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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

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Nr. 176-202 (01. August 1900 - 31. August 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0189

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^rnsprech-

HÄklbkM MtMA.

Anschluß Nr. 82.

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Fernsprech-Anschluß Nr. 83

Skr. 195

Donnerstag, den 2-8. Angnst

190«.

Vorschlag des Weltreisenden Eugen Wolf.
^ Im Berliner Tageblatt macht der Weltreisende Eugen
M°lf einen zwar sonderbaren, aber, wie es scheint, recht
taktischen Vorschlag bezüglich Pekings. Er schreibt:
^ Mein Hauptvorschlag geht dahin, die wunderbare
Mauer, die sich rings um Peking zieht, strategisch
""d materiell praktisch auszunutzen; ich bin
auf der Mauer spazieren gegangen, habe gefunden,
sich dieselbe zu einer elektrischen Schmalspur-
bahn außerordentlich gut eignet; nur an wenigen Stellen
M sie unterbrochen, diese Unterbrechungen können jedoch
jpseder hergestellt werden, so daß man eine elektrisch be-
gebene Gürtel- oder Rundbahn rings um Peking hätte,
welche diese Riesenstadt jederzeit beherrscht,
^eignete Waggons mit Geschützen, Patrouillen können auf
gr Bahn befördert werden; die elektrischen Dynamos,
Welche die Kraft zum Betriebe geben, können auf der
Mauer in einem der großen Gebäude, die sich über den
„Horen erheben, Platz finden. Diese Gebäude, die sich
^erhall, der Thore Pekings erheben, würden, etwas her-
rschtest sich vorzüglich eignen sowohl gesundheitlich wie
Ach strategisch, um europäische Truppen, vielmehr deren
T^achkommandos darin unterzubringen, so
Ab jedes Thorgebäude für sich nur die Truppen einer
Aktion aufzunehmen brauchte, die dann ab und zu wieder
Et Truppen anderer Nationen abwechseln würden,
v Die Eingangsthore Pekings müssen erhalten
«leiben, jedoch muß der seitherige winkelartige Zugang
Ed Durchgang durch die Thore in die Stadt einem
Geradlinigen Durchgang Platz machen, damit der Verkehr
^gehinderter stattfinden kann, und damit unsere Thorwachen,
Ae wir fürs Erste den Chinesen rings um Peking auf
Een ihren Thoren Prestiges halber aufoktroyiren müssen,
Ee Ueberstcht über die Thoreingänge und das, was cin-
Ed auspassirt, haben.
Die Anlage einer elektrischen Schmalspurbahn auf der
Aeoßen, breiten, recht soliden Mauer Pekings, in Verbindung
At der Anlage elektrischer Beleuchtungskörper auf der
Mauer, welche des Nachts mittelst Scheinwerfer die Stadt
^leuchten, läßt sich meiner Ansicht nach sehr schnell, ver-
Atnißmäßig billig und sehr praktisch ausführen. Was
Rentabilität derselben anbelangl, so bin ich fest über-
?Egt, daß keine elektrische Eisenbahnanlage der Welt sich
>Eer rentiren kann als eine derartige Anlage rings um
'fie Millionenstadt, denn die Bevölkerung wird bei billigem
T^rif einen derartig ungeahnten Gebrauch von diesem Be-
wrderungsmittel machen, wie es die optimistischst gesinnten
Mlituellen Unternehmer kaum sich träumen lassen.

Die Vorgänge in China.
,. Ueber die Einnahme von Peking durch die Verbündeten
"Egei, nun einige weitere Nachrichten vor: Die Befehls-
Ader der Verbündeten hatten eigentlich beabsichtigt, am
erst zum Angriff zu schreiten. Die Truppen waren
A Lager angekommen, welches 5 Meilen von der Stadt
-pffcrnt ist; sie waren sehr erschöpft und schliefen in den
^rnfeldern bei strömendem Regen, aber durch ein heftiges
eivehr- und Geschützfeuer,' aus dem man entnahm, daß
'e Gesandtschaften energisch von den Chinesen angegriffen
. urden, wurden die Truppen alarmirt; sie gingen infolge
Mn getrennt vor und zwar die britischen, amerikanischen
"d französischen Truppen auf dem linken, die russischen
Ad japanischen auf dem rechten Ufer des Flusses. Die
d^Paner lenkten den heftigsten Widerstand der Chine-
w ", nach dem nördlichen Thore der Stadt, wo ein schwerer
Eillerickampf stattfand. Die Engländerund die Amerikaner

trafen auf einen geringen Widerstand, bis sie in die Stadl
einzogen, wo ein heftiger Kampf in den Straßen
begann Die Truppen drangen schließlich durch den Kanal
in die Fremdenniederlassungen ein. Die amerikanischen und
russischen Fahnen wurden am 15. d.. Vorm. 11 Uhr,
auf den Mauern von Peking aufgepflanzt. Die englischen
Truppen zogen um 1 Uhr, die amerikanischen um 3 Uhr
in die britische Gesandtschaft ein und wurden von den a b-
gezehrten Insassen, welche nur noch für drei Tage
Lebensmittel hatten und von den Chinesen drei Tage
laug heftig beschossen worden waren, freudig be-
grüßt. Die Verluste der Japaner find unbekannt, die
Russen verloren 5 Todte und 12 Verwundete, die Eng-
länder und die Amerikaner haben nur einige Verwundete.
Am 16. d. M. besetzten die japanischen Truppen den
Kaiserpalast: etwa 4 Tage vor der Besetzung hatten
die Kaiserin Wittwe, der Kaiser und die Minister Peking
unter Geleite von 3000 Mann verlassen. Ihr Ziel soll,
wie man vermuthet, Sinangfu in Scheust sein. Da in
Peking große Wirren herrschen, wurde die Stadt in ver-
schiedene Bezirke eingetheilt, die von den verschiedenen
Truppencontingenten besetzt gehalten werden. — Die eine
Hälfte der Tartarenstadt wurde unter Aufsicht der japa-
nischen Truppen gestellt. Von den vereinigten Truppen
wurden verschiedene Comitos ernannt, welche die Ruhe in
der Stadt aufrecht erhalten sollen. Diese Comitos stellen
Japan, Rußland, England, Amerika und Frankreich. Den
Japanern ist es gelungen, die innerhalb des Kaiserpalastes
gefangenen Missionare und chinesischen Christen
zu befreien. Die Japaner verloren etwa 200 Todte
und Verwundete. Die Verluste der Chinesen betragen mehr
als 600 Todte.
Ueber den Kampf um den Kaiserpalast weiß die Daily
Mail aus Shanghai Folgendes zu melden: Nach bluti-
gem Kampfe rückten die Verbündeten in die „heilige
Stadt", nachdem durch Dynamit eine Bresche in die Mauer
gelegt worden war. 4000 wohlbewaffnete chinesische
Christen leisteten den Verbündeten wesentlichen Beistand,
namentlich kam den letzteren ihre Kenntuiß der Stadt zu
gute. Jetzt wehen die Fahnen der Verbündeten auf dem
kaiserlichen Palast. Der Kampf in den Straßen dauert
fort, die Chinesen leisten noch immer hartnäckigen Widerstand.
Die Agenzia Stefani meldet aus Taku vom 20. d.:
Nach Depeschen aus japanischer Quelle war am 17. der
Kampf in Peking beendet; die Japaner zogen in den
kaiserlichen Palast ein, die fremden Gesandten und die
Detachements der verbündeten Truppen befinden sich
in der kaiserlichen Stadt. Die chinesischen Prinzen
und Minister zogen sich nach Sinangfu zurück.
Die kleine deutsche Truppe, die im Verein mit dem
österreichischen Detachement den Verbündeten nacheilte, hat
Peking leider nicht so zeitig erreicht, um noch an dem
Kampf theilnehmen zu können. Der zweite Chef des
Kreuzergeschwaders meldet aus Taku vom 19. ds.: Starke
Regengüsse hinderten den Vormarsch Pohls,
so daß er erst am 16. ds. von Matou vorrücken konnte;
aus unverbürgter Quelle in Tientsin erhielt ich die Nach-
richt, daß Pohl am 17. ds. Abends in Peking einge-
troffen ist.
Generalmajor v. Hoepffner, der Führer der beiden
frisch in China eingetroffenen deutschen Seebataillone,
meldet, daß er am 17. ds. das erste Bataillon und einige
Reiter vorausschickte und am 18. ds. mit dem dritten
Bataillon folgen werde. Aangtsun wird noch für be-
droht gehalten durch chinesische Truppen, die in der Nähe
stehen.
Am 17. ds. ist nach einer Meldung des englischen

Generals Bruce etwa 6 Meilen südlich von Tientsin
gekämpft worden. Es war zwar nur ein kleines
Gefecht, aber man steht doch daraus, daß die Chinesen
noch nicht Ruhe geben. Nach einer Meldung der Times
aus Hongkong, befindet sich der Schwarzflaggen-
häuptling Lanyi mit 3500 Mann auf dem Marsche
nach Peking. Auf dem ganzen Wege wurden drohende
Plakate angeschlagen und das Eigenthum der Missionen
von Soldaten und Eingeborenen zerstört.
Aus alle diesem geht hervor, daß die Verbündeten
nur, wenn sie mit einer starken Macht auftreten, die Her-
stellung der Ruhe und geordneter Zustände erzwingen
können.

Deutsches Reich.
— Eine Illustration zu den Worten des Kaisers
„Pardon wird nicht gegeben, Gefangene werden nicht ge-
macht" bildet ein Bericht eines Korrespondenten der
Franks. Ztg. über eine Unterredung, welche er mit
deutschen Offizieren in Aokohama hatte, darunter
Oberleutnant z. S. v. Krohn von dem kleinen Kreuzer
„Gefion". Der Korrespondent fragte Herrn v. Krohn,
ob cs wahr sei, daß, wie eins Zeitung im Osten gesagt
habe, die Russen die Verwundeten mit dem Kolben todt-
schlugen. Er erwiderte, daß es nicht ganz so schlimm ge-
wesen sei, aber in diesem Kriege sei es kaum möglich,
Gefangene zu machen, da die Chinesen für eine solche Art
Krieg zu führen noch nicht zivilisirt genug seien. Auf
ihrem Wege seien sie genöthigt gewesen, alle Verwundeten
mit den Bajonetten zu tödten, da sie sich derselben nicht
annehmen konnten, und da ein verwundeter Chinese,
so lange er noch eine Hand heben kann, nach dem
Leben der Europäer trachtet. Im Anfang sandten
sie sogar verwundete Boxer nach den Hospitälern in Tient-
sin, aber sie fanden bald, daß dies ein Fehler sei, und
später wurde ein Befehl erlassen, alle Chinesen, die auf-
recht stehen bleiben, zu tödten, und auch die Verwundeten
nicht zu schonen, besonders aber keine Gefangene zu
machen. Häufig nahmen nämlich die Boxer ihre rothen
Tücher ab und thaten, als ob sie sich nicht an dem Kampfe
betheiligt hätten, aber das wurde bald herausgefunden und
daher der erwähnte Befehl gegeben. Die Chinesen dagegen
schneiden die Köpfe aller Europäer ab, welche unglücklicher-
weise in ihre Hände fallen; Leutnant Friedrich z. B., der
auf dem Schlachtfelde verwundet und nicht gerettet werden
konnte, wurde später gefunden, den Kopf von dem Körper
getrennt. Bei einer Gelegenheit wurde ein italienischer
Unteroffizier mit 8 Soldaten von den Boxern umzingelt,
und obgleich es 4 Mann gelang, sich durchzuschlagen,
wurde der Unteroffizier mit den anderen von der Menge
überwältigt und in Stücke gehauen. Als v. Krohn später
die Leiche des italienischen Unteroffiziers sah, war sein
Kopf viermal gespalten und an seinem Körper kein heiler
Fetzen.
— Der Legationsrath Dr. Bumiller macht die
Reise nach China nicht mit. Der Feldmarschall Graf
Waldersee hatte ihm allerdings den Vorschlag gemacht,
sich dem Obercommando anzuschließen, aber die bezüglichen
Verhandlungen haben, so schreibt die Deutsche Tageszeitung,
nicht zum Ziele geführt.
— Das Kriegshaus des Grafen Waldersee
wird nach einem Bericht der Nationalzeitung ganz aus
Asbest bestehen, der bekanntlich vollständig feuersicher
ist, gegen Hitze und Kälte isolirt, Witterungseinflüssen
widersteht und sich ferner durch leichtes Gewicht auszeichnet.
Das Asbesthaus des Gcneralfeldmarschalls wird sieben

22»

Kalliope Mavros.
Erzählung von Adolf Flachs.
(Fortsetzung.)
trafen die neuesten Nachrichten aus Braila ein —
Bruch zwischen Kalliope und ihrem offiziösen Bräutigam,
ln'b.Erklsche Liebe der Griechin", wie sich Frau Jadwiaa
wrem Schreiben auSdrückte. Triumphirend verwies sie
' . daß sie vom ersten Tage an eine Abneigung gegen

tzri^lechin empfunden habe, daß die allgemeine Ansicht, die
Cknv von heute seien von falschem und tückischem
die ^"er, wohl berechtigt sei und daß sie als erfahrene Frau
Ai »» tenzirte neugriechische Treulosigkeit des edlen Fräulein
sehr bald erkannt habe. Der lange, mit boshaften
»ls ?En gespickte Brief hatte aber eine andere Wirkung,
«w Schreibcrin voraussetzte.
hz^as ist undenkbar, unmöglich . . ." rief Stanislaus in
krw«„ Erregung aus. „Daß Kalliope sich für Dr. Kärnthner
lßg.^ttien konnte, ist begreiflich. Ein Mädchen, bisher vom
ll,ub ; vergöttert, bleibt Plötzlich allein auf der Welt und
8r->„sturm Hause Zuflucht nehmen, wo es statt warmer
ben„"",°jchaft kalter Höflichkeit und häufig harter Unhöflichkeit
Run «s' Uw man es die dienstliche Stellung fühlen läßt,
den, ^Ewt eingebildeter und nicht unsympathischer Mann,
in jb-p m um Kalliope — ist es da ein Wunder, wenn sie
Man» Vereinsamung, in ihrer Verbitterung dem ersten
Gln„kl °er sich um sie mit ehrlichen Gefühlen bemüht.
und Neigung schenkt? Aber eines so nieder-
Wer tws" Doppelspieles ist Kalliope unfähig. Ein Thor,
Kärnih ""^h nur einen Augenblick annehmen kann.

Dr.

re»«. ein Narr ist er", cs fehlt ihm an Menschen-
«.untluß, wenn er an Kalliope's Aufrichtigkeit gezweifelt hat!
ess°-s,wem Male war in Stanislaus wieder lebhaftes.Inter-
^ mr Kalliope erwacht; die Neugier folterte ihn, le eher,

je lieber zu erfahren, was sich dort unten an der Donau zu-
getragen hat, wie sich die Sache mit Zappa aufklären wird.
Herr von Kochanowski stimmte der Ansicht seines Sohnes
bei, daß man von Kalliope keine unbesonnene That erwarten
darf; da liege etwa ein Geheimniß oder, was wahrschein-
licher ist, ein Mißvecständniß vor- Vater und Sohn be--
schlossen, sofort nach Hause zu reisen; davon sollten aber
weder Frau Jadwiga noch Kalliope etwas vorher wissen.
Sie fuhren mit dem schnellsten Zuge heimwärts; ach, wie
langsam erschien ihnen beiden das Rasen des Expreß-Zuges!
Und wie langsam erst der Galopp der Fiakerpferde in Braila.
Endlich konnten sie vor ihrem Hause abspringen. Herr
von Kochanowski begab sich zu seiner Frau, Stanislaus
stürmte zu Kalliope, die noch immer das Veranda-Zimmer
bewohnte. Er klopfte heftig und ein Schüttelfrost
überfiel ihn, als er ihr „Entrez", ihre klangvolle Stimme
vernahm.
Er stürzte auf sie zu, die wie erschrocken am offenen
Fenster stand, und küßte ihre Hände:
„Ich glaube an Sie, Fräulein Kalliope ... ich
glaube an Ihre Aufrichtigkeit!" rief er feurig, statt sie zu
begrüßen.
Kalliope war tief bewegt.
„Oh, wie mich das freut, lieber Herr Stanislaus . . ."
entgegnete sie . . . „Ich danke Ihnen von ganzem Herzen l
Sie haben recht, an meine Aufrichtigkeit zu glauben - . .
Nun, wie geht es Ihnen? Hoffentlich gut! . . . Aber nehmen
Sie Platz . . . doch nein, kommen Sie hinaus auf die
Veranda ... So, hier sitzt es sich bequem. Und nun er-
zählen Sie — was hat Sie nach Hause geführt ? Im Mai . . .
gibt es da keine Vorlesungen mehr?"
„Was mich nach Hause geführt hat? Nun, ich wollte
Ihnen sagen, mündlich erklären, daß nichts, gar nichts auf
der Welt imstande ist, meinen Glauben an die Schönheit
Ihrer Seele zu erschüttern. Haben Sie für . . . für den
. . . Arzt . . . etwas . . . gefühlt, dann ist jener mystische
Zappa Ihnen blutsverwandt oder er steht Ihrem Herzen

sonst nahe, aber nicht als Ihr Erwählter oder . . . oder als,
ich weiß nicht was . . . Ich weiß bloß, daß nur ein Thor
an Ihnen zweifeln kann."
Kalliope's Augen wurden feucht. Sie betrachtete ihn mit
dankbaren Blicken und es fiel ihr auf, wie männlich er
geworden war, und wie schön ihm die Begeisterung zu
Gesicht stand.
„Das ist lieb von Ihnen," entgegnete Kalliope „und
zum Dank für Ihr Vertrauen will ich Ihnen auch erzählen,
wer . . ."
„Nein — Verzeihung, Fräulein Kalliope — nein, ich
will es nicht hören," versetzte Stanislaus hastig. „Sie
werden wohl Ihre Gründe haben für die Heimlichkeit.
Zur geeigneten Zeit werden Sie selbst den Schleier lüften.
Bloß eine Bitte. . . darf ich wagen, sie auszusprechen?"
„Nur zu, sprechen Sie, Herr Stanislaus!"
„Ich möchte der erste sein, der es erfährt. . ."
„Gilt! Soviel darf ich Ihnen aber jetzt schon sagen - . .
auf Aristides Zappa würde mein Herzensfreund, selbst wenn
er ein Othello wäre, nicht eifersüchtig sein können .. ."
Ein Jubelschrei war Stanislaus' Erwiderung. Kalliope
wurde cs ängstlich und doch angenehm zu Muthe. Stanis-
laus liebte sie also noch immer — der arme Junge — und
mit welchem Feuer, mit welch blindem Glauben! Ach, das
ist denn doch ein anderer als jener gewesen war, mit dem
häßlichen Mißtrauen. Warmes Freundschaftsgefühl für den
sie nur seinen Blicken liebkosenden Stanislaus erfüllte ihr
das Herz, und sie sprach liebe Worte zu ihm. Und sie be-
fragte ihn über den Studiengang, munterte ihn zu weiterem
Streben an und zeigte die lebhafteste Theilnahme für ihn;
allein aus all den Worten fühlte er nicht das heraus, was
ihn hätte glücklich machen können, und plötzlich konnte er sich
nicht mehr bemeistern und, so tief er sich auch dessen schämte
. . . er begann leise zu weinen . . .
Ein tiefes Mitleid bemächtigte sich Kalliope's und mit
Thränen in den Augen und in der Stimme tröstete sie ihn:
„Lieber Stanislaus . . . fassen Sie sich, ich bin Ihnen
 
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