auf die „Hohenzollern" zurück. Mittags hörte der Kaiser
den Vortrag des Vertreters des Auswärtigen Amtes,
Fürsten Eulenburg. Den Abend bringt der Kaiser im
Klubhaus des kaiserlichen Jachtklubs zu. Die Abreise
des Kaisers ist für Dienstag früh in Aussicht genommen.
Kiel, 9. Juli. Das nach Ostasten bestimmte Panzei-
ge sch Wader hat heute Vormittag halb 10 Uhr die Aus-
reise nach China angetreten. Der Kaiser und Prinz
Heinrich begaben sich früh 8 Uhr an Bord des „Kaiser
Wilhelm ll.", der am Ausgange des Kriegshafens ankerte,
um dort die Ausreise des Geschwaders zu beobachten. Die
Mannschaften der zurückgebliebenen Schiffe standen in Pa-
rade. An den Ufern von Holtenau bis zur Hochbrücke
wohnte ein zahlreiches Publikum der Abfahrt bei. Punkt
8 Uhr machte die „Hela" von der Boje los. Die Schiffe
feuerten Salut. Der Kaiser ließ auf allen Schiffen das
Signal „Glückliche Fahrt" setzen. Der „Hela" folgten
die „Wörth", „Weißenburg" und „Brandenburg". Um
10 Uhr ging „Kurfürst Friedrich Wilhelm" ab. Auf der
Laufbrücke stand salutirend Contreadmiral Geißler.
Wilhelmshaven, 9. Juli. Der Kaiser hat be-
fohlen, daß die beiden Kreuzer „Geier" von der ameri-
kanischen und „Seeadler" von der australischen Station
ebenfalls zum Kreuzergeschwader stoßen.
Berlin, 9. Juli. Das Marincverordnungsblatt ver-
öffentlicht eine kaiserliche Ordre, wonach die bisherige 2.
Division des 1. Geschwaders die 1. Division wird, wäh-
rend die bisherige 1. unter Hinzutritt des kleinen Kreuzers
„Hela" die 2. wird. Die nunmehrige 2. Division wird
ab 8. Juli als besonderer Kommandoverband detachirt.
In Ostqsten wird sie unter Beibehaltung der Bezeichnung
2. Division des 1. Geschwaders in allen Beziehungen dem
Kommando bes Kreuzergeschwaders unterstellt. Sämmt-
liche nach Ostasien entsandten Schiffe unterstehen auf 6er
ostasiatischen Station dem Kommandeur des Kreuzer-
geschwaders.
Berlin, 9. Juli. Tie für China bestimmte
Brigade wird den Namen „Seebrigade" führen,
4500 Mann stark sein und von einem Generalleutnant
befehligt werden, der in China dann das Oberkommando
über die gesammten dortigen deutschen Landstreitkräftc
übernehmen wird. Im Stabe der Seebrigade werden
mehrere Generalstabsoffiziere sein.
Deutsches Reich
— Die Nordd. Allg. Zeitung meldet, daß eine Sitzung
des Bundesrathsausschusses für auswärtige
Angelegenheiten auf den 11. d. M. anberanmt ist.
Seit Bestehen des neuen deutschen Reiches ist es noch
nicht oft vorgekommen, daß dieser Ausschuß, in dem
Bayern den Vorsitz führt, getagt hat. Wenn er jetzt Zu-
sammentritt, so kann man dies nur billigen. Es läßt sich
heute noch garnicht übersehen, wie weit Deutschland in
China engagirt werden wird. Da ist es denn gut, wenn
die Bundesstaaten mit dieser Angelegenheit in lebendige
Füh'ung gebracht werden,; statt daß nur das Reichkanzler-
Amt bezw. das Auswärtige Amt allein handelt.
— Auffallend ist, daß eine Anzahl russischer
Blätter Deutschland beschuldigen, es habe die furcht-
bare Suppe im fernen Osten angerührt. In Wirklichkeit
kann davon doch nicht die Rede sein.
Baden. Mosbach, 8. Juli. Der Abgeordnete unseres
Wahlkreises, Herr Landgerichtsrath Obkircher aus Frei-
Lurg, erstattete heute Nachmittag im Grohsaale in einer
zweistündigen, oft mit großem Beifall aufgenommeiien
Rede seinen Wählern eingehenden Bericht über seine Thätig-
keit im letzten Landtag.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Kgl. Hoheit der Großherzog haben den Vor-
stand der Gewerbeschule in Mannheim, Rektor Ludwig Hert h,
sowie denjenigen der Gewerbeschule in Baden, Rektor Karl
Seifert, landesherrlich angestellt.
— Dem Obertelegraphenassistenten Karl Hechler in Heidel-
berg wurde anläßlich seines Ausscheidens aus dem Dienste der
Titel Telegraphensekretär verliehen. Polizeiwachtmeister Ludwig
Bittiger in Baden wurde zum Polizeicommissär bei Großh.
Bezirksamt Pforzheim ernannt.
— Revisor Heinrich Mölbert in Oberkirch wurde zum Be-
zirksamt Bruchsal und Revident Wilhelm Hummel in Säckingen
zum Bezirksamt Oberkirch verletzt.
Ausland.
Rußland. Petersburg, 9. Juli. DasWiborg-
Jnfanterieregiment erhielt von seinem Chef, dem
deutschen Kaiser, zu seinem Jubiläum folgendes Tele-
gramm :
Zn der seltenen Feier, welche mein braves Wiborgsches Re-
giment anläßlich seines 200jährigen Bestehens heute begeht,
spreche ich demselben meine wärmsten Glückwünsche aus. Möge
es dem Regiment vergönnt sein, treu den im Geiste seines
großen Stifters gepflegten Traditionen allezeit sich die Zu-
friedenheit des allerhöchsten Kriegsherrn zu erringen.
Wilhelm II. I. 8.
Oberst v. Becker dankte sogleich dem Kaiser Wil-
helm für die huldvolle Begrüßung. Das vom Obersten
Grafen Jork v. Wartenburg überreichte Handschreiben
des Kaisers lautet:
Ich entbiete meinem glorreichen Wiborgschen Infanterie-
regiment zum Jubeltage meinen herzlichen Gruß. Stolz da-
rauf, Herr eines Regimentes mit so würdiger und ruhmreicher
Vergangenheit zu sein, ist es mein Wunsch, demselben durch
die (Übersendung meines Bildes einen erneuten Beweis meiner
Werthschätzung und Zuneigung zu geben. Indem ich hoffe,
dem Regiment hierdurch eine Freude zu bereiten, wünsche ich,
daß das Bild ein bleibendes Andenken meiner Zugehörigkeit
und meiner Beziehungen zum Regiment sein soll. Wilhelm.
Afrika. Präsident Krüger hat dem Korrespondenten
des Daily Telegraph durch den Staatssekretär Reitz fol-
gende Botschaft mittheilen lassen: „Es ist durchaus nicht noth-
wendig, über Frieden zu diskutiren. Sagen Sie Ihrer
Zeitung, und damit der Welt, daß die Südafrikanische Re-
publik für ihr Unabhängigkeit kämpfen wird, bis nur 500
Buren noch am Leben sind, und selbst dann werden wir
den Kampf fortsetzen. Das ist unser felsenfester Entschluß."
Die Hochzeitsfeierlichkeiten in Gmunden.
Gmunden, 9. Juli. In der Stadt, welche prächtig
mit Fahnen geschmückt ist. herrschte eine ungemein leb-
hafte Bewegung. Die Familie des Herzogs von
Cumberland, welche schon viele Sommer hier wohnt, er-
freut sich überaus großer Beliebtheit. Die Theilnahme
der Bevölkerung an den Feierlichkeiten ist deshalb eine sehr
herzliche. Viele Fremde sind eingetroffen. Sie geben dem
Bilde der Stadt im Verein mit zahlreichen Sommerfrisch-
lern und Bauersleuten, die aus der Umgegend eingetroffen
sind, ein lebhaftes Gepräge. Im Schlosse herrscht ge-
schäftiges Treiben. Noch nie hat es so viele Fürstlich-
keiten in seinen Räumen vereint gesehen. Gestern über-
reichte Graf Schulenburg im Namen der braunschweigischen
Rechtspartei dem Brautpaare als Hochzeitsgeschenk eine
silberne Jardiniere. Seine Glückwünsche schloß er mit dem
Wunsche, Prinzessin Marie Luise werde ihre Heimath, die
ihr leider nie bekannt geworden sei, nie vergessen. Die
Prinzessin antwortete in bewegten Worten; sie danke für
den Beweis treuer Anhänglichkeit. Auch die Königin von
Hannover dankte dem Grafen in herzlichster Weise. Gestern
Abend fand ein Diner statt, zu welchem die hier anwesen-
den braunschweigischen und adeligen Gäste geladen sind.
Ungemein zahlreich sinv die Geschenke, die das Brautpaar
erhält. Die hohen Verwandten sandten zumeist Schmuck-
gegenstände, der Adel von Hannover schickte zwei silberne
Girandolen, sowie das Sachsenroß auf silbernem So^el.
In der Halle des Schlosses ist eine Reihe Oelbilder auf-
gestellt, die die hannoverschen Gegenden darstellen und
deren Kosten durch allgemeine Sammlungen in Hannov r
aufgebracht wurden. Der Bürgermeister Wolfogruber über-
reichte gestern Nachmittag das Brautgeschenk der Stadt
Gmunden, ein herrliches Gedenkbuch mit Ansichten von
Gmunden. Der Bürgermeister sagte hierbei, so ungern wir
Ew. Hoheit scheiden sehen, so freuen wir uns doch über
den geschlossenen Heizensbund und wünschen von ganzer
Seele, daß Ew. Hoheit auch im neuen Heim glücklich sein
mögen. Prinz Max von Baden dankte herzlich Namens
seiner Braut und sagte, er hoffe, daß sie in der neuen
Heimath ebenso glücklich sein werde, wie unter dem Schutze
der Stadt Gmunden. Auch der Herzog von Cumberland
dankte und gab seiner Freude über die Theilnahme der
Bevölkerung Ausdruck, die Prinzessin reichte dem Bürger-
meister mit herzlichen Dankesworten die Hand. — Das
Wetter ist schlecht und es regnet, erst gestern Abend hörte
der Regen auf. Die Beleuchtung der Stadt fiel großartig
aus, an allen Häusern sind farbige Lampions in badischen,
cumberland'schen und österreichischen Farben angebracht, die
Schiffe auf dem Traunsee waren gleichfalls beleuchtet;
eine dichtgedrängte Menschenmenge durchzog bei Musik-
klängen die Gassen und Gartenanlagen, um die Illumination
anzusehen.
Gmunden, 9. Juli- Zur morgigen Hochzeit im
Hause Cumberland hat der Herzog für die Ansprachen sich
jedwede politische Anspielung verbeten. Der
deutsche Kaiser sandte als Hochzeitsgeschenk ein Service der
königlichen Berliner Porzellan-Manufaktur.
Aus Stadt und Land.
Heselberg, 10. Juli.
2 Danksagung des Grohherzogs. Auf das am Sonntag
von den beiden Vereinen Liederkranz Heidelberg und Karls-
ruhe abgesandte Telegramm an den Großh erzog traf
folgende Antwort ein:
Herrn Dr. Keller,
Vorstand des Liederkranzes Heidelberg.
Se. Königl. Hoheit der Grotzherzog lassen für die gestrige
Huldigung der Liederkränze Heidelberg und Karlsruhe herzlich
danken.
Im höchsten Aufträge:
von Bavo.
(?) Sitzung des Vürgerausschusses vom 9. Juli. In der
gestrigen Bürgerausschußsitznng waren 88 Mitglieder anwesend.
Man trat sofort in die Verhandlung über die Erwerbung einer
Dampfstraßenwalze durch die Stadtgemeinde zum Preise von
17080 Mk. ein. Der Stadtverordnetenvorstand, Rechtsanwalt
Leonhard, führte aus, daß schon vor fünf Jahren der mangel-
hafte Zustand mehrerer chaussirter Straßen die Zweckmäßigkeit
der Anschaffung einer eigenen Dampfstraßenwalze dargethan habe.
Man habe dazwischen Berechnungen angestellt, ob durch eine
eigene Dampfstraßenwalze oder ob durch eine leihweise Besorgung
die Stadtverwaltung finanziell besser wegkomme. Es habe sich
herausgestellt, daß man wohl zur Zeit durch die letztere Art etwas
billiger fahre, jedoch dürfe man bei dem Charakter der Stadt die
finanzielle Seile nicht allein ausschlaggebend sein lasse». Eine
Dampfstraßenwalze müsse zu jeder Zeit zur Verfügung stehen,
und das sei bei einer leihweise» Benützung einer solchen nicht
möglich. Aus diesen Gründen begrüßt der Redner die Vorlage
und empfiehlt die Annahme des Antrages. Der Vorsitzende,
Oberbürgermeister Dr. Wilckens, führte aus, daß in nächster
Zeit Aenderungen eintreten werden bezüglich der Besorgung der
Unterhaltung mehrerer chaussirter Straßen durch den Staat oder
die Stadtgemeinde. Die Stadt würde die Unterhaltung mehrerer
Straßenstrecken übernehmen müssen. Die Anschaffung einer eigenen
Dampfstraßenwalze werde also immer dringenocr. Sladtverordn.
Medizinalrath Mittermaier wirft bei dieser Gelegenheit die
Frage auf, ob es nicht gerathen wäre, auch die Gehwege mit
einer kleinen Walze zu ebnen. Das Hervorstehen kleiner spitzer
Steine mache sich beim Passiren der Gehwege oft in unangenehmer
Weise fühlbar. Stadtbaumeister Schaber glaubt, daß durch die
für die Zukunft in Aussicht genommene Anwendung des Be-
wurfsmatcrials eine Aenderung zum Besseren eintreten werde.
Der Antrag des Stadtraths wurde alsdann einstimmig an-
genommen. — Zu dem Antrag über die Erstellung einer Ver-
bindungsstraße zwischen der Klingenteich straß e und
der NeuenSchloß st ratze gab zunächst Stadiverordn.-Vorstand
Leonhard einige Erklärungen. Der Redner nahm Bezug auf
eine Einsendung im N. Heidelb. Anzeiger, worin die Ausführung
dieses Projekts in abfälliger Weise kritisirt wurde. Es sei un-
richtig, wenn behauptet werde, durch diese Straßenherstellung leide
die Schönheit des landschaftlichen Bildes. Dieser Weg, wenn
einmal gebaut, werde eine prächtige Aussicht in's Thal bieten,
und gewiß von Jedermann gerne benützt werden; die Herstellung
desselben bilde zunächst eine angenehme Bereicherung des Straßen-
netzes. Stadtv. Schieferdeckermeistcr Mülle r frägt an, ob die
für die Ausführung des Projekts angegebene Summe ausreiche.
Der Oberbürgermeister versichert, daß die Kostenberech-
nung eine sorgfältige gewesen sei; es kämen ja nur
die Herstellungskosten in Frage, da man durch das Ent-
gegenkommen der betheiligten Grundbesitzer kein Gelände
zu erwerben brauche. Ein neues Bauviertel werde
durch diesen Straßenbau nicht erschlossen, da dafür gesorgt wurde,
daß nur eine maßvolle Ausnützung des Geländes statt-
finden könne. Der Stadtrath sei einstimmig in der Antrag-
stellung gewesen. Stadtv. Prof. Buhl möchte bei dieser Ge-
legenheit einige Vorschriften über die Art der Einfriedigung des
fraglichen Baugeländes empfehlen. Bürgermeister Dr. Walz
weist darauf hin, daß mit der Ausführung dieses Projektes eine
schnellere und bessere Verbindung zwischen den südlicher ge-
legenen Straßen des Rohrbacher Stadtviertels und dem Schloß her-
gestellt werde. Auf einige Auslassungen des Stadtv. Reis,
der die in Aussicht genommene Straßenbreite bemängelte, erklärte
Bürgermeister Dr. Walz, daß auch die Straßenbreite, wie sie
in dem auszuführenden Projekt vorgesehen sei. eine vollkommen
genügende sein werde. Stadtv. Ebert drückte den Wunsch aus,
die maßgebenden Stellen möchten bei der Genehmigung von
Bauplänen für die an de: neuen Straße zu erbauenden Villen
vorschreiven, daß der Baustil und der architektonische Schmuck
dieser Gebäude der landschaftlichen Schönheit der Umgebung ent-
spreche. Alsdann erfolgte einstimmige Annahme der stadträthlichen
Vorlage. — Zur Frage der Herstellung der Keplerstraße
bedauerte der Stadtv. Iörger, daß, besonders bei schlechtem
Wetter, der südliche Theil der Keplerstraße, namentlich aber deren
Trottoirs, sich in sehr schlechtem Zustande befänden. Redner
empfiehlt namentlich die Anbringung von Linien- und Rinnsteinen.
Bür ermeiste" Dr. Walz bemerkte, daß die vom Vorredner ge-
wünschte Herstellung des Trottoirs erst nach Bebauung der
Straße möglich sei. Es wurde ein nochmaliger Augenschein
versprochen. Die Vorlage wurde alsdann genehmigt. — Zur
Neuetntheilung von Baugrund st ücken im Rohr-
bacher Baubezirk bemerkte Stadtv.-Vorstand Leon-
hard, diese Manipulation sei erst durch die neue Gesetzgebung
ermöglicht worden. Sämuttliches Baugelände würde in eine
Masse zusammengeworfen und alsdann nach Ausscheidung des
für Straße und Plätze nöthigen Raumes wieder im Verhältniß
zu der früheren Größe der Grundstück- jedem Besitzer, wie es
Recht und Gerechtigkeit erfordere, zugewiesen. Bürgermeister Dr-
Walz, der in diesen Fragen eine Autorität sei, habe es durch
sachkundigen verständige Behandlung der Sache fertig gebracht,
daß man ohne die Zuhilfenahme von Gerichten die Zustimmung
aller betheiligten Grundbesitzer zur Ausführung des Projekts er-
halten habe. Der Redner gab bei dieser Gelegenheit den durch
verschiedene Zeitungsnotizen in weiteren Kreisen hervorgerufenen
Besorgnissen Ausdruck, als ob Bürgermeister Dr. Walz durch
Uebernahme von Vorlesungen an der Universität für die städtische
Verwaltung verloren gehen könnte, was er sowohl wie alle, die
aus Erfahrung die Arbeitskraft des Herrn Dr. Walz kennen und
schätzen gelernt haben, tief bedauern würden. Der Ober-
bürgermeister ist der festen Ueberzeugung, daß eine Be-
einträchtigung der Amtsführung durch die Uebernahme von
einzelnen Vorlesungen über bad. Verwaltungsrecht an der Universität
seitens des Herrn Bürgermeisters Walz nicht stattfinden werde.
Aller Wunsch sei der, daß Hr. Dr. Walz dauernd dem städt. Dienst
erhalten werde. (Bravo!) Stadtv. Prof. Buhl begrüßte namens
der Universität den Entschluß des Herrn Dr. Walz; der Zu-
sammenhang zwischen Theorie und Praxis werde dadurch ein
besserer. Nachdem Bürgermeister Dr. Walz versichert hatte,
daß seine Arbeitskraft der Hauptsache nach dem städtischen Dienste
gewidmet bleibe, wurde die Vorlage einstimmig angenommen. —
Nachdem dann noch die Vorlage betr. Veräußerung eines
städtischen Erbbestandsgrundstücks ohne Diskussion ge-
nehmigt war, wurde die Sitzung kurz nach 6 Uhr geschlossen.
)( Studien-Ausflug- Freitag, den 6., und Samstag, den
7. d. Mts., unternahm Herr Professor von Kirchenheim mit der-
zeitigen und früheren Hörern seiner strafrechtlichen Uebungen
einen gefängnißwissenschaftlichen Ausflug. Besucht wurden die
Erziehungsanstalt für verwahrloste Kinder in Sinsheim, das
Gefängniß in Heilbronn, die Strafanstalt auf dem ASpecg bei
Ludwigsburg, welche Zuchthaus-, Gefängniß- und Festungs-
gefangene enthält, ferner das Zuchthaus in Bruchsal und das
Arbeitshaus in Kislau.
A Ruder-Gesellschaft Heidelberg. Am Sonntag, den 8. Juli,
fand auf dem öderen Neckar in Heilvroun die LII. Ruder-Regatta
statt, zu der auch die Ruder-Gesellschaft Heidelberg 1898 zu 3 Rennen
gemeldet hatte. Jedoch durch den Sieg am 1. Juli in Mannheim
konnte die Gesellschaft sich nur an 2 Rennen (Junior- u. Senior-
Rennen) betheiligen, da das dritte, der Ermunterungs-Vierer, für
Ruderer, welche bis zum 8. Juli noch kein offenes Rennen ge-
wonnen haben, ausgeschrieben war. Da die Breite der Ruder-
bahn den gleichzeitigen Start von mehr als 3 Booten nicht ge-
stattete, so fanden bei einer größeren Anzahl startender Boote
Samstag Abend und Sonntag Vormittag Vorrennen statt. Vierer
für Juniors, Rennen Nr. I, hatten gemeldet: Regensburg R.-V.,
Mannheim R.-G. und-Klub, Ludwigshafen, „Sturmvogel" Karls-
ruhe, Heilbronn, Mainz und Ruder-Gesellschaft Heidelberg. Von
diesen unterlagen im Vorrenuen am Samstag Avend die Mann-
heimer R.-G., Ludwigshafen, Karlsruhe, Heildronn und zuletzt
Heidelberg gegen Mainz um 6'/» Sekunden, so daß im Haupt-
rennen (Sonntag) der Regensburger R.-V., Mainz und Mann-
heimer Klub übrig blieben, welch' letzterer Verein das Rennen,
somit den Ehrenpreis sicher behauptete. Zu Rennen Nr. VIII,
einem zweiten Senior-Vierer, Wartbergpreis, verliehen von Sr.
Majestät dem König Wilhelm II. von Württemberg, betheiligten
sich am Vorrennen (Sonntag) der Würzburger R.-V., Regens-
bürg, Heilbronn, Ruder-Ges. Heidelberg und „Sturmvogel" Karls-
ruhe. Sieger in diesem Vorrenneu blieben Heiibronn, Regeus-
burg, Heidelberg gegen Karlsruhe mit 2"/, Sekunden. Das
Hauptrennen, sicher eines der interessantesten der Regatta, gewann
eine gut erstklassige Mannschaft der Heildronner Schwaben mit
dem besten Rekord des Tages (2000 Mtr. in 6 Min. 29'/^ Sek.).
Auf den zweiten Platz kam Regensburg mit 2Vg Längen hinter
Heilbronn, den dritten, fast in gleicher Höhe von Regensbnrg,
die Heidelberger Ruder-Gesellschaft, deren Ruder Nr. 3 am Start-
uachen durch Unvorsichtigkeit des Steuermanns stark beschädigt
wurde. Es war ein heißer Kamps um den zweiten Platz. Die
Rennmannschaft der Ruder-Ges. Heidelberg hat sich auf den dies-
jährigen Regatten und Heildronn sehr wacker gehalten und kann
man der Gesellschaft für deren schönen Erfolg nur gutes Lob
spenden. — Die Rennsaison ist für die Ruder-Ges. Heidelberg
nun in diesem Jahre beendigt und wurden die Rennruderer gestern
aus ihrem lOwöchentlichen Training entlassen. Hauptsächlich
wird jetzt auf des Schulrudern der übrigen Ruderer geachtet,
die allabendlich fleißig durch die beiden Instruktoren etngerudert
werden.
8t.Ll.-L. Abendtonzerte des städt. Orchesters. In Folge der
außerordentlich ungünstigen Witterung finden im Benehmen mit
Herrn Elasten von heute Abend ab bis auf Weiteres die Konzerte
des städtischen Orchesters im großen Saal des Saalbaues mit
Restauration statt. Ende dieser Woche wird die jugendliche
Cornet-Virtaosin Frl. Branden in zwei Konzerten gastiren. Die-
selbe steht durch ihre hervorragend künstlerischen Leistungen vom
vorigen Jahre hier noch in bestem Andenken. Wegen weiterer
Abwechslung in den Konzerten schweben noch Verhandlungen.
2 Schöffeugerichtsfitzung vom 7. Juli. Vorsitzender: Rechts-
praktikant Erdel. 1) Karl Schltcksupp, Blumenhändler in Hand-
schuhsheim, erhielt wegen Ruhestörung und groben Unfugs
10 Tage Haft, 2) Franz Anton Meisel, Schuhmachermeister
hier, wegen llebertretung des Z 361 Z. 5, H 362 R.Sl.G.B.
5 Tage Haft, 3) Anton Auer, Bürstenmacher in Ztegelhauftn,
wegen Körperverletzung 1 Woche Gefängniß, der mitgangeklagte
Christian Wilhelm Mohr I., Bürstenmacher daselbst, wurde frei-
gesprochen. 4) Peter Bruckert, Schuhmacher hier, erhielt wegen
Bettelns 1 Tag Haft. 5) Die Verhandlung gegen Eisenbahn-
schaffner Ruch Wwe. hier wegen Beleidigung der Wilh. Rumig
Ehefrau hier wurde vertagt. 6) Friedrich Schäfer Ehefrau hier
wurde von der Anklage wegen Beleidigung des Ludwig Jung-
manr, Schreinermeister hier, fretgesprochen. 7) Ludwig Hahn,
Barbier in Kirchheim b. H., und Friedlich Lehr, Uhrmacher daselbst,
erhielten wegen gegenseitiger Beleidigung eine Geldstrafe von je
20 Mark.
den Vortrag des Vertreters des Auswärtigen Amtes,
Fürsten Eulenburg. Den Abend bringt der Kaiser im
Klubhaus des kaiserlichen Jachtklubs zu. Die Abreise
des Kaisers ist für Dienstag früh in Aussicht genommen.
Kiel, 9. Juli. Das nach Ostasten bestimmte Panzei-
ge sch Wader hat heute Vormittag halb 10 Uhr die Aus-
reise nach China angetreten. Der Kaiser und Prinz
Heinrich begaben sich früh 8 Uhr an Bord des „Kaiser
Wilhelm ll.", der am Ausgange des Kriegshafens ankerte,
um dort die Ausreise des Geschwaders zu beobachten. Die
Mannschaften der zurückgebliebenen Schiffe standen in Pa-
rade. An den Ufern von Holtenau bis zur Hochbrücke
wohnte ein zahlreiches Publikum der Abfahrt bei. Punkt
8 Uhr machte die „Hela" von der Boje los. Die Schiffe
feuerten Salut. Der Kaiser ließ auf allen Schiffen das
Signal „Glückliche Fahrt" setzen. Der „Hela" folgten
die „Wörth", „Weißenburg" und „Brandenburg". Um
10 Uhr ging „Kurfürst Friedrich Wilhelm" ab. Auf der
Laufbrücke stand salutirend Contreadmiral Geißler.
Wilhelmshaven, 9. Juli. Der Kaiser hat be-
fohlen, daß die beiden Kreuzer „Geier" von der ameri-
kanischen und „Seeadler" von der australischen Station
ebenfalls zum Kreuzergeschwader stoßen.
Berlin, 9. Juli. Das Marincverordnungsblatt ver-
öffentlicht eine kaiserliche Ordre, wonach die bisherige 2.
Division des 1. Geschwaders die 1. Division wird, wäh-
rend die bisherige 1. unter Hinzutritt des kleinen Kreuzers
„Hela" die 2. wird. Die nunmehrige 2. Division wird
ab 8. Juli als besonderer Kommandoverband detachirt.
In Ostqsten wird sie unter Beibehaltung der Bezeichnung
2. Division des 1. Geschwaders in allen Beziehungen dem
Kommando bes Kreuzergeschwaders unterstellt. Sämmt-
liche nach Ostasien entsandten Schiffe unterstehen auf 6er
ostasiatischen Station dem Kommandeur des Kreuzer-
geschwaders.
Berlin, 9. Juli. Tie für China bestimmte
Brigade wird den Namen „Seebrigade" führen,
4500 Mann stark sein und von einem Generalleutnant
befehligt werden, der in China dann das Oberkommando
über die gesammten dortigen deutschen Landstreitkräftc
übernehmen wird. Im Stabe der Seebrigade werden
mehrere Generalstabsoffiziere sein.
Deutsches Reich
— Die Nordd. Allg. Zeitung meldet, daß eine Sitzung
des Bundesrathsausschusses für auswärtige
Angelegenheiten auf den 11. d. M. anberanmt ist.
Seit Bestehen des neuen deutschen Reiches ist es noch
nicht oft vorgekommen, daß dieser Ausschuß, in dem
Bayern den Vorsitz führt, getagt hat. Wenn er jetzt Zu-
sammentritt, so kann man dies nur billigen. Es läßt sich
heute noch garnicht übersehen, wie weit Deutschland in
China engagirt werden wird. Da ist es denn gut, wenn
die Bundesstaaten mit dieser Angelegenheit in lebendige
Füh'ung gebracht werden,; statt daß nur das Reichkanzler-
Amt bezw. das Auswärtige Amt allein handelt.
— Auffallend ist, daß eine Anzahl russischer
Blätter Deutschland beschuldigen, es habe die furcht-
bare Suppe im fernen Osten angerührt. In Wirklichkeit
kann davon doch nicht die Rede sein.
Baden. Mosbach, 8. Juli. Der Abgeordnete unseres
Wahlkreises, Herr Landgerichtsrath Obkircher aus Frei-
Lurg, erstattete heute Nachmittag im Grohsaale in einer
zweistündigen, oft mit großem Beifall aufgenommeiien
Rede seinen Wählern eingehenden Bericht über seine Thätig-
keit im letzten Landtag.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Kgl. Hoheit der Großherzog haben den Vor-
stand der Gewerbeschule in Mannheim, Rektor Ludwig Hert h,
sowie denjenigen der Gewerbeschule in Baden, Rektor Karl
Seifert, landesherrlich angestellt.
— Dem Obertelegraphenassistenten Karl Hechler in Heidel-
berg wurde anläßlich seines Ausscheidens aus dem Dienste der
Titel Telegraphensekretär verliehen. Polizeiwachtmeister Ludwig
Bittiger in Baden wurde zum Polizeicommissär bei Großh.
Bezirksamt Pforzheim ernannt.
— Revisor Heinrich Mölbert in Oberkirch wurde zum Be-
zirksamt Bruchsal und Revident Wilhelm Hummel in Säckingen
zum Bezirksamt Oberkirch verletzt.
Ausland.
Rußland. Petersburg, 9. Juli. DasWiborg-
Jnfanterieregiment erhielt von seinem Chef, dem
deutschen Kaiser, zu seinem Jubiläum folgendes Tele-
gramm :
Zn der seltenen Feier, welche mein braves Wiborgsches Re-
giment anläßlich seines 200jährigen Bestehens heute begeht,
spreche ich demselben meine wärmsten Glückwünsche aus. Möge
es dem Regiment vergönnt sein, treu den im Geiste seines
großen Stifters gepflegten Traditionen allezeit sich die Zu-
friedenheit des allerhöchsten Kriegsherrn zu erringen.
Wilhelm II. I. 8.
Oberst v. Becker dankte sogleich dem Kaiser Wil-
helm für die huldvolle Begrüßung. Das vom Obersten
Grafen Jork v. Wartenburg überreichte Handschreiben
des Kaisers lautet:
Ich entbiete meinem glorreichen Wiborgschen Infanterie-
regiment zum Jubeltage meinen herzlichen Gruß. Stolz da-
rauf, Herr eines Regimentes mit so würdiger und ruhmreicher
Vergangenheit zu sein, ist es mein Wunsch, demselben durch
die (Übersendung meines Bildes einen erneuten Beweis meiner
Werthschätzung und Zuneigung zu geben. Indem ich hoffe,
dem Regiment hierdurch eine Freude zu bereiten, wünsche ich,
daß das Bild ein bleibendes Andenken meiner Zugehörigkeit
und meiner Beziehungen zum Regiment sein soll. Wilhelm.
Afrika. Präsident Krüger hat dem Korrespondenten
des Daily Telegraph durch den Staatssekretär Reitz fol-
gende Botschaft mittheilen lassen: „Es ist durchaus nicht noth-
wendig, über Frieden zu diskutiren. Sagen Sie Ihrer
Zeitung, und damit der Welt, daß die Südafrikanische Re-
publik für ihr Unabhängigkeit kämpfen wird, bis nur 500
Buren noch am Leben sind, und selbst dann werden wir
den Kampf fortsetzen. Das ist unser felsenfester Entschluß."
Die Hochzeitsfeierlichkeiten in Gmunden.
Gmunden, 9. Juli. In der Stadt, welche prächtig
mit Fahnen geschmückt ist. herrschte eine ungemein leb-
hafte Bewegung. Die Familie des Herzogs von
Cumberland, welche schon viele Sommer hier wohnt, er-
freut sich überaus großer Beliebtheit. Die Theilnahme
der Bevölkerung an den Feierlichkeiten ist deshalb eine sehr
herzliche. Viele Fremde sind eingetroffen. Sie geben dem
Bilde der Stadt im Verein mit zahlreichen Sommerfrisch-
lern und Bauersleuten, die aus der Umgegend eingetroffen
sind, ein lebhaftes Gepräge. Im Schlosse herrscht ge-
schäftiges Treiben. Noch nie hat es so viele Fürstlich-
keiten in seinen Räumen vereint gesehen. Gestern über-
reichte Graf Schulenburg im Namen der braunschweigischen
Rechtspartei dem Brautpaare als Hochzeitsgeschenk eine
silberne Jardiniere. Seine Glückwünsche schloß er mit dem
Wunsche, Prinzessin Marie Luise werde ihre Heimath, die
ihr leider nie bekannt geworden sei, nie vergessen. Die
Prinzessin antwortete in bewegten Worten; sie danke für
den Beweis treuer Anhänglichkeit. Auch die Königin von
Hannover dankte dem Grafen in herzlichster Weise. Gestern
Abend fand ein Diner statt, zu welchem die hier anwesen-
den braunschweigischen und adeligen Gäste geladen sind.
Ungemein zahlreich sinv die Geschenke, die das Brautpaar
erhält. Die hohen Verwandten sandten zumeist Schmuck-
gegenstände, der Adel von Hannover schickte zwei silberne
Girandolen, sowie das Sachsenroß auf silbernem So^el.
In der Halle des Schlosses ist eine Reihe Oelbilder auf-
gestellt, die die hannoverschen Gegenden darstellen und
deren Kosten durch allgemeine Sammlungen in Hannov r
aufgebracht wurden. Der Bürgermeister Wolfogruber über-
reichte gestern Nachmittag das Brautgeschenk der Stadt
Gmunden, ein herrliches Gedenkbuch mit Ansichten von
Gmunden. Der Bürgermeister sagte hierbei, so ungern wir
Ew. Hoheit scheiden sehen, so freuen wir uns doch über
den geschlossenen Heizensbund und wünschen von ganzer
Seele, daß Ew. Hoheit auch im neuen Heim glücklich sein
mögen. Prinz Max von Baden dankte herzlich Namens
seiner Braut und sagte, er hoffe, daß sie in der neuen
Heimath ebenso glücklich sein werde, wie unter dem Schutze
der Stadt Gmunden. Auch der Herzog von Cumberland
dankte und gab seiner Freude über die Theilnahme der
Bevölkerung Ausdruck, die Prinzessin reichte dem Bürger-
meister mit herzlichen Dankesworten die Hand. — Das
Wetter ist schlecht und es regnet, erst gestern Abend hörte
der Regen auf. Die Beleuchtung der Stadt fiel großartig
aus, an allen Häusern sind farbige Lampions in badischen,
cumberland'schen und österreichischen Farben angebracht, die
Schiffe auf dem Traunsee waren gleichfalls beleuchtet;
eine dichtgedrängte Menschenmenge durchzog bei Musik-
klängen die Gassen und Gartenanlagen, um die Illumination
anzusehen.
Gmunden, 9. Juli- Zur morgigen Hochzeit im
Hause Cumberland hat der Herzog für die Ansprachen sich
jedwede politische Anspielung verbeten. Der
deutsche Kaiser sandte als Hochzeitsgeschenk ein Service der
königlichen Berliner Porzellan-Manufaktur.
Aus Stadt und Land.
Heselberg, 10. Juli.
2 Danksagung des Grohherzogs. Auf das am Sonntag
von den beiden Vereinen Liederkranz Heidelberg und Karls-
ruhe abgesandte Telegramm an den Großh erzog traf
folgende Antwort ein:
Herrn Dr. Keller,
Vorstand des Liederkranzes Heidelberg.
Se. Königl. Hoheit der Grotzherzog lassen für die gestrige
Huldigung der Liederkränze Heidelberg und Karlsruhe herzlich
danken.
Im höchsten Aufträge:
von Bavo.
(?) Sitzung des Vürgerausschusses vom 9. Juli. In der
gestrigen Bürgerausschußsitznng waren 88 Mitglieder anwesend.
Man trat sofort in die Verhandlung über die Erwerbung einer
Dampfstraßenwalze durch die Stadtgemeinde zum Preise von
17080 Mk. ein. Der Stadtverordnetenvorstand, Rechtsanwalt
Leonhard, führte aus, daß schon vor fünf Jahren der mangel-
hafte Zustand mehrerer chaussirter Straßen die Zweckmäßigkeit
der Anschaffung einer eigenen Dampfstraßenwalze dargethan habe.
Man habe dazwischen Berechnungen angestellt, ob durch eine
eigene Dampfstraßenwalze oder ob durch eine leihweise Besorgung
die Stadtverwaltung finanziell besser wegkomme. Es habe sich
herausgestellt, daß man wohl zur Zeit durch die letztere Art etwas
billiger fahre, jedoch dürfe man bei dem Charakter der Stadt die
finanzielle Seile nicht allein ausschlaggebend sein lasse». Eine
Dampfstraßenwalze müsse zu jeder Zeit zur Verfügung stehen,
und das sei bei einer leihweise» Benützung einer solchen nicht
möglich. Aus diesen Gründen begrüßt der Redner die Vorlage
und empfiehlt die Annahme des Antrages. Der Vorsitzende,
Oberbürgermeister Dr. Wilckens, führte aus, daß in nächster
Zeit Aenderungen eintreten werden bezüglich der Besorgung der
Unterhaltung mehrerer chaussirter Straßen durch den Staat oder
die Stadtgemeinde. Die Stadt würde die Unterhaltung mehrerer
Straßenstrecken übernehmen müssen. Die Anschaffung einer eigenen
Dampfstraßenwalze werde also immer dringenocr. Sladtverordn.
Medizinalrath Mittermaier wirft bei dieser Gelegenheit die
Frage auf, ob es nicht gerathen wäre, auch die Gehwege mit
einer kleinen Walze zu ebnen. Das Hervorstehen kleiner spitzer
Steine mache sich beim Passiren der Gehwege oft in unangenehmer
Weise fühlbar. Stadtbaumeister Schaber glaubt, daß durch die
für die Zukunft in Aussicht genommene Anwendung des Be-
wurfsmatcrials eine Aenderung zum Besseren eintreten werde.
Der Antrag des Stadtraths wurde alsdann einstimmig an-
genommen. — Zu dem Antrag über die Erstellung einer Ver-
bindungsstraße zwischen der Klingenteich straß e und
der NeuenSchloß st ratze gab zunächst Stadiverordn.-Vorstand
Leonhard einige Erklärungen. Der Redner nahm Bezug auf
eine Einsendung im N. Heidelb. Anzeiger, worin die Ausführung
dieses Projekts in abfälliger Weise kritisirt wurde. Es sei un-
richtig, wenn behauptet werde, durch diese Straßenherstellung leide
die Schönheit des landschaftlichen Bildes. Dieser Weg, wenn
einmal gebaut, werde eine prächtige Aussicht in's Thal bieten,
und gewiß von Jedermann gerne benützt werden; die Herstellung
desselben bilde zunächst eine angenehme Bereicherung des Straßen-
netzes. Stadtv. Schieferdeckermeistcr Mülle r frägt an, ob die
für die Ausführung des Projekts angegebene Summe ausreiche.
Der Oberbürgermeister versichert, daß die Kostenberech-
nung eine sorgfältige gewesen sei; es kämen ja nur
die Herstellungskosten in Frage, da man durch das Ent-
gegenkommen der betheiligten Grundbesitzer kein Gelände
zu erwerben brauche. Ein neues Bauviertel werde
durch diesen Straßenbau nicht erschlossen, da dafür gesorgt wurde,
daß nur eine maßvolle Ausnützung des Geländes statt-
finden könne. Der Stadtrath sei einstimmig in der Antrag-
stellung gewesen. Stadtv. Prof. Buhl möchte bei dieser Ge-
legenheit einige Vorschriften über die Art der Einfriedigung des
fraglichen Baugeländes empfehlen. Bürgermeister Dr. Walz
weist darauf hin, daß mit der Ausführung dieses Projektes eine
schnellere und bessere Verbindung zwischen den südlicher ge-
legenen Straßen des Rohrbacher Stadtviertels und dem Schloß her-
gestellt werde. Auf einige Auslassungen des Stadtv. Reis,
der die in Aussicht genommene Straßenbreite bemängelte, erklärte
Bürgermeister Dr. Walz, daß auch die Straßenbreite, wie sie
in dem auszuführenden Projekt vorgesehen sei. eine vollkommen
genügende sein werde. Stadtv. Ebert drückte den Wunsch aus,
die maßgebenden Stellen möchten bei der Genehmigung von
Bauplänen für die an de: neuen Straße zu erbauenden Villen
vorschreiven, daß der Baustil und der architektonische Schmuck
dieser Gebäude der landschaftlichen Schönheit der Umgebung ent-
spreche. Alsdann erfolgte einstimmige Annahme der stadträthlichen
Vorlage. — Zur Frage der Herstellung der Keplerstraße
bedauerte der Stadtv. Iörger, daß, besonders bei schlechtem
Wetter, der südliche Theil der Keplerstraße, namentlich aber deren
Trottoirs, sich in sehr schlechtem Zustande befänden. Redner
empfiehlt namentlich die Anbringung von Linien- und Rinnsteinen.
Bür ermeiste" Dr. Walz bemerkte, daß die vom Vorredner ge-
wünschte Herstellung des Trottoirs erst nach Bebauung der
Straße möglich sei. Es wurde ein nochmaliger Augenschein
versprochen. Die Vorlage wurde alsdann genehmigt. — Zur
Neuetntheilung von Baugrund st ücken im Rohr-
bacher Baubezirk bemerkte Stadtv.-Vorstand Leon-
hard, diese Manipulation sei erst durch die neue Gesetzgebung
ermöglicht worden. Sämuttliches Baugelände würde in eine
Masse zusammengeworfen und alsdann nach Ausscheidung des
für Straße und Plätze nöthigen Raumes wieder im Verhältniß
zu der früheren Größe der Grundstück- jedem Besitzer, wie es
Recht und Gerechtigkeit erfordere, zugewiesen. Bürgermeister Dr-
Walz, der in diesen Fragen eine Autorität sei, habe es durch
sachkundigen verständige Behandlung der Sache fertig gebracht,
daß man ohne die Zuhilfenahme von Gerichten die Zustimmung
aller betheiligten Grundbesitzer zur Ausführung des Projekts er-
halten habe. Der Redner gab bei dieser Gelegenheit den durch
verschiedene Zeitungsnotizen in weiteren Kreisen hervorgerufenen
Besorgnissen Ausdruck, als ob Bürgermeister Dr. Walz durch
Uebernahme von Vorlesungen an der Universität für die städtische
Verwaltung verloren gehen könnte, was er sowohl wie alle, die
aus Erfahrung die Arbeitskraft des Herrn Dr. Walz kennen und
schätzen gelernt haben, tief bedauern würden. Der Ober-
bürgermeister ist der festen Ueberzeugung, daß eine Be-
einträchtigung der Amtsführung durch die Uebernahme von
einzelnen Vorlesungen über bad. Verwaltungsrecht an der Universität
seitens des Herrn Bürgermeisters Walz nicht stattfinden werde.
Aller Wunsch sei der, daß Hr. Dr. Walz dauernd dem städt. Dienst
erhalten werde. (Bravo!) Stadtv. Prof. Buhl begrüßte namens
der Universität den Entschluß des Herrn Dr. Walz; der Zu-
sammenhang zwischen Theorie und Praxis werde dadurch ein
besserer. Nachdem Bürgermeister Dr. Walz versichert hatte,
daß seine Arbeitskraft der Hauptsache nach dem städtischen Dienste
gewidmet bleibe, wurde die Vorlage einstimmig angenommen. —
Nachdem dann noch die Vorlage betr. Veräußerung eines
städtischen Erbbestandsgrundstücks ohne Diskussion ge-
nehmigt war, wurde die Sitzung kurz nach 6 Uhr geschlossen.
)( Studien-Ausflug- Freitag, den 6., und Samstag, den
7. d. Mts., unternahm Herr Professor von Kirchenheim mit der-
zeitigen und früheren Hörern seiner strafrechtlichen Uebungen
einen gefängnißwissenschaftlichen Ausflug. Besucht wurden die
Erziehungsanstalt für verwahrloste Kinder in Sinsheim, das
Gefängniß in Heilbronn, die Strafanstalt auf dem ASpecg bei
Ludwigsburg, welche Zuchthaus-, Gefängniß- und Festungs-
gefangene enthält, ferner das Zuchthaus in Bruchsal und das
Arbeitshaus in Kislau.
A Ruder-Gesellschaft Heidelberg. Am Sonntag, den 8. Juli,
fand auf dem öderen Neckar in Heilvroun die LII. Ruder-Regatta
statt, zu der auch die Ruder-Gesellschaft Heidelberg 1898 zu 3 Rennen
gemeldet hatte. Jedoch durch den Sieg am 1. Juli in Mannheim
konnte die Gesellschaft sich nur an 2 Rennen (Junior- u. Senior-
Rennen) betheiligen, da das dritte, der Ermunterungs-Vierer, für
Ruderer, welche bis zum 8. Juli noch kein offenes Rennen ge-
wonnen haben, ausgeschrieben war. Da die Breite der Ruder-
bahn den gleichzeitigen Start von mehr als 3 Booten nicht ge-
stattete, so fanden bei einer größeren Anzahl startender Boote
Samstag Abend und Sonntag Vormittag Vorrennen statt. Vierer
für Juniors, Rennen Nr. I, hatten gemeldet: Regensburg R.-V.,
Mannheim R.-G. und-Klub, Ludwigshafen, „Sturmvogel" Karls-
ruhe, Heilbronn, Mainz und Ruder-Gesellschaft Heidelberg. Von
diesen unterlagen im Vorrenuen am Samstag Avend die Mann-
heimer R.-G., Ludwigshafen, Karlsruhe, Heildronn und zuletzt
Heidelberg gegen Mainz um 6'/» Sekunden, so daß im Haupt-
rennen (Sonntag) der Regensburger R.-V., Mainz und Mann-
heimer Klub übrig blieben, welch' letzterer Verein das Rennen,
somit den Ehrenpreis sicher behauptete. Zu Rennen Nr. VIII,
einem zweiten Senior-Vierer, Wartbergpreis, verliehen von Sr.
Majestät dem König Wilhelm II. von Württemberg, betheiligten
sich am Vorrennen (Sonntag) der Würzburger R.-V., Regens-
bürg, Heilbronn, Ruder-Ges. Heidelberg und „Sturmvogel" Karls-
ruhe. Sieger in diesem Vorrenneu blieben Heiibronn, Regeus-
burg, Heidelberg gegen Karlsruhe mit 2"/, Sekunden. Das
Hauptrennen, sicher eines der interessantesten der Regatta, gewann
eine gut erstklassige Mannschaft der Heildronner Schwaben mit
dem besten Rekord des Tages (2000 Mtr. in 6 Min. 29'/^ Sek.).
Auf den zweiten Platz kam Regensburg mit 2Vg Längen hinter
Heilbronn, den dritten, fast in gleicher Höhe von Regensbnrg,
die Heidelberger Ruder-Gesellschaft, deren Ruder Nr. 3 am Start-
uachen durch Unvorsichtigkeit des Steuermanns stark beschädigt
wurde. Es war ein heißer Kamps um den zweiten Platz. Die
Rennmannschaft der Ruder-Ges. Heidelberg hat sich auf den dies-
jährigen Regatten und Heildronn sehr wacker gehalten und kann
man der Gesellschaft für deren schönen Erfolg nur gutes Lob
spenden. — Die Rennsaison ist für die Ruder-Ges. Heidelberg
nun in diesem Jahre beendigt und wurden die Rennruderer gestern
aus ihrem lOwöchentlichen Training entlassen. Hauptsächlich
wird jetzt auf des Schulrudern der übrigen Ruderer geachtet,
die allabendlich fleißig durch die beiden Instruktoren etngerudert
werden.
8t.Ll.-L. Abendtonzerte des städt. Orchesters. In Folge der
außerordentlich ungünstigen Witterung finden im Benehmen mit
Herrn Elasten von heute Abend ab bis auf Weiteres die Konzerte
des städtischen Orchesters im großen Saal des Saalbaues mit
Restauration statt. Ende dieser Woche wird die jugendliche
Cornet-Virtaosin Frl. Branden in zwei Konzerten gastiren. Die-
selbe steht durch ihre hervorragend künstlerischen Leistungen vom
vorigen Jahre hier noch in bestem Andenken. Wegen weiterer
Abwechslung in den Konzerten schweben noch Verhandlungen.
2 Schöffeugerichtsfitzung vom 7. Juli. Vorsitzender: Rechts-
praktikant Erdel. 1) Karl Schltcksupp, Blumenhändler in Hand-
schuhsheim, erhielt wegen Ruhestörung und groben Unfugs
10 Tage Haft, 2) Franz Anton Meisel, Schuhmachermeister
hier, wegen llebertretung des Z 361 Z. 5, H 362 R.Sl.G.B.
5 Tage Haft, 3) Anton Auer, Bürstenmacher in Ztegelhauftn,
wegen Körperverletzung 1 Woche Gefängniß, der mitgangeklagte
Christian Wilhelm Mohr I., Bürstenmacher daselbst, wurde frei-
gesprochen. 4) Peter Bruckert, Schuhmacher hier, erhielt wegen
Bettelns 1 Tag Haft. 5) Die Verhandlung gegen Eisenbahn-
schaffner Ruch Wwe. hier wegen Beleidigung der Wilh. Rumig
Ehefrau hier wurde vertagt. 6) Friedrich Schäfer Ehefrau hier
wurde von der Anklage wegen Beleidigung des Ludwig Jung-
manr, Schreinermeister hier, fretgesprochen. 7) Ludwig Hahn,
Barbier in Kirchheim b. H., und Friedlich Lehr, Uhrmacher daselbst,
erhielten wegen gegenseitiger Beleidigung eine Geldstrafe von je
20 Mark.