wohl selten
so zu hören bekommen. Und wie dieser triumphtrende Schlußsatz
strahlt! Blendend, geradezu blendend! Nur etwas blendete gestern
zu sehr, die Trompeten. — es mag an meinem Platz gelegen
haben — die stachen so schrill durch, daß es mir noch in den
Ohren gellt. Immerhin — Sonnenflecken! Denn es war ein
Sonnenabend der Kunst, den uns Felix Weingartner brachte.
Felix — nomsn bleibt omsn. vr. 8,
Literart «et>es.
—Z „China, Schilderung von Land und Leuten, mit kurzer
Berücksichtigung der jüngsten Ereignisse und Deutschlands Handels-
interessen" ist ein Schriftchen von F. Seifarth-Heldelberg betitelt,
das in jetziger Zeit wohl aktuell genannt werden kann. Wenn
die Auffassung der militärischen und politischen Vorkommnisse der
letzten Zeit der unseligen auch nicht entspricht, so sei doch darauf
hingewiesen, daß der mit China Unbekannte das Schriftchen
zu seiner Belehrung und Orientirung sehr wohl wird in die Hand
nehmen können.