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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 228-254 (01. Oktober 1900 - 31. Oktober 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0429

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Dm-» Haus gebracht.
"n? dost bezogen
-,,»?1??Mhrl. 1.25 Mk.
ausschließlich Zustellgebühr.
^rnsprech-Anschluß Nr. 82.

HÄklbkM Mm.

Jnsertionsgebühr:
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Für hiesige Geschäfts- und
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ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserat auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82

249.

DmiittMz, de» 25. Oclsber

ISO«.

Bestellungen
Uf die Heidelberger Zeitung für die Monate November
nd December werden bei allen Postanstalten, den Brief-
ugern, den Agenten, bei den Trägern in der Stadt, so-
'« in der Expedition, Untere Neckarstr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
Fracht; durch die Post bezogen für die Monate Novem-
Es und December, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfg.,
^Zustellgebühr Mk. 1.14._
Das Kaiserpaar in Elberfeld-Barmen.
n, Barmen, 24. Oct. Das Katserpaar traf heute
."rniiitag 10 Uhr auf dem Bahnhof Barmen-Ritters-
,^ien ein und wurde von dem Oberpräsidenten und dem
Minandirenden General dort empfangen. Es bestieg einen
.^spännigen Wagen und begab sich darauf, geleitet von
, "er Schwadron Düsseldorfer Husaren, nach der Ruhmes-
"ile auf dem Marktplätze. Auf den Treppenstufen des
i "Uunicntalen Gebäudes standen Fahnen der Kriegervereine,
^ Kaiser gegenüber hatten die städtischen Behörden, die
^'stlichkeit und die Ehrenjungfrauen Aufstellung genommen.
«wesend waren unter anderen auch die Minister v. Thie-
2" Und Frhr. von Rheinbaben. Ten Platz umsäumten
eine Kapelle der Matrosendivisiou spielte. Unter
n^ockengeläute und Böllerschüssen, begrüßt vom Jubel der
^völkerung. erschien das Kaiserpaar. Der Kaiser schritt
. ^ Front der Ehrenkompagnie ab; Ehrenjungfrauen über-
wachten der Kaiserin einen Blumenstrauß. Der Ober-
. Obermeister hielt eine Ansprache, in der er der Freude
dem Jubel der Stadt Barmen Ausdruck gab. Sodann
r d der Oberbürgermeister das Kaiserpaar ein, die Ruhmes-
bi,^ du betreten. Hier besichtigte der Kaiser die Ständ-
ler Kaiser Wilhelms I. und Kaiser Friedrichs. Der
Obermeister überreichte hierauf dem Kaiser einen
brentrunk. Der Kaiser sagte:
Er und die Kaiserin hätten sehr bedauert, daß sie
°er Einladung kürzlich nicht Folge leisten konnten, wegen
des Befindens der Kaiserin Friedrich. Er habe sich
"der außerordentlich gefreut, jetzt, nachdem der Zustand
der Kaiserin Friedrich sich gebessert habe, hier in Barmen
d« erscheinen und besonders sei er erfreut gewesen über
d'-e frohen Gesichter, die er allenthalben wahrgenommen
habe. Die Bedeutung Barmens auf dem Weltmärkte und
^Me sonstige Bedeutung seien ihm längst bekannt ge-
wesen. Er glaube, in den letzten Tagen einen bedeu-
^«gsvollen Schritt zur Erhaltung des W eltfried ens
""d zur Förderung des Handels gethan zu haben in
dem deutsch-englischen Abkommen, einem Ab-
^Mnien mit einem Staate, der außer dem deutschen
Weiche die bedeutendste germanische Macht sei. Mit dem
Wunsche, daß Barmen blühen und gedeihen möge, nehme
^ den Ehrentrunk an.
w, Sodann besichtigte das Kaiserpaar die Gemäldegalerie,
w kauf die Fahrt nach Elberfeld unter großem Jubel
Bevölkerung erfolgte.
r,g 3u Elberfeld trafen der Kaiser und die Kaiserin
II Uhr auf dem neuen Markt ein, wo das neue
h "thhaus errichtet ist, dessen Einweihung der Kaiser
vollzieht. Nicht endenwollende Hochrufe erschollen

"US der
Kunden

zahlreichen Menge, die sich auf dem Platze ein-
hatte. Alle umliegenden Häuser waren bis auf

de« ^cher besetzt. Das Kaiserpaar wurde am Eingänge
„ Rathhauses vom Oberbürgermeister Funcker, dem Bei-
kneten und dem Senior der Stadtverordneten ein-
sieben. Sowohl der Kaiser wie die Kaiserin unterhielten
einige Zeit mit den Herren, die die hohen Gäste dann
- « Festsaal des Rathhauses führten, wo sich die

Stadtverordneten und Beigeordneten, sowie einige Ehren-
gäste versammelt hatten. Auf der Treppe zum Festsaal
bildeten Ehrenjungfrauen in griechischen Kostümen und in
solchen aus der Zeit der Königin Luise Spalier. Nachdem
der Kaiser in dem Saale unter dem Baldachin Aufstellung
genommen, begrüßte der Oberbürgermeister das
Kaiserpaar mit einer Ansprache, in der er dem Dank und
der Freude Elberfelds Ausdruck gab und die Liebe, Treue
und Dankbarkeit zu dem Königshause hervorhob, die in
den Denkmälern der Kaiser Wilhelm I. und Friedrich
ihren Ausdruck finden. Das neue Rathhaus erfahre durch
den Kaiserbesuch die höchste Weihe. Der Redner bot dann
den Ehrentrunk und einen von den Frauen und Jung-
frauen der Stadt gestifteten Kaiserbecher dar. Der Kaiser
dankte in einer Ansprache und trank aus das Wohl der
Stadt.
Für die Huldigungen und den Empfang der Stadt
Elberfeld sagen die Kaiserin und ich tiefsten Dank. Wenn
es uns erst heute vergönnt ist, in Ihren Mauern zu er-
scheinen, so hielt uns die bange Sorge am Krankenlager
meiner Mutter zurück. Gott sei Dank, daß eine Wen-
dung zum Bessern uns gestattet, daß wir nunmehr Ihrem
Wunsch entsprechen konnten. Meine Frau Mutter, des
Kaisers Friedrich III. Lebensgefährtin und Gattin, dessen
Standbild in herrlicher Schöne vor Ihrem Rathhaus
steht, entbietet Ihnen von ihrem Lager aus durch meinen
Mund ihren Gruß. Ich freue mich von ganzem Herzen,
der Einladung, die die Stadt vor Jahren an mich ge-
richtet hat, ihr Haus einzuweihen, nunmehr entsprechen
zu können. Ich beglückwünsche Sie zu dem stolzen Bau,
den Sie aufgefuhrt haben. Möge in seinen Räumen
immer walten der Geist deutschen Bürgersinns, gemein-
samen Arbeitens an einem großen Ziele, gemeinsamen
Wirkens und gemeinsamen Ringens. Möge der Handel,
der Fleiß, die Industrie dieser Stadt, allseitig anerkannt
auf dem Weltmarkt, den Ruhm derselben von Jahr zu
Jahr mehren. Daß mir Gott die Möglichkeit verleihen
möge, die Kraft und die Fähigkeit, den dazu nothwen-
digen Frieden zu erhalten und zu bewahren, und wenn
nöthig auch zu erzwingen, das sei mein erstes Gebet an
dieser Stelle. Ich trinke aus das Wohl der Stadt und
auf das Wohl und Gedeihen der Bürgerschaft und das
Heil dieses Hauses, das ich hiermit weihe.
Die Kaiserin wurde von einem kleinen Mädchen
mit einem Gedicht begrüßt; auch ein Blumenstrauß wurde
ihr überreicht. Dann wurden dem Kaiserpaare die Stadt-
verordneten uud Beigeordneten vorgestellt. Der Kaiser
und die Kaiserin, sowie das Gefolge zeichneten sich in das
Ehrenbuch der Stadt Elberfeld ein. Als das Kaiserpaar
auf den Balkon des Rathhauses trat, wurde unter un-
geheurem Jubel von der auf dem Platz angesammelten
Menge die Nationalhymne angestimmt. Immer und immer
verneigte sich das Kaiserpaar; immer wieder antworteten
herzliche Zurufe. Erst nach etwa einer Stunde verließ
das Kaiserpaar das Rathhaus, wieder auf's freudigste be-
grüßt. Der Jubel pflanzte sich durch die Straßen fort,
die das Kaisetpaar durchfuhr, und dauerte noch einige
Zeit nachher, als das Ka serpaar den Bahnhof der
Schwebebahn bereits betreten hatte, mit der es sich
nach Vohwinkel begab. Sichtliche Freude bereitete ihm
das auf dem Brausewetterplatz erbaute Kriegsschiff, auf
dem ihm von über hundert ehemaligen Mannschaften der
Marine ein Willkommengruß entgegenschallte. Nach der
Abfahrt des Herrscherpaares durchwogte die Feststraße
eine freudig bewegte Menge. Auf sämmtlichen Plätzen
spielten Kapellen. Am Abend ist die Stadt festlich be-
leuchtet.

Deutsches Reich.
— Der zum Nachfolger des Grafen Bülow als
Staatssekretär des Auswärtigen Amtes ernannte Wirkliche
Geh. Legationsrath Dr. Oswald Frhr. v. Nicht Hofen
hat vor Kurzem sein 53. Lebensjahr vollendet. Anfangs
der siebziger Jahre war er vorübergehend auch im Reichs-
land dienstlich beschäftigt, zu Straßburg hat er 1874 sich
mit Lilly v. Hartmann verehelicht, die bereits vor mehr
als vier Jahrn in Alexandrien gestorben ist, und zu Zabern
ist sein ältester Sohn geboren. Von Alexandrien, wo er
Mitglied der europäischen Schuldcnkommission Aegyptens
gewesen war, wurde er nach dem Rücktritt Dr. Kaisers im
October 1896 zum Direktor der Kolonialabtheilung im
Auswärtigen Amt ernannt und nach der Ernennung des
Frhrn v. Rotenhan zum preußischen Gesandten beim Va-
tikan zum Unterstaatssekretär.
— Als Nachfolger des zum Staatss ekretär ernannten
Unterstaatssekretärs des Auswärtigen Amtes wird
der Gesandte in Luxemburg, v. Tschirschky und
Bögendorff, genannt.
— Die Nordd. Allg. Ztg. meldet: Dem Vernehmen
nach ist der 1. Secretär bei der Gesandtschaft in Peking,
v. Below-Saleske, zum Secretär bei der Botschaft
in Paris, der 2. Secretär bei der dortigen Gesandtschaft,
v. Bergen, zum Secretär bei der Botschaft in Rom in
Aussicht genommen.
— Ernst v. Wildenbruch hat den Kronenorden
2. Classe erhalten. Diese Auszeichnung hängt, wie die
Nationalztg. erfährt, damit zusammen, daß der Dichter
aus seiner amtlichen Thätigkeit im AuswärtigenAmte
aus Gesundheitsrücksichten aus ge schieden ist. Wilden-
bruch war seit dem Jahre 1877 in der Rechtsabtheilung
des Auswärtigen Amtes als ständiger Hülfsarbeiter thätig
und erhielt im Jahre 1889 den Titel Legationsrath und
1897 den eines Geh. Legationsraths. Auf seinen Wunsch
und Antrag hat er nun die Entlassung aus dem Staats-
dienst erhalten. Der Reichskanzler Graf Bülow hat dar-
aus Anlaß genommen, ihm in einem sehr schmeichelhaften
Schreiben seine wärmste Anerkennung als einer bisherigen
Zierde des Auswärtigen Amtes auszusprechen.
— Der Verlobte der Königin Wilhelmine der Nieder-
lande, Herzog Heinrich von Mecklenburg, der bisher
Oberleutnant ä 1a suits des Gardejägerbataillons und des
mecklenburgischen Füsilierregiments Nr. 90 war, ist zum
Hauplmann befördert worden.
— Der wir thsch östliche Ausschuß zur Vor-
berathung des Zolltarifs hat sich für einen Doppel-
tarif (Maximal- und Minimaltarif) entschieden, die Ge-
treidezölle werden mit 6 Mk. im Minimaltarife und
7'/, im Maximaltarif erscheinen.
Merzweiler, 21. Oct. Feldlageröfen für die
ostasiatischen Truppen werden, wie die Hagen.Ztg.
mittheilt, im hiesigen Eisenwerke hergestellt. Zwei größere
Sendungen sind bereits nach dem fernen Osten abgegangen.
Jeder Ofen wurde zu diesem Zwecke zuerst mit Oelfarbe
angestrichen und dann in eine solide Holzkiste verpackt, die
fest mit Eisen beschlagen wurde. Die Gesammtlieferung
beläuft sich auf nahezu 1000 Stück. Zur Beschleunigung
der Lieferung mußten viele Arbeiter Ueberstunden machen.
Baden. 8.0. Karlsruhe, 24. Oct. In einer soz.
Wahlkreisconferenz des 7. bad. Reichstagswahlkreises (Offen-
burg) erstattete Abgeordn. G e ck Bericht über den Mainzer
Parteitag. Hierauf entwickelte sich lt. Volksfreund eine
lebhafte Debatte, besonders in Bezug auf das Geck'sche
Flugblatt, wobei „manches harte Wort den Lippen ent-
schlüpfte, das besser ungesprochen geblieben wäre.* Mit
allen gegen 2 Stimmen wurde schließlich eine Resolution

1b)

Ein Opfer.
Roman von B. Saworra.
Autorisirte Bearbeitung nach dem Englischen.
(Fortsetzung.)

«ut Ihrem Herrn Sohn sehr befreundet?* fragte
sind wie Dämon und Pitbias," lächelte Frau
Pg,.^«nd. „Als Knaben waren sie unzertrennlich. Der alte
Grävener wohnte im Dorfe, aber Georg war mehr
zu Hause zu finden. Das blaue Zimmer neben
Heg" gehörte ihm; er benutzte es so oft, daß es nur Herrn
es ^ «s Zimmer genannt wurde, — Jenkinson bezeichnet
vsi '"w deute io. In späteren Jahren konnten sie nicht so
-lbb^mmmen sein, aber das that ihrer Freundschaft keinen
er b-j^' Wenn Georg einige freie Tage hat, weiß er, daß
«vd s,.««s stets willkommen ist. Er kommt ohne Anmeldung
"«tich- - ^ bier wie zu Hause. Ich würde sehr glücklich
"cihln-" sein, wenn er Dr. Brauns Praxis in Krofton über-
k^t aber das würde ihm nicht genügen. Georg ist zu
'tjx>>jAg und energisch, er würde sich als Landarzt nicht be-
M suhlen."
^streut ^ London bleiben?" fragte Judith etwas
^ Chelsea."
Chelsea? Ich bin dort bekannt,* bemerkte das junge
wgle s? nachdenklich. „Bertha hat in Chelsea gewohnt,"
"««en n," hinzu und sah träumerisch auf den sonnenbeschie-
.cv.^tasvlatz vor dem Fenster,
dre Schwester?"
,, „L«' >neine älteste Schwester — Frau Mortlock."
sieinF)" haben mir so oft von Rose und Ellen, von der
Kundli-n "Di erzählt." sagte Frau Frankland mit
lächeln, „aber ich habe noch so wenig von Ihrer
"«»er Bertha gehört."

„Wir kommen jetzt so selten mit ihr zusammen," erwiderte j
Judith fast traurig.
„Wohnt sie in London?"
„Zeitweise. Im vorigen Jahre schickte Robert die Kinder
zu seiner Schwester und ging mit Bertha auf Reisen. Sie
brachten den Winter in Florenz und Ravenna zu; jetzt erst
sind sie zurückgekehrt. Robert hat ein Haus in Badfort Park
gemiethet und Bertha ist wieder einmal mit ihren Kindern
zusammen. Ich freue mich so darüber! Es war furchtbar
traurig für sie, so lange von ihnen getrennt zu sein."
„Wie alt sind denn die Kinder?"
„Berthas ältestes Kind ist todt. Der kleine Harry ist
zwei Jahre alt. Nelly erst elf Monate."
„So jung noch? Und sie konnten sie so lange allein
lassen?" bemerkte Frau Frankland unwillkürlich etwas miß-
billigend.
„Robert sagte, er brauche vollständige Ruhe und Luftver-
änderung."
„Das ändert natürlich die Sache. Es mag oft ein recht
schwerer Kampf zwischen den Pflichten der Frau und der
Mutter sem. Es ist wohl hart, da die rechte Entscheidung
zu treffen. Wie schwer muß es sein, ein so junges Kind zu
verlassen, — wenn ich mich von Mark hätte trennen müssen,
ich glaube, mein Herz wäre gebrochen. Konnten sie die
Kinder nicht mitnebmen?*
Judith hotte den Ellbogen aus das Knie gestützt und den
Kops auf die Hand gelehnt; sie lächelte traurig.
„Robert liebt keine Kinder," sagte sie.
„Aber doch seine eigenen?"
„Nein, das ist ja so furchtbar schwer für Bertha," rief
sie; ihre Wangen waren geröthet, man hörte ihre innere
Empörung an dem Klang ihrer Stimme. „Ich habe an seine
Krankheit im vorigen Jahr nie geglaubt. Er suchte nur
nach einer glaubwürdigen Entschuldigung, um sich sür eine
Zeitlang von den Kindern trennen zu können. Sobald
er in Italien war. das er leidenschaftlich liebt, war von der
Nervenüberreizung nichts mehr zu spüren, an der er leiden
sollte."

„Judith, das sind die ersten bitteren Worte, die ich von
Ihnen gehört Habel"
„Ich werde immer bitter, wenn ich von Robert spreche,
gab sie fast reuevoll zu, „und doch! — ich müßte noch her-
bere Worte gebrauchen, wenn ich der Bitterkeit Ausdruck
geben wollte, die ich gegen ihn empfinde," setzte sie teile für
sich hinzu.
„Robert Mortlock — der Name klingt mir so bekannt."
„Er schreibt für die „Britische Kunst*. Er ist Kunst-
kritiker, versucht sich auch selbst als Künstler. Er spricht voll
Hohn über Werke, die nach dem Geschmack des großen
Publikums geschaffen werden und einen hohen Preis er-
zielen; trotzdem verschmäht er es nicht, sich selbst in solchen
Sachen zu versuchen, um sein Einkommen von Jahr zu Jahr
zu vergröbern. Das sind wieder bittere Worte, Frau Frank-
land." sagte Judith lachend, „aber wenn Sie wünschen, daß
ich liebenswürdig sein soll, dürfen Sie mich nie an Robert
erinnern."
Frau Frankland lächelte und strich liebkosend über das
Haar des jungen Mädchens.
„Ein wenig Aerger wirkt manchmal erfrischend," sagte fte
scherzend. „Ist Herr Mortlock noch jung? Dürfen wir
hoffen, daß er sich bessert?"
„Er wird gegen vierzig sein; er ist zwölf Jahre älter als
meine Schwester, und Bertha ist in diesem Monat achtund-
zwanzig geworden."
„Sie liebt ihn wohl sehr?"
Frau Frankland konnte nicht den sonderbaren Ausdruck
sehen, der Judiths Gesicht veränderte.
„Ich glaube, sie würde ihr Leben für ihn hingeben, ant-
wortete sic; sinnend ruhte ihr Blick auf dem weichen Rasen,
der halb im Schatten der Kastanienbäume lag.
(Fortsetzung folgt.)
 
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