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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

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Nr. 228-254 (01. Oktober 1900 - 31. Oktober 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0416

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halten. Man wisse nur, daß er die Vorschläge Deutsch-
lands in einem versöhnlicheren Geist vorgetragen habe,
als es der deutschen Regierung genehm gewesen sei. Herr
v. Sternburg habe eS im Interesse der guten Beziehungen
zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten für
nützlich erachtet, mit weniger Bestimmtheit auf-
zu treten, als es ihm in Berlin anempfohlen worden
War. (Frhr. Speck v. Sternburg, der früher Secreiär der
deutschen Gesandtschaft in Peking war, führte in Abwesen-
heit des Botschafters v. Holleben die Geschäfte. Bis jetzt
ist die Behauptung des amerikanischen Blattes, er sei ab-
bernfen, nicht bestätigt worden; wenn es aber wirklich
richtig sein sollte, daß er die Weisungen des Auswärtigen
Amtes nicht ausreichend ausführte, so wäre seine Abberufung
die selbstverständliche Folge einer solchen Haltung.)
— lieber die Ausreise der Truppen-Transport-
Kampfer nach China liegen folgende letzte Meldungen vor:
Halle (N.D. Lloyd) 17. Oct. von Tsingtau.
Darmstadt (N.D. Lloyd) 19. Oct. in Nagasaki.
Palatia (Hamb. A.L.) 18. Oct. in Taku.
Andalusia (Hamb. A.L.) 18. Oct. in Taku.
Homburg v. d. H., 20. Oct. Der Kaiser ließ
sich heute durch den General v. Villaume Mannschaften
des hier garnisonirenden Bataillons vorführen, welche
Winter-Uniformen für die verschiedenen Waffengattungen
der Chinatruppe» angelegt hatten. — Die Kaiserin und
der Kronprinz unternahmen Vormittags einen Spazierritt,
später machte das Kaiserpaar mit dem Kronprinzen einen
Spaziergang. — Zur Frühstückstafel sind geladen:
Kriegsminister v. Goßler, General v. Villaume, Major
v. Ketteler, Generalkonsul v. Rekowski und Bildhauer
Professor Hertel.
Baden. Karlsruhe, 20. Octbr. Die von der
Centrums- und demokratischen Presse heute mit großer
Bestimmtheit gebrachte Nachricht, der Staalsministcr Dr.
Nokk trete am 1. November vom Amte zurück, ist, wie
der Strahl». Post versichert wird, unwahr.
L.O. Karlsruhe, 21. Okt. Im nat.-lib. Verein in
Freiburg verbreitete sich Landgerichtsrath Abgeordneter
Obkircher am Freitag über den verflossenen Landtag und
die p olitis che Lage in Baden, wobei er u. A. auch
auf den Mi niste rwe chsel und die Wahlrechts fr age
zu sprechen kam. Er persönlich, erklärte Obkircher, nach
einem Bericht der Freib. Ztg'., würde sich freuen, wenn
durch Annahme des Vorschlags, das direkte Wahlrecht
einzuführen und die großen Städte in mehrere Wahlbezirke
zu zerlegen, der vieljährige Kampf und die Zwietracht in
der nat.-lib. Partei beseitigt werden könnte. Wenn die
Landesversammlung sich auf diese Vorschläge vereinigte,
dürfte man nicht sagen: die Nationalliberalen rücken nach
links, denn es handle sich nicht um Prinzipien, sondern
um Zw eck mäh igkeits fragen; nur die Form des
Wahlrechts komme in Frage. Die nat.-lib. Partei werde
immer bleiben, was sie gewesen ist: Vertreterin eines ge-
sunden und gemäßigten Fortschritts. Sie werde stehen auf
dem Boden eines monarchischen, konstitutionellen Staats-
wesens und die Lösung werde bleiben: Hie liberal, hie
ultramontan! Die nat.-lib. Partei werde im alten Ver-
hältnth zur Regierung zu bleiben suchen. Wenn freilich
die Regierung einen Wechsel eintreten lassen sollte,
wenn sie sich den Ultramontanen zuneigen, ihnen
etwa auf dem kirchenpolitischen Gebiet größere
Konzessionen machen sollte, dann würden sich die
Nationalliberalen in Opposition stellen müssen.
Der jetzige Minister des Innern habe sich aber immer
zur nationalliberalen Partei bekannt, er werde also
jetzt nicht die seit seiner Jugend als recht anerkannten
Grundsätze über den Haufen werfen. Man habe von
einer Aera Zehnter gesprochen, — davon, daß
der Mann, der sich auf dem letzten Landtag
als Gemäßigter im Centrum gezeigt habe, au die Re-
gierung kommen könnte mit konservativ gesinnten Leuten.
Daß dies nicht geschehen werde, gehe schon aus der Zu-
gehörigkeit des neuen Ministers zur nat--lib. Partei hervor
Die nat.-lib. Partei werde im Großen und Ganzen weiter
mit der^ Regierung marschtren, die Opposition aber werde
geschlossen gegen sie kämpfen. Diese Geschlossenheit werde
jedoch in die Brüche gehen, sobald der Kampf gegen die
Schule (von Seiten des Centrums) beginnt. Es müsse
die Zeit kommen, in der die breiten Massen des Bürger-
und Bauernstands sich wieder auf sich selbst be-
sinnen und die Fesseln der Bethörung durch eine ge-
wissenlose Agitation von sich werfen, wo die gut gesinnten
Elemente des Bürgerstandes sich ausraffen, am politi-
schen Kampf theil nehmen und sich muthig dem in
letzter Zeit besonders thätig gewesenen .Feinde entgegen-

stellen: dem Ultramontanismus. Die Darlegungen des
Redners fanden lebhaften Beifall.
— Nach dem Landesboten hätte Staatsrath Eisen-
lohr, der Generaldirektor der Bad. Bahnen, um seine
Pensionirung nachgesucht. Sehr glaubhaft klingt diese
Meldung für den Augenblick nicht, da der gegenwärtige
Generaldirektor, wenn er auch schon im 69. Lebensjahr
steht, doch zuvor noch die Heidelberger Eisenbahnkatastrophe
wird liquidiren wollen. Das aber wird einige Zeit in
Anspruch nehmen.
IH Baden-Baden, 21. Oct. Fürst Hohen-
lohe empfing gestern Vormittag die Besuche des Prinzen
Max von Baden und des Professors Dr. Kraus-Frei-
burg. Der Fürst besuchte heute Nachmittag die Fürstin
Wittgenstein und die Prinzessin Amelie Fürstenberg. Der
Fürst ist heute Abend von der Prinzessin Wilhelm zum
Souper eingeladen.
* Von der Linksschwenkung der badischen
Nationalliberalen spricht ein Karlsruher Aufsatz in
der Köln. Ztg., der vorher auch schon in einem andern
Blatte zu lesen war. Diese angebliche Linksschwenkung
besteht bekanntlich darin, daß die nationalliberale Partei
von der unbequemen und lästigen Form der indirekten zu
der bequemeren der direkten Wahl übergehen will. Wie
man das im Ernst für eine Linksschwenkung ausgcben
kann, ist nicht einzusehen. Noch weniger begreiflich ist,
wie man die Nationalliberalen damit zu schrecken hofft,
daß man in dem genannten Artikel einen Aufschwung der
konservativen Partei prophezeit, falls die Nationalliberalen
nicht von ihrem Plane abließen. Das Unbegreiflichste
aber ist, wie diese Prophezeiung gestützt wird. Es wird
da ausgeführt:
Bei einer einigermaßen unbefangenen Prüfung der
Ursachen der äußerst geringen Zahl konservativer
Landtagsabgeordueter wird man wohl als eine der
wichtigsten die Thatsache anerkennen müssen, daß
grade Minister Eisenlohr durch seine außerordent-
liche Hingabe an die Förderung wirthschaftlicher und
namentlich landwirthschaftlicher Interessen dem Umsich-
greifen von Unzufriedenheit in jenen Kreisen, aus denen
sich hier wie anderwärts die conservative Partei zumeist
rekrutirt, vorgebeugt, und damit einer wirksamen Agi-
tation jener Kräfte, die außerhalb Badens große Theile
der deutschen Landwirthe in eine Kampfesstimmung zu
versetzen wußten, hierzulande den Boden entzogen hat.
Also die förderliche Verwaltung des Ministers Eisen-
lohr hat das Aufkommen der Konservativen verhindert.
Nun, da fragen wir: ist von seinem Nachfolger etwa
nicht die gleiche förderliche Thätigkeit zu erwarten? Schon
der Umstand allein, daß der Artikel der Köln. Ztg. förm-
lich zu dieser Fragestellung drängt, ist ein Be-
weis dafür, daß man es da mit einer völlig verfehlten
Arbeit zu thun hat. Der Schuß ist arg nebenbei gegangen
und hat statt der nationalliberalen Partei den neuen
Minister des Innern getroffen. Wir urtheilen von dem
Nachfolger Eisenlohrs günstiger; wir sind überzeugt, daß
seine Verwaltung mindestens ebenso ersprießlich
sein wird, wie die seines Vorgängers, dessen rechte Hand
er lange Zeit war. Er wird die Landwirthschaft sicher
nicht vernachlässigen, eine agrarisch-konservative Partei wird
unter ihm ebenso überflüssig sein, wie sie es bisher war.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Direktor der Verlagsanstalt F. Bruckmann in München, Friedrich
Schwärtz, das Ritterkreuz zweiter Klasse des Ordens vom
Zähringer Löwen verliehen und den Professor Dr. M a x le B la n c
in Höchst a. M. zum ordentlichen Professor für physikalische und
Elektro-Chemie und zum Direktor des physikalisch-chemischen
Instituts an der Technischen Hochschule in Karlsruhe ernannt.
Karlsruhe, 20. Okt. Gestern Abend ist der vor-
malige Reichskanzler Fürst Chlodwig zuHohenlohe-
Schillingsfürst mit seinem Sohne dem Prinzen Alexan-
der in Baden eingctroffen und im Russischen Hofe abge-
stiegen. Der Fürst wollte heute Vormittag die Großh.
Herrschaften besuchen, als dieselben ausgegangen wäre..
Der Großherzog erwiderte sofort nach erfolgter Rück-
kehr diesen Besuch und verweilte eine Stunde bei Seiner
Durchlaucht. Ter Fürst beabsichtigt bis Dienstag in Ba-
den zu verbleiben und dann nach Berlin zu reisen. Der
Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin werden sich bis
morgen Mittag im Schloß Baden aufhalten und dann für
etwa 14 Tage nach Badenweiler begeben. Morgen Mittag
gegen 1 Uhr reisen der Großherzog und die Großherzogin
nach Dinglingen, um von da die neue Anstalt in Treten-
hof bei Seelbach zu besuchen und der Feier der Eröffnung

aber das gediegene, reichere Material ersetzt nicht den Geist der
Operette, der mit den berufenen Darstellern von damals fort- >
gezogen.
Wie war das gestern gut und stramm einstudirt (Dirigent:
Waliczek)! Besonders muh man in diesem Winter die wirklich
musterhafte Haltung des Chors anerkennen.
Von der Musik also nur das Beste, von der Darstellung viel
Anerkennenswerthes verbunden mit dem schmerzlichen Stoßseufzer,
der Geist der Operette war, wie gesagt, oft nicht da, — gediegenes
Getränk, aber es moussirt nicht.
Hr. Meltzer-Burg hat am meisten Operette im Leib; er
könnte nicht nur musikalisch, wie er es war, sondern auch schau-
spielerisch ein recht drastischer Podesta sein, müßte er sich nicht so
unsicher durch den Sprechtheil tasten.
Was ist nicht Alles von dem witzigen Dialog der reizenden
Operette verpufft!
Die zwei Opernfiguren Carlotta und der Conte bedürfen
nicht eben eines leichten Spezialtalentes. So hat denn Fräulein
Hesch die Vorzüge ihrer Persönlichkeit und ihres Gesanges der
Gräfin segensreich dienstlich gemacht. Ganz auf falschem Posten
stand Herr Muth als Erminio. Mag es mit der Lage der
Partie stehen wie es will, es ist doch reine Tenoraufgabe und
nur als solche wirksam. Einen Baryton mit dunkler Färbung
hier eintreten lassen, heißt den ganzen Glanz ersticken. Dar-
stellerisch ist Herr Muth noch sehr unbeholfen. Von seiner
Stimme muß man sagen, daß sie ein sehr angenehmes weiches
Timbre besitzt, in der Höhe, wie es im Verlauf des Abends
schien, gut ansprechend. Ec singt auch mit Schulung und Ge-
schmack. Nur ist die Tonbildung im Gaumen schädlich und drückt
dämpfend auf den Ton, auch darf ein sentimentales Vibriren

nicht aufkommen. Wenn der Eindruck ein dumpfer blieb, war —
die falsche Verwendung schuld.
Das reizende Operettenpärchen Sora-Benozzo (einst Heinrich-
Pagin) hat es von Haus aus leichter, den Dank zu ernten.
Hübsch muß die kleine Wirthin sein, — und das ist Fräulein
Koppe uhöfer — und munter und ziemlich graziös ist sie
gleichfalls, sie ist so nett, daß man sie gelten lassen muß.
Musikalisch — blieb ihr auch die stockfinstere Nacht gelegentlich
in der Kehle stecken — find ihre Intentionen auch die besten.
Aber das freundliche Sümmchen ist eben so fadendünn, daß sich
eine anspruchsvolle Partie nicht damit Zusammenhalten läßt.
Herr Runsky gab das Beste des Abends. Er war ja nicht
der schlanke Bursche, wie ihn Pagin und Marik eingebürgert,
aber in seiner behäbigeren Opern-Spieltenor-Lebendigkett gab er
das Beste, besonders gesanglich. Er hat den Gehalt dieser dank-
baren Gestalt, besonders durch den pointirten Gesangsvortrag,
jedenfalls glücklich erschöpft.
Die alte Lippe, die unvergeßliche Zenobia, ist lange todt; die
Rolle ist jung und unverwüstlich geblieben, die Darstellerin hat
sich verjüngt. Scheint ein recht freundliches Talent, dieses Frl.
Jelly. Die Komik ist noch etwas schüchtern und gebunden,
aber sie scheint da zu sein und macht einen liebenswürdigen Ein-
druck.
An die Einlegung der letzten Coupletstrophe ließe sich eine
Debatte kneipten. Es sollte darin ein woblverdienter Dank aus-
gesprochen werden, dem jeder herzlich beipflichtet. Ob es gerade
an dieser Stelle passend war — ehrlich gesagt, .nein!". Dafür
hat sie wahrhaft elastisch Heidelbergerisch nachempfunden, als
sie dem Räuberhauptmann ein herrliches „oh letz!" imputirte.
vr. 8.

derselben anzuwohnen. Bis Dinglingen fahren Ihre
Königlichen Hoheiten gemeinsam mit den Erbgroßherzog-
lichen Herrschaften, welche dann die Reise nach Freiburg
und Badenweiler fortsetzen. Nach der Feier in Tretenbof
folgen die Großherzoglichen Herrschaften einer Einladung
des Kommerzienraths Stösser nach Lahr zur Annahme
einer Erfrischung. Hierauf kehren Ihre Königlichen Hoheiten
nach Baden-Baden zurück.

Ausland.
Holland. Haag, 20. Oct. Die Königin und ihr
Verlobter und die Königin-Mutter sind heute, von der
Bevölkerung herzlich begrüßt, in der Residenz eingetroffen.
Zum Empfange auf dem Bahnhofe war auch der deutsche
Gesandte erschienen. Als die Königin und der Herzog
Heinrich nach ihrer Ankunft im Palais auf dem Balkon
sich zeigten, wurden ihnen lebhafte Kundgebungen ent-
gcgengebracht. Die Bevölkerung stimmte das Nationallied
„Wilhelmus von Nassaueu" an. Heute Nachmittag erscheint
das diplomatische Korps zur Beglückwünschung.
Rußland. Aus Sebastopol wird der Times unter
dem 19. telegraphirt: Hier ist soeben eine Sensations-
nachricht in Umlauf gesetzt worden, wonach vor einem
Monat zufällig ein Anschlag gegen den Zaren
entdeckt worden wäre. Auf der Eisenbahnstrecke Simferopol-
Sebastopol geht unweit der ersteren Siadt die Bahn durch
einen Tunnel, in dem sich auch eine Wasserleitung be-
findet. Die Umwohner hatten schon vor längerer Zeit
einen Studenten beobachtet, der sich an der Leitung zu
schaffen machte. Es war zwei oder drei Wochen vor der
Reise des russischen Kaiserpaares von Spala nach Livadia,
der Militärcordon war noch nicht gezogen. Auf eine
Anzeige hin nahm die Gendarmerie den Studenten in
Haft, nachdem dieser vergeblichen Widerstand geleistet hatte.
Man fand in der Wasserleitung einen Cylinder, der mit
einem unbekannten Sprengstoff gefüllt war. Diese
chemische Mischung war aber so stark, daß bei einer
Explosion nicht nur der vorüberfahrende Kaiserzug, sondern
auch der Tunnel am Eingang vollständig zerstört
worden wäre. Der Student gehört der Moskauer
Universität an, sein Vater ist Frcgattencapitän in der
Schwarzmeerflotte. Der Berichterstatter der Times sagt,
er kenne den Namen, ziehe es aber vor. ihn nicht zu
nennen. Die Untersuchung sei im Geheimen geführt und
eine große Anzahl von Personen verhaftet worden. Man
wisse nicht, ob die kaiserliche Familie von der Gefahr
Kcnntniß habe, noch, ob der Attentäter mit den Pariser
Anarchisten in Verbindung stehe.
Asien. Die Nachricht von der Besetzung Paoting-
fus einschließlich der Eisenbahn durch die Franzosen
bestätigt sich. Die Stadt wurde von einem Bataillon
Zuaven mit zwei Geschützen und einer Schwadron Kavallerie
besetzt. Die Chinesen leisteten während des Marsches
keinenWiderstand und als die Truppen anlangten,
wehte die weiße Flagge von den Wällen der Stadt. Die
Franzosen sind den beiden von Peking und von Tientsin
ausgegangenen Kolonnen zuvorgekommen. Diese Kolonnen
sind inzwischen auch dort eingetroffen. Die britische
Kolonne nahm 17 Mann von den kaiserlich chinesischen
Truppen am 16. ds. in Menanshien gefangen. Dieselben
bildeten einen Theil der 2000 Mann starken Truppen-
abtheiluug, die ausgesandt war, um die Boxer in jener
Gegend zu zerstreuen. Die Gefangenen behaupten, sie
hätten 200 Boxer getödtet und seien auf der Rückkehr
nach Patschau begriffen gewesen, als sie von der französi-
schen Kolonne beschossen und zerstreut worden seien. Die
Engländer konfiszirten die Waffen und Pferde dieser Leute
und ließen die Leute laufen.
— Der Gouverneur von Schantung, Manschikai, er-
klärt kühn in einem Schreiben an die Vizekönige, daß der
Hof treulos sei, weil Tu an und Andere, trotz des
Versprechens der Bestrafung derselben, in ihren Remtern
erhalten würden.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 22. Oktober.
** Se. Maj. der König von Württemberg traf heute Na alt
mit dem Schnellzuge 9.40 Uhr von Friedrichshofen hier ein und
fuhr 3,46 Uhr in der Richtung nach Frankfurt weiter.
** Zur Geburtstagsfeier der Kaiserin ist die hiesige Kaserne
mit Fahnen in badischen und deutschen Farben beflaggt. Die
Wachen haben Paradeuniform angelegt.
Von der Universität. Privatdozent Dr. W. Schneegan »
hat den an ihn ergangenen Ruf als a. o. Professor an dn
Universität Erlangen abgelehnt. — Bürgermeister Dr. Walz
wird sich am 24. ds. mit einer Probevorlesung ober „Die Ent-
schädigungspflicht bei rechtmäßiger Ausübung der Staatsgewalt
als Privatdozent, hauptsächlich für Vcrwaltungsrecht, in der
juristischen Fakultät habilitircn. — Die Pläne für den am
1400000 veranschlagten Neubau der hiesigen Universitäts-
Bibliothek sind gegenwärtig in einem Raume der Universitäts-
Bibliothek zur Ansicht ausgestellt. ,
Z Erzbischof Dr. Nörber aus Freiburg wird künftigen Frei-
tag Abend '/,7 Uhr hier eintreffen, am Samstag Vormittag tN
der Jcsuitenkirche die Firmung vornehmen und am Abend des-
selben Tages nach Mannheim abreisen.
^ Harmonie Am letzten Samstag begannen die geselligen
Veranstaltungen der H a r m o n i e - G e s e l l s ch a f t mit einem
in jeder Hinsicht wohlgelungcnen Familien-Abend. Die
Betheiligung der Mitglieder war eine sehr gute. Das abwechs-
lungsreiche Programm enthielt außer den vom gesammteN
Orchesterverein gut ausgeführten Musikstücken und einigen Männer-
chören. die von der GesangS-Abthrilung unter Leitung ihres
Kapellmeisters Sahlender mit gewohnter Bravheit gffungen
wurden, ernste und heitere Gesangsvorträge sowie das Lustsm"
„Eine Tasse Thee". Obwohl dies Stück ziemlich große An-
forderungen an Dilettanten stellt, wurde cs sehr flott gespt"^
und erntete wohlverdienten, reichen Beifall. Die Anfügung eiltto
Tänzchens wurde sehr freudig begrüßt und gab der ganzen V»
anstaltung einen hübschen Abschluß. Möchte der gute VerlaM
des Abends von guter Vorbedeutung für die folgenden Dm
bietungen der Gesellschaft sein! .
2 Von der Messe. Auf den gestrigen Sonntagnachmitros
hatten sich hier Viele gefreut: die Kinder und die Meßgeschaflsn
tnhaber ; leider wurden ihre Hoffnungen arg beeinträchtigt, den
es goß gestern Mittag vom trüben Himmel herab, so daß s
Meßplatz gegen Abend, als das Wetter sich hellte, mit "M
Schlammteppich überzogen war. Trotzdem entwickelte sich ^
 
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