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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

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Nr. 255-280 (01. November 1900 - 30. November 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0477

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Xr.259. Alles Matt.

Diensiss, den k. Usneinder

I960.

Zwei sensationelle Prozesse.
Einen großen Raum in den norddeutschen Blättern
"ehmcn die Berichte über den Konitzer Meineids-
Prozeß und den Prozeß Sternberg in Berlin ein.
3n beiden Prozessen ziehen sich die Verhandlungen und
damit auch die Berichte lange hin. Was den Meineids-
prozeß, der vor dem Schwurgericht in Könitz verhandelt
N>ird, anbetrifft, so hängt derselbe mit der noch immer un-
aufgeklärten Ermordung des Gymnasiasten Winter zusam-
men. Der jetzt angeklagte Maslow hat in der wegen des
Mordes an Ernst Winker geführten Untersuchung unter
hinein Eide bekundet, er habe in der Nacht nach der Er-
mordung Winters den Schlächtermeister Adolf Lewy, dessen
^testen Sohn Moritz Lewy, sowie verschiedene unbekannte
Personen in Lewys Keller in verdächtiger Weise hantiren
leben und später beobachtet, wie diese Personen ein schwe-
^s Packet zum Mönchssee trugen, in dem später einzelne
Aichentheile des ermordeten Winter aufgefunden wurden,
weiter will der Angeklagte in dem Keller ein Wimmern
Und Stöhnen gehört haben, als ob jemand gewürgt würde.
Ähnliche die Familie Lewy belastende Wahrnehmungen
sollen die Mitangeklagten Frauen gemacht haben. Da sich
Maslow sowohl wie die Frauen bei ihren eidlichen Aus-
Müen in unlösbare Widersprüche verwickelten, wurden sie
cm Schwurgericht überwiesen.
. Das Gericht gewährt bei den Verhandlungen den wei-
tsten Spielraum, um Licht in das Dunkel dieses Falles
^u bringen. In den Berichten tritt zu Tage, daß selbst
Mehrzahl der Geschworenen an einen Rstualmord glau-
M möchte. Beweise dafür hat die Verhandlung bis jetzt
U'cht ergeben.
, Was den Prozeß Sternberg in Berlin anbetrifft,
I? 5- 3- der Bankier Sternberg vom Landgericht wegen
, Sittlichkeiten, die er sich gegen Kinder unter 1t Jahren
^u,be zu Schulden lassen, verurtheilt worden. Auf Einzel-
eilen dieses Prozesses kann hier natürlich nicht eingegangen
erden; es war, so viel in der Oeffentlichkeit bekannt
Uede, ein trübes Bild, in dem sich schmutzige Geschichten
,'r dem oft recht zweifelhaften Geschäftsbetrieb von Modell-
eherej und Massage kreuzten. Auf Revision des An-
^ legten hat das Reichsgericht dieses Urtheil aufgehoben,
^.d die zweite Verhandlung vor dem Landgericht ist, wie
kurz zusammenfassender Bericht der Straßb. Post be-
so reich an Ueberraschungen, daß man auf deren
s^brechung nicht verzichten kann, so wenig Neigung man
^"st verspüren mag, sich in den Blättern mit Skandal-
- "Kssen zu befassen. Darauf, daß eine der Zeuginnen

letzt

alles für erlogen erklärt, was sie früher Belastendes

^Sen dx„ Angeklagten ausgcsagt hat, möge noch weniger
luncht gelegt werden als auf einen anderen Vorgang, der
tg.^escn Tagen Mn Gerichtssaal geradezu in eine drama-
Szene umwandelte. Es tritt ein Schutzmann
h.?^ns Slierstaedter auf, der unter seinem Eid aussagt,
ein Vorgesetzter Beamter, der K ri mi nal k ommissar
jh„ wiederholt habe veranlassen wollen, den Fall
z„^"berg in einem für den Angeklagten günstigen Sinne
Hg,,Treiben, da ihm, dem Schutzmann, davon Vortheil in
z,nd Mheil werden würde. Der Schutzmann läßt eine
thEjb"tung fallen, als ob sogar einer der Vec-
^ drS Angeklagten, der als gesuchter Rechts-
weithin bekannte Justizrath Dr. Sello, in dieser
spti ^"ug Einwirkungen versucht habe. Entrüstet
dxr Verlheidiger auf und erklärt, daß davon nicht
Mindeste wahr sei, er lege sein Amt nieder, um be-
zg„ Zulassung zum Eide in die Zeugenroll: über-
^tit Drr Staatsanwalt stellt auch einen dahin gehenden
das Gericht begnügt sich aber mit einer feierlichen
thxj^ung Sellos und dieser nimmt darauf sein Ver-
Wraint wieder auf. Nnn heißt es, den Criminal-

Das Romanfeuilleton findet der Leser im heutigen
- Blatt.

,,, Das Schicksal der Millionen.
Culturbild aus dem Leben der Welt
Eionen gibt eine von einer Pariser pp-Correspondenz
"vielte Erzählung:
m Die Gräfin Boni de Castellanc, geborene Anna
°^id, hat seit gestern einen gerichtlichen Vormund in
^ Person ihres Bruders George Gould. Dieser
. achte mit ihrer Einwilligung das Begehren, daß die
bge Gräfin unter gerichtliche Vormundschaft gestellt
vor die erste Kammer des Pariser Civilgerichts.
t,: ^ legte der Anwalt des Amerikaners Gould dar, daß
Boni de Kastellane, welche seit dem 4. Mai
w ^ unter dem Regime der Gütertrennung — ihrem
hatte sie ein unabhängiges Einkommen gesichert —
"'ühlt jst, drei Millionen Zinsen, „nicht mehr", aus-
. »eben hat. Sic hat aber während der fünf Jahre

2'cht

M die fünfzehn Millionen ausgegeben, sondern
lag ""ch mit zweiundzwanzig Millionen Schulden be-
U bt, nämlich 3 700000 Franken für den Bau des
kx,, " WohlthätigkeitsbazarS, mehr als 6 500 000Fran-
s»ll "r Hypotheken, die bis 1909 eingelöst werden
lxj/"- etwa 4 250 000 Franken für verschiedene An-
sth,^ und mehr als neun Millionen für Kunstgegen-
beii, ^ "welche ein wuchertreibender Antiquitätenhändler
Grafen und der Gräfin de Castellanc verkauft hat".

commissar herbeizuschaffen, der sich geradeaus einer Dienst-
reise in Hannover befindet. Er ist endlich an Ort und
Stelle, und nun ereignet sich das in gewöhnlichen Pro-
zessen schon Auffallende, hier aber geradezu außerordentlich
Wirkende, daß der Schutzmann unter seinem Eide auf
seinen Behauptungen bezüglich des Criminalcommissars
beharrt, während dieser gleichfalls unter seinem Eide
die Schilderungen des Schutzmanns für Entstellungen und
Mißverständnisse erklärt, an denen der Umstand, daß der
Schutzmann des Biertrinkens nicht in hervorragendem
Maße fähig sei und seine, des Criminalcommissars,
ironische Bemerkungen nicht als solche aufgefaßt habe,
schuld sei.
Pikant wirkten die weiteren auf denselben Schutzmann
zurückzuführenden Enthüllungen, daß der Polizeidirektor
v. Me er scheid t-Hülessem einmal ein hypothekarisches
Darlehen beim Banquier Sternberg ausgenommen und, wie
Stcrnberg bestätigt, da der Polizeidirektor bei ihm als
Bekannter des Hauses ans- und einging, auch sonst ge-
legentlich Darlehensgefälligkeiten empfangen habe.
Die amtliche Berliner Korrespondenz theilt mit: Die
Vorkommnisse im S tcrn b er g pr oze ß, insbeson-
dere das Verhalten der betheiligten Cr iminin al-
beamten, werden von den Vorgesetzten Instanzen ein-
gehend verfolgt. Das Polizeipräsidium ertheilte den be-
treffenden Beamten unter Entbindung von der Pflicht der
Amtsverschwiegenheit die Ermächtigung zu unein-
geschränkter Aussage. Im Aufträge des Polizei-
präsidiums nimmt der Chef der Criminalabtheilung an
den Prozeßvcrhandlungen theil. Der Criminalschutzmann
Stierstädter und der Criminalkommissar Thiel üben
dienstliche Funktionen gegenwärtig nicht aus. Die zu er-
greifenden Disciplinar maßregeln müssen, um dem
Gange des Gerichtsverfahrens nicht vorzugreifen, Vor-
behalten bleiben. Nach Klärung der Sachlage im Gerichts-
verfahren wird im Disciplinarwege sofort unnachsichtlich
eingeschritten. Die erforderlichen Ermittelungen sind sofort
eingcleitet.
Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt: Infolge d-r Vor-
gänge im Prozeß Stern berg hatte heute (Montag) der
Ministerpräsident Graf v. Bülow den Minister des Innern
zu einer Besprechung eingeladen.

Deutsches Reich.
— Wie der Schwäb. Merk, hört, ist Prinz Aren-
berg ursprünglich zum Tode verurtheilt worden, dann
aber vom Kaiser zu 15 Jahren Gefängniß und Entfernung
aus dem Heere begnadigt worden.
Wilhelmshaven, 5. Noo. Admiral Thomsen
sprach durch Tagesbefehl den Offizieren und Mannschaften
der Torpedoboote 8 90, 91, 92, welche die Reise
von Wilhelmshaven nach Singapore, 9000 See-
meilen, vom 28. Juli bis 17. September ohne Störung
zurückgelegt haben, seine volle Anerkennung aus. Es sei
diese vorzügliche Leistung sowohl ein Zeichen für die aus-
gezeichnete Bauart, als auch für den unermüdlichen Eifer
der Offiziere und den guten Geist der Besatzung, mit dem
sie diese schwierige Aufgabe gelöst hätten.
Baden. L.O. Karlsruhe, 5. November. Erzbischof
Nörber empfing am Freitag 3 Vorstandsmitglieder des
Freiburger Vereins „Arbeiterschutz", um denselben,
wie es in klerikalen Bläilern heißt, „Aufklärungen" über
seinen vielbesprochenen Erlaß zum Hirtenschreiben der
Fuldaer Bischofsconferenz zu geben. Er erklärte den
Herren, daß er allgemein mißverstanden worden
se>; es habe ihm durchaus fern gelegen, die christlichen
Gewerkschaften zu veruriheilen, er habe nur vor den neuer-
dings ausgetretenen Bestrebungen warnen wollen, die christ-
lichen Gewerkschaften in neutrale umzuwandeln. Zum
Obwohl es nicht Sitte ist, daß ein Ausländer in Frank-
reich zum gerichtlichen Vormund eingesetzt wird, so er-
hielt George Gould den Vorzug, weil es sich um sehr
vertrauliche Familienangelegenheiten handelt, weil der
Vater Gould diesen seinen Sohn zum Familienhaupte
und zum Hüter der Einkünfte der Geschwister ernannt
hatte, weil endlich die Liquidation der Passiva von
22 Millionen mehrere Jahre währen wird und schweres
Geld kosten würde, wenn der Vormund bezahlt werden
müßte. Als Bruder, der reicher ist, als seine Schwester,
so wurde von dem Civilgericht ausdrücklich betont,
fordert George Gould nichts für seine Mühewaltung.
Wahrscheinlich hätte Graf Bom einen bezahlten Curator
vorgezogen. _

Meine Zeitung.
— Aus Zürich wird dem Berner Bund geschrieben: Der junge
Maler Hans Böcklin (der Sohn Arnold Böcklins), der im Juli
in einem Wuthanfall seiner Geliebten Messerstiche versetzte, um sie
zu tödten, wird'nicht strafrechtlich verfolgt werden. Das irrenärzt-
liche Gutachten ging dahin, Böcklin leide an Eifersuchtswahn und
Alkoholismus und sei deshalb nicht zurechnungsfähig. Selbstver-
ständlich verbleibt Böcklin in der Jrrenheilanstalt. Die Geliebte
ist wieder völlig hergestellt, und um so eher wird die Staats-
anwaltschaft auf Grund des psychiatrischen Gutachtens keinen An-
stand nehmen, über die Untersuchung Aktenschluß zu verhängen.
— Offen. Bräutigam: „Ist es Dir auch nicht zu wenrg,
daß ich nur ein Schustergeselle bin?" — Dienstmädchen: „O,
durchaus nicht; unsere Köchin hat jetzt einen Feldwebel, und die
hat auch mit einem Schustergesellen angefangen!"

Schluffe der Unterredung bemerkte der Erzbischof: „Arbeiten
Sie ruhig in der bisherigen Weise fort, es soll Ihnen
kein Hinderniß in den Weg gelegt werden. Wenn irgend-
wie Mißverständnisse entstehen sollten, bin ich gern bereit»
diese zu beseitigen." Diese Interpretation des Erlasses
steht einem Widerruf verzweifelt ähnlich. — Die Pforz-
heimer christl. Gewerkschaften erklärten am Sonntag nach
einem Referat des Redakteurs Häfner die Mannheimer
Erklärung des Erzbischofs für befriedigend; um aber
dennoch den Standpunkt und die Bestrebungen der christl.
Gewerkschaften zu bekunden, wurde die vom Württemb.
Landesverband aufgestellte Resolution einstimmig an-
genommen.
* Heidelberg, 6. Novbr. Der geschäftsführende
Ausschuß der hiesigen nationalliberalen Partei
hielt letzten Sonntag Nachmittag hier im Verein mit einer
Anzahl auswärtiger Vertrauensmänner eine Besprechung ab.
Wie wir hören, wurde die politische Lage besprochen und
Mancherlei in Bezug auf die künftigen Wahlen erörtert,
insbesondere soweit dieselben in den Geschäftsbereich des
Heidelberger Bezirkes fallen. Die Vorschläge, die in dieser
Beziehung gemacht wurden, fanden allgemeinen Anklang.
Die Baden-Badener Beschlüsse des engeren Ausschusses wurden
ebenfalls besprochen. Wie anderwärts, so fanden sie auch
hier volle Billigung.
Preuße». Wie die Berliner Montagszeitung zuverlässig
erfährt, hat Herr von Miquel ein Wohnungsgesetz
thatsächlich ausgearbeitet, welches vom Staatsministerium
in seiner letzten Sitzung angenommen worden ist. Es
werde eine der ersten Vorlagen sein, welche dem Landtag
zugehcn werden. Letzteres wird von der Nat.-Ztg. bezweifelt.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine König!. Hoheit der Großherzog haben dem
Waldhüter Mathä Malzacher in Säckingen die silberne Ver-
dienstmedaille verliehen.
— Bctriebsasststent Emil Siegele in Pforzheim wurde
unter Ernennung zum Bctriebssekretär zur Centralverwaltung
versetzt.
— Gewerbeschulkandidaten. Auf Grund der in der
Zeit vom 22. bis 29. Oktober d. I. abgehaltenen Prüfung sind
folgende Gewerbeschulaspiranten unter die Gewerbeschulkandidaten
ausgenommen worden: Fritz Kleiner von Konstanz, Emil
Mattern von Sandhaufen, Friedrich Nicklaus von Willstätt,
Karl Stang von Maxau, Heinrich Wacker von Wieblingen.

Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 5. Nov. Die Wiener
Abendpost meldet, ErzherzogKarl, der voraussichtliche
Thronfolger (ältester Sohn des Erzherzogs Otto, des
jüngeren Bruders des mit der Gräfin Chotck vermählten
Erzherzogs Franz Ferdinand) werde mit Genehmigung
des Kaisers an dem naturwissenschaftlichen Unterricht des
Schotten-Gymnasiums theilnehmen. Dieses Wiener
Staatsgymnasium wird von den verhültnißmäßtg liberalen
Benediktinermönchen des Schottenklosters geleitet. Es ge-
schieht zum ersten Mal, daß ein Erzherzog eine
öffentliche Schule besucht. (Und noch dazu der zu-
künftige Thronfolger! Schickt man sich endlich auch in
Oesterreich an, modern zu werden?)
Wien, 5. Noo. Das Ministerium gestattete gestern
dem alkkatholischen czechischen Priester Dr. Jschka die
Abhaltung des Gottesdienstes, offenbar, weil der Stand-
Punkt der Prager Statthalterei ganz unhaltbar ist.
Asien. Das Armeeoberkommando telegraphirt aus
Peking vom 2. d. M.: Das zweite Bataillon des 3. Regi-
ments geht von Paotingfu über Wan, den Haupt-
stützpunkt der Boxer, nach Thang. Die russische Vor-
wache aus Tientsin wurde von 70 Boxern ange-
griffen. Zwei kleine russische Kolonnen sind von Tientsin
und Aangtsun zu einem Strafzuge vorgegangen. — Es
— Auch ei« Wohlthäter. „Du, Karl, ein Bettler steht
draußen vor der Tüürel Soll ich ihm etwas geben?" —
„Gieb ihm doch die Badekarten, die uns übrig geblieben sind!
Heuer ists ohnehin ichon viel zu kalt zum Baden!"
— Offizier der Runde (Nachts 2 Uhr die Wache musternd):
„Kommen Sie mal her, Müller! Sehen Sie nichts?' —
Müller: „Nein, Herr Leutnant!" — Offizier: „Seh'n Sie
immer noch nichts?" — Müller: „Nein, Herr Leutnant!" —
Offizier: „Na. Sie Schlot, seh'n Sie denn nicht, daß Sie,
statt Ihren Helm, Ihren Freßnapf aufhaben?!"

Klagen im Wind.
Ein schmachtendes weiches Entzücken,
Ein süßes müdes Beglücken
Bebt hin im schauernden Wald;
Leis zittern des Windes Geigen,
Wie wenn in den grauen Zweigen
Ein schüchternes Singen verhallt.
Wie irrendes Stimmenkräuseln,
So lallt es und surrt mit Säuseln
Und gleicht dem zarten Lied,
Das die wehenden Gräser singen.
Wie wenn dem Bache das Klingen
Der schlürfenden Kiesel entflieht.
Die Seele, die seufzend schwebte
Und in müden Klagen bebte,
Muß wohl die unsere sein?
Die meine, sag', und die deine,
Die so mit leisem Geweine
Wehklagt in den Abend hinein? . . .
Paul Verlaine.
 
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