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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

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Nr. 255-280 (01. November 1900 - 30. November 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0474

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ertheilte Se. König!. Hoheit einer Anzahl Personen Audienz,
welche bis halb 2 Uhr dauerte, darunter dem Professor
Dr. Buhl an der Universität Heidelberg und den Bauräthen
Gockel in Heidelberg und Straub in Eberbach. Von 3
Uhr an empfing der Großherzog zur Vortragserstattung
den Generalleutnant und Generaladjutantm von Müller,
den Generalintendanten Dr. Bürklin, den Major von
Schwerin, den Minister von Brauer, den Staalsminister
Dr. Nokk, den Geheimerath Dr. Schenkel und den Geh.
Legationsrath Dr. Freiherrn v. Babo. Die Rückkehr der
Höchsten Herrschaften nach Schloß Baden erfolgt Abends
8 Uhr 45 Minuten.

Ausland.
Belgien. Brüssel, 3. Nov. Der Ministerrath be-
schloß heute, unverzüglich eine aus Abgeordneten und Offi-
zieren bestehende Commisston zur Berathung der Frage ein.
zusetzen, in welcher Art und welchem Umfange in Belgien
militärische Reformen einzuführen seien.
England. London, 3. Nov. Das Kriegsamt ver-
öffentlicht einen energischen Aufruf vonLordRoberts
an das englische Volk, in dem er anräth, den vom
Kriegsschauplatz zurückkehrendeu Soldaten keine geistigen
Getränke anzubieten. Lord Roberts bezeichnete die Sol-
daten als seine tapferen Kameraden, welche nicht nur sich
wie Helden, sondern wie Gentlemcn im Kriege benommen
haben. Während des ganzen Feldzuges sei nicht ein ernst-
liches Verbrechen vorgekommen. Die friedlichen Ein-
wohner des Landes seien zuerst durch böswillige Erfin-
dungen der Burenbehördcn civgeschüchtcrt worden. Doch
hätten sie bald eingesehen, daß sie von den Leuten in
Kakhi nichts zu fürchten hätten.
Asien. Allmählich beginnen authentische Quellen aus
China reichlicher zu fließen. So ist jetzt eine Uebersicht
über die Vertheilung unserer Truppen (stehe Deutsches
Reich) bekannt gegeben worden. Sodann wird von kleineren
Strcifzügen in der Umgebung von Peking und Paotingfu
berichtet, welche mit Erfolg dieselbe von Boxerbanden
säuberten. Eine ernstere Begebenheit meldet Graf Waldersee.
Hiernach gingen nach der Besetzung von Stochon durch
die Kolonne Normann das 2. Bataillon des 2. Regiments
und englische Sappeure unter Major Förster, begleitet
durch General von Gavi und Flügeladjutant v. Boehn
gegen Tsekingkuan vor. Sie stießen am 29. Octobcr
an der großen Mauer auf Widerstand. Das Thor
wurde nach heftigem Widerstande gestürmt. Fünf Ge-
schütze wurden erobert. Der Feind verlor 50 Tobte.
Er war etwa 1000 Mann stark. Major Förster und
sechs Mann sind verwundet, ein Mann ist todt.
Die Haltung der Truppen war ausgezeichnet.
— Die Haltung des chines. Hofes ist immer
noch unklar. Es erfolgen Ernennungen von direkt reak-
tionär gesinnten Mantschus; daneben wird fortwährend von
der Bestrafung der schuldigen Prinzen berichtet. Auch
über die süd chinesische Bewegung verlautet wieder
etwas. Der Nowoje Wremja zufolge ist in Südchina
eine Bewegung zur Wiedereinsetzung der Ming-
dynastie im Gange. Der etwa 25 Jahre alte Präten-
dant Tiensugan, der verborgen bleibt, fordert in einer
Proklamation zur Absch affung des von den Mantschus
eingcführten Zopftragens auf und verlangte ferner,
die Fremden sollten aus dem Innern Vertrieben, aber
in den Hafenstädten geduldet werden.
Afrika. Schon dachte man in England, der Krieg
sei vorbei, aber siehe da, es wird wieder lebendig
im Burenland. Vecttersburg ist von den Buren zerstört.
Inder Nähe von Kronstadt und Lindley stehenBurenschaaren.
In Reddersburg drangen die Buren ein und zwangen die Besatz-
ung zum Abzug; die Magazine räumten sie aus. Sonach
breibt dem neu ernannten Chef der englischen Truppen in
Südafrika, dem Lord Kitchener, noch Manches zu thun.
Am interessantesten ist ein Privattelegramm der M. N.-
Nachr. aus London vom 3. November. Dort heißt es:
Der Abgang der britischen Armee im Monat October be-
läuft sich auf 126 Offiziere und 3475 Mann. In Ge-
fechten fielen 283: 367 starben in den Lazarethen, 32

Mutes hat das Erdbeben in Caracas vom 29. d. Mts.
selbst bier noch Bewegungen des Erdbodens von mehr
als drei Millimeter bervoraerusen. Trotz dieser Größe
waren uns dieft Bewegungen nicht fühlbar.
— Berlin, 3. Nov. Im Verlauf des Prozesses Stern-
berg ereignete sich heute Nachmittag ein sensationeller
Zwischenfall; es wurde nämlich durch die Beweisaufnahme
festgestellt, daß der Kriminalinspektor v. Meerscheid-Hüllessem auf
ein ihm gehöriges Grundstück eine Hypothek pon 80 OVO Mark
von dem Angeklagten Sternberg erhalten und auch sonst in Schuld-
verbindlichkeiten zu Sternberg gestanden habe. Um halb 5 Uhr
wurde die Verhandlung auf Montag vertagt. (Sternberg sitzt
auf der Anklagebank unter der Beschuldigung unsittliche Dinge in
strafbarer Weise getrieben zu haben. Die Hauptbelastungszeugin,
ein 13-jähriges Mädchen, hat in der Hauptverhandlung ihre Aus-
sagen zurückgenommen und behauptet, ein Kriminalschutzmann
habe ihre ersten falschen Aussagen veranlaßt. Dieser wiederum
sagt aus, daß er bei Verfolgung der Affäre Sternberg gehindert
worden sei.)
— Am 8. November findet eine internationale wissenschaft-
liche Ballonfahrt behufs Erforschung der höheren Luftschichten
statt. Es werden bemannte und unbemannte Ballons an folgen-
den Orten aufgelassen: Troppes, Paris, Straßburg i. E>, München,
Wien, Bath bei Bristol, Berlin und St. Petersburg. Der Finder
eines jeden unbemannten Ballons erhält 20 Belohnung, wenn
er diesen, sowie den an ihm hängenden Korb mit dem Instrumente
sorgfältig birgt, das Letztere unberührt läßt und sofort tele-
graphische Nachricht an die jedem unbemannten Ballons beiliegende
Adresse schickt. Ebenso erwünscht ist es, wenn die Sichtbarkeit
des Ballons unter Angabe der Zeit und der Himmelsrichtung
den benachbarten Instituten mitgetheilt wird.
— Rom, 3. Nov. Mehreren Blättern zufolge wurden in
Genua und Mailand de, Geldwechslern Wertbpapiere im
Werthe von über 200000 Franc?, tue vom Diebstahl un
Vatican herrühren. beschlagnahmt.
— Die ärgsten Pantoffelhelden sind nicht die, die keinen
Hausschlüssel bekommen, sondern die, die mit ihm renommiren.
- Vom Exerzierplatz. „Einjähriger, ich sehe dort einen
Fettfleck auf Ihrem Lederzeug. Sie werden nächstens zum
Exerzieren noch in Sauce antretcn!"

verunglückten, 91 wurden gefangen genommen, der Rest
muß als invalid nach England zurückgeschickt werden.
Daily Expreß erfährt aus bester Quelle, daß die bri-
tischen Behörden die Lage in Südafrika wieder
als sehr ernst auffassen und mit einer Ver-
längerung des Krieges auf weitere sechs Monate
rechnen. Die Einschiffung aller zur Abreise nach England be-
stimmten Truppen, mit Ausnahme der völlig unbrauchbar
gewordenen Leibgarde-Kavallerie, wurde wieder abbestellt.
Es wird nunmehr auch amtlich zugegeben, daß die
Buren Munition und Lebensmittel in Masse besitzen und
daß sich ihre Reihen wieder anzufüllen beginnen. Man
befürchtet ein neues Aufflammen der Rebellion
in der Kapkolonie.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, S. November.
A Haushaltungsschule». In vielen badischen Städten und
auch in einer Reihe größerer Dorfgemeinden hat man in letzter
Zeit auf Grund der Verordnung des Ministeriums der Justiz,
des Kultus und Unterrichts vom 26. November 1891 in den
Mädchenfortbildnngsschulen an Stelle des bisherigen Unterrichts,
der sich im Allgemeinen auf eine Wiederholung des in der
Elementarschule Gelernten beschränkte, Haushaltungs-
unterricht mit Uebungen im Kochen Angeführt. Da
sich die neue Einrichtung, für die übrigens Unterstützungen
aus der Staats casse gewährt werden können, gut be-
währt hat und im Hinblick auf die Hobe Bedeutung, welche
einer guten hauswirthschoftlichen Erziehung der Mädchen beizu-
messen ist. wäre es wünichenswerth, daß auch in den
größeren Gemeinden der bad. Pfalz die Ein-
führung von Haushaltungsunterricht in den Mädchenfortbildungs-
schulen von den Gemeindevertretungen beschlossen würde.
O Kaufmännischer Verein: Vortrag Feller. Im Reiche des
Humors ist München Centrale. Hier strömt aus allen Himmels-
richtungen die übermüdete Intelligenz zusammen, um an der,
Gott sei Dank, noch kräftig fließenden Quelle gesunder, derber
Lebensfreude, deren Symbol das Hofbräuhaus ist, Vergessenheit
und neue Lebenskraft zu trinken. Kur, und kurzweilig, wie seine
„Schnadahüpferl" und auch oft so bedenklich schwach auf den
Füßen, wie diese Vierzeiler, ist der Münchner von echtem Schrot
und Korn, aber hinter der grobkörnigen Außenseite verbirgt sich
eine Gemüthsinnerlichkeit, deren wohlthucnde Wärme selbst die
gletscherkühlen Verstandesmenschen aufthaut. „Der Witz ist", wie
Nietzsche einmal sagt, „das Epigramm auf den Tod eines Gefühls",
Humor aber ist Lebenselexier, und die Münchener haben auch zu
diesem Trank wie zu dem „edlen Gerstensaftgebräu" das richtige
Rezept. — Herr Feller aus Chemnitz, von früheren Vorträgen
her rühmlichst bekannt, batte in dem gestrigen Vortrage unter-
nommen, das ganz eigenartig zusammengesetzte Leben und Treiben
der schönen Jsarstadt, deren charakteristischste Merkmale Lieb-
frauenkirche, Hofgarten und Hofbräuhaus sind, zu schildern, und
es gelang ihm dies, dank seiner Vertrautheit mit den Verhält-
nissen und dank seinem echt bajuvarischen Humor und Dialekte
— er ist selbst bayrischer Nationalität — in so überzeugender
Weise, daß sich des dicht gedrängten Auditoriums alsbald jene
rsthmlichst bekannte harmlos fröhliche „Hofbräuhausstimmung"
bemächtigte. Die für das weltberühmte Hofbräuhaus typisch
gewordenen Gestalten, wie Ken „Polizei-Barthel", das „Lokomo-
tiverl", die „Ziehgarn"- und „Btermarkcnhändler" wußte er mit
anschaulichen, humorgetränkten Worten vorzufübren. Er zeigte
sich als aufmerksamer Beobachter, dem der „Stoff" niemals aus-
geht. Daß er als Dialektdichter Hervorragendes leistet und in
dieser Hinsicht mit einem Konrad Dreher rc. erfolgreich konkurriren
kann, bewiesen die auf den nicht endenwollenden Beifall hin zu-
gegebenen verschiedenen Probestücke aus den im Selbstverläge
des Verfassers erschienenen Gedichtsammlungen „Viel G'fühl"
und „Frisch o'zapft". Jeder, der diesem Abend bcigewohnt hat,
wird den Wunsch hegen, daß noch öfter in solch' humorvoller
Weise „frisch o'zapft" werden möge.
st. Zitherverein. Die Feier des 17jährigen Bestehens beging
am Samstag im Saale des Hotel „Wcstendhalle" der Zither-
verein Heidelberg. Der Besuch war recht zahlreich, die
Stimmung die denkbar fröhlichste, wofür die rührige Ver-
gnügungskowmission durch abwechslungsreiches und hübsches
Programm Sorge getragen hatte. Die gutgeschulte Sperling'sche
Kapelle eröffuete das schöne Fest mit einem vom Dirigenten
eigens compontrten Marsch, welchem die Ouvertüre „Wald-
meisters Brautfahrt" von Stettfeld folgte. Hierauf hielt der 2.
Vorsitzende, Herr Fritz Sulz er, die Begrüßungsrede. Im
Namen des Zithervereins Heidelberg hieß er die anwesenden
Gäste und Mitglieder herzlich willkommen und führte dann aus:
„Was wir Euch am heutigen 17. Stiftungsfeste nscres Vereins
bieten, mag einen Beweis davon geben, was unsere Zttherkräste,
die stets eifrig und fleißig an unseren Vereinsabenden und außer-
halb dieser im Kreise der Ihren arbeiten, zu leisten vermögen;
wo es gilt, am Platze zu sein und den Verein zu repräsentiren,
stellen wir unfern Mann und bieten jedweder Concurrenz die
Spitze. Ist unser Programm heute nur spärlich gehalten, so
hoffen wir doch mit dem Gebotenen die Festthetlnehmer durch die
Wahl und die Ausführung der einzelnen Programmnummern in
jeder Hinsicht zu befriedigen. Nicht allein aber die edle Kunst
des Zitherspicls ist der Zweck unseres Vereins, sondern auch die
Pflege der Geselligkeit, die uns anregt, im Kreise unserer An-
gehörigen bet fröhlichem Spiel und Tanz uns das Leben zu er-
heitern. Daran wollen wir auch heute Abend sesthalten, und
wenn die Laute unserer Zithern verklungen, der Göttin Terpst-
chore fleißig huldigen und bei einem Trünke guten Weines unsere
Sorgen und Mühen für kurze Zeit vergessen und wenn wir dann
vom Feste aufbrechen, das Bewußtsein in das Alltagsleben
mit hinübernehmen, einen schönen und genußreichen Abend ver-
lebt zu haben, der uns in Erinnerung bleiben wird." Zum Vor-
trag gelangten hiernach Chor- und Solovorlräge für Zither und
Trompete. Von dicwn sprachen ganz besonders die Cello- und
Glockenfantasie, die durch Herrn Wagatz geschickt und tonrein
auf der Zither imitirt wurde, sowie die Lieder für Trompete
„Gute Nacht, du mein herziges Kind" (von Abt) und „Du liebes
Aug'" (von Reinhardt), vorgetragcn von Hin. Tiedchen, ohne
indeß die Wirkung der Zitherchöre zu beeinträchtigen, an. Den
beifällig aufgenommenen Concertpibcen folgte ein antmirter Ball,
der die Thetlnehmer lange beisammen hielt. — Ein Telegramm
des Mannheimer Zitherclub traf u. A. während des Vergnügens
ein und gelangte zur Verlesung. — Der Sonntag Nachmittag
vereinigte die Mitglieder des Vereins zu einem Ausflug nach
Rohrbach.
st. Zauber-Soirbe. Ben-Ali-Bey, der orientalische Magier,
trat am Samstag zum ersten Male vor unser Heidelberger Publikum
und erweckte durch eine Reihe eigenartiger, reizender Dar-
bietungen auf dem Gebiete der Schwarzkunst das Interesse weiterer
Kreise. Dieser Künstler, eine imposante Erscheinung mit langem,
weißblondem, herabwallendem Bart, der uns die Wunder, die
wir in „Tausend und eine Nacht" und in „Hauff's Märchen"
lesen, im geheimnißoollen Halbdunkel auf der Bühne mit An-
muth und Liebenswürdigkeit, sogar mit gutem Humor meisterhaft
vor Augen führt, ist weit entfernt von aller modernen Taschen-
spielerei. Die Kunst Ben-Al-Bey's ist die, aus dem Nichts etwas
hei vorzuzaubern und ebenso schnell wieder vergehen zu lassen.
Erbsen und Bohnen verwandeln sich vor den Augen des Zu-
schauers in Zucker und Kaffee, auf leeren Tischen erscheint ein
Tablett mit dem zierlichsten Kaffeegeschirr und dampfender Mocca
wird dem Publikum verabreicht, sodaß Jeder sich überzeugt, es
ist nicht bloßer Schein, sondern Wahrheil; er nimmt seinen Kopf
ab und läßt diesen einige Zeit auf die Wanderschaft gehen, stülpt

ihn wieder auf und lächelt wieder mit seinen freundlichen Augen,
als habe er nur den Turban gelüftet und derpl. mehr. Eine
Art Seelenwanderung nimmt seine Tochter Sulamith, eine
graziöse, junge Dame, vor. Sie besteigt ein Podium, zeigt ein
weißes Tuch, in welches sie einer ihrer Diener einhüllt, man
hört sie noch die Worte rufen: „Sulamith verschwindet", das
Tuch fällt, und sie ist verschwunden. Dos Tuch wird alsdann
von einem Diener den Zuschauern gezeigt, — doch welches
Staunen, — der Diener nimmt seine Roccocoperücke ab und
Sulamith selbst ist es, die in Gestalt dieses Dieners vor dem
erstaunten Auditorium steht. Doch das überraschendste von Allem
ist die Vorführung der verzauberten Prinzessin. In einer ganz
aparten Dose, die viel zu klein ist, als daß sich ein Menscv
darin verbergen könnte, zeigt der Magier die lebende Büste der
Adomey, welche, aus dem Schlafe erwacht, lacht, spricht und M
bewegt. Wo der übrige Körpcrtheil der Dame ist, bleibt den
Zuschauern unerklärlich, da diese gcheimnißvolle Dose nicht am
der Bühne, sondern vollständig frei, außerhalb derselben, steht,
wo man selbige von allen Seiten gewahrt. Auch die javanische"
Zauberspiele des Ko-ve-tschi, mit welchen die Vorstellung etnge-
leitet wurde, amüsirten, ebenso, wie die komischen Intermezzos
des Zauberlehrlings Ko-ko.
T Vortrag Keller. Pastor Keller, früher in Rußland, zuletzt
in Düsseldorf, hielt gestern in der Harmonie einen Vortrog über
seine Erfahrungen in Rußland. Der Vortrag war sehr stark be-
sucht und außerordentlich spannend und packend. Den Bericht
darüber müssen wir Raummangels wegen auf morgen zurücklegen.
O Theater. Im Stadttheater wurde gestern wegen Heiserkeit
des Frl. Gerhäuser, statt dem angekündigten „FliegenoeN
Holländer", „Martha" gegeben.
O Conditorei Haeberlein. Wie aus dem Jnseratentheil zu
ersehen ist, ist die bisher von Herrn Haeberlein betriebene
Conditorei von Herrn Albert Stütz übernommen worden-
Der Genannte bat sich in seiner bisherigen Thätigkeil in Karls-
ruhe als ein tüchtiger Fachmann bewährt, was die gediegene
Fortführung des Geschäfts, das er hier übernommen «at,
garantirt.
X Gewerbegerichtssttznng. Ohne Zuzug von Beisitzern wur-
den vom 15. October bis 1. November l. I. folgende Streit-
fälle erledigt :
1. I. S. des Bäckcrgehilfen Albert Herrmann gegen Bäcker'
meister Andreas Englcr wegen Zahlung von 8 Mk. 74 PtS-
Lohn einigten sich die Parteien dahin, daß der Beklagte an den
Kläger sofort 3 Mk. bezahlt und dieser auf seine Mehrforderung
verzichtet.
2. I. S. des Taglöhners Heinrich Böhm gegen Grabunter-
nedmer Wilhelm Baumgärtner wegen einer Lohnzahlung von
3 Mk. anerkannte der Beklagte die klägerische Forderung.
3. I. S. des Hausburschen Max Blum gegen Kaufmann
Fritz Wimschult dahier wegen Zahlung der gesetzlichen Ent-
schädigung von 13 Mk. 20 Pfg. in Folge kündigungsloser Ent-
lassung einigten sich die Parteien dahin, daß der Beklagte an
den Kläger 7 Mk. bezahlt und Vieser auf die Wetterführung der
Klage verzichtet.
4. I. S. des Blechnermeisters Friedrich Müller gegen
Spenglergehilfen Heinrich Herrmann wegen Zahlung von 10 M-
20 Psg. wegen Bruchs des Arbeitsverhältnisscs erklärte sich Be-
klagter zur Zahlung von 9 Mk. 90 Pfg. an den Kläger bereit,
womit dieser sich begnügte.
Schöffengerichttfitzung vom 3. Nov. 1) Friedrich Link t-
Küfer von Appenheim, und Adam Trost, Metzger von Nußloch-
erhielten wegen unerlaubter Auswanderung je 60 Geldstrafe-
2) Die Verhandlung gegen Jakob Schuster, Handelsmann Hier-
wegen groben Unfugs wurde vertagt. 3) Die Beleidigungsklage
gegen Weinhändler Wilhelm Riehm in Leimen, erhoben von
Rathschreiber Franz Neuert in Leimen, und 4) diejenige gegen
Theresia Gärtner, Ehefrau bier. erhoben von Frau Katharina
Hammerschmitt hier, wurde durch Vergleich erledigt. 5) Die Ver-
handlung gegen Georg Schmuch, Uhrmacher, wegen Beleidigung
des Malers Martin Götzelmann hier wurde vertagt.
** Irrsinnig wurde ein hiesiger 32 Jahre alter Briefträger,
derselbe wurde vorerst in der Jrrenzelle des hiesigen Männer
armenhauies unlergebracht.
----- Polizeibericht. Verhaftet wurden drei Taglöhner wegen
Bettelns und drei Hausburschcn wegen Diebstahls. Wegen Un-
fugs kamen 11 Personen zur Anzeige. ,
st. Saalbautheater in Mannheim. Das Suchen nach wirk-
lich guten Spezialtlätcnkräften ist wohl allgemein, doch das
Anden solcher glückt meist nur Wenigen; unter diesen Wenige"
steht die Direktton des Saaldautbeaters in Mannheim oben»"-
Bet ihr gilt der Grundsatz: „Alles prüfen, das Beste behalten^
gediegene Neuheiten erwerben." Im Festhalten dieses Prinzip
liegt daher die Erklärung des Geheimnisses, daß das SaalbaU
theater, welches auch vom Heidelberger Publikum zeitweilig ge""
aufgesucht wird, auf jedem seiner Spielpläne Künstler, deren
Leistungen von hohem artistischen Werth sind, zu verzeichnen h""
Den Reigen der diesmonatlichen Kunstgenüsse «öffneten "w
Tage unseres Besuches die vier jugendlichen TylophouvirtuostN-
die sich als Meister ihres Schlagzeugs evenso, wie im zweite"
Theil des Programms als musikalische Kunstradfahrer erwicft"-
Auf einfachem Reifen sowohl, wie auf dem Zweirad selbst fuP
ten die Geschwister Klein in verschiedenartigsten Stellungen .
bald kopfslebend, bald auf Sitz und Lenkstange zugleich trete"
oder gar ohne Benutzung der Pedale vom Hinterrad aus ho«
wärtS das Velociped regierend — ihre Trics aus, so daß w«
glauben mochte, Rad und Fahrer sind miteinander verwachftN'
Würdig reihten sich ihnen die drei Savary's in ihren unglaU«
ltchen Aitractionen am dreifachen Reck an. Anerkennung «er
dienen auch die Ausführungen des Antipodenkünstlers, der nns
Nieter langem Tisch, lebensgroßer Figur und Kreuz äußerst st«'
und geschickt arbeitet. Angenehm unterhielt der Jmprovism«
das Publikum durch seine Schnelldichtungen, die er nach Zuruft'
aus dem Zuschauerraum im Stegreif entstehen läßt, doch dürft
solche entschieden ntcht auf allzu lange Zeit ausgedehnt werden
Lob gebührt noch dem internat.cnalen Damen-Gesangs- u"
Tanz-Quartett, an dem auch ein verwöhntes Ohr seine Freu»
haben kann, denn die vier in recht kleidsamer, farbiger Traw^
erscheinenden Damen verfügen über prächtiges Stimmmater'«
und hohe Kunst des Vortrages. Am meisten Anklang fand wo«
die Darstellung Plastischer Bilder durch die Baronin Mitac" :
Unter Assistenz eines Herrn und einer Dame brachte selbige >"«
ihrem durch elektrische Flammen beleuchteten Tableau u. ^
Bilder wie: „Taubenidyll" von Förster, „Nach der Schlacht"
Mylfoed, „Alpenfee" von Gärtner, „Phryne mit Sklavin
Stcmiradzky, „Im Hörselberg" von Wagner, „Haremslänzeri"
von Ed. Richter, „Allegorie" von Baronin Mitacor, „Venus "«
Tilgner. „Königin Luise" nach Gustav Richter, die äußer'
wirkungsvoll waren und großen Beifall fanden. Amüsant w
das Auftreten des französischen Burlesqueduo, das nächst ? ,
Ltedersängerin Frl. Gates, die, auf dem Gebiete der Politik «
wandert, selbstverfaßte Sachen mit gutem Humor zu Eft«
bringt, allgemein gefiel. Tadellos war die Dressur der Hu" ^
Affen und Katzen. Elftere produztren sich in kriegerischen
und Hoch- und Wettsprung wirklich staunenerregend. Roi
Velograph mit einer Anzahl neuer Bilder, sowie einige st' ^
mungsvolle Musikviscen einer guten Hauskapelle vervollständlg
das reichhaltige und erstklassige Programm. Man kann o?«
das Etablissement Jedem bestens empfehlen. — Für ^ni«.^
Dezember hat die Direktion die berühmte australische Tanze
„Sccharet" mit großem Kostenaufwand gewonnen.
A Aus dem Amtsbezirk, 4. November. Bei der geste
in Hetligkreuzsteinach unter Leitung des Herrn Ketzer ^
RegierungSrathes Dr. Pfister aus Heidelberg vorgenomwe
Bürgermeisterwahl wurde Herr Im ho ff, Besitzer
bekannten Gasthofes zum Löwen, einstimmig zum Onso^
Haupte gewählt. Hetligkreuzsteinach zählt zu denjenigen^
meinden, in denen die Wahl des Ortsvorstandes durch

G-'
lämnst-
 
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