Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 255-280 (01. November 1900 - 30. November 1900)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0548

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
kunft Deutschlands liegt wahrhaftig nicht auf dem Wasser, son-
dern im Lande selbst. (Beifall links )
Reichskanzler Graf v. Bülow weist nochmals auf die Gründe
hin, die den damals verantwortlichen Fürsten Hohenlohe von der
Einberufung des Reichstages abyielten. Namentlich habe ihn das
Blatt impressionirt, das Beziehungen zu einem hervorragenden
Parlamentarier habe, dessen Beredtsamkeit wir soeben bewundert
haben. (Stürmische Heiterkeit.) Redner verliest einen Artikel der
Freisinnigen Zeitung vom 4. Juli, in der die Einbe-
rufung des Reichstages für nicht zweckmäßig erklärt wird, und
fährt dann fort: Ich gebe zu, daß dieser Artikel etwas gewunden
und bis zu einem gewissen Grade auf Stelzen gestellt war, das
pflegt aber bei osficiösen Enunciationen häufig der Fall zu sein.
(Lang anhaltende, stürmische Heiterkeit.) Ich verletze kein Ge-
heimniß, wenn ich sage, daß ich zu denjenigen gehöre, die die
sehr ernsten gewichtigen Gründe für die Einberufung des Reichs-
tages anerkannten. (Hört! hört! Sehr richtig! links.) Aber
als ich jenen Artikel las (große Heiterkeit), sagte ich mir, gegen
die Autorität Richters kannst Du nicht aufkommen. (Anhaltende
stürmische Heiterkeit.) Ich kann nur sagen, wenn wieder ein ähn-
licher Fall kommt und wenn ich dann an dieser Stelle stehe, dann
werde ich ihn einberufen. (Große Heiterkeit, lebhafter Beifall.)
Richter hat die Ansicht ausgesprochen, der russische Räumungs-
vorschlag sei irgendwie zurückzuführen auf eine Verstimmung gegen
uns. Das war nicht der Fall. Dies anzuuehmen, hieße die
Sachlichkeit und Ruhe der russischen Politik unterschätzen. Am
allerwenigsten richtet sich die Verstimmung gegen das Ober-
kommando, das in erster Linie vom Kaiser von Rußland in unsere
Hände gelegt worden war. Ein Meinungsaustausch über den
Räumungsvorschlag ist in verbindlichsten Formen geführt worden
und ließ keinerlei Schärfe zurück. Es ist vollkommen unzutreffend,
daß wir den Mächten das Oberkommando aufgcdrängt hätten.
Der Gedankenaustausch über den Oberbefehl beruhte auf einer
von außen her auf amtlichem Wege an uns gelangten Anregung.
Mehr kann ich darüber nicht sagen, weil es sich um einen Mei-
nungsaustausch zwischen Souveränen handelt. Es gibt Fälle, wo
mir das Staatsinteresse ein Schloß vor den Mund legt. Das
Staatsinteresse steht mir höher als der Wunsch, Richter auf alle
Fragen zu antworten. (Heiterkeit.) Durch Bebels Angriffe auf
die Missionen würde er sich nicht zu ungünstigerer, dtfferenziren-
der Behandlung der katholischen Mission verleiten lassen. Es ge-
reiche Bischof Anzer zur hohen Ehre, daß er seine Mission unter
deutschen Schutz gestellt habe. Wir werden sie auch ferner schützen
und betrachten grade so im Orient wie auch in China die Aus-
übung unseres Protectorats über die katholischen Missionen als
eine Ehrenpflicht, der wir uns nicht entziehen werden. (Lebhafter
Beifall im Centrum.) Die Ebenbürtigkeit mit den anderen
Mächten und das Recht, in der Welt milzusprechen, werden wir
uns ntch: rauben lassen. (Lebhafter Beifall.) Wir werden die
Meinung behalten, daß eine große Nation sich das Recht auf
eine besonnene Weltpolitik weder entreißen noch verkümmern
lassen wird. (Lebhafte Bewegung.)
Abg. v. Kardorff (Rp.) widerspricht der Behauptung, die
Parteiführer seien gegen die Einberufung des Reichstages ge-
wesen, und schlicht sich dem Anträge auf Commissionsbe-
rathung an.
Abg. Rickert (fr. Vg.) freut sich, daß der Reichskanzler dem
Hause bezüglich der Indemnität entgegenkommen will.
Donnerstag 1 Uhr: Fortsetzung der heutigen Berathung;
12000 ^-Angelegenheit.
Baden. Für die Hoffähigkeit der Sozialdemokratie
bricht der Volksfreund eine Lanze. Er schreibt zur Bureau-
wahl des Reichstags: „Unsere sozialdemokratischen Can-
didaleu Singer und Fischer sind nicht in das Bureau ge-
wählt worden, angeblich — wie bürgerliche Blätler wissen
wollen — weil unsere Genossen erklärten, sie würden für
den Fall ihrer Wahl nicht zum Kaiser gehen. Wenn
das wirklich der Fall sein sollte, dann sind wir fest davon
überzeugt, daß dieser Standpunkt über kurz oder lang von
uns aufgegeben werden wird. Es wäre doch auch
wirklich gar zu interessant, unfern Genossen Singer mit
Wilhelm II. zusammen zu sehen. Bei der durchaus un-
parteiischen Leitung der Geschäfte im badischen Landtag
z. B. glauben wir bestimmt, daß, wenn die sozialdemokra-
tische Fraktion die Fraktion der Ficisinn-Demokraten an
Zahl überflügelt haben wird, der Posten des 2. Vicepräsi-
denten den Sozialdemokraten angeboten werden wird, und
ebenso bestimmt glauben wir, daß der einzige sozialdemo-
kratische Candidat für diese Stelle, Genosse Dreesbach,
nicht zögern wird, dieselbe mit allen Verpflichtungen zu
übernehmen, ohne dabei an seinem gut sozialdemokratischen
Herzen Schaden zu nehmen. Hinein in's volle Menschen-
leben!" Sehr vernünftig. Es wird aber noch lange
dauern, bis sie in Norddeutschland so weit sind.
— Durch eine Ausplauderei des Landsmanns „genö-
thigt", bekennt der Beob., daß im kath. Arbeiter-
verein die Haltung des Be ob. in Sachen der christl.
Gewerkschaften bemängelt wurde. Es wurden Aus-
stellungen und Wünsche in einem Schriftstück zusammen-
gesaßt und dieses dem Verlag übergeben. Durch ein Mit-
glied des Aufsichtsraths, das mündliche Aussprachen mit
der „geistlichen Führung" des kath. Arbeitervereins suchte
und fand, wurde die Sache erledigt. Die Ausstellungen
beruhten auf Mißverständnissen und die Wünsche werden
berücksichtigt werden. Das Schriftstück sei aber nicht für
die Öffentlichkeit bestimmt gewesen.
Schnapke dem Schöffengericht vorgcführt wurde, um sich
wegen Beleidigung eines Schutzmannes, Widerstandes gegen die
Staatsgewalt und Erregung ruhestörenden Lärms zu verant-
worten. Der Verhandlung, die unter großem Zudrang des
Publikums stattfand, wohnte der Erste Staatsanwalt bei. Die
Schnapke ist von kleiner, schlanker, nicht ungraziöser Figur. Ihre
Art, sich auszudrücken, verräth eine gewisse Bildung. Nach ihrer
Angabe ist sie 41 Jahre alt, seit 20 Jahren in Breslau und nur
ein Mal im Jahre 1885 wegen Beleidigung mit 50 Mark Geld-
strafe bestraft. Sie war am 20. September dieses Jahres auf
die Wache des XVI. Polizei'Kommissariats bestellt, um eine
wegen einer Gewerbekontravention über sie verhängte Haftstrafe
von einem Tage zu verbüßen. In der Wachtstube soll sie sich
nun so ungebührlich betragen haben, daß die oben angedeutete
Anklage gegen sie erhoben worden ist. Während sie vor dem
Schöffengericht zuerst ganz vernünftig auf die Fragen nach ihren
persönlichen Verhältnissen geantwortet hatte, gerteth sie, als sie
den Vorfall in der Wachtstube erzählen sollte, sofort in eine
große Erregung, schimpfte in drastischen Ausdrücken auf alle
Schutzleute, und behauptete, sie sei damals nur auf die Polizei
bestellt worden, weil man sie heimlich in der Zelle
habe umbringen wollen. Auf die Frage, ob sie gestern
ein Attentat auf den Kaiser versucht habe, antwortete
sie mit einem gewissen Stolze: „Ja!" und gab als Motiv der
Thal an, daß sie seit langer Zeit auf Betreiben
der Kaiserin heimlich verfolgt werde. Da somit
die gestern schon allgemein ausgesprochene Annahme ihrer U n-
zurechnungsfähigkeit sich zu bestätigen schien, beschloß
das Gericht auf Antrag des Staatsanwalts die Sache zu ver-
tagen und die Angeklagte ärztlich auf ihren Geisteszustand unter-
suchen zu lassen. Unbefangen lächelnd verließ sie, von einem
Gerichtsdtener geführt, den Saal.
— Der Dank des Grafen Vülow. Der in Mülheima. d.

* In seinem dritten und Schlußartikel über den Auf-
ruf des engeren Ausschusses der national-liberalen Partei
gibt sich der Zwei-Sterne-Mann des Beobachter gewaltig
Mühe, die Nationalliberalen zu einem Konflikt mit der Re-
gierung wegen der Wahlreform zu ermuntern. Diese Mühe
hätte er sich sparen können. Dann geht er die drei im
nationalliberalen Aufruf gestellten Bedingungen (Einteilung
der größeren Städte in getrennte Wahlbezirke, Gesammt-
erneuerung der Zweiten Kammer und Reform der Ersten
Kammer) durch und siehe da! prinzipiell hat er an keiner
der drei Forderungen etwas anszusetzen. Er wünscht zwar
nicht, daß die direkte Wahl mit diesen Dingen in Verbin-
dung gebracht wird, allein, wenn ec sieht, daß die Na-
tionalliberalen dies fordern und wenn er selber prinzipiell
nicht dagegen ist, dann kann er sich logischerweise gegen
die gleichzeitige Erledigung nicht sträuben. So wäre ja
in der Theorie Alles in schönster Ordnung. Wie sich die
Sache in der Praxis gestalten wird, das bleibt nach dem
Beobachter-Artikel aber doch sehr zweifelhaft. Wenn z. B.
dort angedeutet wird, daß eine Reform der Ersten Kammer
eine Vermehrung der Mandate für die Zweite Kammer
(gleich um 21) voraussetze, wenn somit die Wahlrechts-
frage weit über den Rahmen hinaus, der im national-
liberalen Aufruf gesteckt ist, verbreitert wird, dann aller-
dings ist aus eine Verständigung nicht zu rechnen.
* Ein ^-Mitarbeiter der Landpost entzückt sich an dem
Gedanken, es könnte aus den Konservativen, dem „ge-
mäßigten" Theil des Centrums und dem „rechten Flügel"
der Nationalliberalen eine der Regierung zu Gebote stehende
Mittelpartei gebildet werden. Das ist eine politische
Träumerei. Das Centrum bleibt geschlossen und die
Nationalliberalen bleiben auch geschlossen, was auch immer
ihre Gegner wünschen und hoffen mögen. So fehlt der
Schwärmerei der Landpost die Grundlage. Wie dringend sich
die Konservativen in der Landpost als Regierungspartei
anbieten, das ist nachgerade würdelos. Erst machen sie
einen Sprung von der kautellosen direkten Wahl, die sie
bisher vertraten, zu den Regierungkautelen und nun bitten
sie sür ihre gelegentliche Bitterkeit um Entschuldigung, ver-
sprechen Besserung und erklären Alles vergessen zu wollen.
Der ^-Mitarbeiter der Landposl meint, daß die dem-
nächstige konservative Landesversammlung solchen Leitsätzen
mit dem größten Vergnügen ihre allseitige Zustimmung
geben werde. Das Kapitel zur politischen Seelenlehre, in
der die schleunige Wandlung der badischen Konservativen
verzeichnet wird, dürfte dereinst nicht zu den stolzesten in
der Geschichte dieser Partei gerechnet werden und ebenso-
wenig zu den erfolgreichsten.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Dekan und Pfarrer Dr. Franz Raver Lender in Sasbach das
Kommandeuikreuz zweiter Klasse des Ordens vom Zähringer
Löwen verliehen, den früheren Notar Konstantin Strübe aus
Kempten zum Notar im Amtsgerichtsbezirk Wetnheim und den
früheren Rechtsanwalt Dr. Ludwig Keim aus Godramstein
zum Notar im Amtsgerichtsbezirk Sichern ernannt.
— Das Justizministerium hat dem Notar Strübe das No-
tariat Weinheim I, dem Notar Dr. Keim das Notariat Sichern II
zugewiescn.
— Schlafwagen nach Berlin. Es scheint dem reisen-
den Publikum nicht genügend bekannt zu sein, daß i» dem Nacht-
schnellzug nach Berlin über Würzburg- Suhl (Freiburg ab 6vs
Nackmittags, Karlsruhe ab 822, Mannheim ab poo, Heidelberg
ab 92S) ein Schlafwagen verkehrt, der, von Stuttgart kommend,
in Osterburken kurz nach 11 Uhr eingestellt wird. Dieser Zug
führt einen Durchgangswagen Mailand—Berlin, der in Oster-
burken mit dem Schlafwagen verbunden wird. Es kann also
das Umsteigen in den Schlafwagen während der Fahrt erfolgen
und fällt daher ein Verlassen des Zuges nicht nötbig. Der Zug
trifft auf dem Anhalter Bahnhof in Berlin um 92v Vormittags
ein. Schlafwagenkarten (II. Klasse 8 I. Klasse 10 ^L) können
durch Vermittelung der Stationen vorausbestellt werden.
Karlsruhe, 20. Nov. Gestern Abend besuchte der
Großherzog in Baden den Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-
Schillingsfürst. Einer Einladung folgend, traf gestern
Abend der Generaloberst der Kavallerie Generaladjutant
Freiherr v. Los in Baden ein und stieg im Großherzog!.
Schlosse ab. Die Rückkehr der Großherzogin aus Pforz-
heim erfolgte gestern Abend gegen 9 Uhr. Heute Abend
findet bei den Höchsten Herrschaften eine Hoftafel statt, zu
welcher der Fürst zu Hohenlohe, vormaliger Reichskanzler,
und dessen Tochter, Prinzessin Elisabeth, die Prinzessin
Amslie zu Fürstenberg, sowie die Gräfin Castellane ein-
geladen sind. Auch der Kgl. Prenß. Gesandte Geh.-Rath
von Eisendecher und Gemahlin haben Einladung zu dieser
Tafel erhalten.

Ruhr wohnende Arbeiter Gustav Kühn, der als Bursche des
jetzigen Reichskanzlers, Giafen v. Bülow, den letzten Feldzug
mitgemacht hatte, sandte diesem zu seiner Ernennung zum Reichs-
kanzler ein Glückwunschschreiben, worauf er ein eigenhändiges
Schreiben, 50 Mk. baar und die Photographie des Kanzlers er-
hielt. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut: „Berlin, 8. Nov.
Mein lieber Kühn! Ueber Ihren Brief und die guten Wünsche
habe ich mich gefreut. Als Dank sende ich Ihnen meine Photo-
graphie mit Unterschrift und 50 Mark. Möge Ihnen das Bild
eine stete Erinnerung an die gemeinsam verlebten großen Tage
bilden. Mit bestem Gruße: Graf v. Bülom." Die Freude des
Mannes läßt sich denken.
— Wie«, 20. Nov. Die Erzherzogin Franz Salvator
(Valerie, Tochter des Kaisers) ist eines Töchterchens genesen.
Bisher hatte sie drei Söhne und zwei Töchter.

Literarisches
—§ „Balletmagnetismus", Schwank von F.Hermann
Kanowskl. Preis 3 Mk. Dresden und Leipzig. E. Piersons
Verlag, 1901. — Es ist nicht wahrscheinlich, daß die Aufführung
des Kanowski'schen Schwankes „BalletmagNetismus" vor einem
guten bürgerlichen Publikum Sympathie und Beifall finden wird.
Die Leser gewisser Witzblätter vom Schlage der Wiener Karri-
katuren etwa werden einiges finden, was ihr Interesse erregen
wird. Der Versuch wiederholter Polemik gegen die lor Heinze
weist viele flache Hiebe aus. Haudlung hat der Schwank nur im
ersten Akt. Mit der Erwähnung, daß sich drei Herrn der guten
Gesellschaft mit Balletmädchen verloben und daß eine Tänzerin
in chloroformirtem Zustande auf einem Sopha von Theater-
arbeitern in die Luft gezogen wird, ist genug angedeutet. Der
Rest ist ein Durcheinander von allerhand Auftritten. Vielleicht
thut der Verfasser später einen glücklicheren Griff ins Menschen-
leben.

Ausland.
England. Durch die Blätter läuft eine interessante
Zusammenstellung des Einkommens der Familie
Salisbury im englischen Staatsdienste. Lord
Salisbury selbst hat 5000 Pfund Sterling (100000 M>)
als Premierminister; sein Sohn Lord Cranborne bezieht
1500 Pfund Sterling (30 000 Mk.) als Unterstaatssccretär
im Auswärtigen Amte; seine Neffen erhalten: Arthur 3-
Balfour 5000 Pfund Sterling (100 000 Mk.) als Erster
Lord des Schatzes, Gerald W. Balfour 2000 Pfund
Sterling (40 000 Mk.) als Präsident des Handelsamtes-
Der Schwiegersohn Salisburys, Lord Melborne, hat 4500
Pfund Sterling (90 000 Mk.) nebst Amtswohnung, und
ein anderer angeheiratheter Verwandter, I. W. Rowther,
als Beamter des Vekehrsministeriums, 2500 Pfund Ster-
ling (50 000 Mk.) Diese Angaben sind bezeichnend M
den Einfluß einer einzigen Familie im „freien England-
Rußland. Livadia, 20. Nov. Der Zar ver-
brachte den gestrigen Tag in befriedigender Weise. 9 Uhr
Abends betrug die Temperatur 39, der Puls 80. Der
Zar schlief ruhig bis 3 Uhr Nachts. Später hatte et
ununterbrochenen Schlaf. Es erschien Schweiß. In der
Frühe Warnas Befinden ziemlich befriedigend. TeVP^
ratur 38, Puls 79.
Von der badischen Eisenbahn.
L.O. Karlsruhe, 20. Nov.
Die Einnahmen der badischen Bahnen betrüge»
im Monat Oktober 1900 nach provisorischer Feststellung
6838750 Mk. (gegen 6 624 350 Mk. im Vorjahr). 2M
Januar bis mit Oktober d. Js. beträgt die
sammleinnabme (nach provisorischer Feststellung) 63 626 64"
Mark, d. h. 5 044 050 Mk. mehr als im gleichen Ze>^
raum des vorigen Jahres. Da für das Budgetjahr
1900 die Einnahmen aus dem Personen- und Gepäaf
verkehr auf 19 429 000 Mk., aus dem Güterverkehr am
41205 000 Mk., also insgesammt auf 60 634 000 M-
veranschlagt sind, so ergibt sich aus der provisorisch^
Feststellung, daß die Gesammleinnahmen der badiM""
Bahnen im laufenden Budgetjahr erheblich
größer sein werden, als im Voranschlag angenoU"
men wurde. Allerdings ist auf der andern Seite »ft
einer erheblichen Steigerung der Ausgaben (in Folge de
hohen Kohlenpreise, der Vermehrung des BeamtenpersontM
zu rechnen; immerhin dürfte sich ein reiner Uebersch»»
von 20 bis 25 Millionen Mark ergeben.
Im Hinblick auf das Offenbacher Eisenbah»^
Unglück wird zur Zeit die Frage, ob die GasbclelE
tung in den Eisenbahnwagen nicht durch elektrisch
Beleuchtung zu ersetzen sei, viel erörtert. Die badiM
Eisenbahnverwaltung hat bekanntlich gerade in den letzte"
Jahren Versuche mit der elektrischen Beleuchtung angeste»'
sich aber schließlich für die Mi s ch g a sb el e uch t» »°
entschieden, weil diese in letzter Zeit von den deutsch^
Bahnen allgemein cingeführt wurde; auch die schwE
Bahnen treffen theilweise Vorkehrung, um ihren Waöft,
park mit dieser Beieuchtungseinrichtnng auszurüsten.
Rücksicht hieraus hat die badische Verwaltung die Versuch
mit elektrischer Beleuchtung, die übrigens in Folge ths»
weisen schlechten Verhaltens der verwendeten Batter^
nicht günstig ausgefallen sind, in größerem ft"»
fang nicht mehr fortgesetzt. Die Akkumulatorenbatterl
sollen noch aufgebraucht und die MischgasbeleuLtung i»,""ft
nächsten vier Jahren mit einem Kostenaufwand von c"" -
400 000 Mark durchgeführt werden. Das Mischöft
(1 Theil Acetylen und 3 Theile Oelgas) wird in ^
Anlagen in Mannheim und Konstanz erzeugt, die bM
das für die Oelgasbeleuchtung erforderliche Gas liefet^
Die für die Mischgasbeleuchtung zur Verwendung k»ft
wenden Brenner haben den gleichen stündlichen Verbr»»^
an Mischgas, wie die bisherigen Oelgasbrenner, doch »ft§
die Helligkeit der Flammen durch den Zusatz von Acetft
von 8 Kerzen auf 16 gesteigert, anderseits aber die ^
plosionsgefahr erhöht. Möglicherweise entschließt sich
die badische Regierung in Verbindung mit den be»»
barten Eisenbahnverwaltungcn, die Versuche mit der e .
irischen Beleuchtung wiederaufzunehmen, zumaftsich
neuerdings ans der Strecke Berlin—Hildesheim—Köln
geführte Stone'sche System gut bewährt hat. Ei»e H
solute Sicherheit gegen Feuersgefahr wird allerdings ""
die elektrische Beleuchtung nicht bieten.

Aus Stadt und Land
Heidelberg, 21. November^!
A Stadtriithliche Vorlagen- Der Sladirath unterm^
dem Bürgerausschuß für die nächste Sitzung 16 Vorlagen- - sAl
meisten davon haben eine geringe Bedeutung. Erwähnt A
hellte, daß Stadtbaumeister Schaber auf den 1. 3a»»,kch'ft
Ruhestand tritt und zu seiner Pension von 2970 Mk. einen 3» ,§fi'
von 530 Mk. erhalten soll. Herr Schaber steht im 26
jahrc. — Als Uebungsplatz für die Garnison ist k>»
bei der Kiesgrube ins Äuge gefaßt und es soll ein dort bl.
liches Grundstück der Maurer Hartenstein Eheleute um
angekauft und verschiedene Grundstücke der Frhr. o.
schen Herrschaft gepachtet werden. — Die Kosten der
und Instandsetzung der alten Brücke sind auf 78000
schätzt, wovon die Stadt 22900 Mk. zu tragen hat. 3»"ftute»
breiterung der Brücke auf der rechten Uferseite soll der M
Brückenöffnung eine Gewölbezone angcfügt werden. "7 Aft"
I. Ingenieur des Gas-, Wasser- und Eiectritätswerks w"ft fei'
Bis mit einem Gehalt von 3000 Mk. und freier Wohn»""»
angestellt werden. meud"".
Von der Universität. Bei den Vorbereitungen zum ft
der Universitätsbibliothek haben sich, wie
Schwierigkeiten ergeben, da der Baugrund, auf dem
unserer Stadt zur großen Zierde gereichende Gebäude
soll, sich als sehr wenig geeignet heransstellt. Jedenfalls ^
die Fundamente erheblich tiefer gelegt werden müssen,
zuerst angenommen hatte, und der Beginn der eigentliche»
arbeiten wird durch die erforderlichen Versuchsgrabunge»
hrnansgcschoben werden. , . halft
** Zum heutigen Geburtstage der Kaiserin Friedrich",
die aus Wache stehenden Mannschaften der hiesigen G»
Paradeuniform angelegt. Die Kaserne ist beflaggt. letzft
(?) Ein kunstvoll angefertigter Aushängeschild warde
Tage an der Wrrlhschast zur Diemerei angebracht. „!-zick"
Spiralen, Blättern uno broncirten Kelchen prächtig »
 
Annotationen