* Wir haben schon in unserer Mittwochsnummer mit«
gethcilt, daß die Kehler Zeitung als einziges liberales
badisches Blatt sich in der Wahlrechtsfrage auf den von der
Karlsruher Zeitung vertheidigten Standpunkt gestellt habe.
Wir haben auch einige Sätze aus dem Artikel der Kehler
Ztg. zitirt, wonach sich deren Ausführungen nicht so sehr
gegen das direkte als gegen das allgemeine gleiche Wahl,
recht richteten. Den 2^ Spalten langen Artikel im Wort-
laut zu lesen, werden unsere Leser nicht verlangen; das
Wichtigste daraus ist in dem Schwab. Merkur folgender-
maßen zusammengestellt:
Der Artikel geht von der Ansicht aus, daß die Wahlrechts-
frage in den Zeitungen eine viel größere Rolle spiele, als in
dem Empfinden der Bevölkerung. Die Haltung der Nat.-Lib. in
der Wahlrechtsfrage sei nicht die Ursache des notorischen Rück-
gangs der Partei. Dazu wirkten abgesehen von ihrer mangel-
haften Organisation andere Ursachen zusammen, namentlich
wirthschaftliche. Der Verfasser möchte den Nat.-Lib. eine stärkere
Salbung mit „agrarischem Oel" empfehlen. Dann bringt der
Verfasser seine Gründe gegen das beantragte Landtagswahlrecht
vor. Diese richten sich aber mehr gegen die Gleichheit, als
gegen die Direktheit des Wahlrechts. Dasselbe wird wegen der
Ungleichheiten, die in der Menschheit vorhanden sind, als wider-
natürlich und ungerecht bezeichnet. Es müsse verhängnißvolle
Wirkungen ausüben. Die „brutale Herrschaft der Zahl" erreiche
mit dem gleichen Wahlrecht ihre äußersten Grenzen. Die Er-
fahrung mit dem Reichstagswahlrecht und das gesunkene geistige
Niveau des Reichstages selbst beweisen dies. Das in unserer
Verfassung begründete allgemeine gleiche und indirekte Wahl-
recht bilde ein unlösbares Ganzes. Man könne nicht ein Stück
davon wegnehmen und mit den übrigen Bestandtheilen weiter
regieren. Werde die indirekte Wahl aufgehoben, so sei das
bisherige Wahlsystem als Ganzes und damit auch in allen
seinen Theilen, also auch das gleiche und allgemeine Wahl-
recht, beseitigt, und es müsse unter Abänderung der Verfassung
etwas Neues an die Stelle gesetzt werden. Dies ist offenbar
der Kernsatz der Rechtsausführungen des Artikels. Die Ein-
führung des gleichen, allgemeinen unb direkten Wahlrechts unter
Beibehaltung oer jetzigen Wahlkreiseintheilnng laufe den Inter-
essen des Staates zuwider, und auch den Interessen einer Partei,
die nach ihrem Wesen und Programm sich nicht an extreme
Masseninstinkte wende, sondern an beschränktere Wählerkeise, und
zwar gerade an diejenigen, die durch das direkte Wahlrecht immer
mehr in den Hintergrund gedrängt und mundtodt gemacht wer-
den würden. Die nationalliberale Partei habe darum an den
„Kanteten" bisher festgehallen. Sollte sie sitzt zu einer anderen
Stellungnahme gelangt sein, so könnte sich daraus nichts Gutes
ergeben. Die Redensarten von „Volksthümlichkeit" und „Zeit-
geist" dürften nicht verfangen, wo das Höchste und Wichtigste auf
dem Spiele stehe. Zum Schluß wird die Einführung eines
„radikalen Massenwahlrechts" in das Leben eines kleinen Staates
als ein „Spiel mit dem Feuer" bezeichnet und die nat.-l. Partei
aufgefordert, die Regierung in ihrer Haltung wie bisher zu unter-
stützen, statt „im Bunde mit Klerikalen und Sozialisten die letzten
Schranken »iederzureißen, die das Staatswesen vor der Massen-
willkür schützen". Das würde ihren Ueberlteferungen mehr ge-
recht werden, als der „Sprung ins Dunkle."
Zu bemerken ist zu diesen Ausführungen, daß an die
Beseitigung der allgemeinen und gleichen Wahl nicht
ernsthaft gedacht werden kann. Die indirekte Wahl ist mit
der allgemeinen und gleichen durchaus nicht zu einem un-
löslichen Ganzen verbunden, vielmehr ist das indirekte
Verfahren nur eine, an sich nebensächliche, Form, welche
die Gefahren des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes
weder vermehrt noch vermindert, wohl aber ist es eine
für alle Parteien sehr unang enehme Form. Ihre Ersetzung
durch die direkte ist durchaus kein Sprung ins Dunkle,
sondern ein Schritt aus dem Gestrüpp auf den freien Weg.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben dem
Vorstand der Centralschulfondsoerwaltung Karlsruhe, Ober-
rechnungsrath Leopold Werr. das Ritterkreuz erster Klasse des
Ordens vom Zähringer Löwen verliehen, den zum Präsidenten
des Verwaltungsgertchtshofs ernannten Geh. Rath 2. Klasse
Ferdinand Lewald der Funktion eines ständigen Mitglieds des
Landesversicherungsamts enthoben und den Domänendirektor Dr.
Richard Reinhard zum ständigen Mitglied« des Landes-
versicherungsamts ernannt.
— Forstassessor Josef Müller in Karlsruhe wurde nach
Fretburg versetzt und dem Forstamte daselbst als zweiter Beamter
zugetheilt.
Karlsruhe, 8. Novbr. Heute früh traf Prinz
Hermann von Sachsen-Weimar aus Stuttgart in Baden
ein und stieg im Klubhause ab. Der Prinz besuchte den
Großherzog und die Großherzogin gegen 1 Uhr und nahm
mit denselben an der Frühstückstafel Theil. Gestern Abend
besuchten die Großherzoglichen Herrschaften die Opern-
vorstellung Fra Diavolo im Hoftyeater in Baden.
Ausland.
Frankreich. Paris, 8. Nov. Zur Prüfung der von
den Senatoren Bernard und Biot angeregten Frage, wie
der Entvölkerung Frankreichs vorzubeugen sei, ist
ein besonderer Parlament« r i sch er A ussch uß ernannt
worden.
England. Die offizielle englische Verlustliste
seit Ausbruch des Krieges bis October inclusive weist
folgende Ziffern auf: Getödtet 3204, verwundet: 14 666
(davon in Südafrika verstorben 982), Vermißte und Ge-
fangengenommene: 7764, zusammen 25 634; an Krank-
heiten verstorben: 6320, invalide nach Hause gesandt:
16072. Zusammen mit anderen Verlustursachen be-
trägt der Totalverlust 48 026 Mann.
Italien. Rom, 8. Nov. Die Agenzia Stefani mel-
det : Der König Unterzeichnete heute Vormittag ein Decret,
welches die Auflösung des Gemein de rath s von
Neapel anordnet und einen königlichen Kommissar er-
nennt. Ein weiteres Decret ernennt eine Commission unter
dem Vorsitze eines Senators, welche über alle Zweige der
Stadtverwaltung von Neapel eine Untersuchung veranstalten
soll. (Es sind im Laufe eines Prozesses sehr schlimme
Dinge in der Verwaltung an's Tageslicht gekommen.)
Rom, 8. Nov. Reichstagsabgeordneter Dr. Lieber
und seine Tochter wurden heute vom Papste in Privat.
audicnz empfangen.
Asien. Dem Standard wird aus Shanghai berichtet:
Das hier eingetroffene Transportschiff Humber bringt über
eine Beschimpfung der britischen Flagge durch
Russen folgende Meldung aus Tschingwantao, wo neben
einem russischen Offizier mit 60 Mann ein britischer Offi-
zier mit wenigen Sikhs stationirt ist. Der russische Offizier
ließ die englische Flagge herunterholen, rollte sie zusammen
und trat mit den Füßen darauf. Der englische Offizier
suchte sie wieder hochzuzichen; der russische drohte aber,
nach ihm zu schießen. Der Engländer gab, weil ihm eine
Uebermacht gegenüberstand, nach. Später entschuldigten sich
dann die Russen. Man meint, daß der Zwischenfall jetzt
erledigt sei.
Afrika. Die Engländer in Transvaal haben sich be-
kanntlich gegen die dort ansässigen Fremden ganz boden-
lose Gewaltthätigkeiten erlaubt. Auch russische Unter-
thanen sind davon betroffen worden. So wurden am 13.
Juli in Johannesburg 400 Personen ohne jede Angabe des
Grundes verhaftet, auf die Eisenbahn gebracht und nach der
Küste geführt. Unter ihnen befanden sich 39 Russen. Diese
wurden auf eine Barke gesetzt und nach Holland gebracht.
Als sie dort nicht ausfteigen wollten, führte man sie nach
London und trieb sie mit Gewalt aus dem Schiffe. Das
gleiche unerhörte Verfahren ist bekanntlich auch gegen
Deutsche angewendet worden. Werden Deutschland und
Rußland sich das gefallen lassen?
Amerika. Aus Anlaß vonWetten wegen der Wahlen
wurden in verschiedenen Gegenden Kentuckys in der Nacht
zum Mittwoch sechs Personen erschossen.
Zur Hebung der Neckarschifffahrt.
ii.
Um die geplante neue Wasserstraße konkurrenz- und ent-
wicklungsfähig zu machen, müssen natürlich die Betriebskosten der
Schifffahrt möglichst beruntergedrückt werden, d. h. es müssen
möglich st große Kähne zur Verwendung gelangen können.
Derzeit fahren auf dem Neckar die Schiffe mit einer durch-
schnittlichen Ladung von 100 t, bei günstigem Wasserstand mit
einer Ladung bis zu 380 t. Diese Leistungsfähigkeit der Wasser-
straße soll nun mit Hilfe der Kanalistrung möglichst er-
höht, vor allem aber die Umladung in Mannheim erspart und
es den größeren Rheinkähnen ermöglicht werden, direkt bis
Heilbronn-Stuttgart zu fahren. In Heilbronn möchte man auch
für die größten Rheinkähne, von denen manche eine Tragfähig-
keit von 2500 t und eine Länge von 82 m und darüber haben,
die Anfahrt ermöglicht sehen.
Es erscheint jedoch aus betriebs- und wasserbautechnischen
Gründen vorerst als ausgeschlossen, daß auf einem Fluß von
den geringen Breiten, und vielfach engen Krümmungsverhältnissen,
wie der Neckar, Schiffe von 80 m Länge und mehr
fahren können. Man muß sich demgemäß bescheiden. Die mittel-
großen Frachtschiffe repräsentiren schon eine ganz respektable
Ladungsfähigkeit: 400 t Ladung sind immerhin eine Last von
40 Eisenbahngüterwagen.
Nach all dem dürfte eine Maximaltraafähig-
keit von 600 t, die einem Tiefgang von 1,75 ent-
spricht, den billigen Anforderungen an eine
Großschifffahrt in Bezug auf die Beförderung
der Massengüter, Rohprodukte und Stückgüter
genügen. Die Fahrtiefe von 2m kommt der äu-
gest rebten Minimaltiefe bei Bingen am Mittel-
rbein gleich: es könnten also die bei Niederwasser den Rhein
befahrenden Fahrzeuge ohne Leichtern auf dem Neckar b>s Cann-
statt bezw Eßlingen Herauffahren und die Ruhrkohle direkt dort-
hin befördern. Die Schiffsabmessungen wären etwa denen auf
dem Dortmund-Emskanal gleich und betrügen in der
Maximallänge 65, in der größten Breite 8,2 m.
Als Fahrwassertiefe sind durchweg 2 m zugrunde gelegt.
Nur für die Strecke Cannstatt-Eßlingen sind 1,5 w ins Auge ge-
faßt. Aufgrund dieser Tiefe sind von dem Bauamtmann Specht
in München dieKosten für die badische Strecke zu 14 Mill.
M., für die württembergische Strecke zu 16 Mill. M. ver-
anschlagt. Dazu kommen noch für die Strecke Cannstatt-Eßlingen
1,6 Mill. M. Nach einem Gutachten des Oberbauraths Schaal
würden sich die Anlagekosten bis Cannstatt sogar um 10 Mill. M.
höher stellen, wozu noch ein weiteres Plus von 800 000 M. käme,
wenn die Strecke Cannstatt-Eßlingen gleichfalls eine Fahrwasser-
tiefe von 2 m erhielte. Zuzüglich der erforderlichen Hafen- und
Schleusenanlagen rc. erfordert das Projekt nach dem Specht'schen
Gutachten 33100000 M., nach Schaal 42700 000 M. Die jähr-
lichen Einnahmen aus den auf württembergischem Gebiet anfallen-
den Wasserkräften werden auf rund 350000 M- jährlich, die auf
badischem Gebiet auf das Doppelte veranschlagt, sodaß zu 3Vs
Proz. gerechnet hierdurch ein Kapital von 30 Mill. M. verzinst
würde. Natürlich muß man im Auge behalten, daß die Ver-
werthung der anfallenden Wasserkräfte nur ganz allmählich sich
entwickeln kann. Die Frachtmenge ist zu 79,4 Millionen Tonnen-
kilometer in Anschlag gebracht. Der Bedarf an Schleppern ist
auf zwanzig Stück berechnet und zwar solche von 44 und von 75
Pferdekräften, die je 17 MO bezw. 28 MO M. Anschaffungskosten er-
fordern. Was die Gesammtbetriebskosten anbelangt, so würde sich
der Schifffahrtstarif nach den gemachten Kalkulationen im Vergleich
zur Eifenbahn für die Strecke bis Cannstatt höher stellen und
für die ganze Strecke Mannheim-Eßlingen sogar noch ungünstiger
gestalten; dagegen würdedie Strecke Mannheim-Herl-
bronn erheblich geringere Frachtkosten gegenüber
der Eisenbahn ergeben. Auf der Strecke Mannheim-Cann-
statt kostet heute der Waggon von 10 Tonnen 40 M., die Schiffs-
fracht käme ans 41.02 M.; auf der Strecke Mannheim-Heilbronn
heute 27 M., nach der Kanalisirung 23.37 M- Der Betriebsauf-
wand ist im Ganzen zu 1031500 M. geschätzt. Die Denkschrift
resumirt dahin: In technischer Beziehung ist für die Strecke
Mannheim-Eßlingen die Herstellung eines Groß-Schifffahrtsweges
mit 2 m Fahrwassertiefe im Wege der Kanalisirung des Neckars
ausführbar. Auf dem mittleren Neckar stellen sich dem Betrieb
allerdings manche Schwierigkeiten entgegen, allein das Projekt hat
für die Entwickelung der Ncckgrstädte eine zu große Tragweite,
als daß man nicht auf der begonnenen Bahn fortfahren und fort-
gesetzt versuchen sollte, die betheiligten Regierungen und die öffeut-
liche Meinung für die Ausführung des Projektes zu erwärmen.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg. 9. November.
** Durchgereist. Der Statthalter von Elsab-Loihrinaen.
Fürst zu Hohenlobe-Langendura, traf gestern Nachmittag 2 31
Uhr von Karlsruhe kommend hier ein und reiste 2.36 Uhr über
Ederbacd nach Erbach weiter.
x Aus dem Stadtrath. In der Stadtrathssitzung
vom 7. d. M. wurden u. A. folgende Gegenstände zur Kenntniß
bezw. Erledigung gebracht:
1) Nach dem Geschäftsausweis der Verrechnung der Städt.
Sparkasse wurden bei dieser im vorigen Monate 1809 Einlagen
mit zusammen 343693^. 30^ gemacht, dagegen in 984 Einzel-
beträgen zusammen 357476 23 ^ an die betreffenden Ein-
leger zurückbezahlt, und hat die Gesammtzahl der letzteren seit
dem 1. Januar d. I. um 656 zugenommen.
2) Die hiesige Ortskrankenkasse zählte auf den 1. d. Mts.
5650 männliche und 1629 weibliche Mitglieder.
3) Nach dem Geschäftsbericht des Vorstandes des städtischen
chemischen Laboratoriums wurden in letzterem während des ab-
gelaufenen Monats 35 Proben von Kuhmilch, 6 von Kuhbutter,
2 von Kanalwasser, 6 von Petroleum, 6 von Scheibenäpfeln,
6 von Schweinefett, 2 von Preßhefe. 4 von Trinkwasser und
6 von Wurst untersucht und dabei 10 Milchproben beanstandet.
Von den 73 Untersuchungen erfolgten 72 im Aufträge von Be-
hörden und 1 ans Antrag eines Privaten. Die Untersuchung
je einer Probe Kindermilch aus den Milchkuranstalten des
Joh. Baur und des Jakob Hcrsche lieferte ein günstiges Ergebnis-
4> Der Freiwilligen Feuerwehr, der Bahnhoffeuerwehr und
der hiesigen Garnison wird für das rasche und thatkräftige Ein-
greifen bei dem Brand vom 2. d. Mts. Namens der Stadt ge-
dankt. Auch wird das Verhalten des Pförtners Wilhelm Z."»
bei der Frauenklinik dankbar anerkannt, welcher sich bei dieiern
Anlaß um die Rettung einiger Kinder aus dem vom Feuer er-
griffenen Hinterhause verdient gemacht hat.
5) Die Vergebung der Erd-, Maurer- und Steinhauerarbeiten
für den städtischen Bauhof erfolgte nach dem Anträge des Hoch'
bauamtcs.
6) Nachdem die Gr. Generaldirektion der Staatseisenbahnen
sich bereit erklärt hat, behufs Milderung der Mißstände alll
Römerstraßenübergang einen neuen Bahnübergang bei der
Kleinen Speycrer Straße Herstellen zu lassen, wird dem An-
sinnen der Gr. Eisenbahnbehörde entsprechend die Bereitwilligken
ausgesprochen, die Zufahrtsstraßen, welche von der Stadt nach
dem neuen Uebergang und von da nach dem Güterbabnhol
führen, Seitens der Stadtgemeinde in Stand setzen zu lassen.
7) Der Stadtrath hatte in wiederholten Vorstellungen an Re
Großh. Eisenbahnbehörden sich dafür verwendet, daß die Uhr
auf dem Thürmchen des Eisenbahn-VerwaltungsgebäudeS an der
Rohrbacher Straße wieder hergestellt werde.
Die Gr. Generaldirektton der Staatseisenbahnen hat nun
zwar die Wicderaufstellung jener Uhr abgelehnt, sich dagegen
bereit erklärt, vor dem Hauptdienstgebäude an der Rohrbacher
Straße in der Achse der Leopoldstrabe eine auf größere Ent-
fernung sichtbare Säulenuhr aufstellen zu lassen.
8) Dem Deutschen Schuloerein zur Erhaltung des Deutsch'
thums im Auslande wird ein jährlicher Beitrag von SO
bewilligt. „
L.O. Von der Universität. Gutem Vernehmen nach si>d
Prof. Heinrich Thode, der bekanntlich nach Berlin einen Rvl
erhalten hat, sich entschlossen haben, hier zu bleiben, nachdem d>e
Regierung in Bezug auf Gewährung und Vervollkommnung vo»
Lehrmitteln das größte Entgegenkommen gezeigt hat. — D>e
Vorlesungen von Kuno Fischer über „Schillers Leben u»o
Werke" sind so zahlreich besucht, daß sie in der Aula abgehalte«
werden müssen.
D Harmonie. Es ist dem Vergnügungsausschuß in seinem
Streben, den Mitgliedern einmal etwas Neues zu bieten, ge-
lungen, einen der bedeutendsten Recitaloren der Gegenwart fm
einen Abend zu gewinnen. Herrn Ma reell Salzer a»s
Wien. Der Redner, der seit einer Reihe von Jahren m»
großem Erfolge in den angesehensten Kreisen fast des gesummten
deutschen Sprachgebietes auftritt, wählt sein Programm aus den
besten, vorwiegend zeitgenössischen Dichtungen; hier werde»
hauptfächlich heitere Stücke, von Wildenbruch, Liliencron, Her-
mann Bahr. Seidel, Rosegger u. A., zum Vortrag gelangen U»"
es steht somit ein jedenfalls unterhaltender und genußreicher
Abend bevor, auf den wir nicht versäumen möchten, die Mit-
glieder der Gesellschaft aufmerksam zu machen. Der Vortrag-
der morgen (Samstag) Abend stattfindet, beginnt pünktlich hat"
9 Uhr.
Zur nächstjährigen Hundeausstellung. Der in de»
Kreisen oer Hundefreunde sehr angesehene Nationale Dogge»
klub hat sich einen Sonderraum für 80—IM erstklassige deutsche
Doggen bestellt und außer einer größeren Anzahl Ehrenpi"»
auch große goldene Klubmedaillen und ansehnliche Geldpreise z»'
gesagt. Das ist für die Ausstellung von großer Bedeutung u»o
für den hiesigen Verein der Hundefreunde, der die Ausstellung
veranstaltet, sehr ermunternd. Außerdem bat genannter KG"
aber auch die Geldpreise garantirt, so daß der hiesige V""»
ohne eigenes Risiko die schönste Hunderasse in ihren besten Exs>»'
plaren und in einer noch nie dagewesenen Anzahl ausweise» w""'
Unkouptrte Hunde dieser Rasse sind von der Prämitrung aus
geschlossen. Loggenpreisrtchter ist Herr B. Ulrich in Doos m
Nürnberg. .
O Kaiser-Panorama. Die Aufnahmen aus der Schw"9
welche nur noch bis Samstag ausgestellt sind, führen uns wund"
bare Gegenden in plastischer S chönheit vor Augen und entzücke»
gleicherweise Denjenigen, der diese herrlichen Landschaften o»
eigenen Augen gesehen, wie auch alle, denen sie noch unbekan»
find. Ein Besuch des Panoramas kann Jedermann empfom"
werden. Am Sonntag gelangen Aufnahmen aus dem malerische
Tyrol zur Aufnahme. .
** Einen Strauß reifer Himbeeren brachte gestern e>
Gärtner in die Bergbahnwirthichasi. Die auS einem.Gar»
am Wolfsbrunnenweg geschnittenen Himbeerstauden sind v»
Völlig ausgereiflen. »roßen Früchten dicht bedangen. ^
ill SchöffengerichtSfitzung vom 8. Nov. 1) Jakob Fath v"
Eppelheim erhielt wegen Beleidigung 15 Geldstrafe eve» >
5 Tage Haft, 2) Wilh. Gottfried Eberhard v. Fischer-Treuem"
von Stratzburg wegen Uebertretung des § 360" R.St.G.B. »»>,
Beleidigung 50 Geldstrafe event. 4 Tage Gefängniß »»-.
1 Tag Haft. 3) Josef Brendel aus Schmitten, z. Zt. in V"'
hier, wurde von der Anklage wegen Betrugs fretgesproch"»
4> Kath. Kreckel gcb. Gieser von Wieblingen erhielt weg-
Vergehens gegen 8 10 Ziff. 1 u. 2 NahrungSmittelges. 20 <
Geldstrafe, 5) Geoig Philipp Sauer III. von Eppelheim U»
Gg- Mich. Fath von da erhielten wegen Körperverletzung
1 Woche Gefängniß, 6) Ferdinand Diemer von Neckarsteina
erhielt wegen Beleidigung 60 Geldstrafe. §
— Polizeibericht. Ein Maurer und em Taglöhner wurde
wegen BeitelnS verhaftet. Sechs Personen kamen wem
Unfugs zur Anzeige. ,
X Saalbau Theater Mannheim. Das mit so kolossale.
Beifall aufgenommene Monstre-Programm des Saalbau-Theate
wird nur noch einige Tage in Geltung bleiben. Am komme»"
Sonntag Nachmittag 4 Uhr findet eine Kindervorstellung bet
deutend ermäßigten Preisen und Abends 8 Uhr die letzte So»
tagsvorstellung des derzeitigen Kllnstlerpersonals statt. Aus de»
selben sind besonders erwähnenswerth die Familie Kl"
Europa's beste Kunstradfahrer, die allabendlich stürmisch appl» -
dtrt und wiederholt vor die Rampe gerufen werden; berechtig"^
Aufsehen erregt die Baronin de Mitacor mit ihren lebet»»
Bildern (4 Damen) bei feenhafter Beleuchtung; stürmisch »c" ^
mtrt wird Mons. Renard mit seinen drejsirten Doggen »
Affen, während der Kinematograph uns die neuesten Vorgang
Graf Waldersee in China u. s. w., naturgetreu vor Augen fUB
Der Besuch der Vorstellungen kann nur bestens empfohlen w
den; am 16. ds. ist vollständiger Programmwechsel. ,
V.Ii. Eppingen, 8. Nov. Am nächsten Mittwoch, den 1*.
findet die feierliche Eröffnung der neuen Bahnliu
Eppingen —Sinsheim statt, zu der Einladungen '
bestimmte Einwohner der betheiligtcn Gemeinden Epp>»s §
Richen, Jttlingen, Reihen. Steinsfurth und Sinsheim ergang y
find. Der Festzug geht um 10 Uhr Morgens von Eppingen
und ist um 11 Uhr in Sinsheim, wo den Gästen ein Fr»d» ^
mit Wein geboten wird. Um 1.11 Uhr geht der Zug w
nach Eppingen zurück, dort wird das Mittagsmahl abgeha»
Um 6 Uhr Abends bringt ein Zug die Betheiligten Wied"
die Heimath.
-j- Mannheim, 7. Nov. Seine eigene Frau Z» ^ w
gemartert und gepeinigt hat der 37 Jahre alte, „
Stetten geborene, hier wohnhafte Kohlenträger Gottlieb
der sich dieserhalb heute wegen Körperverletzung vor der
kammer zu verantworten hatte. Rüp ist seit dem Jahre ^
verheirathet. In dem letzten Jahre mißhandelte er seine
fortgesetzt in roher Weise, sodaß diese fortwährend mit Par
und Wunden bedeckt war. Bis zum Tage ihres Todes üwg ^
obwohl sie ganz abgemagcrt und krank war, in die Lumpem» jt
von Marx Mayer arbeiten. Als sie hier während der e» ^
zusammensank, verbrachte man sie mittels Wagens zu ^
Viernheim wohnenden Schwestern, wo sie wenige Minuten >
ihrer Ankunft starb. Die Beweisaufnahme war für den
klagten, der jede Schuld bestritt, höchst ungünstig. Der St
gethcilt, daß die Kehler Zeitung als einziges liberales
badisches Blatt sich in der Wahlrechtsfrage auf den von der
Karlsruher Zeitung vertheidigten Standpunkt gestellt habe.
Wir haben auch einige Sätze aus dem Artikel der Kehler
Ztg. zitirt, wonach sich deren Ausführungen nicht so sehr
gegen das direkte als gegen das allgemeine gleiche Wahl,
recht richteten. Den 2^ Spalten langen Artikel im Wort-
laut zu lesen, werden unsere Leser nicht verlangen; das
Wichtigste daraus ist in dem Schwab. Merkur folgender-
maßen zusammengestellt:
Der Artikel geht von der Ansicht aus, daß die Wahlrechts-
frage in den Zeitungen eine viel größere Rolle spiele, als in
dem Empfinden der Bevölkerung. Die Haltung der Nat.-Lib. in
der Wahlrechtsfrage sei nicht die Ursache des notorischen Rück-
gangs der Partei. Dazu wirkten abgesehen von ihrer mangel-
haften Organisation andere Ursachen zusammen, namentlich
wirthschaftliche. Der Verfasser möchte den Nat.-Lib. eine stärkere
Salbung mit „agrarischem Oel" empfehlen. Dann bringt der
Verfasser seine Gründe gegen das beantragte Landtagswahlrecht
vor. Diese richten sich aber mehr gegen die Gleichheit, als
gegen die Direktheit des Wahlrechts. Dasselbe wird wegen der
Ungleichheiten, die in der Menschheit vorhanden sind, als wider-
natürlich und ungerecht bezeichnet. Es müsse verhängnißvolle
Wirkungen ausüben. Die „brutale Herrschaft der Zahl" erreiche
mit dem gleichen Wahlrecht ihre äußersten Grenzen. Die Er-
fahrung mit dem Reichstagswahlrecht und das gesunkene geistige
Niveau des Reichstages selbst beweisen dies. Das in unserer
Verfassung begründete allgemeine gleiche und indirekte Wahl-
recht bilde ein unlösbares Ganzes. Man könne nicht ein Stück
davon wegnehmen und mit den übrigen Bestandtheilen weiter
regieren. Werde die indirekte Wahl aufgehoben, so sei das
bisherige Wahlsystem als Ganzes und damit auch in allen
seinen Theilen, also auch das gleiche und allgemeine Wahl-
recht, beseitigt, und es müsse unter Abänderung der Verfassung
etwas Neues an die Stelle gesetzt werden. Dies ist offenbar
der Kernsatz der Rechtsausführungen des Artikels. Die Ein-
führung des gleichen, allgemeinen unb direkten Wahlrechts unter
Beibehaltung oer jetzigen Wahlkreiseintheilnng laufe den Inter-
essen des Staates zuwider, und auch den Interessen einer Partei,
die nach ihrem Wesen und Programm sich nicht an extreme
Masseninstinkte wende, sondern an beschränktere Wählerkeise, und
zwar gerade an diejenigen, die durch das direkte Wahlrecht immer
mehr in den Hintergrund gedrängt und mundtodt gemacht wer-
den würden. Die nationalliberale Partei habe darum an den
„Kanteten" bisher festgehallen. Sollte sie sitzt zu einer anderen
Stellungnahme gelangt sein, so könnte sich daraus nichts Gutes
ergeben. Die Redensarten von „Volksthümlichkeit" und „Zeit-
geist" dürften nicht verfangen, wo das Höchste und Wichtigste auf
dem Spiele stehe. Zum Schluß wird die Einführung eines
„radikalen Massenwahlrechts" in das Leben eines kleinen Staates
als ein „Spiel mit dem Feuer" bezeichnet und die nat.-l. Partei
aufgefordert, die Regierung in ihrer Haltung wie bisher zu unter-
stützen, statt „im Bunde mit Klerikalen und Sozialisten die letzten
Schranken »iederzureißen, die das Staatswesen vor der Massen-
willkür schützen". Das würde ihren Ueberlteferungen mehr ge-
recht werden, als der „Sprung ins Dunkle."
Zu bemerken ist zu diesen Ausführungen, daß an die
Beseitigung der allgemeinen und gleichen Wahl nicht
ernsthaft gedacht werden kann. Die indirekte Wahl ist mit
der allgemeinen und gleichen durchaus nicht zu einem un-
löslichen Ganzen verbunden, vielmehr ist das indirekte
Verfahren nur eine, an sich nebensächliche, Form, welche
die Gefahren des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes
weder vermehrt noch vermindert, wohl aber ist es eine
für alle Parteien sehr unang enehme Form. Ihre Ersetzung
durch die direkte ist durchaus kein Sprung ins Dunkle,
sondern ein Schritt aus dem Gestrüpp auf den freien Weg.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben dem
Vorstand der Centralschulfondsoerwaltung Karlsruhe, Ober-
rechnungsrath Leopold Werr. das Ritterkreuz erster Klasse des
Ordens vom Zähringer Löwen verliehen, den zum Präsidenten
des Verwaltungsgertchtshofs ernannten Geh. Rath 2. Klasse
Ferdinand Lewald der Funktion eines ständigen Mitglieds des
Landesversicherungsamts enthoben und den Domänendirektor Dr.
Richard Reinhard zum ständigen Mitglied« des Landes-
versicherungsamts ernannt.
— Forstassessor Josef Müller in Karlsruhe wurde nach
Fretburg versetzt und dem Forstamte daselbst als zweiter Beamter
zugetheilt.
Karlsruhe, 8. Novbr. Heute früh traf Prinz
Hermann von Sachsen-Weimar aus Stuttgart in Baden
ein und stieg im Klubhause ab. Der Prinz besuchte den
Großherzog und die Großherzogin gegen 1 Uhr und nahm
mit denselben an der Frühstückstafel Theil. Gestern Abend
besuchten die Großherzoglichen Herrschaften die Opern-
vorstellung Fra Diavolo im Hoftyeater in Baden.
Ausland.
Frankreich. Paris, 8. Nov. Zur Prüfung der von
den Senatoren Bernard und Biot angeregten Frage, wie
der Entvölkerung Frankreichs vorzubeugen sei, ist
ein besonderer Parlament« r i sch er A ussch uß ernannt
worden.
England. Die offizielle englische Verlustliste
seit Ausbruch des Krieges bis October inclusive weist
folgende Ziffern auf: Getödtet 3204, verwundet: 14 666
(davon in Südafrika verstorben 982), Vermißte und Ge-
fangengenommene: 7764, zusammen 25 634; an Krank-
heiten verstorben: 6320, invalide nach Hause gesandt:
16072. Zusammen mit anderen Verlustursachen be-
trägt der Totalverlust 48 026 Mann.
Italien. Rom, 8. Nov. Die Agenzia Stefani mel-
det : Der König Unterzeichnete heute Vormittag ein Decret,
welches die Auflösung des Gemein de rath s von
Neapel anordnet und einen königlichen Kommissar er-
nennt. Ein weiteres Decret ernennt eine Commission unter
dem Vorsitze eines Senators, welche über alle Zweige der
Stadtverwaltung von Neapel eine Untersuchung veranstalten
soll. (Es sind im Laufe eines Prozesses sehr schlimme
Dinge in der Verwaltung an's Tageslicht gekommen.)
Rom, 8. Nov. Reichstagsabgeordneter Dr. Lieber
und seine Tochter wurden heute vom Papste in Privat.
audicnz empfangen.
Asien. Dem Standard wird aus Shanghai berichtet:
Das hier eingetroffene Transportschiff Humber bringt über
eine Beschimpfung der britischen Flagge durch
Russen folgende Meldung aus Tschingwantao, wo neben
einem russischen Offizier mit 60 Mann ein britischer Offi-
zier mit wenigen Sikhs stationirt ist. Der russische Offizier
ließ die englische Flagge herunterholen, rollte sie zusammen
und trat mit den Füßen darauf. Der englische Offizier
suchte sie wieder hochzuzichen; der russische drohte aber,
nach ihm zu schießen. Der Engländer gab, weil ihm eine
Uebermacht gegenüberstand, nach. Später entschuldigten sich
dann die Russen. Man meint, daß der Zwischenfall jetzt
erledigt sei.
Afrika. Die Engländer in Transvaal haben sich be-
kanntlich gegen die dort ansässigen Fremden ganz boden-
lose Gewaltthätigkeiten erlaubt. Auch russische Unter-
thanen sind davon betroffen worden. So wurden am 13.
Juli in Johannesburg 400 Personen ohne jede Angabe des
Grundes verhaftet, auf die Eisenbahn gebracht und nach der
Küste geführt. Unter ihnen befanden sich 39 Russen. Diese
wurden auf eine Barke gesetzt und nach Holland gebracht.
Als sie dort nicht ausfteigen wollten, führte man sie nach
London und trieb sie mit Gewalt aus dem Schiffe. Das
gleiche unerhörte Verfahren ist bekanntlich auch gegen
Deutsche angewendet worden. Werden Deutschland und
Rußland sich das gefallen lassen?
Amerika. Aus Anlaß vonWetten wegen der Wahlen
wurden in verschiedenen Gegenden Kentuckys in der Nacht
zum Mittwoch sechs Personen erschossen.
Zur Hebung der Neckarschifffahrt.
ii.
Um die geplante neue Wasserstraße konkurrenz- und ent-
wicklungsfähig zu machen, müssen natürlich die Betriebskosten der
Schifffahrt möglichst beruntergedrückt werden, d. h. es müssen
möglich st große Kähne zur Verwendung gelangen können.
Derzeit fahren auf dem Neckar die Schiffe mit einer durch-
schnittlichen Ladung von 100 t, bei günstigem Wasserstand mit
einer Ladung bis zu 380 t. Diese Leistungsfähigkeit der Wasser-
straße soll nun mit Hilfe der Kanalistrung möglichst er-
höht, vor allem aber die Umladung in Mannheim erspart und
es den größeren Rheinkähnen ermöglicht werden, direkt bis
Heilbronn-Stuttgart zu fahren. In Heilbronn möchte man auch
für die größten Rheinkähne, von denen manche eine Tragfähig-
keit von 2500 t und eine Länge von 82 m und darüber haben,
die Anfahrt ermöglicht sehen.
Es erscheint jedoch aus betriebs- und wasserbautechnischen
Gründen vorerst als ausgeschlossen, daß auf einem Fluß von
den geringen Breiten, und vielfach engen Krümmungsverhältnissen,
wie der Neckar, Schiffe von 80 m Länge und mehr
fahren können. Man muß sich demgemäß bescheiden. Die mittel-
großen Frachtschiffe repräsentiren schon eine ganz respektable
Ladungsfähigkeit: 400 t Ladung sind immerhin eine Last von
40 Eisenbahngüterwagen.
Nach all dem dürfte eine Maximaltraafähig-
keit von 600 t, die einem Tiefgang von 1,75 ent-
spricht, den billigen Anforderungen an eine
Großschifffahrt in Bezug auf die Beförderung
der Massengüter, Rohprodukte und Stückgüter
genügen. Die Fahrtiefe von 2m kommt der äu-
gest rebten Minimaltiefe bei Bingen am Mittel-
rbein gleich: es könnten also die bei Niederwasser den Rhein
befahrenden Fahrzeuge ohne Leichtern auf dem Neckar b>s Cann-
statt bezw Eßlingen Herauffahren und die Ruhrkohle direkt dort-
hin befördern. Die Schiffsabmessungen wären etwa denen auf
dem Dortmund-Emskanal gleich und betrügen in der
Maximallänge 65, in der größten Breite 8,2 m.
Als Fahrwassertiefe sind durchweg 2 m zugrunde gelegt.
Nur für die Strecke Cannstatt-Eßlingen sind 1,5 w ins Auge ge-
faßt. Aufgrund dieser Tiefe sind von dem Bauamtmann Specht
in München dieKosten für die badische Strecke zu 14 Mill.
M., für die württembergische Strecke zu 16 Mill. M. ver-
anschlagt. Dazu kommen noch für die Strecke Cannstatt-Eßlingen
1,6 Mill. M. Nach einem Gutachten des Oberbauraths Schaal
würden sich die Anlagekosten bis Cannstatt sogar um 10 Mill. M.
höher stellen, wozu noch ein weiteres Plus von 800 000 M. käme,
wenn die Strecke Cannstatt-Eßlingen gleichfalls eine Fahrwasser-
tiefe von 2 m erhielte. Zuzüglich der erforderlichen Hafen- und
Schleusenanlagen rc. erfordert das Projekt nach dem Specht'schen
Gutachten 33100000 M., nach Schaal 42700 000 M. Die jähr-
lichen Einnahmen aus den auf württembergischem Gebiet anfallen-
den Wasserkräften werden auf rund 350000 M- jährlich, die auf
badischem Gebiet auf das Doppelte veranschlagt, sodaß zu 3Vs
Proz. gerechnet hierdurch ein Kapital von 30 Mill. M. verzinst
würde. Natürlich muß man im Auge behalten, daß die Ver-
werthung der anfallenden Wasserkräfte nur ganz allmählich sich
entwickeln kann. Die Frachtmenge ist zu 79,4 Millionen Tonnen-
kilometer in Anschlag gebracht. Der Bedarf an Schleppern ist
auf zwanzig Stück berechnet und zwar solche von 44 und von 75
Pferdekräften, die je 17 MO bezw. 28 MO M. Anschaffungskosten er-
fordern. Was die Gesammtbetriebskosten anbelangt, so würde sich
der Schifffahrtstarif nach den gemachten Kalkulationen im Vergleich
zur Eifenbahn für die Strecke bis Cannstatt höher stellen und
für die ganze Strecke Mannheim-Eßlingen sogar noch ungünstiger
gestalten; dagegen würdedie Strecke Mannheim-Herl-
bronn erheblich geringere Frachtkosten gegenüber
der Eisenbahn ergeben. Auf der Strecke Mannheim-Cann-
statt kostet heute der Waggon von 10 Tonnen 40 M., die Schiffs-
fracht käme ans 41.02 M.; auf der Strecke Mannheim-Heilbronn
heute 27 M., nach der Kanalisirung 23.37 M- Der Betriebsauf-
wand ist im Ganzen zu 1031500 M. geschätzt. Die Denkschrift
resumirt dahin: In technischer Beziehung ist für die Strecke
Mannheim-Eßlingen die Herstellung eines Groß-Schifffahrtsweges
mit 2 m Fahrwassertiefe im Wege der Kanalisirung des Neckars
ausführbar. Auf dem mittleren Neckar stellen sich dem Betrieb
allerdings manche Schwierigkeiten entgegen, allein das Projekt hat
für die Entwickelung der Ncckgrstädte eine zu große Tragweite,
als daß man nicht auf der begonnenen Bahn fortfahren und fort-
gesetzt versuchen sollte, die betheiligten Regierungen und die öffeut-
liche Meinung für die Ausführung des Projektes zu erwärmen.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg. 9. November.
** Durchgereist. Der Statthalter von Elsab-Loihrinaen.
Fürst zu Hohenlobe-Langendura, traf gestern Nachmittag 2 31
Uhr von Karlsruhe kommend hier ein und reiste 2.36 Uhr über
Ederbacd nach Erbach weiter.
x Aus dem Stadtrath. In der Stadtrathssitzung
vom 7. d. M. wurden u. A. folgende Gegenstände zur Kenntniß
bezw. Erledigung gebracht:
1) Nach dem Geschäftsausweis der Verrechnung der Städt.
Sparkasse wurden bei dieser im vorigen Monate 1809 Einlagen
mit zusammen 343693^. 30^ gemacht, dagegen in 984 Einzel-
beträgen zusammen 357476 23 ^ an die betreffenden Ein-
leger zurückbezahlt, und hat die Gesammtzahl der letzteren seit
dem 1. Januar d. I. um 656 zugenommen.
2) Die hiesige Ortskrankenkasse zählte auf den 1. d. Mts.
5650 männliche und 1629 weibliche Mitglieder.
3) Nach dem Geschäftsbericht des Vorstandes des städtischen
chemischen Laboratoriums wurden in letzterem während des ab-
gelaufenen Monats 35 Proben von Kuhmilch, 6 von Kuhbutter,
2 von Kanalwasser, 6 von Petroleum, 6 von Scheibenäpfeln,
6 von Schweinefett, 2 von Preßhefe. 4 von Trinkwasser und
6 von Wurst untersucht und dabei 10 Milchproben beanstandet.
Von den 73 Untersuchungen erfolgten 72 im Aufträge von Be-
hörden und 1 ans Antrag eines Privaten. Die Untersuchung
je einer Probe Kindermilch aus den Milchkuranstalten des
Joh. Baur und des Jakob Hcrsche lieferte ein günstiges Ergebnis-
4> Der Freiwilligen Feuerwehr, der Bahnhoffeuerwehr und
der hiesigen Garnison wird für das rasche und thatkräftige Ein-
greifen bei dem Brand vom 2. d. Mts. Namens der Stadt ge-
dankt. Auch wird das Verhalten des Pförtners Wilhelm Z."»
bei der Frauenklinik dankbar anerkannt, welcher sich bei dieiern
Anlaß um die Rettung einiger Kinder aus dem vom Feuer er-
griffenen Hinterhause verdient gemacht hat.
5) Die Vergebung der Erd-, Maurer- und Steinhauerarbeiten
für den städtischen Bauhof erfolgte nach dem Anträge des Hoch'
bauamtcs.
6) Nachdem die Gr. Generaldirektion der Staatseisenbahnen
sich bereit erklärt hat, behufs Milderung der Mißstände alll
Römerstraßenübergang einen neuen Bahnübergang bei der
Kleinen Speycrer Straße Herstellen zu lassen, wird dem An-
sinnen der Gr. Eisenbahnbehörde entsprechend die Bereitwilligken
ausgesprochen, die Zufahrtsstraßen, welche von der Stadt nach
dem neuen Uebergang und von da nach dem Güterbabnhol
führen, Seitens der Stadtgemeinde in Stand setzen zu lassen.
7) Der Stadtrath hatte in wiederholten Vorstellungen an Re
Großh. Eisenbahnbehörden sich dafür verwendet, daß die Uhr
auf dem Thürmchen des Eisenbahn-VerwaltungsgebäudeS an der
Rohrbacher Straße wieder hergestellt werde.
Die Gr. Generaldirektton der Staatseisenbahnen hat nun
zwar die Wicderaufstellung jener Uhr abgelehnt, sich dagegen
bereit erklärt, vor dem Hauptdienstgebäude an der Rohrbacher
Straße in der Achse der Leopoldstrabe eine auf größere Ent-
fernung sichtbare Säulenuhr aufstellen zu lassen.
8) Dem Deutschen Schuloerein zur Erhaltung des Deutsch'
thums im Auslande wird ein jährlicher Beitrag von SO
bewilligt. „
L.O. Von der Universität. Gutem Vernehmen nach si>d
Prof. Heinrich Thode, der bekanntlich nach Berlin einen Rvl
erhalten hat, sich entschlossen haben, hier zu bleiben, nachdem d>e
Regierung in Bezug auf Gewährung und Vervollkommnung vo»
Lehrmitteln das größte Entgegenkommen gezeigt hat. — D>e
Vorlesungen von Kuno Fischer über „Schillers Leben u»o
Werke" sind so zahlreich besucht, daß sie in der Aula abgehalte«
werden müssen.
D Harmonie. Es ist dem Vergnügungsausschuß in seinem
Streben, den Mitgliedern einmal etwas Neues zu bieten, ge-
lungen, einen der bedeutendsten Recitaloren der Gegenwart fm
einen Abend zu gewinnen. Herrn Ma reell Salzer a»s
Wien. Der Redner, der seit einer Reihe von Jahren m»
großem Erfolge in den angesehensten Kreisen fast des gesummten
deutschen Sprachgebietes auftritt, wählt sein Programm aus den
besten, vorwiegend zeitgenössischen Dichtungen; hier werde»
hauptfächlich heitere Stücke, von Wildenbruch, Liliencron, Her-
mann Bahr. Seidel, Rosegger u. A., zum Vortrag gelangen U»"
es steht somit ein jedenfalls unterhaltender und genußreicher
Abend bevor, auf den wir nicht versäumen möchten, die Mit-
glieder der Gesellschaft aufmerksam zu machen. Der Vortrag-
der morgen (Samstag) Abend stattfindet, beginnt pünktlich hat"
9 Uhr.
Zur nächstjährigen Hundeausstellung. Der in de»
Kreisen oer Hundefreunde sehr angesehene Nationale Dogge»
klub hat sich einen Sonderraum für 80—IM erstklassige deutsche
Doggen bestellt und außer einer größeren Anzahl Ehrenpi"»
auch große goldene Klubmedaillen und ansehnliche Geldpreise z»'
gesagt. Das ist für die Ausstellung von großer Bedeutung u»o
für den hiesigen Verein der Hundefreunde, der die Ausstellung
veranstaltet, sehr ermunternd. Außerdem bat genannter KG"
aber auch die Geldpreise garantirt, so daß der hiesige V""»
ohne eigenes Risiko die schönste Hunderasse in ihren besten Exs>»'
plaren und in einer noch nie dagewesenen Anzahl ausweise» w""'
Unkouptrte Hunde dieser Rasse sind von der Prämitrung aus
geschlossen. Loggenpreisrtchter ist Herr B. Ulrich in Doos m
Nürnberg. .
O Kaiser-Panorama. Die Aufnahmen aus der Schw"9
welche nur noch bis Samstag ausgestellt sind, führen uns wund"
bare Gegenden in plastischer S chönheit vor Augen und entzücke»
gleicherweise Denjenigen, der diese herrlichen Landschaften o»
eigenen Augen gesehen, wie auch alle, denen sie noch unbekan»
find. Ein Besuch des Panoramas kann Jedermann empfom"
werden. Am Sonntag gelangen Aufnahmen aus dem malerische
Tyrol zur Aufnahme. .
** Einen Strauß reifer Himbeeren brachte gestern e>
Gärtner in die Bergbahnwirthichasi. Die auS einem.Gar»
am Wolfsbrunnenweg geschnittenen Himbeerstauden sind v»
Völlig ausgereiflen. »roßen Früchten dicht bedangen. ^
ill SchöffengerichtSfitzung vom 8. Nov. 1) Jakob Fath v"
Eppelheim erhielt wegen Beleidigung 15 Geldstrafe eve» >
5 Tage Haft, 2) Wilh. Gottfried Eberhard v. Fischer-Treuem"
von Stratzburg wegen Uebertretung des § 360" R.St.G.B. »»>,
Beleidigung 50 Geldstrafe event. 4 Tage Gefängniß »»-.
1 Tag Haft. 3) Josef Brendel aus Schmitten, z. Zt. in V"'
hier, wurde von der Anklage wegen Betrugs fretgesproch"»
4> Kath. Kreckel gcb. Gieser von Wieblingen erhielt weg-
Vergehens gegen 8 10 Ziff. 1 u. 2 NahrungSmittelges. 20 <
Geldstrafe, 5) Geoig Philipp Sauer III. von Eppelheim U»
Gg- Mich. Fath von da erhielten wegen Körperverletzung
1 Woche Gefängniß, 6) Ferdinand Diemer von Neckarsteina
erhielt wegen Beleidigung 60 Geldstrafe. §
— Polizeibericht. Ein Maurer und em Taglöhner wurde
wegen BeitelnS verhaftet. Sechs Personen kamen wem
Unfugs zur Anzeige. ,
X Saalbau Theater Mannheim. Das mit so kolossale.
Beifall aufgenommene Monstre-Programm des Saalbau-Theate
wird nur noch einige Tage in Geltung bleiben. Am komme»"
Sonntag Nachmittag 4 Uhr findet eine Kindervorstellung bet
deutend ermäßigten Preisen und Abends 8 Uhr die letzte So»
tagsvorstellung des derzeitigen Kllnstlerpersonals statt. Aus de»
selben sind besonders erwähnenswerth die Familie Kl"
Europa's beste Kunstradfahrer, die allabendlich stürmisch appl» -
dtrt und wiederholt vor die Rampe gerufen werden; berechtig"^
Aufsehen erregt die Baronin de Mitacor mit ihren lebet»»
Bildern (4 Damen) bei feenhafter Beleuchtung; stürmisch »c" ^
mtrt wird Mons. Renard mit seinen drejsirten Doggen »
Affen, während der Kinematograph uns die neuesten Vorgang
Graf Waldersee in China u. s. w., naturgetreu vor Augen fUB
Der Besuch der Vorstellungen kann nur bestens empfohlen w
den; am 16. ds. ist vollständiger Programmwechsel. ,
V.Ii. Eppingen, 8. Nov. Am nächsten Mittwoch, den 1*.
findet die feierliche Eröffnung der neuen Bahnliu
Eppingen —Sinsheim statt, zu der Einladungen '
bestimmte Einwohner der betheiligtcn Gemeinden Epp>»s §
Richen, Jttlingen, Reihen. Steinsfurth und Sinsheim ergang y
find. Der Festzug geht um 10 Uhr Morgens von Eppingen
und ist um 11 Uhr in Sinsheim, wo den Gästen ein Fr»d» ^
mit Wein geboten wird. Um 1.11 Uhr geht der Zug w
nach Eppingen zurück, dort wird das Mittagsmahl abgeha»
Um 6 Uhr Abends bringt ein Zug die Betheiligten Wied"
die Heimath.
-j- Mannheim, 7. Nov. Seine eigene Frau Z» ^ w
gemartert und gepeinigt hat der 37 Jahre alte, „
Stetten geborene, hier wohnhafte Kohlenträger Gottlieb
der sich dieserhalb heute wegen Körperverletzung vor der
kammer zu verantworten hatte. Rüp ist seit dem Jahre ^
verheirathet. In dem letzten Jahre mißhandelte er seine
fortgesetzt in roher Weise, sodaß diese fortwährend mit Par
und Wunden bedeckt war. Bis zum Tage ihres Todes üwg ^
obwohl sie ganz abgemagcrt und krank war, in die Lumpem» jt
von Marx Mayer arbeiten. Als sie hier während der e» ^
zusammensank, verbrachte man sie mittels Wagens zu ^
Viernheim wohnenden Schwestern, wo sie wenige Minuten >
ihrer Ankunft starb. Die Beweisaufnahme war für den
klagten, der jede Schuld bestritt, höchst ungünstig. Der St