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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

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Nr. 255-280 (01. November 1900 - 30. November 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0463

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Sonntags ausgenommen.
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monatlich SO Pf.
.frei in's Haus gebracht.
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Vierteljahr!. 1.25 Mk.
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Frrnsprech-Anschluß Nr. 82.


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der Inserate auf den Hlakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Ar. 258.

FrckW. de« 2. Ummber

1860.

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für die Monate November
Und December werden bei allen Postanstalten, den Brief-
Wägern, den Agenten, bei den Trägern in der Stadt, so-
wie in der Expedition, Untere Neckarstr. 21, fortwährend
angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate Novem-
"er und December, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfg.,
wit Zustellgebühr Mk. 1.14.

Der Rückgang der Sozialdemokratie.
In dem sechsten Berliner Wahlkreis hat am 30. Oct. die
°Urch den Tod des Abgeordneten Liebknecht nothwendig
Newordene Rcichstagsersatzwahl stattgefunden. Sozial-
Amokratischer Kandidat war der Schriftsteller Lcdebour,
A.r früher auch im Vorwärts thätig gewesen ist, dann
Wille Thätigkeit unseres Wissens nach Sachsen verlegt und
Wch auf den letzten sozialdemokratischen Parteitagen als
^uer der Unentwegtesten unter den Unentwegten bemerkbar
^suiacht hat. Sämmtliche Register ihrer Agitationen hatte
Ae Sozialdemokratie diesmal gezogen; sie hatte den
Schatten des Führers Liebknecht beschworen und am Tage
Ar Wahl noch das Hetzwort hinausgeschleudert: „Jede
Mmme, die für den Kandidaten des arbeitenden Volkes
W die Urne gelegt werde, wiege doppelt schwer als Protest
8kgen Hunncnthum, Brodwucher und Arbeiterknebelung,
?ls Protest gegen das beschämende Abhängigkeitsverhältniß,
'u dem die Regierung unter dem 12 000 Mark-Kurs für
Ae Scharfmacher, für die ärgsten Feinde des arbeitenden
Volkes frohnde".
Und nun liegt das Ergebniß vor. Freilich hat die
Sozialdemokratie den Wahlkreis behauptet, den sie bereits
Wit 1884 unausgesetzt im Besitz hat, zumal eine ernsthafte
^egenarbeit von bürgerlicher Seite nicht geschehen ist.
'äber wie? Um 12 000 war die Zahl der Wahlberechtigten
Köster als im Jahre 1898, und doch ist die Sozial-
demokratie um rund 5000 Stimmen hinter der Zahl von
1^98 zurückgeblieben. Und das sozialdemokratische
Wentralorgan? Es stellt sich hin und schreit: „Das
^beitende Volk hat ein vernichtendes Urthcil gefällt wider
w Selbstsucht der herrschenden Klassen und die Wahn-
Erstellungen einer ruhmsüchtigen Abenteurerpolitik".
, Bon den letzten Hauptwahlen an bis zum 1. Juli d. I.
ooben insgesammt neunzehn Reichstagsersatzwahlen statt-
6rsunden. In diesen neunzehn Wahlkreisen hat die Sozial-
Aviokratie 1898 rund 112 000 Stimmen aufgebracht,
./or in sechs vorwiegend industriellen Wahlkreisen ergab
wch eine Zunahme der Sozialdemokratie um etwa 6300
^timuien, dagegen in dreizehn Wahlkreisen verringerte
ihre Zahl um nahezu 9500 Stimmen. Noch auf-
wllender setzt dieser Rückgang mit der zweiten Hälfte
Aeses Jahres ein, wie sich aus folgenden sechs Wahlen
^gibt, die seit dem I.Juli d. I. stattgefunden haben und im
^gleich -u den ersten entsprechenden Wahlgängen im
^ohre 1898 folgendes Bild des sozialdemokratischen Wahl-
Mfniarsches gewähren:

Mülhausen
1898
1900
gegen 1898
. 13 610
7 680
— 5 922
Northeim . .
. 4 159
3 626
— 533
Ninteln . .
. 2 762
1 655
— 1 107
Manzleben
. 6 409
6 045
— 364
Brandenburg .
. 9 263
9 505
-j- 242
Berlin 6 . .
. 58 778
53 896
— 4 882

. Nur in einem einzigen Wahlkreise zeigt sich eine
„MKntmäßig verschwindende Zunahme; in allen übrigen

Wahlkreisen aber ein und theilweise auffallender Rück-
gang. Wir wollen daraus noch keine verfrühten Schluß-
folgerungen auf den umstrittenen Stillstand der Umsturz-
bewegung ziehen, denn dies würde auch im Widerspruch
stehen mit der Wildheit der Agitation, die gerade die letzten
Monate kennzeichnet. Dagegen drängt sich um so auf-
fallender der Gegensatz auf zwischen der sozialdemokratischen
Renommisterei und Radauphrase und den jetzt zu
konstatirenden Mißerfolgen, und damit erneut die
Mahnung an di: bürgerliche Gesellschaft: die erste
Vorbedingung zu einer aussichtsvollen Bekämpfung der
Sozialdemokratie zu schaffen, das heißt, sich von
der sozialdemokratischen Phrase frei zu machen; bei der
Behandlung öffentlicher Angelegenheiten jede Beeinflussung
in deren Behandlung seitens der sozialdemokratischen Hctz-
presse rundweg abzuweisen; und sich endlich auch einmal,
was so dringend Noth thut, in einer konsequenten und ge-
schlossenen Kritik des mit solchen Mißerfolgen arbeitenden
Treibens der Umsturzapostel zu bethätigen.

Die Ankunft des dritten Chinakorps.
Man schreibt dem Berl. Tagbl.: Die Mannschaften
des letzten großen Truppentransports des dritten ostasiati-
schen Expeditionskorps sind nunmehr sämmtlich in Nord-
china eingetroffen. Damit haben 7500 frische Truppen
die Pcihomündung erreicht. Die Dampfer „Palatia",
„Darmstadt", „Andalusia", „Hannover", „Arkadia" und
„Valdivia" schifften die Truppen in Taku aus; der
„Roland" landete eine Kompagnie Infanterie, drei Kom-
pagnien Pioniere und eine Jägerkompagnie iu Tientsin.
Die „Krefeld" setzte fast sämmtliche an Bord befindlichen
Infanteristen in Shanghai ans Land und ging mit dem
kleinen Rest nach Taku weiter. Das dritte Expeditions-
korps bringt an Verstärkungen zwei Jnfanterieregimenter,
darunter drei Kompagnien Bayern und Württemberger,
eine Schwadron des ostasiatischen Reiterregiments, eine Ge-
birgSbatterie und eine Batterie schwerer Artillerie, Eisen-
bahntruppen, Pioniere und Jäger, dazu Feldlazarethe, die
Feldintendantur und fünf Feldgeistliche. Trotzdem sich 900
Marinemannschaften auf der Heimreise befinden, beläuft
sich die Gesammtzahl der in Ostasien weilenden deutschen
Truppen jetzt auf rund 30000 Mann. Von diesen sind
reichlich 23 000 Mann Landtruppen, und 6600 einschließ-
lich der zurückgebliebenen 300 ausgedienten Marineangehö-
rigcn bilden die Besatzungen der 23 Kriegsschiffe und
Kriegsfahrzeuge. Dazu kommen noch kleine Detachements
an Bord einiger Transportschiffe. Mit der „Valdivia" ist
am letzten Samstag der Kommandeur der ersten ostastati-
schen Jnfanteriebrigade Generalmajor v. Trotha in Nord-
china ciugetroffen, wo die beiden anderen Brigadecomman-
deure Generalmajor von Ketteler (zweite Brigade) und
von Höpfner (dritte Brigade) bereits thätig find.

Deutsches Reich.
— Die Volksunterhaltungs-Abende habensich
seit den ersten neunziger Jahren in Stadt und Dorf immer
weiter verbreitet. Sie vereinigen in vielen Gemeinden einen
großen Theil der Einwohnerschaft bei belehrenden Vorträgen
und deklamatorischen und musikalischen Darbietungen. Die
Veranstaltungen sind damit für das Volksleben von größ-
ter Bedeutung geworden. Mit dem Beginn dieses Winters
haben die Abende, anscheinend in größerem Umfange als
in den Vorjahren, wieder begonnen. Eine sachgemäße An-
leitung zur Veranstaltung derartiger Abende giebt eine von
der „Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung" her-
ausgegebene Schrift^DieVolksnnterhaltuDs-Abendenach

Bedeutung, Entwickelung und Einrichtung, ein Weg zur
geistigen und sittlichen Einheit des deutschen Volkes" (Ge-
sellschaft für Verbreitung von Volksbildung, Berlin
Lübeckerstraße Nr. 6, 50 Pf.). In der Schrift findet Je-
der, der an dieser wichtigen Volksbildungsarbeit sich be-
theiligen möchte, Anleitung und Belehrung nach allen Rich-
tungen hin. Anhangsweise sind auch Programme von
Volksunterhaltungs-Abenden aus einer Reihe von Ortschaf-
ten, sowie ein Verzeichniß von Theaterstücken, die für die-
sen Zweck sich eignen, abgedruckt.
— In einigen schlesischen Webereien ist die Arbeits-
zeit um eine Stunde täglich verkürzt worden, ein weiteres
Anzeichen dafür, daß die Geschäfte flau gehen.
— Ueber die Ausreise der Truppen-Transport-
dam Pf er nach China liegen folgende letzte Meldungen vor:
Köln (N.D. Lloyd) 29. Oct. von Shanghai (Heimreise).
Arcadia (Hamb.A.L.) 30. Oct. in Taku.
Baden. Als Probe der von Wacker vorgeschlagenen
Wahlkreiseintheilung greift das Bad. Corresp.-
Burean den Wahlbezirk Engen-Stockach heraus, der
jetzt aus sämmtlichen 43 Gemeinden des Amtsbezirks Engen
und aus 5 Gemeinden des benachbarten Amtsbezirks
Stockach besteht. Es wird wohl Niemand behaupten kön-
nen, daß hier die „Gleichartigkeit der Verhältnisse und
Interessen", sowie die „Anlehnung an staatlich organisirte
Verbände" so sehr mißachtet und ungenügend durchgefüyrt
sei, daß eine Aenderung dringendes Bedürfniß wäre. Doch
Herr Wacker hat einen „zweckmäßigeren" Vorschlag. Nach
seinem Entwurf würden dem 5. Wahlbezirk künftig zuge-
theilt sein: 1) sämmtliche Gemeinden des Amtsbezirks
Stockach, 2) vom Amtsgerichtsbezirk Radolfzell die
Gemeinden Fncdltngen, Hausen a. d. A. und Singen;
3) vom Amtsbezirk Engen die Gemeinden Engen. Hof-
stetten, Eckartsbrunn, Bittelbrunn, Neuhausen, Ehingen,
Schlatt u. Kr. und Aach. Alle übrigen Gemeinden des
Amtsbezirks Engen würden dem 6. Wahlkreis zugetheilt
und hätten milder Amtsstadt Donaueschingen und
14 weiteren Orten des Amts Donaueschingen zu wählen.
Diese Stichprobe, die wir beliebig vermehren könnten, illu-
strirt am besten die famose Wahlkreisgeom etrie Wackers
und zeigt zugleich, daß Obkircher mit seinem Diktum den
Nagel auf den Kopf getroffen hat.
Württemberg. Die Württembcrgische Kammer hat sich
zwei Tage lang mit militärischen Dingen beschäftigt, näm-
lich 1) mit der Bebenhauser Convention und 2) mit der
Frage der Ersparnisse am Militär-Etat. Was die Beben-
hauser Convention anbetrifft, so mußte von der ganzen
Kammer anerkannt werden, daß sie staatsrechtlich unan-
fechtbar ist. Ihre Wirkung ist, wie aus den Ausfüh-
rungen des Ministers v. Mittnacht hervorgeht, sehr nütz-
lich für das württembcrgische Offizierkorps. Nach dieser
Konvention rangiren die württembergischen Offiziere mit
den preußischen und es findet ein gegenseitiger Austausch
statt. Die Avancementsverhältnisse sind dadurch für die
württembergischen Offiziere viel aus fichtsvoller geworden.
Innerhalb eines einzigen Corpsbezirks müssen sie natur-
gemäß unter Stockungen leiden. Die Kammer sprach den
Wunsch aus, daß der'gegenseitige Offiziersaustausch auf
das unerläßliche Maß beschränkt bleibe und daß namentlich
die höheren einheimischen Kommandostellcn den württ.
Offizieren reservirt bleiben. Es ist indessen klar,
daß ein solcher Wunsch nur wenig Bedeutung hat;
auch ungerecht ist er, denn wenn alle Kommandostellen
in Württemberg mit eigenen Offizieren besetzt und dazu
eine Anzahl württembergische Offiziere nach Preußen
kommandirt würden, so wäre das eine Benachtheiligung
der preuß. Offiziere. Was die Frage der Ersparnisse

17)

Ei« Opfer.
Roman von B. Saworra.
Autorisirte Bearbeitung nach dem Englischen.
(Fortsetzung.)

4. Kapitel.
L, »Das haben Sie da Schönes zu sehen, Fräulein Budget?
'^d Herr Frankland und Judith im Garten?"
b so angeredete Dame trat schnell vom Fenster zurück.
!v,^ sehr dünn und klein, mit scharfen Gestchtszügen,
hellk," Schultern und Ellbogen. Ihr blasses Gesicht mit den
^uvlauen Augen, von strohgelben Haaren umrahmt, war
eim ü. einnehmend. Sie trug ein grünes Kleid, das in seiner
^uachen Machart sie noch dürftiger erscheinen ließ und
kleidsam für ihre ungesunde Gesichtsfarbe war.
Lii»Kst Du mit Deinem französischen Exercitium fertig,
fragte sie scharf.
sch-ü üützte die Ellbogen auf den Tisch und legte ibr büb-
Kinn auf die gefalteten Hände. Sie lächelte mutbwillig.
ein, Fräulein Büdget, aber ich habe davon so viel ge-
als für deute nöthig ist."
»>)ch wünsche, daß Du es zu Ende machst."
^.»Ia. ich weiß — aber ich möchte nicht," war die liebens-
Antwort. „Ach da sind Mark und Judith! Sie
Er°?dn durch den Garten — rufe sie, Di. Mark kann das
kg„7-^tium zu Ende machen; es wird ihm gut thun. Mir
Nein ^ keinensalls nützen! „Hast Du Dich schon rasirt?
— aber ich will mich gleich rasiren."
es "-lsem, Fräulein Büdget, das nützt mir nichts, wenn ich
D; T^tig iranzösilch übersetzen kann. Laß Mark es thun.
hx.'sitzest dem Fenster am nächsten, bitte ihn, mit Judith
^nzukominen."
FenkC' die auf dem Fußboden kniete und die Arme auf das
uerbrett gelegt hatte, gehorchte willig. Im nächsten Augen-

blick erschien Lilas lachendes Gesicht neben Dis in dem epheu-
umrankten Fensterrahmen.
„Mark! Wo ist Deines Brudes Rasirmesser? Hast Du
den Puderbeutel von dem Vormunde meines Vetters gesehen?
Ist er in meines Vaters Speisezimmer oder in Deiner Mutter
Schlafzimmer?"
Mark kam lachend über den Grasplatz näher; Judith
folgte ihm langsam. Sie setzte sich auf den breiten Fenster-
Vorsprung ; er stellte sich neben sie und blickte in das kleine»
einfach ausgestattete Schulzimmer, auf die beiden rebellischen
Kobolde und die Dame, die die wenig beneidenswerthe Auf-
gabe hatte, sie zu unterrichten.
„Wie geht es Ihnen, Fräulein Büdget?" sagte Mark
freundlich, als die Erzieherin näher trat.
Sie reichte ihm ihre kleine, schmale Hand und lächelte süß,
ohne zu antworten.
„Hier ist Dein Rasirmesser," fiel Lisa ernst ein.
„Danke, mein Junge, stelle es an das Bett."
„Mein Bruder hat ein Pferd, eine Kuh und ein Schaf,"
fuhr Di in demselben Ton fort. „Die Tante Deines Vetters
hat Senf, Bücher und Theelöffel!"
„Fräulein Büdget," unterbrach Mark sie, „haben Ihre
Schülerinnen den Verstand verloren?"
„Liebster Mark, komm' herein und mache mein französisches
Exercitium zu Ende. Ich habe den ganzen — wie soll ich
sagen? — den weiblichen Theil fertig; aber nun bin ich
bis zu den Rasirmessern gekommen, und dabei bin ich stecken
geblieben. Du kannst wohl Deine Freunde in allen fremden
Sprachen darnach fragen, aber — bescheidene Anfrage — ich
kann es doch nicht, nickt wahr?"
„Ich fürchte, nein!" lachte Mark.
„Wir kommen jetzt hinaus," rief Lisa lustig und ver-
heißungsvoll. „Unsere Stunden sind für heute zu Ende."
Das Brautpaar vernahm die Ankündigung in stiller Er-
gebung. In der nächsten Minute waren die Mädchen, ihre
Hüte in den Händen, im Garten.
„Wir möchten zu Dir gehen, Mark, ja?" schlug Di vor-

„Bei Dir ist es io hübsch, nicht wahr, Lisa? Du hast
einen so herrlichen Obstgarten. Und so schöne große Erd-
beeren und einen so netten, guten Gärtner! Wir wollen
Erdbeeren pflücken, weißt Du, und Du kannst während dessen
Dick mit Judith unterhalten."
„Sehr weile Arbeitsvertkeilung!" stimmte Mark bei.
„Kommt schnell," rieth Lisa. „Wenn Rosa und Ellen uns
sehen, erlauben sie nicht, daß wir mitgeh en. Rosa meint, man
müsse ein Brautpaar allein lassen."
„O. hat Judith Dir schon erzählt, daß sie wahrscheinlich
nach London fahren wird, um Bertha zu besuchen? Was
in aller Welt wirst Du thun, Mark, wenn sie Dich hier allein
läßt?"
„Das ist eine Frage, Lisa, die ich mir schon selbst in allen
Tonarten vorgelegt bade. Aber es ist ja noch nicht fest be-
stimmt, daß Judith fortgeht."
„Dock, sie wird schon fahren." tröstete Di.
„Bertha hat neuralgische Schmerzen," bemerkte Lisa trocken;
„da braucht Robert natürlich eine Luftveränderung."
„Und Bertha," erklärte Di, „ist ganz allein und fühlt sich
sehr elend; und sie wird mit tausend Freuden Judiths An-
erbieten, zu ihr zu kommen, annehmen."
„So denkst Du wirklich daran, nach London zu gehen,
Judith?" fragte Mark, als Lisa und Di ein wenig vor-

gegangen waren.
„Bertha scheint meinen Besuch sehr zu wünschen."
„Weißt Du, was ich thun will, wenn Du nach London
gehst?"
„Nein."
„Auch hinkommen."
Judith erhob ihre klaren braunen Augen mit freudigem
Aufleuchten zu ihm.
„Wirklich» ist das Dein Ernst?"
„Vollkommen. Meine Mutier bat, wie Du weißt, schon
lange die Absicht, ihrer Augen wegen eine Zeitlang nach
London zu gehen. Ich werde ihr zureden, es jetzt zu thun,
und ich begleite sie dann." (Fortsetzung folgt.)
 
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