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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150-175 (02. Juli 1900 - 31. Juli 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0037

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K Selbstmordversuch. Grenadier Müller von der 6. Kom-
pagnie des hiesigen Bataillons, ein Mann von sehr guter Führung
und unbestraft, schoß sich gestern im Korridor der Kaserne mit
Einer Platzpatrone in den Mund, zog sich aber nur eine nicht
lebensgefährliche Verletzung zu. Die Veranlassung zu der That
fit keineswegs in dienstlichen Gründen zu suchen und überhaupt
Uoch völlig unaufgeklärt, zumal Müller bis jetzt noch nicht ver-
Uehmungsfähig ist, da er wegen seiner Wunde nur unverständliche
Laute Hervorbringen kann-
— Unfälle. Am Sonntag machte der hiesige Schreiner
Jos. Deierling mit seiner Frau und einem zweijährigen Kinde
eine Bootsfahrt ans dem Neckar. Bei der alten Brücke blieb das
Fahrzeug hängen, kippte um und die Insassen fielen ins Wasser,
dieselben konnten alle, wenn auch theilweise mit großer An-
strengung, gerettet werden. — Der achtjährige Karl Heilmann
aus Handschuhsheim wollte gestern kurz vor dem Passiren eines
Zuges das Straßenbahngeleise auf der Handschuhsheimer Land-
straße überschreiten. Die Maschine faßte und schleifte den Knaben
ea. 25 Meter weit, so daß er schwere, wenn auch nicht lebens-
gefährliche Verletzungen am Kopfe und der linken Hüfte da-
vontrug.
— Polizeibericht. Ein von einer auswärtigen Behörde wegen
Hehlerei verfolgter Zimmermann wurde verhaftet. Wegen Unfugs
kamen fünf Personen zur Anzeiae.
U Wieblingen. 9. Juli. Gestern Abend wurde Landwirth
L. Baumann dahier von seinem eigenen Fuhrwerk über-
fahren- Er wollte, als das Fuhrwerk bereits im Gange war,
auf dasselbe steigen, fiel aber zu Boden und kam dabei unter die
Räder, wodurch er so schwer verletzt wurde, daß er nach einer
Viertelstunde starb. Der Verunglückte ist Familienvater, hinter-
läßt eine Wittwe und neun Kinder, von denen das älteste 16
Jahre alt ist.
O Vom Odenwald. 10. Juli. Wir haben seit einigen Tagen
wahres Winterwetter. Heute Morgen zeigte das Thermo-
meter nur noch 3 Grad Wärme. Und bicrbei sollen Heu und
Heideibeeren geerntet Werdens Der Heidelbeerensegen geht fast
vollständig verloren; denn bei diesem kalten Wetter können sich
die Leute unmöglich tagelang in die nassen Sträucher setzen.
Vieles Heu, das jetzt schon über acht Tage liegt, geht zu Grund.
Die Folge ist, daß die Futterpreise immer höher werden.
L.dk. Schwetzingen, 9. Juli. Zufolge einer am Samstag
Nacht bei der hiesigen Escadron eingetroffenen telegraphischen
Anfrage meldeten sich zum Freiwilligendienst nach China von der
Escadron 2 Unteroffiziere und 24 Mann, sowie von dem gegen-
wärtig hier einquartierten Remonte-Commando 11 Mann.
ch Mannheim 9 Juli. Der hiesige Stadtrath hat beschlossen,
beim Großh. Oberschulrath, sowie beim Bürgerausschuß die Ge-
nehmigung zur Ausgestaltung der hiesigen höheren Mädchenschule
als höhere weibliche Lehranstalt mit dem vollständigen
Lehrplan der Oberrealschule zu beantragen. An dieser Anstalt
sollen wie bei der Oberrealschule die privaten Untercichtskurse im
Latein beibehaltm werden. — Herr Geh. Oberpostrath Heß,
Kaiser!. Oberpostdirektor tu Karlsruhe, hat sich anläßlich seine s
Rücktritts in den Ruhestand brieflich von der hiesigen Stadt-
verwaltung verabschiedet, worauf seitens des Sladtratqs in einem
Dankschreiben geantwortet worden ist. — Die Vorlage an den
Bürgerausschuß, brtr. die Herausgabe eines Werkes über die
'Geschichte aus Vergangenheit und Gegenwart der Stadt
Mannheim, sowie Instandsetzung des Stadtarchivs, wurde
vom Stadtratb genehmiat.
L.8. Karlsruhe, 9. Juli. Der oberrheinische Jünglingsbund
feierte am Sonntag, den 3. Juli, hier sein 5. Jahresfest. Die
Betheiligung war eine sehr große. Bei 800 Festgäste. Männer
und Jünglinge aus ganz Baden, hatten sich eingefunden. Von
dem Thurm der Sladtkirche ließen vor Beginn des Festgottes-
dienstes 80 Posauneubläser ihre Posaunen erschallen. I» der
dichtgedrängten Stadtkirche hielt Herr Oberkonststonalrath
D. v. Braun-Stuttgart die Festpredigt. Nach dem Festgottes-
dienst war noch eine Nachfeier in den Räumen der „Eintracht".
Aus dem Jahresbericht geht hervor, daß die Zahl der dem Bunde
angehörenden Männer- und Jünglingsvereine in stetem Wachs-
thum begriffen ist, z. Zt. 97, was bei den edlen Zielen, die diese
Vereine verfolgen, Pflege christlichen Sinnes und Liebe zum
Vaterlande, nur freudig zu begrüßen ist.
L.bl. Freiburg, 9. Juli. Gestern Abend sind zwei Haupt-
leute und etwa 60 Freiwillige des hiesigen Regiments, welche sich
für den Kriegsdienst in China bereit erklärt hatten, nach Wilhelms-
haven abgereist.
m Waldshut, 9. Juli. Die Leiche des ertrunkenen
Hauptlehrers Singer wurde letzten Samstag in der Nähe von
Rhina gelandet. Unter großer Theilnahme der Bevölkerung fand
Heute morgen die Beerdigung statt.

kleine Zeitung.
— Stuttgart, 9. Juli. Der Bankier Eduard Becker hat
infolge starter Verluste durch Baumwollenspekulationen zuerst
seine Frau und dann sich selbst erschossen.
— Kopenhagen, 7. Juli. Der Chef der dänischen Stcherheits-
volizei Massen kehrte gestern aus Brüssel zurück, wo er als Zeuge
im Sipido-Prozeß anwesend geweicn war. Er war er-
staunt über das Resultat des Prozesses. Nach seiner Auffassung
war Sipido vollständig normal, ein kaltblütiger Verdrechertypus.
der später gewiß wieder von sich Horen läßt. Die Schüsse wären
gut gezielt und tödtlich gewesen, wenn sie das Auge oder den
Hals des Prinzen von Wales getroffen hätten.

Theater- und Kunstnachrichten.
Mannheim. (Großh. Hof- und Nattonallheater.) Mittwoch,
11. Juli: „Gasvarone".

Handel und Verkehr.
Mannheim, 9. Juli. (Aktien.) Odcrrtz. Bank 113.70 G.
Rheinische Creditbank 140.80 B. Rheinische Hypothekenbank
161.— B. Heidelberger Aktienbrauerei 148.— G. Schrödl'sche
Brauerei-Aktien 150.— B. Portland-Eementwerk Heidelberg
119.— B.
Frankfurt. 9. Juli ^ fkektensocletal. Abends 6'/» Uhr.
Oesterr. Credit-Aktien 212.40-30-50 b. Diskonto-Kommandit
176.40—176 b. Deutsche Bank 188:10 >b. Berliner Handels-
gesellschaft 147.80 b. Nationalbank für Deutschland 132.90 b.
Dresdener Bank 146.90 b. Staatsbahn 140.60 b. Gotthard
134.80 B. 70 G. Schweizer Central >141.50 B. 40 G. Schweizer
Rvrdost 88.20 B. 10 G. Schweizer Union 79.50 B 40 G.
Jura-Simplon 86.30 B. 20 G. Allgeru. Lokal- u. Straßenbahn
166.20 B. 10 G. 4pCt. Italiener 93.40 B. 30 G. 3pCt. Mexi-
kaner 25.60 b. Laura 214.50 b. Bochumer 199.50 - 20 b.
Harpener 185 b. Hibernia 206.30 b. Oberschles. Eisen-Industrie
137.70 b. Eschweiler 231 b. Gelscnkirchen 189.70-30-50 b.
Aesteregeln Alkali 203 b- Zellstoff Dresden 86 b. G. Friedrichs-
Vütte 155 b. G. Elektr. AUgem. (Edison) 226 b. Elektr. schlickert
203 b. G.

6>/.-6'/2 Uhr:
Bei ziemlich belebtem Verkehr konnten die Kurse der maß-
gebenden Spekulationswerthe, auch Jndustrieakiien, im Einklang
wii besseren Notirungen der auswärtigen Plätze gegen die
äußersten Mittags-Schlußkurse meist etwas anziehen.
Mannheim, 9. Juli. (Produktenbörse.) Per 100 Kilo.
Heizen Pfälzer 18.— bis —, Norddeutscher 18.— bis —.—,
Azima 18.25 bis 19.—, Theodosia 18.25 bis 19. —, Saxonska
18.25 bis 18.75, Girka 18.25 bis 18.50, Taganrog 18.25 bis
1850, rumänische —bis —.—, amerikanische Winter 18.25
vis 18 50, amerikan. Spring 18 50 bis —, Kannsas 1k
18.— bis ——, Kalifornier —bis —La Plata 18.—
bis —, Walla-Walla 18.—bis—, Bahia blanca 18.50 bis
sF'-—, Semence Russe 18.65 bis —, Kernen 18,— bis —.—,
Avggen Pfälzer 16 50 bis 16.75, Norddeutscher —bis —,
Russischer 16— bis —.—, Gerste hiesiger Gegend 16.— bis
. Pfälzer 16.75 bis —. Ungarische 17.75 bis —,

Futtergerste 14.— bis —, Hafer Badischer 15.— bis 15.50,
Württemberger —bis —, Norddeutscher 15 50 bis —.—,
Russischer 14.25 bis 15.60, Amerikaner 1440 bis —, Mais
Amerik. mixed 12.75 bis —La Plata 12.25 bis 12.75, Mais
Donau —.— bis —.—, Kohlreps deutscher neuer 28.— bis
— —, Wicken 17.50 bis —Deuscher Kleefarnen I 126.— bis
140.— Pfälzer —bis —, Deutscher II 85.— bis 95.—,
Amerikaner —.— bis —, Lucerne 84.— bis 92.—, Provence
92.— bis 97.—, Esparsette 22.— bis 26.—, Leinöl mit Faß
77.50 bis —, Rüböl mit Faß 65.— bis —, bei Waggon
63.— bis —, Petroleum Amerikany 21.50 bis —, bei
Waggon 20.85 bis —bei Bassinwag. 17.25 bis —,
Russisches 20.50 bis —.—, bei Waggon 19.85 bis —.—, bei
Bassinwag. 16 25 bis —, 50er Rohsprit ca. ^"/s»"/» 120.50,
90er Rohsprit unversteuert 35.—.
Weizenmehl 00 0 1 2 3 4
28.50 26 50 24.50 23.50 22.50 20.50.
Roggenmehl 0: 24.75, 1: 22.75.
Tendenz: Weizen und Roggen gut behauptet. Gerste und
Hafer unverändert. Mais fest.

Wasserstandsnachrichten,

Neckar.
Heidelberg, 10., 1,55. gest. 0,08 m
Hellbraun, 9,0.99, gest. 0,04 m
Mannheim, 9..4,66, gef.OWm

Rhein.
Lauterburg, 9.. 4,98. gest. 0,13 m
Maxau, 9., 5,08. gest. 0,12 w
Mannheim, 9., 4,78, gef. 0.02 m

WitternngSbeodach-nngen.
Heidelberg, 10. Juli. Thermometerstand (nach 6.) Morgens
7 Uhr: -s-12,0°. Niederster Stand seit gestern Morgen: -s- 10,2°;
höchster: -s-15,5°. Wind: SW. Himmel: bedeckt. Barometer-
stand: Morgens 7 Uhr: 754,6 mm. Niederschlag am 9. Juli:
25 3 mm Regen.

Neueste Nachrichten.
Berlin, 9. Juni. Vom Chef des Kreuzerge-
schwaders ist folgende aus Taku vom 7. d. M. datirte
telegraphische Meldung eingegangen: Tientsin wird
täglich aus den Befestigungen des Arsenals im Westen,
den Batterien im Norden und den Forts in der Chinesen-
siadt beschossen. Die häufigen Angriffe auf die
Fremden Niederlassungen wurden bisher ab-
gewiesen, meist unter schweren Verlusten der Chinesen.
Unsere Truppen hatten keine, die übrigen Nationen nur
geringe Verluste. Gestern ist ein amerikanischer Trans-
portdampfer mit 1200 Mann, heute ein französischer mit
1400 Mann und einer Feldbatterie eiugetroffen.
Kiel, 9. Juli. Der Kaiser nahm heute die Vorträge
des Generalmajors im Kriegsministerium v. Einem, des
Chefs des Militärkabinets v. Hahnke und des heute früh
eingetroffenen Grafen v. Bülow, des Chefs des Marine-
kab'nets v. Sendcn-Bibran entgegen. Nachmittags erledigte
der Kaiser Regierungsangelegenheiten. Zur Abendtafel war
der Kriegsminister Goßler geladen.
Budapest, 9. Juli. Im Ackerbau-Ministerium treffen
fast aus allen Landestheilen Berichte über Ve rheerungen
der Saaten ein, die durch Hagel, Regen und Stürme
in den Tagen vom 5. bis 8. Juli verursacht worden sind.
Im Zipser Comitat traten zwei Flüsse aus, die große
Gebietslheilc überschwemmten. Zwei Personen sind ertrunken.
— In Nagy-Becskerek erkrankten im Laufe der vorigen
Woche über 100 Personen an Sonnenstich, davon
starben 36.
London, 9. Juli. Die Abendblätter melden aus
Tientsin vom 2. ds. Ms.: Die verbündeten
Strcitkräfte wurden heute von den chinesischen Plänk-
lern sehr beunruhigt. Um die letzteren heranznlocken,
wurde gestern eine gemeinsame Rekognoszicung gemacht.
Eine Abtheilung Russen ging in nördlicher Richtung,
zwei Meilen auf den Bahnhof zu, vor. Eine kleinere Ab-
theilung rückte in nordöstlicher Richtung vor. Infolge
von Mißverständnissen unter den Generalen
der verbündeten Slreitkräfte, die gemeinschaftlich Vorgehen
sollten, wurden diese einige Zeit von dem Vor-
marsche zurückgehalten. Inzwischen hatten die vor-
gerückten russischen. Truppen einen heftigen
Gegenangriff seitens der kaiserlich chine-
sischen Truppen aus der Eingcborenenstadt auszu-
halten. Die Russen hielten unter großen Schwierigkeiten
die Angreifer tapfer im Schach, bis Verstärkungen ein-
trafen. Die Chinesen unterhielten währenü zwei Stunden
eine furchtbare Kanonade aus schweren Geschirren, die auf
den Stadtwällen aufgestellt waren, jedoch nur unbedeutenden
Schaden anrichteten. Gleichzeitig rückte eme starke chine-
sische Abiyeilung vom östlichen Theile der Stadt vor.
Die Europäer richteten ihr Hauptaugenmerk auf die Zurück-
weisung des Angriffs von Norden. Inzwischen rückten
die Chinesen auf 100 Aards an die Pontonbrücke bei
der französischen Niederlassung heran und nahmen daselbst
eine beinahe undurchdringliche gedeckte Stellung ein, von
wo sie ein heftiges Gewehrfeuer eröffnelen. Es folgte ein
verzweifelter Kampf zwischen ihnen und den Russen,
die die Brücke mit einem Gatling-Geschütz zu ver-
theidigen suchten. Die Russen behaupteten ihre Stellung
bis zum Eintreffen zweier russischer Kompagnien, worauf
sich die Chinesen zurückzogen. Die englischen
und übrigen fremden Truppen griffen in gedeckten
Stellungen vom andern User aus an, waren aber nicht
im Stande, wirksam auf die Angreifer zu feuern, da diese
fast ganz unsichtbar waren. Das Gefecht war am späten
Nachmittag beendet. Der Feind erlitt beträchtliche Ver-
luste, aber die russischen Verluste sind größer als die feind-
lichen, jedoch kamen auf russische Seite meist leichte Ver-
wundungen.
London, 9. Juli. (Unterhaus.) Wyndham erklärt,
71 Festungsgeschütze mit 11740 Geschützladungen, 123
Feldgeschütze mit 49 400 Geschützladnngen und 297
Maschinengeschütze mit 4 223 400 Patronen sind seit 1895
von englischen Firmen an China geliefert worden. Die
Zahlen seien nicht erschöpfend und umfaßten nur die
Lieferungen zweier Firmen.
London, 9. Juli. (Unterhaus.) Brodrick er-
klärt, der bereits veröffentlichte, aus chinesischer Quelle
stammende Bericht aus Peking scheine darzuthun, daß bei
den Angriffen auf die Gesandtschaften der von diesen
geleistete Widerstand auf die Angreifer großen Eindruck

machte. Man habe Grund, zu hoffen, daß Prinz Tsching,
das frühere Haupt des Tsurigli-Iamen, seinen Einfluß
geltend mache, um die Gesandtschaften^gegest^fien Prinz-u
Tuan und die Boxers zu schützen. Ans den aus Tient-
sin kommenden Nachrichten gehe hervor, daß weitere
Kämpfe dort zu erwarten seien, doch werde darin kein
Zweifel ausgedrückt, daß die Truppen der Mächte im
Stande seien, ihre Stellung aufrecht zu erhalten.
London, 9. Juli. Eine Depesche des Gouverneurs in
Bombay meldet, daß 10 320 Eholerafälle, von denen
(502 tödtlich verliefen, in den von der Hungersnoth be-
troffenen Gebieten während der mit dem 30. Juni endi-
genden Woche vorgekommen sind. Die Zahl der bei den
Nothstandsarbeiten beschäftigten Arbeiter nimmt infolge
der anhaltenden Dürre rasch zu. Ein Telegramm des
Vizekönigs besagt, daß sich die Nolh und der Hunger
gegen jede Erwartung aus dehnt und daß die Aussich-
ten in Rajputana und in Centralindien trübe seien.
London, 9. Juli. General Auanschinkai, der Gouver-
neur von Schantnng, der sich gegen den Prinzen Tuan
erklärt hat, kündigt an, bis zum 11. Juli würden die
Boxer sich aufgelöst haben und Friedensverhandlungen be-
ginnen. Der Berichterstatter der Times in Shanghai
meldet vom 4. Juli, die Vicekönige von Nanking und Wut-
schang hätten dLn britischen Konsul telegraphisch ersucht,
dringend von den Mächten die Zusicherung zu erwirken,
daß, was immer im Norden geschehe, die Person der
Kaiserin als unverletzlich betrachtet werde. Sie hätten
auch abermals das Gesuch erneuert, daß die Feindselig-
kelten auf das nördliche Gebiet beschränkt bleiben sollten.
Rom, 9. Juli. Das zur Abfahrt nach China be-
stimmte Truppenkontigent besteht aus 1882 Mann. Der
Tag der Ausreise ist noch unbestimmt.
Shanghai, 9. Juli. Londoner Morgenblätter melden
von hier, daß eine große Abtheilung Russen und Ja-
paner längs der Eisenbahn wieder auf Langsang vor-
gerückt seien gegen Huangtsin, 18 Meilen südlich von
Peking, wo den Chinesen eine schwere Niederlage bei-
gebracht worden und über 1000 Chinesen gefallen seien.
Der Gouverneur von Chekiang, der bisher den Anordnungen
des Prinzen Tuan Folge leistete, habe sich nunmehr „er
von den Gouverneuren der südlichen Provinzen befolgten
Politik angeschlossen. Prinz Tuan habe ein Decret er-
lassen, das den Vicekönigen der südlichen Provinzen an-
drohl, daß sie als Verräther behandelt werden.
Tsintau, 9. Juli. Wie das Reulersche Bureau meldet,
sind mit dem deutschen Dampfer „Königsberg" heule 350
Marinesoldaten aus Tientsin hierher zurückgekehrt.

jl olff'r Eelegraphenbureau.
Gmunden, 10. Juli. Die Zahl der Hochzeits-
geschenke wurde heute erheblich vermehrt. Die Kaiserin
Friedrich schickte ein Bronceporträt von sich und dem
Kaiser Friedrich, die Königin Victoria ein silbernes Thee-
serwce, der Erzherzog Friedrich einen aniikcn Fächer. Aus
dem badischen Familienschmuck erhielt die Braut ein
Brillantdiadem und eine Schnalle aus Diamanten,
außerdem schenkte ihr Prinz Max zwei große Brillanten-
spangen in Lilienform. Dem Prinzen Max soll von Kaiser
Wilhelm Rangerhöhung in der deutschen Armee zu-
gedachi sein. 180 ledige hannover'sche adelige Damen
sandleu der Braut eine damastene Tischdecke mit
dem hanuövet'schen Wappen gestickt. — 1500 Fackel- und
Lampionsträger begaben sich gestern Abend bei strömendem
Regen in das Schloß, um dem Brautpaar zu huldigen.
Am Zug betheiligten sich alle Kreise der Bürgerschaft,
sämmtliche Vereine und Genossenschaften. Prinz Max und
seine Braut dankten dem Bürgermeister gerührt für die
Huldigung.
London, 10. Juli. Reuter meldet aus Tientsin vom
1.: Am Morgen des 1. wurde die Erkundigung in der
Richtung auf die Eingeborenenstadt durch eine von Russen,
Engländern, Amerikanern und Japanern vereinigte Truppen-
abtheilung in Stärke von 1200 Mann unternommen. Die
Streitmacht stieß auf beträchtlichen Widerstand von seiten
kleinerer feindlicher Abtheilungen, welche leicht vertrieben
wurden, obwohl sie einige Verluste beibrachten. Man vee-
muthet, daß 18 000 Boxer außerhalb des Westthors der
Stadt sich befinden. Täglich kommen Verstärkungen für
die vereinigten Truppen an, aber die Lage ist in keiner
Weise frei von Besorgnissen, da jegliche Nachrichten über
die Bewegungen der Chinesen fehlen. Zwei Boten kamen
heute früh aus Peking an. Sie überbrachten einen Brief
Macdonalds mit dem gleichen Inhalt, wie der des Robert
Hart. Die Boten bestätigen die Ermordung des Gesanden
von Ketteler und erklären ferner, Prinz Tsching thue sein
Möglichstes, um die Fremden zu schützen. Aber die
Chinesen seien gegen die Fremden sehr aufgebracht. Zwei hohe
Beamte, deren Namen nicht angegeben sind und die sich
den Boxern wiedersetzten, sollen ermordet sein.
Macdonalds Brief ist 4 Tage älter als der Harls. Ja-
panische Pioniere stellen die Eisenbahn von Taku nach
Tientsin wieder her. — Ein Bote berichtet, daß ein chine-
sischer General mit 10 000 Mann gegen Tientsin vorrücke.
Der Bote meldet weiter das Vorrückeu des Generals Sung
mit zahlreichen Truppen von Peknig auf Tientsin.
Für die Redaktion verantwortlich: F. Mo nt na in Heidelberg.


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Littörrvaaser.

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Gebetsgottesoienst.
Mittwoch, ll. Juli.
Peterskirche: 5 Uhr: Herr Stadtpfarrer O. Honig.
 
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