Drittel ihrer vierteljährigen Communalsteuer als Kirchen-
steuer, also beinahe den doppelten Betrag wie die Adligen.
Daß es heute noch ein solches Gesetz gibt, ist schwer ver-
ständlich. Der klingende Erfolg ist wohl kaum als Grund
dieser Maßregel anzunehmen, denn gegenwärtig leben, wie
bemerkt wird, in Weimar nur sechs oder sieben nichtadlige
Offiziere a. D.
Koburg-Gotha. G o th a. 27. Sept- Die 19. Land-
tagsurwahl hat heute im Wahlbezirk Waltershausen statt-
gefunden und nach den bis Nachmittag vorliegenden
Meldungen den Sozialdemokraten den neunten
Landtags sitz eingebracht; sie haben gegen bisher zwei
neue Mandate gewonnen. Der neugewählte Land-
tag besteht aus neun Sozialdemokraten, sechs Angehörigen
des Bundes der Landwirthe und vier Freisinnigen. Die
neun Sozialdemokraten werden, da ihnen eine geschlossene
Mehrheit nicht gegenübersteht, die ruhig stetige Entwicklung
des Staatswesens mehr hindern als fördern. Der Saats-
haushalt erfordert jährlich gegen 2^/, Millionen Mark,
welche zur Zeit nicht durch Einnahmen, sondern nur durch
Zuschuß aus dem Staatsvermögen in Höhe von 120 000
Mark gedeckt werden können. Wenn nun auch noch, wie
bereits gefordert, die Grundsteuer und das Chausseegeld
aufgehoben und neue dringliche Ausgaben bewilligt werden,
so wird die Schwierigkeit der Finanzlage nur noch ge-
steigert; die sozialdemokratischen Heilmittel können aber
hier am wenigsten helfen. Die Sozialdemokraten wollen
das Domänenabkommen mit der Krone einfach durch Ver-
fassungsänderung aufgehoben wissen. Das kann aber der
Landtag einseitig nicht ermöglichen und an eine Zu-
stimmung des Regierungsverwesers und der Agnaten ist
nicht zu denken. Möglich ist nur eine von den Liberalen
eingeleitets und schon vom Herzog Alfred nicht abgelehnte
reinliche Theilung der Domäneneinkünfte zwischen Herzog
und Land, worüber die Verhandlungen schweben. Ob sie
nun bei der neuen Zusammensetzung des Landtags noch
zu einem befriedigenden Abschluß geführt werden können,
erscheint sehr fragwürdig.
Aus der Karlsruher Zeitung.
Karlsruhe, 28. September. Gestern Mittag gegen
1 Uhr sind mit Sonderdampfboot von Schloß Weinburg
kommend auf Mainau eingetroffen der König von Ru-
mänien, der Fürst von Hohenzollern, sowie der Prinz und
die Prinzessin Friedrich von Hohenzollern und Erbprinz
Wilhelm von Hohenzollern. Die Gäste wurden von dem
Großherzog, der Großherzogin und dem Erbgroßherzog
am Landungsplatz begrüßt und zum Schloß geleitet, wo
die Erbgroßherzogin deren Ankunft erwartete. Die Fürst-
lichen Herrschaften begaben sich sodann zur Tafel, während
für das Gefolge Marschalltafel stattfand. Die Rückkehr der
Gäste nach Schloß Weinburg erfolgte um 4 Uhr. Die
Erbgroßherzoglichen Herrschaften fuhren am späteren Nach-
mittag nach Salem und kehrten Abends wieder nach Schloß
Mainau zurück. Heute Mittag haben Minister von Brauer
und Gemahlin Schloß Mainau verlassen, um nach Karlsruhe
zurückzukehreu. Morgen Nachmittag treffen vier Offiziere
des 2. Ersatz-Seebataillons in Konstanz ein^ welche nach
Vollzug ihres Auftrages in München bei dem Prinzen
Rupprecht von Bayern den weiteren Befehl des Kaisers
auSführen werden, sich auch bei dem Grotzherzog zu melden
und demselben persönliche gütige Gesinnungen des Kaisers
zu übermitteln.
Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Zur Uebertrittsbewegung
wird gemeldet, daß 17 czechische Geistliche sich zum Alt-
katholicismus gemeldet haben. Sonntag sind in Rcitendorf
(Nordmähren) 42 Deutsche der altkatholischen Gemeinde
beigetreten, in Reichenberg zehn Personen der evangelischen
Gemeinde.
Frankreich. Paris, 28. Sept. Dem Echo de Paris
zufolge steht bei der Polytechnischen Hochschule
eine ähnliche Reorganisation bevor, wie in der Militär-
schule zu St. Cyr. Insbesondere sollen jene militärischen
Instrukteure der Hochschule, welche nicht als verläßliche
Republikaner gelten, entfernt werden.
Paris, 28. Septbr. Die Mitglieder des inter-
nationalen Sozialistencongresses begaben sich
heute Vormittag truppenweise nach dem Friedhofe Pore La-
chaise, um an der Blauer der Föderirten mehrere Kränze
niederzulegen. Der Eintritt in den Kirchhof vollzog sich
ruhig, später aber wurde die Internationale angestimmt,
die von der Polizei verboten wurde. Während man den
rothen Kranz des Kongresses an der Mauer befestigte,
brachen die Anwesenden in die Rufe aus: „Es lebe die
Commune! Es lebe die Internationale!" Den frauzö-
folgt: Eine verglimmende Lampe beleuchtet den langen Korridor
zwischen den Schlafräumen des oberen Stockwerkes. Es ist immer
ergötzlich, während einer solchen Nachtwanderung durch einen
Hotelkorridor die Stellung des Schuhwerks vor den Thüren und
damit zugleich die verschiedenen Naturanlagen der beiden Ge-
schlechter zu sludiren. Das Herrenschuhwerk ist immer genau
nebeneinander, in richtiger Anordnung des rechten und linken
Stiefels: die Damenschuhe dagegen liegen, wie es gerade kommt,
mit dem rothen Saffianfutter hinauf. Es gibt kein Exempel, daß
ein Herr, nachdem er zuerst im Schlafzimmer die Schuhe sorgiam
ihrer Bestimmung gemäß rechts und links postirt hatte, nicht,
langsam die Thür öffnend, sie genau und ordentlich vor die
Schwelle stellt, worauf er still die Thür schließt. Ein weibliches
Wesen dagegen nimmt die Schuhe aufs Gerathewohl, wie sie sie
eben im Zimmer in die Hand bekommt, reißt schnell die Thür
auf, wirft das Schuhzeug durcheinander hinaus und schlägt
rervös und mit einem betäubenden Lärm die Thür zu. Da stand
nun Herren- und Damenschnhwerk vor den Schwellen, und inner-
halb der verriegelten Thüren schlief Alt und Jung seinen ruhigen,
gesunden deutschen Schlaf. Es war die ruhige Lebensfreude
meiner Mitwelt, die auf dem einsamen Blocksberg übernachtete,
allwo vordem die Volksphantasie die wildesten Lüste des Alter-
thums und Mittelalters ihren lärmenden Sabbath feiern ließ."
(Zur Rechtfertigung der Damen wird in einem Blatte darauf
aufmerksam gemacht, daß sie im tiefsten Negligö zu sein pflegen,
wenn sie die Schuhe Herausstellen, daher die Ueberhastung.)
fischen Delegirten wurde seitens des dienstthuenden Polizei-
commissars untersagt, Reden zu halten. Darauf hielt
Singer eine Ansprache, in der er die Gefallenen feierte und
erklärte: Wir werden ihrem Beispiele Nachfolgen. (Das
wird Singer schwerlich thun. Red.) Darauf zogen die ein-
zelnen Gruppen vor der Mauer vorüber.
Rußland. Petersburg, 28. Sept. Das Kaiser-
paar reiste mit Familie gestern von Spala nach dem
Süden der Krim ab.
Asien. Nach einer Meldung der Morning Post aus
Peking hat China bereits das Ultimatum der
Admirale vom 16. Juni als oasno bolli betrachtet.
In den Plenarkonferenzen der Prinzen und Minister am
17. und 19. Juni hätten nur drei Theilnehmer derselben
die Boxer zu kritisiren sowie Friedcnsvorschläge und den
Schutz der Nichtkombattanten anzuempfehlen gewagt. Diese
drei Personen, von denen zwei Mitglieder des Tsungli-
Jamen waren, seien am 11. August hingerichtet worden.
Am 20. Juni erschien ein Edikt, welches allen den
Ländern, die in Peking Gesandtschaften haben, den Krieg
erklärte und die Provinzen aufforderte, der Central-
regierung Beistand zu leisten. Am gleichen Tage seien der
deutsche Gesandte und ein englischer Civilist
Namens Idmer von chinesischen Soldaten getödtet worden.
Der Kampf hat zwar jetzt aufgchört, indessen hal. sich
die Kriegspartei, unbesiegt und ohne Kompromiß, zurück-
gezogen. Man könne aber zwischen der Kriegsvartei und
dem übrigen China einen Unterschied machen. Der größere
Theil Chinas habe sich geweigert, sich der Kriegspartei an-
zuschließen. — Dem Bureau Laffan wird aus Peking
gemeldet, daß die Chinesen behaupten, viele Bo xer kämen
in Verkleidung nach Peking zurück, sie sagten, daß sie
ihre Zeit abwarten und dann doch gewinnen würden. —
Die Kriegsgerichte verhängen Strafen von 50 Schlä-
gen und harter Arbeit bis zur Todesstrafe. Alle ge-
fangenen Boxer werden hingerichtet.
Afrika. Wie ein Telegramm des Feldmarschalls Ro-
berts aus Pretoria vom 27. ds. meldet, haben die
Engländer Heilbron, Lindley und Reitz wieder besetzt. Eine
Abtheilung Buren habe Piemers Station angegriffen, sei
jedoch zurückgeschlagen worden.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 29. September.
** Der Wafferstand des Neckars hat sich soweit gehoben, daß
die Schifffahrt wieder beginnen kann. Bereits sino mehrere
Schleppdampfer zu Thal gefahren, um dis in Mannheim jeden-
falls in großer Anzahl liegenden leeren und beladenen Lastschiffe
neckaraufwärts zu befördern. Der Regen kam übrigens fast nur
der Schifffahrt zu gut, die Landwirthfchast hätte ihn entbehren
können, für diese kam er eher störend.
I,. Strafkammersttzung vom 28. Septbr. Vorsitzender: Land-
gerichtsdirektor Dr. West. Vertreter der Großh. Staatsanwalt-
schaft : Referendär Holzenthaler.
1. Der 32 Jahre alte Dienstknecht Anton Zimmermann
von Sulzbach beging sofort, nachdem er in diesem Frühjahre
aus dem Zuchthause entlassen worden war, wieder einen Haft-
geldbetrug; außerdem stahl er einen Regenschirm, aus den Klei-
dern eines andern Knechts 5 Mk. und aus einem verschlossenen
Koffer ein Paar Strümpfe. In Berücksichtigung seiner vielen
wegen ähnlicher Verbrechen erfolgten Vorstrafen wird er zu zwei
Jahren Zuchthaus und 5jährigen Ehrverlust verurtstcilt.
2. Wegen erschwerten Diebstahls erhielt der 21jährige Schrei-
ber Wilhelm Karrer von Zuzenhausen, welcher in Sinsheim
mittelst falschen Schlüssels einen Schubkasten geöffnet und da-
raus 5 Mk. entwendet hat, eine Gefängnißstrafe von 3 Monaten
und 2 Wochen.
3. Am Kirchweihtage in Gaiberg stieg der 19 Jahre alte
Taglöhner Joh. Schmitt von dort Nachts in sein elterliches
Haus ein und stahl seinen Brüdern Kleider und verschiedene
andere Gegenstände, wofür er wegen schweren Diebstahls mit
5 Monaten Gefänguiß, abzüglich 3 Wochen Untersuchungshaft
bestraft wird.
4. Ebenfalls am Kirchweihfeste verübte der Landwirth Franz
Oe hl von Kirchheim einen Einbruch in ein Nachbarhaus, wo-
bei er ein Messer im Wertste von 1 Mk. erbeutete. Das Urtheil
lautet auf 5 Monate Gefänguiß unter Anrechnung von drei
Wochen Untersuchungshaft.
5. Wegen Nichterscheinens werden die Berufungen des Tag-
löhners Karl Frtedr. Askani von Wieblingen und
6. des Taglöhners Victor Kober von Landshausen gegen
schöffengerichtliche Urtheile, die gegen den ersteren wegen Be-
drohung, gegen letzteren wegen Körperverletzung ergangen waren,
zurückgewiesen.
7. In der Berufungssache gegen den Dreher Wendelin Weis
von Petersthal, welcher einer mit dem Messer begangenen
Körperverletzung beschuldigt ist, kommt die Strafkammer zu einer
milderen Auffassung des Vorfalls als das Schöffengericht und
ermäßigt die gegen ihn ausgesprochene Strafe von zwei Monaten
auf drei Wochen Gefängniß.
8. Am Pfingstmontage warf der Kaufmann Achilles Fünf-
gelt aus Kitzingen in der Nähe von Schlierbach aus einem
Schnellzuge eine Weinflasche, welche an einer Telegraphenstange
oder Mauer abprallts, durch das Fenster eines anderen Coups
in den Zug zurückflog und eine Frau so an den Kopf traf, daß
sie eine leichte Gehirnerschütterung erlitt. Die durch Schöffen-
gcrichtsurtheil ausgesprochene Strafe von 40 Mk. wegen fahr-
lässiger Körperverletzung wird heute als entsprechend erkannt und
die Berufung kostenfällig abgewtesen.
— Die deutsche Sprache in Pariser Schulen. Ein Pariser
Blatt schreibt: „In der Weltausstellung befindet sich eine Ab-
theilung, in der die Regierung der Republik die bewunderns-
würdigen Resultate des Schulunterrichts ausstellt. Wenn man
die Schülerhefte der deutschen Klaffe durchblätteit, die schriftliche
Arbeiten mit den Korrekturen der Lehrer enthalten, so sieht man,
daß diese von Fehlern wimmeln. Was aber merkwürdiger Weise
dabei ist, die Lehrer verbessern nicht nur die Fehler, sondern sie
machen — noch mehr als die Schüler. So schreibt z. B. ein
Schüler, „ich habe auf der Spaziergang, welche ich gemacht
habe..." Und der Lehrer verbessert: „Ich stabe auf den
Spaziergang, welcher ich gemacht habe . . ." Man kann sehr
alt werden und sehr glücklich leben, ohne den geringsten Brocken
einer fremden Sprache zu kennen; aber der Minister des öffent-
lichen Unterrichts thäte vielleicht gut daran, die Unvollkommen-
heiten seines Unterrichts und die krasse Unwissenheit einiger seiner
Lehrer den Blicken der Fremden zu entziehen, die darüber doch
nur lächeln können. Etwas derartiges stellt man nicht aus . . .
und man setzt sich dem nicht aus."
— Aus der Schule. Lehrer: „Wer kann mir sagen, warum
man annehmen kann, daß die Sahara früher ein Meer war?"
— Ein Schüler: „Ich weiß es!" — Lehrer: „Nun, sag' es!"
— Schüler: „Weil die Neger noch mit Schwimmhosen herum-
laufen!"
— Unfälle. Einem bei einem Neubau in der Zäbringer
Straße beschäftigten Italiener fiel ein Gerüstprüael mit solcher
Wucht aus den Arm, daß er einen Armbruch davonlrug. ""
Gestern Nachmittag wurde ein Rangirer ins akademische Kranken-
haus überführt, der bei Ausübung seines Berufes im Bahnhof
Verletzungen am Kopf und einen Armbruch erlitten hatte.
— Polizeibericht. Wegen Ruhestörung, Bedrostung und Be-
leidigung wurde ein Taglöstner verhaftet.
Eberbach, 27. Sevt. Einen nichts weniger als witzigen Streikst
der aber ein gerichtliches Nachspiel zur Folge haben wtro, verübte
am Sonntag Abend, dem E. St.- u. Ldb. zufolge, ein angesehener
bekannter Herr von Aglasterhausen, der in Begleitung eines
anderen Herrn von Neunkirchen ans auf dem Heimwege sich be-
fand. Einem ihnen begegnenden Radfahrer sagte er nämlich, er
solle schnell umkehren und in Aglasterhausen die Feuerwehr
alarmiren, da in Neunki.chcn ein großer Brand ausgebrochen
und zwei Häu'er bereits eingeäschert seien. Der Radfahrer that,
wie ihm geheimen und nannte auch in Aglasterhausen den Namen
des Herrn, der ihm den Auftrag, alarmiren zu lassen, gegeben-
Die Einwohner von Neunkirchen trauten ihren Augen nicht, als
in der Nacht fremde Feuerwehr in ihren Ort eingerückt kam und
diese wiederum war erstaunt, als sie kein Feuer erblickte. Es
war nun klar, daß dieselbe genasführt worden. Die Gendarmerie
hat bereits Erhebungen gemacht.
Mannheim. 28 Sept. Ein ganzes Heer Wallstadtek
Milchpantscher wurde heute Wiede r vom Schöffengericht
wegen Verkaufs gefälschter (entrahmter ) Milch in Strafe ge*
nommen.
O Unterowisheim, 28. Sept. Die Traubenlese hiesiger
Gemarkung beginnt Mittwoch, den 3. October. Quantität:
Halber Herbst; Qualität zwischen Mittel bis gut.
L6. Karlsruhe, 28. Septbr. Der Bürgerausschuß besichtigte
heute das mit einem Kostenaufwand von 400 000 Mark erbaute
Volksschulgebäudc an der Kaiserallee (auf dem ehemaligen Schieß-
plätze). In dem stattlichen, äußerst zweckmäßig eingerichteten Bau
ist Raum für etwa 500—600 Schülerinnen; in einigen Jahre»
wird am gleichen Platz mit der Front nach Süden ein Knaben-
schulgebäude errichtet.
Baden-Baden, 27. Septbr. In einem hiesigen Lustkurbot-t
entleibte sich gestern Abend eine dort zur Kur weilende
ca. 30 Jahre alte Dame, welche sich unter einem falschen Namen
eingemietstet hatte, indem sie sich mit einem Revolver einen Sct>u8
in die Herzgegend betvrachte. Aus dem hinterlassenen Schreiben
geht ihr richtiger Name hervor, auch hinterließ sie eine grögere
Geldsumme zur Regelung der erwachsenen Unkosten. Die Dame,
welche sich als Ungarin ausgab, in Wirklichkeit aber aus der
Schweiz stammte, war in Begleitung einer Kammerfrau und
vermutstet man, daß sie die That aus Liebesgram begangen hat,
weil ein bestandenes Verhältnis aufgelöst werden sollre.
Theater- und Kunst-Nachrichten.
Heidelberg, 29. Septbr. (Stadttheater.) Als zweite
Abonnementsvorstellung geht am Montag Grillparzer's Trauer-
spiel „Sappho" in Scene, in welchem unsere erste Liebhaberin,
Fräulein Herter, in der Titelrolle debutiren wird. Die DaweN
Kögl und Schönberg (letztere tritt gleichsalls zum ersten Male
auf) spielen die anderen weiblichen Rollen. Der erste jugendliche
Liebhaber, Herr Bernau, svielt die dankbare Rolle des „Phaon
und Herr Brecher den „Rhamnes". In kleineren, aber wichtigen
Episodenrollen sind die Herren Großmann und Krones be-
schäftigt.
Mannheim. (Großh. Hof- und Nationaltheater.) Sonntag,
80. Sept. (Ab. 8); „Osvsllsria rnstiomm". Hierauf: „Paggliaccst-
Montag, 1. Oct. (Ab. L): Zum ersten Mme: „Verlorene Liebes-
müh". Komödie in 3 Akten von Shakespeare. In neuer Ueber-
fetzung und Bühnenbearbeitung von Rudolf Geuse.
Karlsruhe. (Großh. Hoftheater.) a. Im Hoftheater in Karls-
ruhe: Sonntag, 30. Sept.: „Undine". Dienstag, 2. Oct.:
„Martha". Donnerstag, 4. Oct.: „Der Biberpelz". Freitag,
5. Oct.: Zum ersten Male: „Tugendhof". Lustspiel in 4 Akten
von R. Skowrones. Samstag, 6. Oct.: „Regina" oder „D>e
Marodeure". Sonntag, 7. Oct.: „Ftgaro's Hochzeit". — b. Int
Theater in Baden-Baden: Mittwoch, 3. Oct.: „Lucia von
Lammermoor".
Darmstadt. (Großh. Hoftheater.) Sonntag, 30. Sept.: ZuiN
ersten Male und unter persönlicher Leitung des Komponisten:
„Der Elephant". Komische Oper in 3 Aufzügen. Dichtung von
Leopold Schulter. Musik von Bruno Oelsner. Dienstag, 2. Oct.:
„Der Kaufmann von Venedig". Mittwoch, 3. Oct.: „Alessandro
Stradella". Alessandro Stradella: Herr Zeitzschel von Berlin
als Gast.
Handel und Berkehr.
Mannheim, 28. Sept. (Aktien.) Oberrh. Bank —.— G-
Rheinische Kreditbank 141.50 G. Rheinische Hypothekenbank
161.50 G. Heidelberger Aktienbrauerei 148.— G. Schrödl'säst
Brauerei-Aktien 150.— B. Portland - Cementwerk Heidelberg
138. — G. Mannh. Bank 116.50 B. G. Bad. Anilin- und
Sodafabrik 385.— B. Wefteregel Alkali-Werke Stamm 205.— G-<
dto. Vorzugs 104.— G. Verein deutscher Oelfabriken 104.— G-
Waghäusler Zuckerfabrik 79.20 G. Mannheimer Zuckerraffinerie
139. — G. Mannheimer Aktienbrauerei 168.— G. EichbauM-
Brauerei 163.50 G. Bayrische Brauerei Schwarz 125.— B-
Brauerei Sinner 220.50 B. Ganter's Brauerei Freiburg
109 — G.
Frankfurt. 28. Sept Efsektensocietät. Abends 6'/. Uhr-
Oesterr. Creditaktien 201.30—70—50—70 b. Oct. Diskonto-
Kommandit 167.90-168.19-167.90 b. Sept. 16830-50-1"
b. Oct. Darmstädtec Bank 127.50 b. Ocr. Deutsche Bank 182.2"
bis 181.80 b. Oct. Dresdener Bank 139.40 b. Oct. Nationalbank
für Deutschland 127.10 b. G. cpt. u. Oct. Berliner Handels'
gesellschaft 139.50 b. Oct. Oesterr. Staatsbahn 141 b. Oct-
Nortstern 68.70—50 b. Oct. 3pCt. Mexikaner 25.20 cpt. b-
25.10 b. Oct. 5pCl. amort. Mexikaner 39.30 cpt. b. 4pCt- Ita-
liener 93.50 b. Oct. Bochumer 173.10—10—173 b. GelseukircheN
188.50 b. Harpener 177.30—40 b. Hibernia 195.10 b. LaurN
^b^O-E^uhr': 3pCt. Mexikaner 25.20 Oct. .
Die Abendbörse eröffnete auf befestigtem Niveau, das si"
ungeachtet etwas schwächerer Londoner Notirungen auf den
meisten Gebieten gut behaupten konnte.
Heidelberg, 29. Sept. (Marktpreise.) Heu per Cent«?:
3.50 bis 3.80, Korn-Stroh per Ctr. 3.20 bis 3.50, gelN-
1.90 bis 2.—, gelbe Kartoffeln per Centner 2.05 bis 2.1"'
Salatkartoffeln 3.20 bis 340, Butter in Ballen 0.95 bis
1.-. in Pfund 1.10 bis 1.20, Zwiebeln 5 bis 6 Knoblauch
35 Bohnen 5 bis 6 Erbsen 12 bis 15 Gebund Gelb'
rüben 2 bis 3 Schwarzwurzeln per Pfund 15 bis 20 >s-
Eier per Stück 6 bis 7 per Hundert 5.50, Nüsse Pf,
Hundert 30 bis 40 Pfisische per Stück 1 bis 2 Erdbeeren
per Topf 25 bis 30 Zwetschgen per Hundert 18 bis 20 <S'
Blumenkohl per Stück 30 bis 35 Rotstkraut 15 bis 20 M
Weißkraut 10 bis 15 Wirsing 5 bis 6 Kohlrabi 2 bi»
3 Sellerie 3 bis 5 Lauch 2 bis 3 Rettich 3 bis 5 -S'
Meerrettich 15 Gurken 2 bis 3 Einmach-Gurken p ^
100 Stück 30 bis 40 Weiße Rüben per Stück 1 bis 2
Rothe Rüben 1 bis 2 Kopfsalat 4 bis 5 -Z, Endivien 3 b:s
5 Aepfel per Stück 2 bis 3 per Pfund 6 bis 8 Birnen
per Stück 1 bis 2 per Pfund 6 bis 8 Gebund Petersilt-
3 Gebund Schnittlauch 2 Gebund Radieschen 1 bis 2 <s-
Ächiffsnachrichten. Norddeutsch er Lloyd in Bremen-
(Agenmr in Heidelberg: Josef Münch, Hauptstraße 1.) AN
gekommen sind folgende Dampfer: „Werra" am 26. Sept. m
Gibraltar, „Adler" am 24. Septbr. in Newyork, „Kaiser
Helm der Große" am 25. Septbr. in Newyork, „Friedrich d°
Große" am 26. Sept. in Newyork, „Oldenburg" am 25. Sem-
in Penang.
steuer, also beinahe den doppelten Betrag wie die Adligen.
Daß es heute noch ein solches Gesetz gibt, ist schwer ver-
ständlich. Der klingende Erfolg ist wohl kaum als Grund
dieser Maßregel anzunehmen, denn gegenwärtig leben, wie
bemerkt wird, in Weimar nur sechs oder sieben nichtadlige
Offiziere a. D.
Koburg-Gotha. G o th a. 27. Sept- Die 19. Land-
tagsurwahl hat heute im Wahlbezirk Waltershausen statt-
gefunden und nach den bis Nachmittag vorliegenden
Meldungen den Sozialdemokraten den neunten
Landtags sitz eingebracht; sie haben gegen bisher zwei
neue Mandate gewonnen. Der neugewählte Land-
tag besteht aus neun Sozialdemokraten, sechs Angehörigen
des Bundes der Landwirthe und vier Freisinnigen. Die
neun Sozialdemokraten werden, da ihnen eine geschlossene
Mehrheit nicht gegenübersteht, die ruhig stetige Entwicklung
des Staatswesens mehr hindern als fördern. Der Saats-
haushalt erfordert jährlich gegen 2^/, Millionen Mark,
welche zur Zeit nicht durch Einnahmen, sondern nur durch
Zuschuß aus dem Staatsvermögen in Höhe von 120 000
Mark gedeckt werden können. Wenn nun auch noch, wie
bereits gefordert, die Grundsteuer und das Chausseegeld
aufgehoben und neue dringliche Ausgaben bewilligt werden,
so wird die Schwierigkeit der Finanzlage nur noch ge-
steigert; die sozialdemokratischen Heilmittel können aber
hier am wenigsten helfen. Die Sozialdemokraten wollen
das Domänenabkommen mit der Krone einfach durch Ver-
fassungsänderung aufgehoben wissen. Das kann aber der
Landtag einseitig nicht ermöglichen und an eine Zu-
stimmung des Regierungsverwesers und der Agnaten ist
nicht zu denken. Möglich ist nur eine von den Liberalen
eingeleitets und schon vom Herzog Alfred nicht abgelehnte
reinliche Theilung der Domäneneinkünfte zwischen Herzog
und Land, worüber die Verhandlungen schweben. Ob sie
nun bei der neuen Zusammensetzung des Landtags noch
zu einem befriedigenden Abschluß geführt werden können,
erscheint sehr fragwürdig.
Aus der Karlsruher Zeitung.
Karlsruhe, 28. September. Gestern Mittag gegen
1 Uhr sind mit Sonderdampfboot von Schloß Weinburg
kommend auf Mainau eingetroffen der König von Ru-
mänien, der Fürst von Hohenzollern, sowie der Prinz und
die Prinzessin Friedrich von Hohenzollern und Erbprinz
Wilhelm von Hohenzollern. Die Gäste wurden von dem
Großherzog, der Großherzogin und dem Erbgroßherzog
am Landungsplatz begrüßt und zum Schloß geleitet, wo
die Erbgroßherzogin deren Ankunft erwartete. Die Fürst-
lichen Herrschaften begaben sich sodann zur Tafel, während
für das Gefolge Marschalltafel stattfand. Die Rückkehr der
Gäste nach Schloß Weinburg erfolgte um 4 Uhr. Die
Erbgroßherzoglichen Herrschaften fuhren am späteren Nach-
mittag nach Salem und kehrten Abends wieder nach Schloß
Mainau zurück. Heute Mittag haben Minister von Brauer
und Gemahlin Schloß Mainau verlassen, um nach Karlsruhe
zurückzukehreu. Morgen Nachmittag treffen vier Offiziere
des 2. Ersatz-Seebataillons in Konstanz ein^ welche nach
Vollzug ihres Auftrages in München bei dem Prinzen
Rupprecht von Bayern den weiteren Befehl des Kaisers
auSführen werden, sich auch bei dem Grotzherzog zu melden
und demselben persönliche gütige Gesinnungen des Kaisers
zu übermitteln.
Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Zur Uebertrittsbewegung
wird gemeldet, daß 17 czechische Geistliche sich zum Alt-
katholicismus gemeldet haben. Sonntag sind in Rcitendorf
(Nordmähren) 42 Deutsche der altkatholischen Gemeinde
beigetreten, in Reichenberg zehn Personen der evangelischen
Gemeinde.
Frankreich. Paris, 28. Sept. Dem Echo de Paris
zufolge steht bei der Polytechnischen Hochschule
eine ähnliche Reorganisation bevor, wie in der Militär-
schule zu St. Cyr. Insbesondere sollen jene militärischen
Instrukteure der Hochschule, welche nicht als verläßliche
Republikaner gelten, entfernt werden.
Paris, 28. Septbr. Die Mitglieder des inter-
nationalen Sozialistencongresses begaben sich
heute Vormittag truppenweise nach dem Friedhofe Pore La-
chaise, um an der Blauer der Föderirten mehrere Kränze
niederzulegen. Der Eintritt in den Kirchhof vollzog sich
ruhig, später aber wurde die Internationale angestimmt,
die von der Polizei verboten wurde. Während man den
rothen Kranz des Kongresses an der Mauer befestigte,
brachen die Anwesenden in die Rufe aus: „Es lebe die
Commune! Es lebe die Internationale!" Den frauzö-
folgt: Eine verglimmende Lampe beleuchtet den langen Korridor
zwischen den Schlafräumen des oberen Stockwerkes. Es ist immer
ergötzlich, während einer solchen Nachtwanderung durch einen
Hotelkorridor die Stellung des Schuhwerks vor den Thüren und
damit zugleich die verschiedenen Naturanlagen der beiden Ge-
schlechter zu sludiren. Das Herrenschuhwerk ist immer genau
nebeneinander, in richtiger Anordnung des rechten und linken
Stiefels: die Damenschuhe dagegen liegen, wie es gerade kommt,
mit dem rothen Saffianfutter hinauf. Es gibt kein Exempel, daß
ein Herr, nachdem er zuerst im Schlafzimmer die Schuhe sorgiam
ihrer Bestimmung gemäß rechts und links postirt hatte, nicht,
langsam die Thür öffnend, sie genau und ordentlich vor die
Schwelle stellt, worauf er still die Thür schließt. Ein weibliches
Wesen dagegen nimmt die Schuhe aufs Gerathewohl, wie sie sie
eben im Zimmer in die Hand bekommt, reißt schnell die Thür
auf, wirft das Schuhzeug durcheinander hinaus und schlägt
rervös und mit einem betäubenden Lärm die Thür zu. Da stand
nun Herren- und Damenschnhwerk vor den Schwellen, und inner-
halb der verriegelten Thüren schlief Alt und Jung seinen ruhigen,
gesunden deutschen Schlaf. Es war die ruhige Lebensfreude
meiner Mitwelt, die auf dem einsamen Blocksberg übernachtete,
allwo vordem die Volksphantasie die wildesten Lüste des Alter-
thums und Mittelalters ihren lärmenden Sabbath feiern ließ."
(Zur Rechtfertigung der Damen wird in einem Blatte darauf
aufmerksam gemacht, daß sie im tiefsten Negligö zu sein pflegen,
wenn sie die Schuhe Herausstellen, daher die Ueberhastung.)
fischen Delegirten wurde seitens des dienstthuenden Polizei-
commissars untersagt, Reden zu halten. Darauf hielt
Singer eine Ansprache, in der er die Gefallenen feierte und
erklärte: Wir werden ihrem Beispiele Nachfolgen. (Das
wird Singer schwerlich thun. Red.) Darauf zogen die ein-
zelnen Gruppen vor der Mauer vorüber.
Rußland. Petersburg, 28. Sept. Das Kaiser-
paar reiste mit Familie gestern von Spala nach dem
Süden der Krim ab.
Asien. Nach einer Meldung der Morning Post aus
Peking hat China bereits das Ultimatum der
Admirale vom 16. Juni als oasno bolli betrachtet.
In den Plenarkonferenzen der Prinzen und Minister am
17. und 19. Juni hätten nur drei Theilnehmer derselben
die Boxer zu kritisiren sowie Friedcnsvorschläge und den
Schutz der Nichtkombattanten anzuempfehlen gewagt. Diese
drei Personen, von denen zwei Mitglieder des Tsungli-
Jamen waren, seien am 11. August hingerichtet worden.
Am 20. Juni erschien ein Edikt, welches allen den
Ländern, die in Peking Gesandtschaften haben, den Krieg
erklärte und die Provinzen aufforderte, der Central-
regierung Beistand zu leisten. Am gleichen Tage seien der
deutsche Gesandte und ein englischer Civilist
Namens Idmer von chinesischen Soldaten getödtet worden.
Der Kampf hat zwar jetzt aufgchört, indessen hal. sich
die Kriegspartei, unbesiegt und ohne Kompromiß, zurück-
gezogen. Man könne aber zwischen der Kriegsvartei und
dem übrigen China einen Unterschied machen. Der größere
Theil Chinas habe sich geweigert, sich der Kriegspartei an-
zuschließen. — Dem Bureau Laffan wird aus Peking
gemeldet, daß die Chinesen behaupten, viele Bo xer kämen
in Verkleidung nach Peking zurück, sie sagten, daß sie
ihre Zeit abwarten und dann doch gewinnen würden. —
Die Kriegsgerichte verhängen Strafen von 50 Schlä-
gen und harter Arbeit bis zur Todesstrafe. Alle ge-
fangenen Boxer werden hingerichtet.
Afrika. Wie ein Telegramm des Feldmarschalls Ro-
berts aus Pretoria vom 27. ds. meldet, haben die
Engländer Heilbron, Lindley und Reitz wieder besetzt. Eine
Abtheilung Buren habe Piemers Station angegriffen, sei
jedoch zurückgeschlagen worden.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 29. September.
** Der Wafferstand des Neckars hat sich soweit gehoben, daß
die Schifffahrt wieder beginnen kann. Bereits sino mehrere
Schleppdampfer zu Thal gefahren, um dis in Mannheim jeden-
falls in großer Anzahl liegenden leeren und beladenen Lastschiffe
neckaraufwärts zu befördern. Der Regen kam übrigens fast nur
der Schifffahrt zu gut, die Landwirthfchast hätte ihn entbehren
können, für diese kam er eher störend.
I,. Strafkammersttzung vom 28. Septbr. Vorsitzender: Land-
gerichtsdirektor Dr. West. Vertreter der Großh. Staatsanwalt-
schaft : Referendär Holzenthaler.
1. Der 32 Jahre alte Dienstknecht Anton Zimmermann
von Sulzbach beging sofort, nachdem er in diesem Frühjahre
aus dem Zuchthause entlassen worden war, wieder einen Haft-
geldbetrug; außerdem stahl er einen Regenschirm, aus den Klei-
dern eines andern Knechts 5 Mk. und aus einem verschlossenen
Koffer ein Paar Strümpfe. In Berücksichtigung seiner vielen
wegen ähnlicher Verbrechen erfolgten Vorstrafen wird er zu zwei
Jahren Zuchthaus und 5jährigen Ehrverlust verurtstcilt.
2. Wegen erschwerten Diebstahls erhielt der 21jährige Schrei-
ber Wilhelm Karrer von Zuzenhausen, welcher in Sinsheim
mittelst falschen Schlüssels einen Schubkasten geöffnet und da-
raus 5 Mk. entwendet hat, eine Gefängnißstrafe von 3 Monaten
und 2 Wochen.
3. Am Kirchweihtage in Gaiberg stieg der 19 Jahre alte
Taglöhner Joh. Schmitt von dort Nachts in sein elterliches
Haus ein und stahl seinen Brüdern Kleider und verschiedene
andere Gegenstände, wofür er wegen schweren Diebstahls mit
5 Monaten Gefänguiß, abzüglich 3 Wochen Untersuchungshaft
bestraft wird.
4. Ebenfalls am Kirchweihfeste verübte der Landwirth Franz
Oe hl von Kirchheim einen Einbruch in ein Nachbarhaus, wo-
bei er ein Messer im Wertste von 1 Mk. erbeutete. Das Urtheil
lautet auf 5 Monate Gefänguiß unter Anrechnung von drei
Wochen Untersuchungshaft.
5. Wegen Nichterscheinens werden die Berufungen des Tag-
löhners Karl Frtedr. Askani von Wieblingen und
6. des Taglöhners Victor Kober von Landshausen gegen
schöffengerichtliche Urtheile, die gegen den ersteren wegen Be-
drohung, gegen letzteren wegen Körperverletzung ergangen waren,
zurückgewiesen.
7. In der Berufungssache gegen den Dreher Wendelin Weis
von Petersthal, welcher einer mit dem Messer begangenen
Körperverletzung beschuldigt ist, kommt die Strafkammer zu einer
milderen Auffassung des Vorfalls als das Schöffengericht und
ermäßigt die gegen ihn ausgesprochene Strafe von zwei Monaten
auf drei Wochen Gefängniß.
8. Am Pfingstmontage warf der Kaufmann Achilles Fünf-
gelt aus Kitzingen in der Nähe von Schlierbach aus einem
Schnellzuge eine Weinflasche, welche an einer Telegraphenstange
oder Mauer abprallts, durch das Fenster eines anderen Coups
in den Zug zurückflog und eine Frau so an den Kopf traf, daß
sie eine leichte Gehirnerschütterung erlitt. Die durch Schöffen-
gcrichtsurtheil ausgesprochene Strafe von 40 Mk. wegen fahr-
lässiger Körperverletzung wird heute als entsprechend erkannt und
die Berufung kostenfällig abgewtesen.
— Die deutsche Sprache in Pariser Schulen. Ein Pariser
Blatt schreibt: „In der Weltausstellung befindet sich eine Ab-
theilung, in der die Regierung der Republik die bewunderns-
würdigen Resultate des Schulunterrichts ausstellt. Wenn man
die Schülerhefte der deutschen Klaffe durchblätteit, die schriftliche
Arbeiten mit den Korrekturen der Lehrer enthalten, so sieht man,
daß diese von Fehlern wimmeln. Was aber merkwürdiger Weise
dabei ist, die Lehrer verbessern nicht nur die Fehler, sondern sie
machen — noch mehr als die Schüler. So schreibt z. B. ein
Schüler, „ich habe auf der Spaziergang, welche ich gemacht
habe..." Und der Lehrer verbessert: „Ich stabe auf den
Spaziergang, welcher ich gemacht habe . . ." Man kann sehr
alt werden und sehr glücklich leben, ohne den geringsten Brocken
einer fremden Sprache zu kennen; aber der Minister des öffent-
lichen Unterrichts thäte vielleicht gut daran, die Unvollkommen-
heiten seines Unterrichts und die krasse Unwissenheit einiger seiner
Lehrer den Blicken der Fremden zu entziehen, die darüber doch
nur lächeln können. Etwas derartiges stellt man nicht aus . . .
und man setzt sich dem nicht aus."
— Aus der Schule. Lehrer: „Wer kann mir sagen, warum
man annehmen kann, daß die Sahara früher ein Meer war?"
— Ein Schüler: „Ich weiß es!" — Lehrer: „Nun, sag' es!"
— Schüler: „Weil die Neger noch mit Schwimmhosen herum-
laufen!"
— Unfälle. Einem bei einem Neubau in der Zäbringer
Straße beschäftigten Italiener fiel ein Gerüstprüael mit solcher
Wucht aus den Arm, daß er einen Armbruch davonlrug. ""
Gestern Nachmittag wurde ein Rangirer ins akademische Kranken-
haus überführt, der bei Ausübung seines Berufes im Bahnhof
Verletzungen am Kopf und einen Armbruch erlitten hatte.
— Polizeibericht. Wegen Ruhestörung, Bedrostung und Be-
leidigung wurde ein Taglöstner verhaftet.
Eberbach, 27. Sevt. Einen nichts weniger als witzigen Streikst
der aber ein gerichtliches Nachspiel zur Folge haben wtro, verübte
am Sonntag Abend, dem E. St.- u. Ldb. zufolge, ein angesehener
bekannter Herr von Aglasterhausen, der in Begleitung eines
anderen Herrn von Neunkirchen ans auf dem Heimwege sich be-
fand. Einem ihnen begegnenden Radfahrer sagte er nämlich, er
solle schnell umkehren und in Aglasterhausen die Feuerwehr
alarmiren, da in Neunki.chcn ein großer Brand ausgebrochen
und zwei Häu'er bereits eingeäschert seien. Der Radfahrer that,
wie ihm geheimen und nannte auch in Aglasterhausen den Namen
des Herrn, der ihm den Auftrag, alarmiren zu lassen, gegeben-
Die Einwohner von Neunkirchen trauten ihren Augen nicht, als
in der Nacht fremde Feuerwehr in ihren Ort eingerückt kam und
diese wiederum war erstaunt, als sie kein Feuer erblickte. Es
war nun klar, daß dieselbe genasführt worden. Die Gendarmerie
hat bereits Erhebungen gemacht.
Mannheim. 28 Sept. Ein ganzes Heer Wallstadtek
Milchpantscher wurde heute Wiede r vom Schöffengericht
wegen Verkaufs gefälschter (entrahmter ) Milch in Strafe ge*
nommen.
O Unterowisheim, 28. Sept. Die Traubenlese hiesiger
Gemarkung beginnt Mittwoch, den 3. October. Quantität:
Halber Herbst; Qualität zwischen Mittel bis gut.
L6. Karlsruhe, 28. Septbr. Der Bürgerausschuß besichtigte
heute das mit einem Kostenaufwand von 400 000 Mark erbaute
Volksschulgebäudc an der Kaiserallee (auf dem ehemaligen Schieß-
plätze). In dem stattlichen, äußerst zweckmäßig eingerichteten Bau
ist Raum für etwa 500—600 Schülerinnen; in einigen Jahre»
wird am gleichen Platz mit der Front nach Süden ein Knaben-
schulgebäude errichtet.
Baden-Baden, 27. Septbr. In einem hiesigen Lustkurbot-t
entleibte sich gestern Abend eine dort zur Kur weilende
ca. 30 Jahre alte Dame, welche sich unter einem falschen Namen
eingemietstet hatte, indem sie sich mit einem Revolver einen Sct>u8
in die Herzgegend betvrachte. Aus dem hinterlassenen Schreiben
geht ihr richtiger Name hervor, auch hinterließ sie eine grögere
Geldsumme zur Regelung der erwachsenen Unkosten. Die Dame,
welche sich als Ungarin ausgab, in Wirklichkeit aber aus der
Schweiz stammte, war in Begleitung einer Kammerfrau und
vermutstet man, daß sie die That aus Liebesgram begangen hat,
weil ein bestandenes Verhältnis aufgelöst werden sollre.
Theater- und Kunst-Nachrichten.
Heidelberg, 29. Septbr. (Stadttheater.) Als zweite
Abonnementsvorstellung geht am Montag Grillparzer's Trauer-
spiel „Sappho" in Scene, in welchem unsere erste Liebhaberin,
Fräulein Herter, in der Titelrolle debutiren wird. Die DaweN
Kögl und Schönberg (letztere tritt gleichsalls zum ersten Male
auf) spielen die anderen weiblichen Rollen. Der erste jugendliche
Liebhaber, Herr Bernau, svielt die dankbare Rolle des „Phaon
und Herr Brecher den „Rhamnes". In kleineren, aber wichtigen
Episodenrollen sind die Herren Großmann und Krones be-
schäftigt.
Mannheim. (Großh. Hof- und Nationaltheater.) Sonntag,
80. Sept. (Ab. 8); „Osvsllsria rnstiomm". Hierauf: „Paggliaccst-
Montag, 1. Oct. (Ab. L): Zum ersten Mme: „Verlorene Liebes-
müh". Komödie in 3 Akten von Shakespeare. In neuer Ueber-
fetzung und Bühnenbearbeitung von Rudolf Geuse.
Karlsruhe. (Großh. Hoftheater.) a. Im Hoftheater in Karls-
ruhe: Sonntag, 30. Sept.: „Undine". Dienstag, 2. Oct.:
„Martha". Donnerstag, 4. Oct.: „Der Biberpelz". Freitag,
5. Oct.: Zum ersten Male: „Tugendhof". Lustspiel in 4 Akten
von R. Skowrones. Samstag, 6. Oct.: „Regina" oder „D>e
Marodeure". Sonntag, 7. Oct.: „Ftgaro's Hochzeit". — b. Int
Theater in Baden-Baden: Mittwoch, 3. Oct.: „Lucia von
Lammermoor".
Darmstadt. (Großh. Hoftheater.) Sonntag, 30. Sept.: ZuiN
ersten Male und unter persönlicher Leitung des Komponisten:
„Der Elephant". Komische Oper in 3 Aufzügen. Dichtung von
Leopold Schulter. Musik von Bruno Oelsner. Dienstag, 2. Oct.:
„Der Kaufmann von Venedig". Mittwoch, 3. Oct.: „Alessandro
Stradella". Alessandro Stradella: Herr Zeitzschel von Berlin
als Gast.
Handel und Berkehr.
Mannheim, 28. Sept. (Aktien.) Oberrh. Bank —.— G-
Rheinische Kreditbank 141.50 G. Rheinische Hypothekenbank
161.50 G. Heidelberger Aktienbrauerei 148.— G. Schrödl'säst
Brauerei-Aktien 150.— B. Portland - Cementwerk Heidelberg
138. — G. Mannh. Bank 116.50 B. G. Bad. Anilin- und
Sodafabrik 385.— B. Wefteregel Alkali-Werke Stamm 205.— G-<
dto. Vorzugs 104.— G. Verein deutscher Oelfabriken 104.— G-
Waghäusler Zuckerfabrik 79.20 G. Mannheimer Zuckerraffinerie
139. — G. Mannheimer Aktienbrauerei 168.— G. EichbauM-
Brauerei 163.50 G. Bayrische Brauerei Schwarz 125.— B-
Brauerei Sinner 220.50 B. Ganter's Brauerei Freiburg
109 — G.
Frankfurt. 28. Sept Efsektensocietät. Abends 6'/. Uhr-
Oesterr. Creditaktien 201.30—70—50—70 b. Oct. Diskonto-
Kommandit 167.90-168.19-167.90 b. Sept. 16830-50-1"
b. Oct. Darmstädtec Bank 127.50 b. Ocr. Deutsche Bank 182.2"
bis 181.80 b. Oct. Dresdener Bank 139.40 b. Oct. Nationalbank
für Deutschland 127.10 b. G. cpt. u. Oct. Berliner Handels'
gesellschaft 139.50 b. Oct. Oesterr. Staatsbahn 141 b. Oct-
Nortstern 68.70—50 b. Oct. 3pCt. Mexikaner 25.20 cpt. b-
25.10 b. Oct. 5pCl. amort. Mexikaner 39.30 cpt. b. 4pCt- Ita-
liener 93.50 b. Oct. Bochumer 173.10—10—173 b. GelseukircheN
188.50 b. Harpener 177.30—40 b. Hibernia 195.10 b. LaurN
^b^O-E^uhr': 3pCt. Mexikaner 25.20 Oct. .
Die Abendbörse eröffnete auf befestigtem Niveau, das si"
ungeachtet etwas schwächerer Londoner Notirungen auf den
meisten Gebieten gut behaupten konnte.
Heidelberg, 29. Sept. (Marktpreise.) Heu per Cent«?:
3.50 bis 3.80, Korn-Stroh per Ctr. 3.20 bis 3.50, gelN-
1.90 bis 2.—, gelbe Kartoffeln per Centner 2.05 bis 2.1"'
Salatkartoffeln 3.20 bis 340, Butter in Ballen 0.95 bis
1.-. in Pfund 1.10 bis 1.20, Zwiebeln 5 bis 6 Knoblauch
35 Bohnen 5 bis 6 Erbsen 12 bis 15 Gebund Gelb'
rüben 2 bis 3 Schwarzwurzeln per Pfund 15 bis 20 >s-
Eier per Stück 6 bis 7 per Hundert 5.50, Nüsse Pf,
Hundert 30 bis 40 Pfisische per Stück 1 bis 2 Erdbeeren
per Topf 25 bis 30 Zwetschgen per Hundert 18 bis 20 <S'
Blumenkohl per Stück 30 bis 35 Rotstkraut 15 bis 20 M
Weißkraut 10 bis 15 Wirsing 5 bis 6 Kohlrabi 2 bi»
3 Sellerie 3 bis 5 Lauch 2 bis 3 Rettich 3 bis 5 -S'
Meerrettich 15 Gurken 2 bis 3 Einmach-Gurken p ^
100 Stück 30 bis 40 Weiße Rüben per Stück 1 bis 2
Rothe Rüben 1 bis 2 Kopfsalat 4 bis 5 -Z, Endivien 3 b:s
5 Aepfel per Stück 2 bis 3 per Pfund 6 bis 8 Birnen
per Stück 1 bis 2 per Pfund 6 bis 8 Gebund Petersilt-
3 Gebund Schnittlauch 2 Gebund Radieschen 1 bis 2 <s-
Ächiffsnachrichten. Norddeutsch er Lloyd in Bremen-
(Agenmr in Heidelberg: Josef Münch, Hauptstraße 1.) AN
gekommen sind folgende Dampfer: „Werra" am 26. Sept. m
Gibraltar, „Adler" am 24. Septbr. in Newyork, „Kaiser
Helm der Große" am 25. Septbr. in Newyork, „Friedrich d°
Große" am 26. Sept. in Newyork, „Oldenburg" am 25. Sem-
in Penang.