Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

DOI chapter:
Nr. 203-227 (01. September 1900 - 29. September 1900)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0271

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Erscheint täglich,
«onntags ausgenommen.

^ ^Prei»
mit Familienblättern
, monatlich SO Pf.
^Haus gebracht,
^urch ^e Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25 Mk.
^usichließsich Zustellgebühr.

^nsprech-Auschluß Nr. 82.



JnsertionSgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat«
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82

215. Wks KIM. Smsks. dt» 15. Z'tptcnilm

19V«.

Die Vorgänge in China.
Ein Pekinger Beamter hat in einer chinesischen
Leitung sein Tagebuch veröffentlicht. Diese Publikation
"tätigt, daß die Angriffe auf die Gesandtschaften auf Be
sfbl der chinesischen Regierung erfolgten. Der Mann er-
zählt: „Am 14. Juni Abends kam es zu großen Zu-
nimenrottungen auf der Hata>men-Straße und der
der österreichisch-ungarischen Gesandtschaft vorbeiführen-
A" Sir Robert Hart-Straße. Die Boxer, unterstützt
hauptstädtischem Gesindel, machten ein wüstes Geschrei
^ tief in die Nacht. Von der österreichisch-ungarischen
Gesandtschaft wurde auf die Aufrührer geschossen, von de-
^n einige fielen. Die Boxer wurden durch ihre Verluste
etwaZ entmuthigt; sie glaubten noch nicht genügend ge-
und nicht stark genug zu sein, und beschlossen, den
Z"ZUg erfahrener Leute abzuwarten. Am 16. Juni wur-
nun verschiedene chinesische Läden außerhalb
°s Chienmen-Thorcs in der Chinescnstadt in Brand
AMckt. Am 19. Juni wurde der deutsche Gesandte er-
erbet. Hierdurch kam es zum vollständigen Bruch mit
A fremden Mächten. Die Regierung glaubte, daß nun
^chts mehr zu retten sei, und beschloß, die Kansu-
^uppen zum Angriff auf die Gesandtschaften
.orzu schicken. Am 20. Juni, 4 Uhr Nachmittags, cr-
sinclen die Kansutruppcn von der Sir Robertstraße und
Chang-a-Ehrenportikus aus mit Gewehr- und Geschütz-
Kampf gegen das österreichische Detachement.
^ Kampf dauerte die ganze Nacht hindurch. Am 21.
^unj bemerkte Schreiber, wie Soldaten der Kansutruppen,
jAl den Dachfirsten der Nachbarhäuser sitzend, auf die
„^reichisch-ungarische Gesandtschaft schossen. Zwischen 1
z?" 3 Uhr Nachmittags stürmten und zerstörten die
j "greiser diese Gesandtschaft und steckten sie darauf
^ Brand.« Bekanntlich hat auch der Mörder v. Kettelers
"gestanden, daß er auf höheren Befehl gehandelt habe.
^ Unter solchen Umständen muß doch das Streben aller
'achte darauf gerichtet sein, Genugthuung für solchen un-
y ""rten Frevel von der chinesischen Regierung zu erlangen,
b " dann Bürgschaften dafür, daß dergleichen nicht wieder
fromme. Statt dessen macht Rußland den Vorschlag,
"'"8 oufzugeben!
Reuerdings schreibt sogar das Journal des Debats
H^der (obgleich Frankreich sich auch in dieser Sache an
b "Kland hängt), es frage sich, ob selbst die Mächte, die
w Räumung Pekings günstig sind, nicht gut thäten, im
s Zündsatz darauf zu verzichten oder wenigstens einen gün-
eri!k" Zeitpunkt dafür abzuwarten. Die Räumung Pekings
scheine um so weniger opportun, als sie die chinesische
h gierung nicht als eine Bedingung für die Eröffnung
^ Friedensverhandlungen aufstellte, und als auch in der
scj?E"b von Paotingfu wieder Unruhen ausgebrochen
t "' Was Rußland und Frankreich im Besonderen be«
märe es diesen Mächten um so leichter, aus die
^ fertigen Räumung zu verzichten, als es rein
smAoglich wäre, diese Verzichtleistung als eine diplomatische
"erläge unfzufassen. ,
^ht nun so aus, als wenn Rußland in Bezug
r Räumung sich auf die diplomatische Räumung
beschränken, von seinem Militär aber eine aus-
h^nde Abthcilung in Peking lassen wird. So berichtet
l>x.-" "er Times aus Peking vom 4. ds.: Rußland hat
ossen, seine Gesandtschaft von Peking zurückzuziehen
zy "ur ein rein militärisches Kommando dort
sich s>eri- Man erwartet, daß diese Nachricht heute amt-
sch^A'tgctheilt werde. Die übrigen Mächte werden wahr-
^^ttchebenfalls ihre Gesandtschaften zurückberusen, und t

so wird Peking unter der militärischen Aufsicht der ver-
bündeten Mächte während des Winters bleiben.
Auffallend ist, daß man Deutschland immer noch zu-
traut, es wolle in China Landerwcrbungen machen. So
wird der Times aus Peking gemeldet: In den besiunter-
richteten Kreisen gibt man der Meinung Ausdruck, daß
Rußland und Deutsch land im Einvernehmen handeln.
Rußland suche alle im Norden der großen Mauer gelegenen
Gebiete zu erhalten, Deutschland die Provinzen Schantung,
Kuangst und den Jangtse. Daß diese bestunterrichteten
Kreise, soweit Deutschland in Betracht kommt, auf dem
Holzweg sind, darf deutschen Lesern gegenüber nicht beson-
ders betont werden. Aber dem Ausland kann nicht oft
genug gesagt werden, daß Deutschland solche Absichten nicht
verfolgt. So bringt die Köln. Ztg. auS Berlin vom 12. d.
eine Auslassung, in der ausgeführt wird: Es ist schon
wiederholt versucht worden, Deutschland ehrgeizige und
selbstsüchtige Pläne im Jangtsethale untcrzuschieben. Des-
halb ist es vielleicht nicht unnütz, noch einmal zu erwähnen,
daß Deutschland in diesem international hochwichtigen Ge-
biete keine Sonderinteressen verfolgt und daß es
sich hier vollkommen eins weiß mit den Mächten, welche,
wie in Bezug auf das übrige China, so auch im Jangtse-
thal die Politik der offenen Thür als die erste
R icht sch nur hingestellt haben. Wenn an der Jangtse-
mündung eine größere Ansammlung deutscher Kriegsschiffe
stattgefunden hat und Deutschland, dem Beispiele anderer
Mächte folgend, eine Kompagnie des 1. ostasiatischen In-
fanterieregiments in Shanghai gelandet hat, so ist diese
Maßregel vollauf gerechtfertigt durch die ernsten Besorgnisse,
die von Angehörigen aller Nationen in Shanghai geäußert
worden sind. Das Vorhandensein bedeutender deutscher
wirthschaftlicher Interessen am mittleren Laufe des Jangtse
und die Nothwendigkeit, unseren dortigen Angehörigen
Schutz zu gewähren, erklärt auch die Sendung zweier kleiner
Kriegsfahrzeuge nach Hangkau.
Nach der Times thcilte bei der letzten Zusammenkunft
der Befehlshaber der internationalen Truppen in Peking
am 4. d. der russische General mit, die Zahl der während
des Winters in China bleibenden russischen Truppen
werde 15 000 betragen; der deutsche Befehlshaber erklärte,
die Zahl der deutschen Truppen werde die gleiche sein.
Der japanische General sagte, Japan beabsichtige, 22 000
Mann zurückznbehalten. Der englische Commandeur konnte
keine Erklärung abgeben. Ob diese Zahlenangaben richtig
sind, muß dahingestellt bleiben. Für Deutschland stimmen
sie nicht ganz.
Ucber Taku vom 12. ds. Abends wird gemeldet: Die
Russen beginnen mit der Räumung ihrer Pekinger Gesandt-
schaft und fangen an, den Abzug ihrer Truppen vor-
zubereiten unter Hervorhebung der Schwierigkeiten der
Verpflegung im Winter. (Daß nicht alle russischen Truppen
Peking verlassen, ist nach dem oben Ausgeführten sehr
wahrscheinlich.)
Unterm 14. ds. wird über Taku gemeldet: Bald nach
der Einnahme von Peking zogen sich die in Peking und
in der Nähe befindlichen chinesischen kaiserlichen Truppen
zurück. Die Boxer blieben aber rings um Tientsin. Die
Einwohner von Tschmghais südlich von Tientsin baten
um die vorläufige Verwaltung und um 1000 Mann
japanischer Truppen zur Unterdrückung ver Boxer. Darauf
verließen am 8. ds. die Vere-nigten in Stärke von 3000
Mann Tientsin, um gegen die Boxer vorzugehen. ES wird
berichtet, daß der Kaiser Paotingfu zu seiner vor-
läufigen Residenz gemacht habe. Der Hof ist aber-bereit,
nach Schaust zu flüchten, wenn dies durch die Umstände
nöthig werden sollte.

Li-Hung-Tschang telegraphirte an den chinesischen
Gesandten in Washington, Wuting-Fang, daß er am
14. ds. Shanghai zu verlassen gedenke, um sich nach dem
Norden zu begeben; dies wird durch ein Telegramm des
amerikanischen Konsuls Goodnow, das am 13. ds. im
Staatsdepartement in Washington einlief, bestätigt.

Deutsches Reich
— In Peking ist Hauptmann Frhr. v. Rheinbaben,
Chef der 3. Kompagnie des 1. Seebataillons, gestorben.
Der Verstorbene war eine imposante Erscheinung, ein äu-
ßerst pflichttreuer Offizier und ein gütiger Vorgesetzter. Er
besaß ein großes Wissen und wirkte gleichzeitig als Lehrer
an der Marineschule, v. Rheinbaben gehörte der Armee
seit dem 15. April 1876 an und wurde 1893 zum Haupt-
mann befördert. Er war der Zweitälteste Kompagniechef
der Marineinfanterie. Vor seinem Uebertritt zum 1. See-
bataillon stand er bei dem Infanterieregiment Herzog von
Holstein Nr. 85. Nur reichlich 14 Tage hat er in Pe-
king geweilt. Der Verstorbene war verheirathet.
— Corvettencapitän Lans schreibt in einem Briefe
aus Jokohama vom 14. August: Es geht mir recht
gut und die zuerst recht schwere Verletzung befindet sich
im Zustande schneller Heilung. Wenn es auch noch lauge
dauert, bis ich wieder vollständig hergestellt bin, so hoffe
ich doch, Weihnachten zu Hause zu fein.
— Der große Buchbinderstreik, von dem die
Gewerbe in Berlin, Leipzig, Stuttgart ergriffen sind, hat,
wie sich jetzt hcrausstellt, seinen Grund in Forderungen
der Arbeitnehmer, die weniger auf dem Lohn- als auf
sozialem Gebiet liegen. Wenigstens ist die verlangte
Lohnerhöhung (von 21 auf 22.05 M. die Woche) keine
solche, daß sie einen Kampf gerechtfertigt hätte. Größeren
Werth legen die Streikenden dem Anschein nach auf die
Forderung nach Zurückdrängung der weiblichen Hilfs-
kräfte, in deren Beschäftigung sie eine schwere Konkurrenz
erblicken, währen die Arbeitgeber, die sich zu einem „Ver-
bände deutscher Buchbindereibesitzer" zusammengeschlossen
haben, sich nicht vorschreibeu lassen wollen, wen sie zu
beschäftigen haben und wen nicht. Unleugbar können sie
darauf Hinweisen, daß die Streikenden die so oft gepredigte
„Gleichstellung der Frau" praktisch ganz anders auffassen,
als in der Theorie. So stehen sich beide Parteien un-
nachgiebig gegenüber und es wird, ganz wie bei den
Hamburger Werftarbeitern, darauf ankommen, wer am
längsten aushält. Die Zeche aber zahlt das Gesammt-
gewerbe, dem infolge des — allein in Leipzig etwa 2700
Personen umfassenden — Streiks natürlich große Verluste
aus den unerledigten Arbeiten erwachsen.
Stettin, 14. Sept. Das Manöver schloß heute
nach 11 Uhr. Um 3" Uhr begab sich der Kaiser auf
den „Sleipnir". um nach Swinemünde zu fahren.
Baden. Mit unverhohlener Freude verzeichnet der
Volksfreund alle Anzeichen einer nahenden industriel-
len Krisis. Er meint: „Der Vergnügungs'Vereins-
meierei der Arbeiter werden durch eine Krisis wieder
Schranken gezogen, dagegen werden sich die Arbeiter wieder
mehr für die Nothwendigkeit der gewerkschaftlichen Organi-
ätiou interessiren. Wenn die Arbeiter zu richtiger Zeit
dies alles einsehen und begreifen wollten, so könnten viel
Nolh und Sorge in ihren Kreisen verhütet werden." Der
Karlsruher Korrespondent des Schwäbischen Merkur be-
merkt dazu: Daß dies richtig sei, wagen wir zu be-
zweifeln. Die Krisis hat Ursachen, die weitab von
der gewerkschaftlichen Organisation liegen, und es beruht
auf einer verhängnißvollen Ueberschätzung der Macht der

d>>

^schämte und unverschämte Armuth.
Bilder aus dem Leben von Arthur Zapp.
4)
(Schluß.)
ich in der Mittagspause den Heimweg antrat, ent-
b>>d v"ck> Plötzlich, einen kleinen Abstecher zu machen
dem jungen Kollegen mit vorzusprechen. Ein Vor-
"Üch leicht zu finden, und ich würde ja sehen, wie ich
. Di""* gegenüber zu verhalten batte.
erste Ueberraschung war, daß er, wie ich von dem
«Us- I ^fuhr, garnicht an der Straße, sondern im Hinter-
^eib »«""te ^ vier Treppen hoch. Ein ordinär aussehendes
"ds u,"fi"ete, das nicht viel Federlesens mit mir machte und
?»ikr ^"e Frage nach dem jungen Schriftsteller stumm nach
°^tetx * drei in de» Korridor mündenden Stubenthüren
klopfte an; im Zimmer drinnen entstand ein Ge-
wahrscheinlich das für mich bestimmte „Herein"
^ke,, A Ich öffnete und blieb starr unweit der Schwelle
Lasji» ; Zimmer war ärmlich, sehr ärmlich ausgestatlet.
i ini^"o^ ^kte ie" >m ersten Moment kein Auge, ich sah
? Kiss out den jungen Kollegen, der, den halben Körper
ujstn vergraben in seinem Bett saß und eben noch in
r'"in auf dem Tisch liegenden Manuskript geschrieben
ffs,xs 'Ä'chtk. Jetzt freilich saß er da, starr unbeweglich,
Metz srrtchrecken und peinlichste Scham in den Mienen
Wollenen, mageren Gesichts, das sich mit einer
Aiöthe bedeckt hatte. Den Federhalter hielt er
!>" schuft zwischen seinen Fingern.
fl.oimmer war es eiskalt, der Ofen ungeheizt trotz der
ff'gte, Ad Kälte, die das Thermometer an diesem Tage
d?" 'es .. Situation war so sprechend und so überzeugend,
"terftp Awer weiteren Erklärung bedurfte. Nur die
Roth konnte den jungen Mann veranlaßt haben,

den Tag über im Bett zu verharren, um unter der Kälte
nicht allzu sehr zu leiden und sich das Arbeiten zu ermög-
lichen.
Ich machte mich endlich von meiner Erstarrung los und
trat an den Tisch heran. Erst jetzt bemerkte ich, daß hier
ein dickes Stück Brod lag, auf dessen Oberfläche ein nur
ganz leiser Hauch von Butter zu sehen war. Es war ein
Uhr Nachmittags. Kein Zweifel, das Butterbrot» bildete das
Mittagsmahl des Armen.
„Um Gotteswillen," stieß ich tief erschüttert hervor,
„warum haben Sie mir denn nicht gesagt, daß Sie sich in so
großer Noth befinden?"
Der junge Kollege antwortete nicht. Die düsteren Augen
hefteten sich starr auf die Tischplatte; sein schmalwangiges
Gesicht wechselte mehrmals hintereinander die Farbe.
Ich deutete auf das Butterbrod.
„Seit wann leben Sie denn von Brod und Butter?"
Die Lippen des jungen Mannes zuckten: „Seit vier
Wochen."
„Wie? Seit einem vollen Monat essen Sie nichts als
Brod? Kein Fleisch, keine stärkende Nahrung — nichts !
als Brod?"
Der Kollege zuckte stumm mit den Achseln.
„Aber wie ist denn das nur möglich?" fuhr ich fort.
„Haben Sie denn Niemand, der Ihnen nahesteht?"
„In Berlin Niemand."
„Aber haben sie denn keine Eltern mehr?"
„Mein Vater ist todt, meine Mutter ist eine arme Wittwe,
die selbst kaum das Leben hat."
Ich betrachtete den sonderbaren Menschen kopfschüttelnd.
„Aber warum haben Sie mir denn kein Wort gesagt?"
DaS Honorar für Ihre Arbeit hätte Ihnen ja sofort zur
Verfügung gestanden."
Der Kollege zucfte wiederum mit den Achseln und
entgegnete nichts. Er hatte lieber still wie ein Held gelitten,
als daß er einem Fremden seine bittere Armuth kundge- >
geben hätte- i

„Wie sind Sie denn in diese schreckliche Noth gerathen?"
fragte ich weiter und setzte mich auf den einzigen Stuhl, den
ich im Zimmer erblickte. Er zauderte noch eine Weile. Ich
sah an seinen vibrirenden Mienen, daß er einen inneren
Kampf kämpfte. Endlich schien sein Widerstand gebrochen,
und er offenbarte sich. Er sei von seinen Eltern zum Volks-
schullehrer bestimmt gewesen. Der frühe Tod seines Vaters
habe ihn jedoch veranlaßt, das Seminar zu verlassen und
bei einem Dekorationsmaler in die Lehre zu gehen. Das
Arbeiten in den Neubauten habe seine Gesundheit erschüttert.
Zudem habe ihn seine Lhätigkeit angewidert. Von Kindheit
an Ihabe seine stille Liebe der Literatur gehört, und er
selbst habe frühzeitig dichterische Versuche gemacht. Er habe
ja auch ab und zu eine Erzählung in dem einen und anderen
Blatt veröffentlichen können, die Einnahmen aber seien
zu unregelmäßig und spärlich gewesen, als daß er die Noth
immer von sich fern hätte halten können. Seit anderthalb
Jahren übe er die größte Sparsamkeit, um dem Hunger nicht
ganz und gar erliegen zu müssen.
Selbstverständlich that ich, was ich zu thun imstande war.
Einen kleinen Geldbetrag ließ ich sogleich bei dem jungen
Manne zurück, und der Rest seines Honorars wurde noch
an demselben Tage an ihn abgeschickt. Der junge Kollege
wurde ein fleißiger Mitarbeiter unseres Blattes, und die
Lücke in seiner Bildung bemühte er sich durch eifriges Selbst-
studium auszufüllen, auch sein Talent konnte sich unter den
glücklichen äußeren Verhältnissen voll entfallten. Heute bat
der Kollege als Romainchriftsteller und Mitarbeiter vieler
Zeitschriften und Zeitungen sine gesicherte Existenz und ist
glücklicher Gatte und Vater- Und wenn er diese Zeilen liest,
bebt wohl ein freies Ausathmen seine Brust und mit einem
Lächeln der Rührung, denkt er der übersiandenen harten
Zeiten bitterster Noth . . .
 
Annotationen