Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 228-254 (01. Oktober 1900 - 31. Oktober 1900)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0445

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erscheint täglich,
-onntags ausgenommen.
Preis
mit Familrenblättern
. .monatlich 50 Pf.
frei in's Haus gebracht.
Vurch j,ie Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25Mk.
Ausschließlich Zustellgebühr.
^rnsprech-Anschluß Nr. 82.


Jnsertions gebühr:
15 Pf. für die Ispalttge
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserat auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitima
und den Plakatsäule».

Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

252.

Minta-, deu 29. Oktober

I960.

Bestellungen
^Uf die Heidelberger Zeitung für die Monate November
Und December werden bei allen Postanstalten, den Brief-
Lagern, den Agenten, bei den Trägern in der Stadt, so-
in der Expedition, Untere Neckarftr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate Novem-
°er und December, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfg.,
^ Zustellgebühr Mk. 1.14.

Moltkefeiern.
i" Mannheim, 26. Oct. Heute, Freitag Abend, fand im
, -lllhaussaale eine Moltkefcier statt, die bei zahlreichem Be-
such glänzend veilief. Hr. ReichStagsabgeordneter Ernst Basser-
^ann feierte den Kaiser, dabei aussuhrend, daß man am einzel-
"fn Wort, dem rasch gesprochenen und rasch sich verflüchtigenden,
!"cht hängen bleiben, sondern die ganze machtvolle Persönlichkeit
«s Auge fassen solle, welche stets den rechten Weg zur Größe
zur Macht des deutschen Vaterlandes finden werde. Weiter
Nerte Redner den Großherzog. Die Festrede auf Moltke hielt
§krr Kaufmann Jakob Kuhn in vortrefflicher Weise, während
Mr Kommerzienrath Reis auf Heer und Marine toastete. Im
Schluß hieran wurde auf Anregung der Herren Kuhn und Reis
."N der Festvcrsammlung einmüthig unter stürmischem Jubel
"schlossen, ein Moltkedenkmal in unserer Stadt zu errichten und
-Um Vorsitzenden des vorbereitenden Komitss Herr Kommerziell-
em Reis ernannt. Von den weiteren Toasten heben wir noch
JMnigen des Herrn Obersten von Lasst vom hiesigen Greua-
Zkr-Regiment auf den Vorstand des nationalltberalen Vereins
Attvor. Das übrige Programm setzte sich aus Musik- und Ge-
mngzpjäxen, gemeinschaftlichen Liedern ec. zusammen,
b 6. Karlsruhe. 26. Oct. Die Moltkefcier im Fest«
?miesaal war von allen Schichten der Bevölkerung außerordentlich
Msteich besucht. An der Ehrentafel batten die Spitzen der
Ahörden, das Offizierkorps, die Professoren der Hochschule
Amtz genommen; die Gallerte schmückte ein reicher Damenflor.
Uch Prinz Karl, der gestern hierher zurückkehrte, war er-
Aenen und nahm zwischen den Ministern Buchenberger
Schenkel Platz. Geh. Rath Frhr. v. Marschall hielt
° Begrüßungsallsprache, die in ein Hoch ans Kaiser und Groß-
k'^og ausklang. Den van Redakteur Herzog verfaßten Prolog
Zachte die Großh. Hofschauspielerin Frau Höcker zum Vortrag.
rst2dann hielt Professor v. Oechelhäuser die Ge-
^Uchtnißredc. Sehr wirkungsvoll klangen die Festgedichte
,>?u Wildenbruch, Vierordt und Haas aus dem Munde des
^oßh. Hofschauspielers Mark. Einige Musikstücke der Böttge-
s?fv Kapelle, sowie prächtige Chöre der Liederhalle gaben der
buchten Feier einen harmonischen Abschluß.
„ Berlin, 26. Octbr. Bei dem gestrigen Festmahl des Ge-
gJdlstabs, anläßlich der hundertsten Wiederkehr des Geburtstages
^vltke's, hielt der Chef des Generalstabs der Armee, Graf
fjj.M l i essen, eine längere Festrede, in der er Moltke als Heer-
r feierte. Man bedauerte vielfach, führte Schlieffen aus,
Moltke keine Kriegslehre hinterlieb; es könne thatsächlich be-
^Uerlich erscheinen, daß ein Feldherr wie Moltke keine schriftliche
^ Meituiig zurückließ, wie man einen Feldzug schnell beende. Daß
solche Anleitung nicht Hinteilassen konnte, gehe aus der
j/"ärung der von ihm geübten Kunst der Kriegsfllhrung hervor.
Moltke gab. Die Strategie, sagte er, sei ein System der
^Ushilsen. Dieses Wort Moltke's sei ein Einspruch gegen
x/- die starre Regeln für die Kriegsführung ausstellen wollten;
. bringe Freiheit für Alle. Nunmehr bewies Graf Schlieffen
zu Zahlreichen Beispielen beider Feldzüge 1866 und 1870, wie oft
h.Mike den theoretischen Regeln der Kriegskunst entgegen
dy 'brlte, um den Sieg zu erringen. Auch daß Moltke besonders
di-M Glück begünstigt war, könne nur in dem Sinne zugegeben
br.fben, daß das Glück auf die Dauer nur dem Tüchtigen treu
Es- Biele Momente, besonders 1866 bewiesen, daß Moltke
Wegs immer Glück im landläufigen Sinne hatte. Die Er-
zeug seiner Erfolge liege darin, daß wer siegen wolle, die
kx.^gischen Grundsätze beherrschen und entscheiden müsse, welche
tz "putzen wolle und über welche er sich hinwegsetzen könne. Das
!,j^?achlen der strategischen Lehren allein verbürge den Sieg noch
^ an Napoleon I. zu sehen sei, dem Künstler der inneren
»Ist, an der inneren Linie zu Grunde ging. Es bleibe
^ Kunst der Kriegsführung, das, als was Moltke sie be-
kjMete, ein System der Aushilfen. Freilich hatte Moltke nicht
sondern viele Aushilfen. Jeder, herunter ihm focht, wußte,
Hi..-w richtigen Augenblick der richtige Entschluß gefaßt würde,
^f'er Entschluß war einfach. Aber hinter dieser Einfachheit, die

Ein Opfer.
Roman von B. Saworra.
Autorisirte Bearbeitung nach dem Englischen.
(Fortsetzung.)
wünsche Dein Urtheil zu hören, Bertha. Sage mir,
d Du djxsxm Rondo hältst ?"
>d^ie schrecklichsten Augenblicke in Bertha Mortlocks Leben
die, wenn sie ausgesordert wurde, eine Kritik über
ki^ ° Gatten Werke auszuüben. Sie mußte loben, wenn sie
dgz rocht sein allerhöchstes Mißfallen zuzieben wollte; aber
ipx^^ob mußte in sorgfältig gewählten Worten gespendet
Eldbn ., damit es ihn nicht etwa verletzte oder gar seinen
bv herausfordcrte.
"Zun. Bertha?"
, ">)ch finde es sehr hübsch, Robert.
iitz/'Zübsch!« rief er ungeduldig und warf das Blatt mit ver-
"cher Miene auf die Erde.
hgsi'i^» erscheint mir sehr bedeutend," verbesserte Bertha
lächelte höhnisch.
li?s1!>u bist in der Wahl Deiner Adjektive merkwürdig un>
Bertha- Ein „bedeutendes" Rondo! Wer hat je-
etwas gehört? Ein Rondo muß leicht wie die Luft,
kh ftch. zart wie ein Hauch sein; wenn cs das nicht ist, hat
wen Werth. Natürlich, — ich bin kein Dichter!"
llefiel es sehr gut. Du weißt ja, mein Urtheil ist
^ w ^Ah!" sagte Bertha schnell, — ohne in ihrem Eifer
^ sie wieder eine unglückliche Aeußcrung
üestel Dir sehr gut, aber Dein Urtheil ist nichts
, L-' ^hr tröstlich für mich!"
ftstsdi Zuckte leicht mit den Schultern und wandte sich tief
ab. Er ergriff einen Band von Rosetti und machte

sich auch im äußern Auftreten Moltke's knndgab, brannte das
Feuer einer Feldherrnseele, die nach rücksichtsloser Besiegung des
Feinde« drängt.
— Berlin, 26. Oct. Der Verein deutscher Stuben«
ten beging gestern in der „Philharmonie" die Hundertjahr.
feierGrafMoltkes, an dev eine glänzende Gesellschaft,
Vertreter der Behörden, der Kirche, des Staates, der Kunst und
Wissenschaft und höhere Offiziere theilnahmen. Von Moltke«
Familie waren Generalmajor v. Moltke und Regierungspräsident
v. Moltke anwesend. Die Bundesvereine haben Abordnungen
entsandt. Der prächtig geschmückte Saal war mit 18 langen
Tafeln gefüllt, die dicht besetzt waren. Auf den Galerieen saßen
Hunderte von Damen in Festkleidung. Den Kaiserspruch brachte
cand. jur. Ohm aus; die Festrede hielt Generalmajor ».Zeppe-
lin, der Moltke als Vorbild der Jugend feierte, worauf Felix
Dahn Moltke in kraftvoller Dichtung pries. Der Rektor der
Universität, Professor Dr. Harnack, besprach das Zeitalter Wil-
helms I. und erinnerte an das Zusammenwirken Moltkes, Bis-
marcks und Roons. Nachdem Generalmajor v. Moltke Namens
der Familie und der Armee gedankt» schloß die offizielle Feier.

Deutsches Reich.
— Die Polit. Corr. meldet aus Paris als sicher, daß
Frankreich und Rußland auf Grund eines Meinungs-
austausches zwischen beiden Regierungen dem deutsch-
englischen Vertrage beitreten werden; vermuth-
lich freilich unter gewissen Bedingungen oder Vorbehalten.
Das bisherige Zögern beider Mächte hat seinen Grund
in der Formschwierigkeit, die daraus entsprungen, daß der
Vertrag zwischen Deutschland und England bereits voll,
zogen war, sowie in den erforderlichen Aufklärungen da-
rüber, daß der Artikel 3 keine Spitze weder gegen Ruß-
land noch eine andere Macht habe.
— Gegenüber der Behauptung der Germania, daß
Fürst Hohenlohe, als er zurücktrat, die Aufhebung
des Jesuitengesetzes vorbereitet hatte, so daß Graf
Bülow nur die Konsequenzen daraus zu ziehen habe, be-
stätigen die Berliner Neuesten Nachrichten eine Information
der National-Zeitung, wonach Fürst Hohenlohe bis zuletzt
allen Anregungen zur Aufhebung des Jesuitengesetzes gegen-
über sich ablehnend verhielt, und fügt hinzu, daß er
sich hierin in vollster Uebereinstimmung mit dem Kaiser
befand. Man kann dem noch yinzufügen, daß Fürst
Hohenlohe über die Jesuiten so umfassend und intim unter-
richtet war, wie wohl kaum ein anderer Laie und selbst
wenige Geistliche. Sein Bruder, der Kardinal, war ein
entschiedener Gegner der Jesuiten, und diesem Kirchen-
fürsten verdankte der Reichskanzler seine genauere Einsicht.
Ueberhaupt muß man nicht glauben, daß die Jesuiten in
der katholischen Welt nur Freunde hätten. Es gibt unter
den Kardinälen nicht wenige Gegner der Jesuiten, wie
auch manche andere Orden den Jesuiten entschieden feindlich
gesinnt sind.
— Vielfach wird gemeldet, daß der neue Zolltarif den
wirthschaitlichen Ausschuß mit einer Maximal- und
Minimal-Rubrik verlassen habe, daß also die Idee
des Doppeltarifs zum Siege gelangt sei. Demgegenüber
kann die Köln. Ztg. auf Grund sorgfältiger Erkundigung
feststellen, daß der wirthschaftliche Ausschuß sich eines Be-
schlusses zu Gunsten der Aufstellung eines Doppeltarifs
überhaupt enthalten hat. Die Vorzüge und Nachtheile
einer solchen grundsätzlichen Neuerung sind allerdings bei
den letzten Beralhungen im wirthschaftlichen Ausschuß ein-
gehender erörtert worden; man hat es aber mit Absicht
unterlassen, über diese Frage, die zunächst der Entscheidung
des Reichskanzlers unterliegt, einen förmlichen Beschluß
herbelzuführcn.
— Mit seinem Bedarf an Seekarten ist Deutsch-
land ganz auf das Ausland, namentlich auf England,
angewiesen, ein sehr bedenklicher Zustand; ist es doch vor-
es sich auf einer Chaiselongue am andern Ende des Zimmers
bequem.
Einige Minuten später ging Bertha zu ihm und legte fast
schüchtern eine Hand ans seine Schulter. Erlas ruhig weiter:
keine Miene in seinem blassen feingeschnittenen Gesicht zeigte,
daß er ihr Nahen bemerkte.
„Robert, ich habe Dir wehe gethan," sagte sie endlich leise.
„Mir wehe gethan, Bertha, ich weiß nichts davon."
„Ich wünschte, Du hättest eine klügere Frau."
Er schloß langsam sein Buch und legte es sehr langsam
ans den kleinen Tisch, der neben ihm stand.
„Das wünsche ich auch zuweilen," gab er in dem ruhigsten
Tone zu, lehnte sich gemächlich zurück und blickte unbewegt in
das tief erregte Antlitz seiner Frau.
Sie trat einen Schritt zurück; sie schaute ihn unbeschreib-
lich traurig an, dann kniete sie neben ihm nieder.
„Aber Du liebst mich doch, Robert, trotzdem ich so thöricht
bin?" flehte sie.
„Zuweilen," antwortete er; sein unergründliches Lächeln
konnte ebensogut Zärtlichkeit wie Verachtung bedeuten.
„Nein, nein, Robert — Du mußt mich immer lieben, immer.!
Sage es mir doch — nur einmal!"
. „Ich liebe Dich, Bertha, wenn Du mich nicht quälst."
„Quäle ich Dich jetzt?"
„Ja -- etwas. Aber Du bereitest mir auch Vergnügen.
Dein Gewand ist von herrlicher Wirkung, es ist ein Erfolg,
Bertha — ich dachte, daß es so sein würde. Wende Deinen
Kops etwas! -Nein! Nicht zu mir. von mir fort! Ick denke,
ich werde Dich in diesem Kleide malen. Nein, behalte diese
Stellung; ich will Dein Profil sehen. Dein Profil ist wirklich
sehr hübsch; ich glaube, ich warb um Dich, weil ich mich einst
darin verliebte. Du Haft einen so schön geformten HalS. und
das Kleid ist genügend tief ausgeschnitten, um ihn zu zeigen.
Ja — ich denke, Du sollst mir einmal so sitzen — so gekleidet,
wie Du beute bist."
Sie lächelte so glücklich, als wenn er ihr die innigsten
Liebcsworte gesagt hätte.

gekommen, daß deutsche Bestellungen auf Karten monate-
lang nicht ausgeführt wurden, weil di- englische Regierung
zuerst bedient werden mußte. Die Beschaffung eigener
Seekarten für Deutschland sollte ohne Verzug in Angriff
genommen bezw. es sollte eine entsprechende Summe schon
im nächsten Reichsetat eingestellt werden.
— Der Kaiser beauftragte bei der Enthüllung der
beiden neuen Denkmäler in der Siegesallee in Berlin Professor
Begas, ein Marmorstandbild des Monarchen zu schaffen;
dieses Denkmal Kaiser Wilhelms II. ist für die neue
Ruhmeshalle in Barmen als Geschenk bestimmt.
— Das amtliche Wahlresultat der Re ich s ta gsstich-
wahl am 23. d. im 1. Kasseler Wahlkreise ist solgcndes:
Rudolf Vogel, praktischer Arzt in Oberweiler, Antisemit,
5003 von 8420 giltigen Stimmen, Bürgermeister Lippol-
des-Weibcck, konservativ, 3417 Stimmen. Ersterer ist
gewählt.
— Aus Berlin, 27. Oktbr., wird gemeldet: Die
Staatsminister und Staatssekretäre entsprachen heute Abend
einer Einladung zur Tafel bei dem Fürsten H ohenlohe.
Im Verlaufe der Tafel sprach Hohenlohe in bewegten
Worten seinen Dank aus für die ihm während seiner Amts-
zeit in den letzten 5 Jahren zu Theil gewordene treue Mit-
arbeiterschaft, seine Wünsche für die Zukunft deS Vater-
landes und schloß mit einem Hoch auf den Kaiser. Der
Reichskanzler Bülow sprach im Namen der Anwesenden
sein Bedauern aus über das Scheiden des Fürsten, drückte
seine aufrichtige tiefempfundene Verehrung für ihn aus und
pries in schwungvollen Worten seine patriotischen Verdienste
während seiner langen Dienstzeit, indem er an die Epoche
vor der Reichsgründung anknüpfte, wo Hohenlohe die le-
bende Mainbrücke genannt wurde. Der Abend verlief in
angeregtem politischem Gespräche.
— Der dem Bundesrath zugegangene Etat für
Kiau tschau balancirt mit 11050000 Mk. Der Reichs-
zuschuß beträgt 10050 000 Mk. Die fortdauernden Aus-
gaben betragen 4 383 391 Mk. Das Extraordinarium
weist für Hafen- und Tiesbauten einschließlich Landerwerb
3 885 000 Mk., für Hochbauten 1590000 Mk., für die
Belheiligung und Beschaffung von Wohn- und Arbeiter-
Häusern 200 000 Mk. auf.
— Ueber die Ausreise der Truppen-Transport-
dampfer nach China liegen folgende letzte Meldungen vor:
Köln (N.D. Lloyd) 24. Oct. von Tsingtau.
Aachen (N.D. Lloyd) 24. Oct. von Taku.'
Phönicia (Hamb.A.L.) 23. Oct. in Taku.
Arcadia (Hamb.A.L.) 2S. Oct. von Shanghai.
Crefeld (N.D. Lloyd) 24. Oct. von Shanghai.
Roland (N.D. Lloyd) 24. Oct. in Shanghai.
Baden. Baden-Baden, 27. Okt. Schloßhaupt-
mann Frhr. v. Berckheim, der bisher an Stelle des be-
urlaubten Grafen Andlaw die Dienste eines Hof- und
Hausmarschalls versah, wurde in denGraf enst and ver-
setzt. Oberhofmarschall Graf Andlaw hat gestern den
Dienst wieder übernommen.
sDas Bsrckheimsche Geschlecht ist elsä ssischcr llradel
der schwäbischen Reichsritterschaft der Cantone Neckar-
Schwarzwald und Ortenau. Dcr Großvater des jetzigen
Grafen Berckheim ist 1832 als französischer Oberst ge-
storben. Des letzteren ältester Sohn Christian, geboren
1817 zu Colmar, Grundherr von Allmannsweier und Herr
des Stammgutes in Weinhcim, starb 1889 als badischer
Kammerherr und Wirklicher Geheimer Rath. Aus seiner
Ehe mit der noch lebenden Freiin Jda Waldner v. Frennd-
stetn ist der jetzige Graf Sigismund v. Berckheim entsprossen,
geboren den 23. März 1851, badischer Oberschloßhaupt-
mann und Kammerherr, preußischer Major z. D. zu Wein-
Heim- AusdeffenEhemitd^FreiinAdMn
„Du mußt mich aber bald malen, Rodert," sagte sie er'
rächend: „ich werde alt, Du wirst mich nicht mehr lange
hübsch finden."
Er widersprach nicht. Sie setzte sich auf einen kleinen
Schemel neben ihn.
„Ich war heute in^Chelsea, Robert."
„Hast Du meine Schwester gesprochen?"
„Nur Agnes. Sie möchte den kleinen Harry gern wieder
für einige Tage zu sich nehmen, wenn wir nichts dagegen
haben."
(Fortsetzung folgt.)

Stadt-Theater.
O Heidelberg, 29. October.
„Der Tugendhof". Lustspiel in 4 Akten von Richard
Skowronnek.
Vor zwei Jahren sahen wir Drehers Schwank „Großmama".
Es war eine amüsante Charakterstudie. In dasselbe Milieu
führt Skowronneks Lustspiel „Tugendhof".
Um Wietingsbeek im Mecklenburgischen führt Baron Joachim
von Hollcnbeek mit seiner Nichte Anne Marie einen Erbschafts-
prozeß, der in erster Instanz zu seinen, in zweiter zu ihren
Gunsten entschieden ist. Endlich loost man nach allem Brauch;
die Dame gewinnt und ist somit Herrin auf dem Gut. Sie
bietet dem Baron und seinem erwachsenen söhne eine Entschädi-
gungssumme, die der junge Baron, ein Cavallericoffizier, ent-
schieden zurückweist. Er will den Reiterrock lieber ausziehen und
ohne Zulage aus der Tasche seines nunmehr mittellosen Vaters
als Infanterist weiter dienen, als von Gnaden der Kousine leben.
Der ältere Hollenbeek ist nicht so feinfühlig. Er bleibt als
harmloser, sectfroher Schmarotzer auf dem Rittergut, das seine
Vorfahren so lange mit Ansehen in fröhlichem Besitz hatten. Mit
der Fröhlichkeit hat es allerdings bald ein Ende. Aus dem
Edelhos wird der „Tugendhof". Denn die Pflegerin der ver-
waisten Anne Marie, Gabriele Huchtmann, eine sächsische alte
Jungfer, die für alles Englische schwärmt, ein weiblicher Tartüffe
 
Annotationen