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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281-304 (01. Dezember 1900 - 31. Dezember 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0673

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I

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Xr. 291. Lrkes Vlatt.Doiiilcrstag. den 13. Aelember

1900.

>e
I

>

Chronik.
(Vom 25. November bis zum 8. Deccmber.)
^ov. Lg.; Nach einigen Tagen der Beschlußfähigkeit ist der
Reichstag wieder äußerst schwach besucht.
» 28.: Der deutsche Botschafter in Paris, Fürst Münster,
tritt hohen Alters wegen von seinem Posten zurück
und wird durch den Fürsten Radolin ersetzt
werden.
, 28.: An Stelle des zurücktretenden Herrn v. Strenge wird
der frühere fürstcnbcrgische Kammerpräsident Heutig
zum Staatsmini st er in Gotha ernannt.
» 29.: In Südafrika macht besonders de Wet den
Engländern viel zu schaffen; aber auch eine
ganze Anzahl anderer Burenkommandos ist mobil und
führt den Guerillakrieg gegen England
weiter.
, 30.: Aus Cbina wird gemeldet, daß der deutsche Oberst
Graf Dorck dort am 27. November an einer Ver-
- giftung durch Kohlendunst gestorben sei.
^ec. 1.: Ein Erlaß des Königs von Preußen an den Unter-
richtsminister führt die Reform des Mittel-
schul Wesens in dem Sinne der Gletchwerthigkeit
der drei Arten von Mittelschulen weiter.
» 1.: Der Burenpräsidcnt Krüger hat sich in
Paris entschlossen, sogleich nach Deutschland zu gehen
und trifft in Köln ein.
» 2.: Präsident Krüger wird von dem deutschen Ge-
sandten in Luxemburg davon unterrichtet, daß der
deutsche Kaiser ihn zur Zeit in Berlin nicht
empfangen werde; er gibt deshalb die Reise nach
Berlin auf.
» 4.: Auf dem Bankett des badischen Handelstages in
Karlsruhe erklärt Ministerialpräsident Schenkel,
daß die Regierung bei ihrer bisherigen Stellung-
nahme in der Wahlrechtsfrage verbleibe.
» 5.: Der Reichstag verweist den sogen. Toleranz-
antrag des Centrums nach einer ablehnenden
Rede des Reichskanzlers zum stillen Begräbniß an
eine Kommission.
, 5.: Die Landtagswahlen in Württemberg
ergeben einen starke» Zuwachs der sozialdemokratischen
und einen Rückgang der demokratischen Stimmen.
Viele Stichwahlen sind nöthig.
» 6.: Präsident Krüger reist von Köln, wo ihm große
Huldigungen dargebracht wurden, nach Holland.
>. 7.: Aus Afrika werden Kämvfc der Engländer
mit dem äußerst gewandten Bärenführer
de Wet gemeldet.
^us der Budgetkornmisfion des Reichstags.
- Berlin, 10. Dezbr. Es ist, so schreibt man der
Franks. Ztg., eine kleine lieber raschung, daß die
^udgetkommissi o n des Reichstages, der die Be-
^thung des Nachlragsctats für die Ostasiatische Expe-
Mon obliegt, sich heute auf unbestimmte Zeit d. h. also
^ber die Weihnachtszeit vertagt hat. Die Kommission
sich die wichtigsten Fragen, die dieser Nachtragsetat
schält und anregt, über die Indemnität, über die Äuf-
nung der für Ostasien gebildeten Formationen und zum
^heil auch über die Dcckungsfrage geeinigt und hätte ganz
Ast ihre Arbeiten vor Weihnachten abschließen können.
^ besteht aber zwischen der Kommission und dem Reichs-
Agspräsidentcn Graf Ballestrem eine gewisse Animosität.
M,e Kommission verlangte, daß der Präsident die erste
^sung des Etats noch etwas weiter zurückschiebe, damit
"e Zeit für ihre Sitzungen gewinne. Der Präsident wiederum
Aäubt, genug gethan zu haben, daß er der Kommission
U ganze vorvorige Woche frei gelassen hat, die dann
AUrdings von ihr nicht benutzt worden ist, weil mehrere
hier Mitglieder durch Landtags- und Reichstagswahlen
Md Privatgeschäfte abgehalten waren. So hat man in
kh, Beschluß der Kommission, erst wieder im Januar zu-
I^menzutreten, wohl das Produkt einer gewissen Gereizt-
st zu erblicken. Praktisch kommt nicht viel darauf an,
d der berühmte Nachtragsetat Mltte oder Ende Januar
^digt wird. Einen guten Eindruck aber macht es nicht,
diese wichtige Angelegenheit so langsam behandelt und
.'2 ins neue Jahr hinübergeschleppt wird, nachdem über
Nichteinberufung des Reichstags im Sommer so ener-
Aich und mit Recht geklagt worden ist. Es zeigt sich eben,
dieser Reichstag sehr wenig arbeitsfähig ist. Die Zahl
br Abgeordneten, die wirklich etwas leisten, ist ge-
^Ng, und es sind immer wieder dieselben
Männer, die im Plenum und in den Kommissionen die
^?st der Arbeit tragen, die in der Budgetkommission thätig
müssen und die auch bei der Generaldebatte des Etats
Plenum unentbehrlich sind. Denen kann man es aller-
hAgs nicht verdenken, daß ihnen die doppelte Arbeit zu-
^ wird und daß sie streiken.

Deutsches Reich
H.. * Bei der ersten Rede des Reichskanzlers Grafen
ev^low über die Abweisung des Burenpräsideuten
H^üger vermißte man eine Mittheilung darüber, wie
wann eigentlich Krüger seinen Besuch in Berlin an-
HMeldet hat. Augenscheinlich hat Graf Bülow den alten
j^ger schonen wollen. Aber angesichts der Vorwürfe,
y? ihm fortgesetzt über die Haltung des auswärtigen
gemacht werden, hat er diese Rücksicht fallen gelassen,
hat konstatirt — und das übertrifft Alles, was man
t?her von der Sache wußte —, daß die deutsche Regie-
dem Präsidenten Krüger schon in Paris habe sagen
r M, der Kaiser werde ihn nicht empfangen. Krüger
^ ^ trotzdem nach Deutschland. Also nicht etwa eine
-.Bekanntschaft mit höfischen Gebräuchen, sondern (wie
^ vermutheten und jetzt nach Bülow's Auskunft wissen)

r die bewußte Absicht, die deutsche Regierung zu über-
1 rumpeln, den deutschen Kaiser durch das deutsche Volk
zu zwingen! Auch auf die Andeutung Bülow's, daß
Deutschland in Afrika gegen England bald mit den Buren
allein sein würde und auf den Hinweis, daß Krüger in
Paris zu der Ueberrumpelung Deutschlands aufgestiftet
worden ist, sei hier noch besonders hingewiesen. Wir
glauben, daß die gestrige Rede Bülows einen tiefen Ein-
druck auf daS deutsche Volk machen und die Krüger-
begeisterung in dem harmlosen ideal gesinnten deutschen
Volk, das den Zusammenhang der Dinge bisher nicht
kannte und erkannte, erheblich abschwächen wird.
Deutscher Reichstag. Berlin, 12. Dec. Fortsetzung
der ersten Etatsberathung.
Abg. Rickert (freis. Vcr.): Die Finanzen ständen allerdings
nicht gut. aber so entsetzlich sei die Sache doch nicht. Redner
empfiehlt eine Reichseinkommensteuer und stärkere Herbeiziehung
der Matricularbeiträge. Daß Krüger nicht empfangen worden
sei, erscheine corrcct und geboten. Bismarck habe auch immer
den Grundsatz befolgt, mit England gute Beziehungen zu unter-
halten.
Kriegsminister v. Goßler: Vor einiger Zeit sei in den
Zeitungen die Rede davon gewesen, daß ein Norweger ein Ge-
wehr mit automatischer Ladevorrichiung erfunden habe. Um auf
dem Laufenden zu bleiben, haben wir uns mit dem Erfinder in
Verbindung gesetzt, der uns eine Probe des Gewehrs zusagte.
Diese ist aber bisher nicht eingetroffen. Auch neue Probege-
schütze sind bei uns von Ehrhardt nicht eingegangen.
Abg. v. Glebocki (Pole) vertheidigt die Haltung des Erz-
bischofs v. Stablewski bet der Wahl in Meserttz-Bomst. Der
Erzbischof habe sich durchaus keinen Eingriff in die Wahlfreiheit
zuschulden kommen lassen.
Abg. Graf Schwerin-Loewitz (cons.) tritt den Aus-
führungen der Linken bezüglich der Getreidezölle entgegen. Eine
Einigung zwischen Industrie und Landwirthschast sei nur mög-
lich. wenn die Landwirthschast genügenden Schutz erhält.
Abg. Dr. Hasse (ntl.): Die Darstellungen der Köln. Ztg.,
wie die Ueberreichuug der Adresse des Alldeutschen Verbandes an
Krüger vor sich gegangen sei, scheinen absichtlich irre führen zu
sollen. Es sei merkwürdig, daß der Reichskanzler dieses wetter-
wendische Blatt noch immer für osficiöse Artikel zu benutzen
scheine. „Unsere Schuld ist es nicht, daß wir bei Ueberreichuug
der Adresse ins Ausland gehen mußten! Was Bebel über die
Vorgänge in Köln sagte, unterschreibe ich voll und ganz."
Reichskanzler Gras v. Bülow: Seine verantwortliche Stel-
lunglege ihm die Pflicht auf, sich lediglich von der Staats-
raison letten zu lassen. Er sei überzeugt, daß Dr. Hasse ebenso
wie er Politik machen würde. Bezüglich des Vorgehens gegen
Krüger erkläre er, daß die Nachricht, der Präsident beabsichtige
nach Berlin zu kommen, für die Regierung über-
raschend kam. Sic kam ihr nur 24, höchstens 48 Stunden,
bevor die Abreise stattsinden sollte. Bis dahin war angenommen
worden, Krüger würde sich von Paris nach Holland begeben.
Worauf die Sinnesänderung des Präsidenten zu-
rückzuführen ist, wolle er unerörtert lassen. (Hörtl
hört!) Als wir hörten, Präsident Krüger wolle nach Berlin
kommen, haben wir ihn in höflichster und rücksichtsvollster Weise
durch unseren Botschafter in Parts und Dr. Leyds da-
rauf aufmerksam gemacht, daß der Kaiser zu seinem Bedauern
nicht in der Lage sei. jetzt den Präsidenten zu empfangen.
Als Krüger darauf doch die Reise ins Werk setzte,
wurde ihm in Köln wieder in allerrücksichtsvollster Weise durch
unseren Gesandten in Luxemburg gesagt, der Kaiser sei außer
Stande, ihn jetzt zu sehen. Ueberrumpeln lassen wir
uns nicht, vergewaltigen auch nicht. Unsere Haltung
geht nur aus der Wahrung unserer Interessen hervor. Wir
thalen, was nützlich war und die Erhaltung des Weltfriedens
erleichtert. Dabei war uns der B ifall des einen so gleichgiltig,
wie der Aerger des anderen. Gegenüber der Behauptung Bebels,
daß die Haltung der Regierung dem Präsidenten Krüger gegen-
über zurückzuführen sei auf die verwandtschaftlichen Beziehungen
des Kaisers, erkläre ich: Wie der englische Hof und die eng-
lische Negierung zü der Reise Krügers stehen, weiß ich nicht;
das erkläre ich aber aufs allerentschtedenste, daß seitens der e n g-
lischen Regierung oder des englischen Hofes weder an den
Kaiser, noch on mich — als den verantwortlichen Reichs-
kanzler — hinsichtlich der Reise oder unserer Haltung im süd-
afrikanischen Kriege, weder ein Wunsch, noch ein Antrag
herangetreten ist. Anzunehmen, daß der Kaiser sich durch ver-
wandtschaftliche Beziehungen beeinflussen lassen könnte, zeigt wenig
Verständniß des Charakters und der Vaterlandsliebe des Kaisers.
(Bravo!) Für den Kaiser sind lediglich nationale und
deutsche Gesichtspunkte maßgebend. Wenn dem anders
wäre, wenn irgendwie verwandtschaftliche Beziehungen, wenn
irgend welche dynastischen Rücksichten Einfluß hätte», so würde ich
bei einer solchen auswärtigen Politik keinen Tag länger Minister
bleiben (Lebhaftes Bravo!) Die deutsche und englische Regie-
rung seien übercingekommen, das deutsch-englische Ab-
kommen bis zum Eintritt bestimmter Umstände
nicht zu veröffentlichen. Das Samoa- und Jangtse-
Abkommen enthalten keine geheimen Bestimmungen. Als der
Kaiser 1886 das Telegramm an Krüger richtete, handelte es sich
nicht um einen Krieg zwischen zwei Staatswesen, sondern um
ein Flibustier-Unternehmen. Der Kaiser habe nicht beabsichtigt,
durch jenes Telegramm unsere Politik für immer festzulegen.
Graf Bülow erklärt weiter: Er begehe keine diplomatische In»
discretion, wenn er sage, daß das Telegramm jedenfalls das
Verdienst hatte, durch die Aufnahme, die es außerhalb Deutsch-
lands fand, uns darüber aufzuklären, daß wir im
Falle eines Conflictes mit England in Afrika
allein auf unsere eigenen Kräfte angewiesen sein
würden. (Hört, hört). Darausmußte einegewissenhafte
Regierung ihre Schlüsse ziehen und sie hat sic ge-
zogen. Gegenüber den Bemerkungen Dr. Hasses, wir hätten
die Buren preisgegeben, bemerkt der Reichskanzler, davon könne
schon deshalb keine Rede sein, weil Deutschland nie ein Protecto-
rat über Südafrika angenommen oder erstrebt habe. Wenn nach
einer Bemerkung Dr. Hasses die öffentliche Meinung gegen dt-,
Ausfassung der Regierung gehe, so mache ihn das nicht irre. Die
deutsche öffentliche Meinung habe gerade in Fragen der
auswärtigen Politik durchaus nicht immer das Richtige
getroffen. Sich für die In t ere s s e n Fr e m d er einzusetzen, sei
ein menschlich schöner Zug des deutschen Volkes. Politisch je-
doch sei er ein Fehler. Der Politiker sei kein Sittenrichter;
er habe lediglich die Interessen und Rechte des eigenen Landes
zu wahren. Idealismus sei das schöne Erbtheil des deutschen
Volkes, das man ihm erhalten müsse; aber die Kreise der aus-
wärtigen Politik dürfe der Idealismus nicht stören. Das Wohl

und die Zukunft der deutschen Nation dürfe er nicht gefährden.
So lange ich hier stehe, mutz ich den Frieden und die Wohlfahrt
des deutschen Volkes gegen olle Störungen und Gefahren in
Schutz nehmen, von welcher Seite sie auch kommen mögen —
was meine verdammte Pflicht und Schuldigkeit ist. (Lebhafter
Beifall.)
Darauf sprachen StaatSsecretär Frhr. v. Richthofen und
der Abg. Bebel (Soc.), der nochmals dir 12000 ^-Angelegen-
heit berührt.
Es folgen persönliche Bemerkungen.
Morgen 12 Uhr Weiterberathung.
Baden. Karlsruhe, 12. Dez. Vor einigen Tagen
schrieb der Bad. Beob., es hänge lediglich von der phi-
losophischen Fakultät in Freiburg ab, ob Prof. Baum-
gartner der Freiburger Universität erholten bleiben oder
dem Ruf der Breslauer Universität Folge leisten werde.
Die Freiburger Philosophen haben aber lobenswerther Weise
auf diesen Wink 'mit dem Zaunpfahl nicht reagirt, denn
Prof. Baumgartner, der Dozent der Philosophie in
der theologischen Fakultät, theilte gestern seinen Hö-
rern mit, daß er nach Schluß des Semesters einem Rufe
nach Breslau folgen werde, um dort in der philosophischen
Fakultät zu wirken. Die Freiburger philosophische Fakultät
hat also auf dem seit Jahren von ihr eingenommenen
einzig richtigen Standpunkt verharrt, daß Theologie, auch
wenn sie den Namen der Philosophie borgt, nicht in die
philosophische Fakultät gehört und den Eintritt Baum-
gartners in ihre Mitte abgelehnt. Die Angelegenheit kam
bekanntlich auch im Landtag wiederholt zur Sprache, wobei
Staatsminister Nokk stets betonte, er könne der philo-
sophischen Fakultät keinen Dozenten aufoktroiren, den sie
nicht selbst wolle. Die Freiburger Theologen sehen übri-
gens den beliebten Lehrer nur ungern scheiden.
— Zu der von dem ehemaligen Minister Herrn
Eisenlohr ausgegangenen Berichtigung schreibt die
Karlsr. Ztg.:
Für Jeden, welcher die freundschaftlichen Beziehungen zwischen
Minister Eisenlohr und seinem Nachfolger kennt, ist es klar, daß
sich jene Erklärung nicht gegen Präsident Schenkel, sondern
gegen die nationalliberale Partei richtet, deren
Schwenkung zum unbeschränkten direkten gleichen Wahlrecht schon
im Sommer bevorstand. Die Erklärung Eisenlohr's enthält
nicht eine Berichtigung, sondern eine Vervollständigung zu
den auf dessen Rücktritt bezüglichen Worten des Präsidenten
Schenkel. Minister Eisenlohr glaubte als Folge dieser Schwenkung
neue politische Kämpfe voraussehcn zu müssen und fühlte sich,
bei sonst ungebrochener Kraft des Körpers und des Geistes, doch
nicht mehr rüstig genug, um diese Kämpfe weiter zu führen.
In wiefern diese Berichtigung Eisenlohr's sich gegen
die nationalliberale Partei richten sollte, ist wirklich nicht
einzusehen, denn sie wiederholt doch nur, was Herr Eisen-
lohr schon bei seinem Rücktritt fast mit den gleichen Worten
hat aussprechen lassen und was allgemein auch acceptirt
worden ist.

Aus der Karlsruher Zeitung.
Karlsruhe, 12. Dezember. Der Großherzog em-
pfing heute Mittag in Schloß Baden den Generalleutnant
a. D. Grafen von Sponeck, welcher aus Gernsbach ge-
kommen war, um seine Aufwartung zu machen. Gegen 1
Uhr erhielten der Großherzog und die Großherzogin den
Besuch des Prinzen Heinrich XIX. Reuß, Kommandeurs
der 34. Division in Metz und Gemahlin, geborene Prin-
zessin zu Hohenlohe-Oehringen. Dieselben nahmen an der
Früh stückstafel theil, zu welchen auch Prinzessin Amslie zu
Fürstenberg erschien.
Ausland.
Holland. Haag, 12. Dec. Das Reutersche Bureau
ist von der Gesandtschaft der südafrikanischen Republik er-
mächtigt worden, formell zu erklären, daß das in einigen
Blättern verbreitete G e r ü ch t, der Kaiser von Rußland
habe dem Präsidenten Kr üge r telegraphirt, er werde ihn
nicht empfangen, jeder Begründung entbehrt. (Womit
noch nicht gesagt ist, ob er ihn empfängt).
Asien. In Newyork ist nachstehende Meldung aus
Peking vom 10. d. eingegangcn: In der heutigen Ver-
sammlung der Gesandten, die der Berathung der Frage
galt, ob Lt-Hung-Tschang und Pririz Tsching
vom Hofe zur Führung von Friedensuntcrhändlungen be-
vollmächtigt seien, erklärten einige Gesandte, sie seien
ermächtigt, mit den beiden als Vertretern Chinas zu unter-
handeln; andere sagten, sie halten keine Weisungen. In-
dessen wurde beschlossen, daß alle Gesandten, wenn sie nicht
gegentheilige Weisungen erhielten, die Verhandlungen mit
beiden eröffnen, sobald der englische Gesandte die Weisung
erhalten habe, sich der gemeinsamen Note anzuschließen.
Li-Hung-Tschang besuchte heute den General Chaffee und
sagte ihm, seine Vollmachten zur Unterhandlung mit den
Gesandten seien zwar nur telegraphisch, aber doch voll-
ständig. Alle Regierungen traten dem Plane betr. die Stadt-
verwaltung durch eine Kommission der Mächte bei, mit Aus-
nahme der Franzosen, die darauf bestehen, daß das ihnen
zustehende Gebiet davon ausgenommen werden solle.
Dann wurde eine Anzahl Unterausschüsse eingesetzt.
Mehrere chinesische Beamte sprachen den Wunsch aus,
bei den Ausschußarbeiten Hilfe zu leisten. Obgleich zu Mit-
gliedern des Verwaltungsausschusses Armeeoffiziere ernannt
worden sind, ist es doch der Wunsch der Generäle, daß
die Verwaltung so viel als möglich eine Civilverwaltung
sein solle.
 
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