Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
Honorarprofessor für englische Sprache an der Universität Frei-
burg, Dr. Arnold Schröer, zum ordentlichen Professor für
englische Philologie an der genannten Hochschule und den ordent-
lichen Professor des deutschen Rechts und des Kirchenrechts an
der Universität Fretburg, Dr. Ulrich Stutz, zum ordentlichen
Mitglied der Badischen historischen Kommission ernannt.
Karlsruhe, 21. Nov. Die Großherzogin reist
heute Abend spät nach Coblenz zum Besuch des Erbgroß-
Herzogs und der Erbgroßherzogin. Ihre Königs. Hoheit
beabsichtigt von da aus die Fürstin-Mutter zu Wied in
Segenhaus bei Neuwied zu besuchen und einen ganzen Tag
bei derselben zu verweilen. Die Zeit der Rückkehr der
Großherzogin nach Schloß Baden ist noch nicht genau
bestimmt.
Ausland.
Frankreich. Marseille, 21. Nov. Die Gelder-
land, mit dem Präsidenten Krüger an Bord, soll hente
Nachmittag hier eintreffen. Die Nacht hindurch herrschte
strömender Regen bei hoher See. Gegen 9 Uhr früh
hörte der Regen auf. Alsbald schmückten sich Häuser und
Landungsstege mit Fahnen und Teppichen. An der Lan-
dungsstelle ist ein Raum für die Mitglieder des Empfangs-
ausschusses freigelassen. Vereine mit Musikkapellen fanden
sich von 11 Zhr ab allmählich ein. Auch die den Präsi-
denten erwartende Volksmenge sammelte sich immer
mehr an.
England. Die letzte Reichstagsrebe des deutschen
Reichskanzlers wird in der englischen Presse nicht
sonderlich günstig ausgenommen. Die mehrmalige freund-
liche Erwähnung des Zaren und der russischen Regierung
mißfallen ihr. Wie bekannt, bemüht man sich in Eng-
land, dem deutsch-englischen Abkommen eine Spitze gegen
Rußland zu geben. Deutschland aber denkt nicht daran,
sich von England gegen Rußland einspannen zu lassen.
Wie weit die Verstimmung der englischen Blätter geht,
das lehrt eine ans Unverschämte grenzende Ausführung
des Daily Graphic, welcher schreibt: es erscheine erwünscht,
den Grafen Bülow zu erinnern, daß der deutscherseits
kraft Waldersee'scher Theater-Aufführungen angenommene
Primat im fernen Osten nicht auf fester Grundlage einer
Vorherrschaft deutscher Macht oder deutscher Interessen,
sondern lediglich auf der Nachsicht der Mächte, haupt-
sächlich Englands, beruhe. Dieser Primat würde sehr
lächerlich erscheinen, falls Lord Salisbury eines schönen
Tages sich entschließen wollte, sich der milderen Anschauung
einer Verständigung mit China anzuschließen, die bekannter-
maßen in Rußland und den Vereinigten Staaten herrsche.
Diese Möglichkeit scheint dem Daily Graphic nicht sehr
fern zu liegen.
Rußland. Livadia, 21. Nov. Der Zar ver-
brachte den gestrigen Tag befriedigend. Das Befinden war
gut. Abends 9 Uhr betrug die Temperatur 39,2, der
Puls 76. Der Zar schlief in der Nacht wenig, ohne be-
sondere Gründe. Das Allgemeinbefinden ist befriedigend.
Heute Morgen betrug die Temperatur 38,1, der Puls 70.
Asien. Shanghai, 21. Nov. Daily Telegraph
meldet vom 20. d. M.: Ein geheimes Dekret der
Kaiserin, das gestern telegraphisch verbreitet wurde, er-
mahnt alle Vicekönige und Gouverneure, sich sofort zum
Kriege gegen die Verbündeten in allen Theilen des Landes
bereit zu halten. Daily News meldet: Der Hof sei völlig
in den Händen Tungfuhsiangs, welcher entgegen
früheren Meldungen sich noch in Singanfu befindet.
Er verfügt über 16 000 Mann.
Afrika. Der stellvertretende Präsident der Transvaal-
republik, Schalk Burger, soll am 9. d. im Militär-
hospital an den erlittenen Wunden gestorben fein. Die
Meldung ist amtlich noch nicht bestätigt. — In Johannes-
burg finden sich die Mine narb e iter allmählich wieder
ein. Man hofft, daß die Gruben nach und nach ihren
Betrieb wieder aufnehmen werden.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 22 November.
** Ihre Könial. Hoheit die Grobherzogin kam heute früh
4 Uhr hier an und fuhr 4.15 Uhr mit dem Schnellzuge nach
Coblenz weiter.
x Aus dem Stadtrath. In den Stadtrathssitzungen
lich merklich verändert. Ec hat nicht mehr die rein sinnliche
Naivetät, die mit dem schönen Ton spielt, er hat mehr reflectiren
gelernt.
Leider! Er „macht" heute Vieles, was er sonst einfach aus
dem Goldborn seines Organs schöpfte.
Rubinstein, Beethoven, Schumann sind ihm nicht mehr fremd,
sogar im deutschen Notentext, „Die beiden Grenadiere" declamirt
er sogar erstaunlich gut, aber man kann nicht vergessen, daß er
eine fremde Tonsprache spricht, die er vortrefflich gelernt hat,
seine Muttersprache ist es nicht.
Dafür beherrscht er alle romanischen Idiome als Meister.
Das halbe Vocalisiren, der offene, breite Ton, das coquette
Posiren, das ist der Zauber des Südens, den d'Andrade so
hervorragend besaß und noch besitzt. In den mehr- und minder-
werthigen Gaben in drei Zungen hat er Proben von ,dol oauto"
bescheert, Sangesblumen, an deren schillernden Farben man seine
Freude haben durfte.
Ein ausgehender Stern, Frl. Rode, zieht als Trabant
mit ihm. Die Dame ist eine der graziösesten Violinspielerinnen,
die man seit langem gehört hat. Ich sage graziös, nicht weil
es ein so bequemes Wort ist, sondern weil es ihr künstlerisches
Wesen deckt Der Ton, den sie ihrer Geige entlockt, ist nicht groß,
Kraft und Temperament sind nicht ihre Sache. Dafür ist ihr
Spiel von entzückender Süßigkeit gepaart mit Reinheit. Mit
einer Technik, die spielend über alle Hindernisse gleitet, läßt sie
einen Silberstrom ohne Ende aus den Saiten strömen. Das
Publikum war ganz enthusiasmirt, besonders als sie Schuberts
„Biene" einmal und nocheinmal so unvergleichlich zartdeschwingt
dahinsummen ließ. Eine reizende kleine Getgenfee, dieses Frl.
Rode!
Herr Sienold jun. hatte sich an diesem Abend einen sehr
schweren Posten am Klavier erwählt.
Die Dame ist relativ leicht zu begleiten, wenn man auch ihre
Tempi bei Turtini genau kennen muß; d'Andrade aber, der in rhyth-
mischen Caprtcen schwelgt, kann dem Begleiter den Angstschweiß
aus die Stirne treiben.
Das erklärt es, warum der schweigsame Pianist mit dem
weichen Anschlag gestern mehrfach mit dem Partner in Diffe-
renzen gerieth. vr. 8.
vom 16. und 21. ds. Mts. wurden u. A. folgende Gegenstände
zur Kenntniß bczw. Erledigung gebracht:
1. Die Voranschläge des Allgemeinen Volksschulpsründefonds
und des Katholisch Haub'ichen Stiftungsfonds für 1901, sowie
des Evangelischen und des Katholischen Hospitalfonds für 1901
und 1902 wurden festgestellt.
2. Das Geschenk des praktischen Arztes Hrn. Dr. Leopold
Fischer »su. an die städtische Bibliothek, bestehend in einem Exem-
plar des von seinem Herrn Vater, dem Großh. Badischen Ober-
forstmcister Ernst Fischer, im Jahre 1851 publiz-rten Albums
forsl- und waidmännischer Denkmäler aus dem Großherzogthum
Baden wird unter dem Ausdruck des herzlichsten Dankes ent-
gegen genommen. Ebenso folgende Geschenke zur städtischen
Kunst- und Alterthümersammlung: des Herrn Stadtrath - Krall,
bestehend in einem Mörser (Geschütz) des 17. Jahrhunderts, des
Herrn Baumeisters I. Mohr, bestehend in einer Platte mit
pfälzischem Wappen aus dem 18. Jahrhundert, und des Herrn
Baumeisters I. Remler, bestehend in einem Degen des 17.
Jahrhunderts.
3. Im October wurden im Schlachthause 471 Stück Groß-
vieh, 2370 Stück Kleinvieh und 1 Pferd geschlachtet, auf dem
Viehhofe aber 74 Stück Großvieh und 1822 Stück Kleinvieh zum
Verkauf gebracht.
4. Aus einer Mittheilung des Stadtverordnetenvorstandes
geht hervor, daß derselbe mit den Vorlagen des Stadtratds,
welche in der Bürgerausschußsitzung vom 26. ds. Mts. zur Be-
rathung kommen sollen, einverstanden ist.
5. Am Auweg in Schlierbach soll eine Petroleumbeleuchtung
eingerichtet werden.
ch Todesfall. Heute Nacht 1 Uhr ist Hofrath Dr. Adolph
Stengel. Professor der Landwirthschaft an hiesiger Uni-
versllät, gestorben. Vorgestern war er noch in Karlsruhe,
wo er an der technischen Hochschule gleichfalls Vorlesungen
hielt. Der so unerwartet aus dem Leben Gerufene
war in Darkehmen (Ostpreußen) am 12. Juni 1828 geboren,
hat somit ein Alter von etwas über 72 Jahren erreicht.
Nach zurückgelegten Studien an den Universitäten Greifswald und
Bonn sowie an der Akademie Eldena, wirkte er zunächst als Do-
zent an den landwirthschaftlichen Akademieen zu Poppelsdorf und
Proskau, dann als Professor an der Akademie zu Tharandt und wurde
hierauf an die landwirthschaftliche Fachschule am Polytechnikum
in Karlsruhe berufen; seine Lehrstelle in Karlsruhe (später in
der Abtheilung für Forstwesen) behielt er, wie oben schon an-
gedeutet, auch bei, nachdem er im Jahre 1872 zum Honorar-
Professor und 1879 zum ordentlichen Professor an
hiesiger Universität ernannt worden war. Für das laufende
Studienjahr 1900/1901 war er zum Prorektor der Uni-
versität erwählt worden, bat jedoch mit Rücksicht auf sein
Augenleiden, die Wahl ablehnen zu dürfen, was ihm gestattet
wurde. Während einiger Jahre war er als Stadtverordneter
Mitglied des Bürgerausschusses. Der nun Verblichene, der in
seinem Fache ein geschätzter Lehrer war, hat sich durch eigene
Kraft vom ostpreußischen Inspektor zu der angesehenen Stellung
eines Universitätsprofessors durchgerungen. Er pflegte gelegent-
lich nicht ungern und mit gerechtfertigtem Stolz auf die Zeit
seiner praktischen landwirthschaftlichen Thätigkeit als „Herr
Entspekter" zurückzublicken. Politisch wurzelte der Verstorbene in
Jung-Lithauen und der preußischen Konfltktszeit, war also ein
Anhänger der alten Fortschrittspartei und ein solcher ist er auch
zeitlebens geblieben. Die Feuerbestattung der Leiche des Dahin-
geschiedenen findet am Samstag Nachmittag 4 Uhr statt.
^ Glasgemälde-Russtellung. In der Peterskirche stellt die
Heidelberger Glasmalerei-Anstalt von H. Beiler son. ein für
die Speyerer Retscherkirche bestimmtes großes Glasgemälde, die
Gesetzgebung Moses darstellend, zur Schau. Der innere Bild-
karton ist von dem Maler Jelin in Stuttgart entworfen und von
der hiesigen Firma mit satten, kräftig gehaltenen Farbentönen
ausgeführt. Das stylgemäße ornamentale Beiwerk ist hier ent-
worfen worden. Das Bild, das einen viel höheren und vom
Auge des Beschauers entfernteren Standpunkt bekommen soll,
konnte hier nicht so ausgestellt werden, daß es ganz den Ein-
druck machen kann, den es in der Retscherkirche zweifellos machen
wird. Ein Kabinetstückchen ist das kleinere Bild „Christus und
Maria", welches eine entsprechende Aufstellung hat finden können.
Die Komposition ist eine fast moderne zu nennen und man wird
unwillkürlich an die Defregger'schen Tyroler Genrebilder erinnert.
Im Vordergrund die Figuren von Christas und Maria, welche
sich sowohl durch den Ausdruck des Gesichts als auch durch den
herrlich angeordneten Faltenwurf ihrer Gewänder auszeichnen;
im Hintergrund räumt Magdalena den Tisch ab und an ihr
vorbei sicht man zum offenen Fenster hinaus in die Landschaft
Galiläas. Namentlich der Himmel, der sich über ihr wölbt, ge-
fällt durch seine feine Abtönung nach der Ferne. Der Besuch
der Ausstellung ist wirklich zu empfehlen, da er einen angenehmen
Einblick in die Höhe dieses Kunstzweiges in unserer Stadt
hinterläßt.
5 Fußball. Die beiden Wettspiele des Fußballklub „Frank-
furt" gegen zwei aus Heidelberg und Neuenheim College zu-
sammengestellte Mannschaften wurden gestern auf dem Spielfeld
von Neuenheim College gespielt. Zuerst spielten die zweiten
Mannschaften und dabei blieb „Frankfurt" mit 20 zu 3 Punkten
Sieger. Das Wettspiel der ersten Mannschaften blieb unent-
schieden, indem keine Partei einen Vortheil gewinnen konnte.
Archäologisches Institut. Für den Neubau eines würdigen
und für längere Zeit ausreichenden Instituts für Archäologie und
neuere Kunst ist, wie nach dem Schwäb. Merk, verlautet, der dem
Neckar zugekehrte nördliche Theil des alten Marstalls ausersehen.
m Gewerbegerichtsfitzung vom 9. November.
1. I. S. des Schlosserleorliugs Ludwig Erhard in Altneudorf
gegen Kassenschrankfabrikant Jakob Daub dahier wegen Auflösung
des Lehroerhältnisses wurde der Kläger unter Verfüllung in die
Kosten mit der erhobenen Klage abgewiesen.
2. I. S. des Lackierers Peter Zenner aegen Maler- und
Tünchermeistcr Friedrich Oeldorf dahier wurde der Beklagte zu
einer Lohnzahlung von 19 Mk. verurtheilt.
3. I. S. der Zimmergeiellen Hans Damm und Friedrich
Hill gegen Schieferdeckermeister Georg Zündorff dahier wurde
Letzterer zu einer Lohnzahlung von 9 Mk. bezw. 8 Mk. 50 Pfg.
verurtheilt.
4. I. S. des Vorarbeiters Jakob Frey in Mannheim gegen
Tiefbauunternehmer Wilhelm Offenbach dahier wegen Zahlung
einer Entschädigung in Folge kündigungsloser Entlassung einigten
sich die Parteien dahin, daß der Beklagte an den Kläger 40 Mk.
bezahlt und dieser auf seine Mehrforderung verzichtet.
5. I. S. des Hausburschcn Bernhard Mohr gegen Conditor
Friedrich Loos dahier wegen Zahlung von 5 Mk. Lohn und
einer Entschädigung von 13 Mk. 20 Pfg. wegen kündigungsloser
Entlassung, wurde der Kläger mit der erhobenen Klage abgewiesen
und als Widerbeklagter zur Zahlung von 3 Mk. an den Wider-
kläger verurtheilt.
Ohne Zuzug vou Beisitzern wurden vom 1. bis 15. Nov. l. I.
folgende Streitfälle erledigt:
6. I. S. des Maurers Wilhelm Löser in Eppelheim gegen
Gebrüder Reis, Kunstwollefabrik dahier wegen einer Lohnforderung
von 10 M. erklärte sich der beklagte Vertreter zur sofortigen Zah-
lung dieses Betrages gutthatsweise bereit.
7. I. S. des Taglöhners Eugen Heinle gegen Fabrikant R t-
dolf von Schenk wegen Zahlung der gesetzlichen Entschädigung von
13 M. 20 Pfg. in Folge kündigungsloser Entlassung haben sich
die Parteien während der Verhandlung entfernt.
8. I. S. des Hausburschen Wilhelm Grob gegen Wirth M.
Schneider znm Zwinger dahier wegen Zahlung von Lohn und der
gesetzlichen Entschädigung in Folge kündigungsloser Entlassung
einigten sich die Parteien dahin, daß der Beklagte an den Kläger
15 Mk. bezahlt.
9. I. S. der Köchin Katharina Fuchs gegen Wirth Philipp
Pfisterer zum Brückenkopf wegen einer Lohnzahlung von 20 Mk.
einigten sich die Parteien dahin, daß der Beklagte an die Klägerin
5 Mk. bezahlt und diese auf ihre Mehrforderung verzichtet.
— Polizeibericht. Ein Schneider und ein Former wurdet
wegen Landstreicherei, ein Taglöhuer und ein Wüsterer tveg^
Körperverletzung verhaftet. Wegen Unfugs kamen vier Personen
zur Anzeige.
A Walldorf, 21. Nov. Die hiesige Casinogesellschb^!
beging gestern Abend in ihrem Vereinslokal, Gasthaus -um
Stern, ihr Stiftungsfest durch eine theatralische AbeN"'
Unterhaltung mit nachfolgendem Tanz. Eingcleitet wurde der
Abend durch einen Klaoieroortrag. Die von den Vereinsdaweu
gespielten Theaterstücke wie: „Alles für meine Tochter", „3V>
LtebesgeEidnlß", „Fräulein Doktor". „Im Kegelclub", fanden
ungetheilten Beifall sowohl hinsichtlich der Darstellung wie der ist'
schmackvollen Costüme. Duette und Solis. von den bewährten
Sängern der Gesellschaft vorgetragen, füllten den gesanglichen
Theil des Abends aus. Die von den Mitgliedern aufgcführte
Kindersymphonie von Haydn fand stürmischen Applaus. Allen
Darstellern bezw. Mttwirkenden sprach Herr Dr. Rotschild den
Dank aus; ganz besonderen Dank zollte er dem umsichtigA
rührigen Vorstand der Gesellschaft, Herrn Postverwalter Kuhk
mann, und brachte ein bei Allen freudig aufgenommenes HnA
auf denselben aus, wofür derselbe in seiner Ansprache herzu«
dankte. Nach der Aufführung Stärkung des Magens, Tanz!
Eppingen, 21. Nov. Die Zuge auf der neuen
Evvingen—Sinsheim sind nach dem Volksboten immer sem
stark besetzt.
Neckarbtschofsheim, 20. Nov. Die am vergangenen Sonsitaß
unter Vorsitz des 1. Vorstandes, Herrn Dreikönigswirth Schiff
dahier abgehaltene Direktionssitzung des landwirthschaftlichen
zirksvereins und der Zuchtgenossenschaft war na«
dem Landboten trotz der ungünstigen Witterung gut besucht.
erste und der wichtigste Punkt der Tagesordnung betraf den AN'
schluß der diesseitigen Genossenschaft an den zukünftigen Verhall"
der unterbadischen Zuchtgenoffenschaften. Dieser Verband, der m
Satzungen der oberbadischen Genossenschaften zu Grund gestm
hat, umfaßt bis jetzt die Genossenschaften Boxberg, KrautheiM-
Gerlachsheim, Adelsheim, Wertheim und Mosbach. Der 1. Pak
stand, Herr Schieck, wurde mit der Einleitung der nöthM
Schritte beauftragt. Derselbe wurde zugleich als Genossenschaft?'
Vertreter iu den Verbandsausschnß gewählt. Als dessen Stell
.Verbandsausschuß gewählt. Als desfe.. -
Vertreter wurde Herr Bürgermeister Schreck von HaflelbachA
nannt. Der zweite Punkt der Tagesordnung betraf die zukiiE
tigen Zölle auf Tabak, Hopfen und Früchte. Die Anträge de»
Pfalzgauausschuffes wurden gutgeheißen.
L.U. Adelshei«, 22. Nov. Ueber das Vermögen des Biet'
brauereibesttzers Friedrich August Letzguß „zum Löwen"
wurde das Konkursverfahren eröffnet. -
Mannheim, 2t. 'Nov. Großes Aussehen erregt, wie da
hiesige Tagebi. berichtet, die aestern wegen Kurpfuscherei er
folgte Verhaftung des hiesigen Naturheilknnb'gen Fr>e"
rich Jüngling. Jüngling besaß hier eine riesige BrokA
aus der er entsprechende Einnahmen zog, die es ihm ä-
statteten, einen glänzenden Haushalt zu iühren. ,
— Mannheim, 21. Nov. Den Mitgliedern des MänNt'
gesangvereins Mannheim.Ludwigshafen sieb
am 3. December ein hoher Genuß bevor, indem ein feines PA
gramm dazu ersehen ist, unter dem besonders der „Heerbann
hervorsticht. Um diese Liederperlen auch weiteren Kreisen -sh
gänglich zu machen, wird am 6. December das ConceH. '
Ludwigshafen wiederholt werden. Der Reinertrag ist für Ferien
kolonien und Knabenhorte bestimmt. Die Mitgliederzahl »
aktiven Sänger beträgt gegenwärtig in genanntem Verein 1" '
gewiß eine Zahl, die Außerordentliches ermöglicht. , >
si Mannheim, 2l. Nov. Ein Bankerotts-Pro zeß 'A
vor der hiesigen Strafkammer statt. Angeklagt war der Kam.
mann Adolf Dublon aus Wittich a. d. Mosel wegen Betrug
und Vergehens gegen die Konkursordnung. Er war beschuldig/
daß er 1) den Kaufmann Gottfried Levy aus Köln dadurch,
er ihm seine Verhältnisse in günstiger Weise darstellte, eine "N
richtige Bilanz vorlcgte und seine Ladeneinrichtung, obwohl -
dieselbe bereits an einen Kaufmann in Heidelberg verkauft häu f
als Pfand verschrieb, bewog, ihm bet oer Mannheimer Bn
einen Kredit von 15000 Mk. zu eröffnen, 2) daß er seine Ha"
lnngsbücher unordentlich geführt und keine Bilanzen gezogen ha^
3) daß er kurz vor Eröffnung des Konkurses dem Kaufmall
Hugo Murr, der eine Forderung von 590 Mk. an ihn b?»
Maaren in diesem Werthe überlassen habe, um ihn zu befriedig
und so sich der Begünstigung eines Gläubigers schuldig geM«"
habe. Dublou, der frühere Reisende der Modewaarenfirma ^,
brüder Robinson in Frankfurt a. M., hat im Jahre 1896 WA,
der Firma Heinemann und Dublon hier ein Putz- und Mo"
waarengeichäfl ctablirt. Die Gründung war eine recht gewng /
Dublon legte 2000 Mark, der Theilhaber Sally HeinenE,
10 000 Mk. ein. 7000 Mk. kostete die Ladeneinrichtung, 5000 D,
gingen für die ersten Maaren drauf, sodaß thatsächlich an ^
triebskapital kein rother Heller mehr vorhanden war. Nach
Jahr bereits trat Heinemann auS der Firma aus und Dudt ^
zahlte ihm nach und nach seine Einlage zurück. Unter diel ^
Umständen konnte es nicht ausbleiben, daß das Geschäft in e''-,
starke Nothlage gerieth. Dublon lernte einen Heidelberger
mann kennen, welcher nach und nach 27000M. in das Gei«^
legte, wofür ihm Doublon die Ladeneinrichtung verpfändete A
all dies half nichts, Dublon gerieth immer mehr in Schums
Durch Vermittlung eines Mädchens wurde er ft"Ar
mit dem Kaufmann Gottfried Levy aus Köln bekannt, »
ihm bei der Mannheimer Bank einen Kredit auf 15 000 M5 , -
öffnete. Als Levy, dem Dublon die Lage seines Geschäfts
mündlich und durch eine geschickt ausgemachte Bilanz falsch
gestellt hatte, Kenntniß von dem wirtlichen Zustand des Dubt°>
scheu Geschäftes erhielt, erstattete er gegen Dublon Anzeige- u.
dieser wurde tragikomischer Weise in dem Augenblick verhaAg
als er siegreich von einem Automobilwettfahren von Straß-Ag
nach Mannheim zurückkehrte. In der Konkurskasse liegen 1" -z,
15 Proz. Die Strafkammer erkannte auf 7 Monate GesäE"
abzüglich 3 Monate Untersuchungshaft. .z,
L.öl. Sasbach b. Achern, 21. Nov. Der ReichstagsabgAg.
nete Geistl- Rath Dekan Lender vollendete gestern M
Lebensjahr in körperlicher Rüstigkeit. Am vorigen Montag A,
er die Reise zu den Reichstagsverhandlungcn nach Berlin an»
treten.
ö.k7. Freiburg, 22. November. Bei der letzten
rikutalion tchrieben sich 48 Studirende ein. Die
sammtzahl der Skudirenden im Wintersemester 1900/OA-^-
trägt 1218, die Zahl der Hörer 69. Unter den Jmrnait ^
Urten befinden sich 11 Frauen und unter den Hörern A,
Im vorigen Winrer betrug die Zahl der Jmmalrikuiu
1235 . >i<
L.U. Neustadt i. Sch., 22. November. Tie Strecke d-e ,
st a dt-D ona u es ch: n g en ist nunmehr für den Euenva^g
betrieb vollständig fertig gestellt. Montag Nach^Ahl
4 Uhr trat der 1. Zug von Hüfiugen hier ein. Abends
der Zug, nachdem das Eisenbahnbetriebs- und Arbeitsperl"
bewirthet worden war, nach Hüstngen zurück.
Konstanz, 19. Nov. Zu einer großen, wohlverdienten
tion für Herrn Musikdirektor Handloser gestaltete si^- ,»rN
Konst. Ztg., das JubiläumSconcert, welches er gelAl
Nachmittag mit der Regimentsmusik im Inselösest
veranstaltete. 25 Jahre sind es jetzt, seit Herr Handlostr » g
Sonntagscoucerle, die heute zum eisernen Bestand de« gesin^-
Lebens in unserer Stadt gehören, tn's Leben rief: deren
sammtzahl jetzt wohl schon über 500 beträgt, und vielen D"
hat er damit in trüber Winterszeit gediegene und heitere "'s m
Haltung geboten. So fanden sich denn gestern die Zub^ §hl
Hellen Schaaren von hier und auswärts ein, eS mochten
über 1000 Personen sein; auch die Vertreter von Stadt u»a ^
giment waren erschienen. Mit lebhaftem Beifall wurde v ^
Handloser begrüßt, als er au den Dirigentenpult trat. Hst-
Zeichen des Dankes überreichte Herr Graf Zeppelin, der
dent der Jnselhotelgesellschaft, dem Gefeierten einen Lobeer»
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
Honorarprofessor für englische Sprache an der Universität Frei-
burg, Dr. Arnold Schröer, zum ordentlichen Professor für
englische Philologie an der genannten Hochschule und den ordent-
lichen Professor des deutschen Rechts und des Kirchenrechts an
der Universität Fretburg, Dr. Ulrich Stutz, zum ordentlichen
Mitglied der Badischen historischen Kommission ernannt.
Karlsruhe, 21. Nov. Die Großherzogin reist
heute Abend spät nach Coblenz zum Besuch des Erbgroß-
Herzogs und der Erbgroßherzogin. Ihre Königs. Hoheit
beabsichtigt von da aus die Fürstin-Mutter zu Wied in
Segenhaus bei Neuwied zu besuchen und einen ganzen Tag
bei derselben zu verweilen. Die Zeit der Rückkehr der
Großherzogin nach Schloß Baden ist noch nicht genau
bestimmt.
Ausland.
Frankreich. Marseille, 21. Nov. Die Gelder-
land, mit dem Präsidenten Krüger an Bord, soll hente
Nachmittag hier eintreffen. Die Nacht hindurch herrschte
strömender Regen bei hoher See. Gegen 9 Uhr früh
hörte der Regen auf. Alsbald schmückten sich Häuser und
Landungsstege mit Fahnen und Teppichen. An der Lan-
dungsstelle ist ein Raum für die Mitglieder des Empfangs-
ausschusses freigelassen. Vereine mit Musikkapellen fanden
sich von 11 Zhr ab allmählich ein. Auch die den Präsi-
denten erwartende Volksmenge sammelte sich immer
mehr an.
England. Die letzte Reichstagsrebe des deutschen
Reichskanzlers wird in der englischen Presse nicht
sonderlich günstig ausgenommen. Die mehrmalige freund-
liche Erwähnung des Zaren und der russischen Regierung
mißfallen ihr. Wie bekannt, bemüht man sich in Eng-
land, dem deutsch-englischen Abkommen eine Spitze gegen
Rußland zu geben. Deutschland aber denkt nicht daran,
sich von England gegen Rußland einspannen zu lassen.
Wie weit die Verstimmung der englischen Blätter geht,
das lehrt eine ans Unverschämte grenzende Ausführung
des Daily Graphic, welcher schreibt: es erscheine erwünscht,
den Grafen Bülow zu erinnern, daß der deutscherseits
kraft Waldersee'scher Theater-Aufführungen angenommene
Primat im fernen Osten nicht auf fester Grundlage einer
Vorherrschaft deutscher Macht oder deutscher Interessen,
sondern lediglich auf der Nachsicht der Mächte, haupt-
sächlich Englands, beruhe. Dieser Primat würde sehr
lächerlich erscheinen, falls Lord Salisbury eines schönen
Tages sich entschließen wollte, sich der milderen Anschauung
einer Verständigung mit China anzuschließen, die bekannter-
maßen in Rußland und den Vereinigten Staaten herrsche.
Diese Möglichkeit scheint dem Daily Graphic nicht sehr
fern zu liegen.
Rußland. Livadia, 21. Nov. Der Zar ver-
brachte den gestrigen Tag befriedigend. Das Befinden war
gut. Abends 9 Uhr betrug die Temperatur 39,2, der
Puls 76. Der Zar schlief in der Nacht wenig, ohne be-
sondere Gründe. Das Allgemeinbefinden ist befriedigend.
Heute Morgen betrug die Temperatur 38,1, der Puls 70.
Asien. Shanghai, 21. Nov. Daily Telegraph
meldet vom 20. d. M.: Ein geheimes Dekret der
Kaiserin, das gestern telegraphisch verbreitet wurde, er-
mahnt alle Vicekönige und Gouverneure, sich sofort zum
Kriege gegen die Verbündeten in allen Theilen des Landes
bereit zu halten. Daily News meldet: Der Hof sei völlig
in den Händen Tungfuhsiangs, welcher entgegen
früheren Meldungen sich noch in Singanfu befindet.
Er verfügt über 16 000 Mann.
Afrika. Der stellvertretende Präsident der Transvaal-
republik, Schalk Burger, soll am 9. d. im Militär-
hospital an den erlittenen Wunden gestorben fein. Die
Meldung ist amtlich noch nicht bestätigt. — In Johannes-
burg finden sich die Mine narb e iter allmählich wieder
ein. Man hofft, daß die Gruben nach und nach ihren
Betrieb wieder aufnehmen werden.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 22 November.
** Ihre Könial. Hoheit die Grobherzogin kam heute früh
4 Uhr hier an und fuhr 4.15 Uhr mit dem Schnellzuge nach
Coblenz weiter.
x Aus dem Stadtrath. In den Stadtrathssitzungen
lich merklich verändert. Ec hat nicht mehr die rein sinnliche
Naivetät, die mit dem schönen Ton spielt, er hat mehr reflectiren
gelernt.
Leider! Er „macht" heute Vieles, was er sonst einfach aus
dem Goldborn seines Organs schöpfte.
Rubinstein, Beethoven, Schumann sind ihm nicht mehr fremd,
sogar im deutschen Notentext, „Die beiden Grenadiere" declamirt
er sogar erstaunlich gut, aber man kann nicht vergessen, daß er
eine fremde Tonsprache spricht, die er vortrefflich gelernt hat,
seine Muttersprache ist es nicht.
Dafür beherrscht er alle romanischen Idiome als Meister.
Das halbe Vocalisiren, der offene, breite Ton, das coquette
Posiren, das ist der Zauber des Südens, den d'Andrade so
hervorragend besaß und noch besitzt. In den mehr- und minder-
werthigen Gaben in drei Zungen hat er Proben von ,dol oauto"
bescheert, Sangesblumen, an deren schillernden Farben man seine
Freude haben durfte.
Ein ausgehender Stern, Frl. Rode, zieht als Trabant
mit ihm. Die Dame ist eine der graziösesten Violinspielerinnen,
die man seit langem gehört hat. Ich sage graziös, nicht weil
es ein so bequemes Wort ist, sondern weil es ihr künstlerisches
Wesen deckt Der Ton, den sie ihrer Geige entlockt, ist nicht groß,
Kraft und Temperament sind nicht ihre Sache. Dafür ist ihr
Spiel von entzückender Süßigkeit gepaart mit Reinheit. Mit
einer Technik, die spielend über alle Hindernisse gleitet, läßt sie
einen Silberstrom ohne Ende aus den Saiten strömen. Das
Publikum war ganz enthusiasmirt, besonders als sie Schuberts
„Biene" einmal und nocheinmal so unvergleichlich zartdeschwingt
dahinsummen ließ. Eine reizende kleine Getgenfee, dieses Frl.
Rode!
Herr Sienold jun. hatte sich an diesem Abend einen sehr
schweren Posten am Klavier erwählt.
Die Dame ist relativ leicht zu begleiten, wenn man auch ihre
Tempi bei Turtini genau kennen muß; d'Andrade aber, der in rhyth-
mischen Caprtcen schwelgt, kann dem Begleiter den Angstschweiß
aus die Stirne treiben.
Das erklärt es, warum der schweigsame Pianist mit dem
weichen Anschlag gestern mehrfach mit dem Partner in Diffe-
renzen gerieth. vr. 8.
vom 16. und 21. ds. Mts. wurden u. A. folgende Gegenstände
zur Kenntniß bczw. Erledigung gebracht:
1. Die Voranschläge des Allgemeinen Volksschulpsründefonds
und des Katholisch Haub'ichen Stiftungsfonds für 1901, sowie
des Evangelischen und des Katholischen Hospitalfonds für 1901
und 1902 wurden festgestellt.
2. Das Geschenk des praktischen Arztes Hrn. Dr. Leopold
Fischer »su. an die städtische Bibliothek, bestehend in einem Exem-
plar des von seinem Herrn Vater, dem Großh. Badischen Ober-
forstmcister Ernst Fischer, im Jahre 1851 publiz-rten Albums
forsl- und waidmännischer Denkmäler aus dem Großherzogthum
Baden wird unter dem Ausdruck des herzlichsten Dankes ent-
gegen genommen. Ebenso folgende Geschenke zur städtischen
Kunst- und Alterthümersammlung: des Herrn Stadtrath - Krall,
bestehend in einem Mörser (Geschütz) des 17. Jahrhunderts, des
Herrn Baumeisters I. Mohr, bestehend in einer Platte mit
pfälzischem Wappen aus dem 18. Jahrhundert, und des Herrn
Baumeisters I. Remler, bestehend in einem Degen des 17.
Jahrhunderts.
3. Im October wurden im Schlachthause 471 Stück Groß-
vieh, 2370 Stück Kleinvieh und 1 Pferd geschlachtet, auf dem
Viehhofe aber 74 Stück Großvieh und 1822 Stück Kleinvieh zum
Verkauf gebracht.
4. Aus einer Mittheilung des Stadtverordnetenvorstandes
geht hervor, daß derselbe mit den Vorlagen des Stadtratds,
welche in der Bürgerausschußsitzung vom 26. ds. Mts. zur Be-
rathung kommen sollen, einverstanden ist.
5. Am Auweg in Schlierbach soll eine Petroleumbeleuchtung
eingerichtet werden.
ch Todesfall. Heute Nacht 1 Uhr ist Hofrath Dr. Adolph
Stengel. Professor der Landwirthschaft an hiesiger Uni-
versllät, gestorben. Vorgestern war er noch in Karlsruhe,
wo er an der technischen Hochschule gleichfalls Vorlesungen
hielt. Der so unerwartet aus dem Leben Gerufene
war in Darkehmen (Ostpreußen) am 12. Juni 1828 geboren,
hat somit ein Alter von etwas über 72 Jahren erreicht.
Nach zurückgelegten Studien an den Universitäten Greifswald und
Bonn sowie an der Akademie Eldena, wirkte er zunächst als Do-
zent an den landwirthschaftlichen Akademieen zu Poppelsdorf und
Proskau, dann als Professor an der Akademie zu Tharandt und wurde
hierauf an die landwirthschaftliche Fachschule am Polytechnikum
in Karlsruhe berufen; seine Lehrstelle in Karlsruhe (später in
der Abtheilung für Forstwesen) behielt er, wie oben schon an-
gedeutet, auch bei, nachdem er im Jahre 1872 zum Honorar-
Professor und 1879 zum ordentlichen Professor an
hiesiger Universität ernannt worden war. Für das laufende
Studienjahr 1900/1901 war er zum Prorektor der Uni-
versität erwählt worden, bat jedoch mit Rücksicht auf sein
Augenleiden, die Wahl ablehnen zu dürfen, was ihm gestattet
wurde. Während einiger Jahre war er als Stadtverordneter
Mitglied des Bürgerausschusses. Der nun Verblichene, der in
seinem Fache ein geschätzter Lehrer war, hat sich durch eigene
Kraft vom ostpreußischen Inspektor zu der angesehenen Stellung
eines Universitätsprofessors durchgerungen. Er pflegte gelegent-
lich nicht ungern und mit gerechtfertigtem Stolz auf die Zeit
seiner praktischen landwirthschaftlichen Thätigkeit als „Herr
Entspekter" zurückzublicken. Politisch wurzelte der Verstorbene in
Jung-Lithauen und der preußischen Konfltktszeit, war also ein
Anhänger der alten Fortschrittspartei und ein solcher ist er auch
zeitlebens geblieben. Die Feuerbestattung der Leiche des Dahin-
geschiedenen findet am Samstag Nachmittag 4 Uhr statt.
^ Glasgemälde-Russtellung. In der Peterskirche stellt die
Heidelberger Glasmalerei-Anstalt von H. Beiler son. ein für
die Speyerer Retscherkirche bestimmtes großes Glasgemälde, die
Gesetzgebung Moses darstellend, zur Schau. Der innere Bild-
karton ist von dem Maler Jelin in Stuttgart entworfen und von
der hiesigen Firma mit satten, kräftig gehaltenen Farbentönen
ausgeführt. Das stylgemäße ornamentale Beiwerk ist hier ent-
worfen worden. Das Bild, das einen viel höheren und vom
Auge des Beschauers entfernteren Standpunkt bekommen soll,
konnte hier nicht so ausgestellt werden, daß es ganz den Ein-
druck machen kann, den es in der Retscherkirche zweifellos machen
wird. Ein Kabinetstückchen ist das kleinere Bild „Christus und
Maria", welches eine entsprechende Aufstellung hat finden können.
Die Komposition ist eine fast moderne zu nennen und man wird
unwillkürlich an die Defregger'schen Tyroler Genrebilder erinnert.
Im Vordergrund die Figuren von Christas und Maria, welche
sich sowohl durch den Ausdruck des Gesichts als auch durch den
herrlich angeordneten Faltenwurf ihrer Gewänder auszeichnen;
im Hintergrund räumt Magdalena den Tisch ab und an ihr
vorbei sicht man zum offenen Fenster hinaus in die Landschaft
Galiläas. Namentlich der Himmel, der sich über ihr wölbt, ge-
fällt durch seine feine Abtönung nach der Ferne. Der Besuch
der Ausstellung ist wirklich zu empfehlen, da er einen angenehmen
Einblick in die Höhe dieses Kunstzweiges in unserer Stadt
hinterläßt.
5 Fußball. Die beiden Wettspiele des Fußballklub „Frank-
furt" gegen zwei aus Heidelberg und Neuenheim College zu-
sammengestellte Mannschaften wurden gestern auf dem Spielfeld
von Neuenheim College gespielt. Zuerst spielten die zweiten
Mannschaften und dabei blieb „Frankfurt" mit 20 zu 3 Punkten
Sieger. Das Wettspiel der ersten Mannschaften blieb unent-
schieden, indem keine Partei einen Vortheil gewinnen konnte.
Archäologisches Institut. Für den Neubau eines würdigen
und für längere Zeit ausreichenden Instituts für Archäologie und
neuere Kunst ist, wie nach dem Schwäb. Merk, verlautet, der dem
Neckar zugekehrte nördliche Theil des alten Marstalls ausersehen.
m Gewerbegerichtsfitzung vom 9. November.
1. I. S. des Schlosserleorliugs Ludwig Erhard in Altneudorf
gegen Kassenschrankfabrikant Jakob Daub dahier wegen Auflösung
des Lehroerhältnisses wurde der Kläger unter Verfüllung in die
Kosten mit der erhobenen Klage abgewiesen.
2. I. S. des Lackierers Peter Zenner aegen Maler- und
Tünchermeistcr Friedrich Oeldorf dahier wurde der Beklagte zu
einer Lohnzahlung von 19 Mk. verurtheilt.
3. I. S. der Zimmergeiellen Hans Damm und Friedrich
Hill gegen Schieferdeckermeister Georg Zündorff dahier wurde
Letzterer zu einer Lohnzahlung von 9 Mk. bezw. 8 Mk. 50 Pfg.
verurtheilt.
4. I. S. des Vorarbeiters Jakob Frey in Mannheim gegen
Tiefbauunternehmer Wilhelm Offenbach dahier wegen Zahlung
einer Entschädigung in Folge kündigungsloser Entlassung einigten
sich die Parteien dahin, daß der Beklagte an den Kläger 40 Mk.
bezahlt und dieser auf seine Mehrforderung verzichtet.
5. I. S. des Hausburschcn Bernhard Mohr gegen Conditor
Friedrich Loos dahier wegen Zahlung von 5 Mk. Lohn und
einer Entschädigung von 13 Mk. 20 Pfg. wegen kündigungsloser
Entlassung, wurde der Kläger mit der erhobenen Klage abgewiesen
und als Widerbeklagter zur Zahlung von 3 Mk. an den Wider-
kläger verurtheilt.
Ohne Zuzug vou Beisitzern wurden vom 1. bis 15. Nov. l. I.
folgende Streitfälle erledigt:
6. I. S. des Maurers Wilhelm Löser in Eppelheim gegen
Gebrüder Reis, Kunstwollefabrik dahier wegen einer Lohnforderung
von 10 M. erklärte sich der beklagte Vertreter zur sofortigen Zah-
lung dieses Betrages gutthatsweise bereit.
7. I. S. des Taglöhners Eugen Heinle gegen Fabrikant R t-
dolf von Schenk wegen Zahlung der gesetzlichen Entschädigung von
13 M. 20 Pfg. in Folge kündigungsloser Entlassung haben sich
die Parteien während der Verhandlung entfernt.
8. I. S. des Hausburschen Wilhelm Grob gegen Wirth M.
Schneider znm Zwinger dahier wegen Zahlung von Lohn und der
gesetzlichen Entschädigung in Folge kündigungsloser Entlassung
einigten sich die Parteien dahin, daß der Beklagte an den Kläger
15 Mk. bezahlt.
9. I. S. der Köchin Katharina Fuchs gegen Wirth Philipp
Pfisterer zum Brückenkopf wegen einer Lohnzahlung von 20 Mk.
einigten sich die Parteien dahin, daß der Beklagte an die Klägerin
5 Mk. bezahlt und diese auf ihre Mehrforderung verzichtet.
— Polizeibericht. Ein Schneider und ein Former wurdet
wegen Landstreicherei, ein Taglöhuer und ein Wüsterer tveg^
Körperverletzung verhaftet. Wegen Unfugs kamen vier Personen
zur Anzeige.
A Walldorf, 21. Nov. Die hiesige Casinogesellschb^!
beging gestern Abend in ihrem Vereinslokal, Gasthaus -um
Stern, ihr Stiftungsfest durch eine theatralische AbeN"'
Unterhaltung mit nachfolgendem Tanz. Eingcleitet wurde der
Abend durch einen Klaoieroortrag. Die von den Vereinsdaweu
gespielten Theaterstücke wie: „Alles für meine Tochter", „3V>
LtebesgeEidnlß", „Fräulein Doktor". „Im Kegelclub", fanden
ungetheilten Beifall sowohl hinsichtlich der Darstellung wie der ist'
schmackvollen Costüme. Duette und Solis. von den bewährten
Sängern der Gesellschaft vorgetragen, füllten den gesanglichen
Theil des Abends aus. Die von den Mitgliedern aufgcführte
Kindersymphonie von Haydn fand stürmischen Applaus. Allen
Darstellern bezw. Mttwirkenden sprach Herr Dr. Rotschild den
Dank aus; ganz besonderen Dank zollte er dem umsichtigA
rührigen Vorstand der Gesellschaft, Herrn Postverwalter Kuhk
mann, und brachte ein bei Allen freudig aufgenommenes HnA
auf denselben aus, wofür derselbe in seiner Ansprache herzu«
dankte. Nach der Aufführung Stärkung des Magens, Tanz!
Eppingen, 21. Nov. Die Zuge auf der neuen
Evvingen—Sinsheim sind nach dem Volksboten immer sem
stark besetzt.
Neckarbtschofsheim, 20. Nov. Die am vergangenen Sonsitaß
unter Vorsitz des 1. Vorstandes, Herrn Dreikönigswirth Schiff
dahier abgehaltene Direktionssitzung des landwirthschaftlichen
zirksvereins und der Zuchtgenossenschaft war na«
dem Landboten trotz der ungünstigen Witterung gut besucht.
erste und der wichtigste Punkt der Tagesordnung betraf den AN'
schluß der diesseitigen Genossenschaft an den zukünftigen Verhall"
der unterbadischen Zuchtgenoffenschaften. Dieser Verband, der m
Satzungen der oberbadischen Genossenschaften zu Grund gestm
hat, umfaßt bis jetzt die Genossenschaften Boxberg, KrautheiM-
Gerlachsheim, Adelsheim, Wertheim und Mosbach. Der 1. Pak
stand, Herr Schieck, wurde mit der Einleitung der nöthM
Schritte beauftragt. Derselbe wurde zugleich als Genossenschaft?'
Vertreter iu den Verbandsausschnß gewählt. Als dessen Stell
.Verbandsausschuß gewählt. Als desfe.. -
Vertreter wurde Herr Bürgermeister Schreck von HaflelbachA
nannt. Der zweite Punkt der Tagesordnung betraf die zukiiE
tigen Zölle auf Tabak, Hopfen und Früchte. Die Anträge de»
Pfalzgauausschuffes wurden gutgeheißen.
L.U. Adelshei«, 22. Nov. Ueber das Vermögen des Biet'
brauereibesttzers Friedrich August Letzguß „zum Löwen"
wurde das Konkursverfahren eröffnet. -
Mannheim, 2t. 'Nov. Großes Aussehen erregt, wie da
hiesige Tagebi. berichtet, die aestern wegen Kurpfuscherei er
folgte Verhaftung des hiesigen Naturheilknnb'gen Fr>e"
rich Jüngling. Jüngling besaß hier eine riesige BrokA
aus der er entsprechende Einnahmen zog, die es ihm ä-
statteten, einen glänzenden Haushalt zu iühren. ,
— Mannheim, 21. Nov. Den Mitgliedern des MänNt'
gesangvereins Mannheim.Ludwigshafen sieb
am 3. December ein hoher Genuß bevor, indem ein feines PA
gramm dazu ersehen ist, unter dem besonders der „Heerbann
hervorsticht. Um diese Liederperlen auch weiteren Kreisen -sh
gänglich zu machen, wird am 6. December das ConceH. '
Ludwigshafen wiederholt werden. Der Reinertrag ist für Ferien
kolonien und Knabenhorte bestimmt. Die Mitgliederzahl »
aktiven Sänger beträgt gegenwärtig in genanntem Verein 1" '
gewiß eine Zahl, die Außerordentliches ermöglicht. , >
si Mannheim, 2l. Nov. Ein Bankerotts-Pro zeß 'A
vor der hiesigen Strafkammer statt. Angeklagt war der Kam.
mann Adolf Dublon aus Wittich a. d. Mosel wegen Betrug
und Vergehens gegen die Konkursordnung. Er war beschuldig/
daß er 1) den Kaufmann Gottfried Levy aus Köln dadurch,
er ihm seine Verhältnisse in günstiger Weise darstellte, eine "N
richtige Bilanz vorlcgte und seine Ladeneinrichtung, obwohl -
dieselbe bereits an einen Kaufmann in Heidelberg verkauft häu f
als Pfand verschrieb, bewog, ihm bet oer Mannheimer Bn
einen Kredit von 15000 Mk. zu eröffnen, 2) daß er seine Ha"
lnngsbücher unordentlich geführt und keine Bilanzen gezogen ha^
3) daß er kurz vor Eröffnung des Konkurses dem Kaufmall
Hugo Murr, der eine Forderung von 590 Mk. an ihn b?»
Maaren in diesem Werthe überlassen habe, um ihn zu befriedig
und so sich der Begünstigung eines Gläubigers schuldig geM«"
habe. Dublou, der frühere Reisende der Modewaarenfirma ^,
brüder Robinson in Frankfurt a. M., hat im Jahre 1896 WA,
der Firma Heinemann und Dublon hier ein Putz- und Mo"
waarengeichäfl ctablirt. Die Gründung war eine recht gewng /
Dublon legte 2000 Mark, der Theilhaber Sally HeinenE,
10 000 Mk. ein. 7000 Mk. kostete die Ladeneinrichtung, 5000 D,
gingen für die ersten Maaren drauf, sodaß thatsächlich an ^
triebskapital kein rother Heller mehr vorhanden war. Nach
Jahr bereits trat Heinemann auS der Firma aus und Dudt ^
zahlte ihm nach und nach seine Einlage zurück. Unter diel ^
Umständen konnte es nicht ausbleiben, daß das Geschäft in e''-,
starke Nothlage gerieth. Dublon lernte einen Heidelberger
mann kennen, welcher nach und nach 27000M. in das Gei«^
legte, wofür ihm Doublon die Ladeneinrichtung verpfändete A
all dies half nichts, Dublon gerieth immer mehr in Schums
Durch Vermittlung eines Mädchens wurde er ft"Ar
mit dem Kaufmann Gottfried Levy aus Köln bekannt, »
ihm bei der Mannheimer Bank einen Kredit auf 15 000 M5 , -
öffnete. Als Levy, dem Dublon die Lage seines Geschäfts
mündlich und durch eine geschickt ausgemachte Bilanz falsch
gestellt hatte, Kenntniß von dem wirtlichen Zustand des Dubt°>
scheu Geschäftes erhielt, erstattete er gegen Dublon Anzeige- u.
dieser wurde tragikomischer Weise in dem Augenblick verhaAg
als er siegreich von einem Automobilwettfahren von Straß-Ag
nach Mannheim zurückkehrte. In der Konkurskasse liegen 1" -z,
15 Proz. Die Strafkammer erkannte auf 7 Monate GesäE"
abzüglich 3 Monate Untersuchungshaft. .z,
L.öl. Sasbach b. Achern, 21. Nov. Der ReichstagsabgAg.
nete Geistl- Rath Dekan Lender vollendete gestern M
Lebensjahr in körperlicher Rüstigkeit. Am vorigen Montag A,
er die Reise zu den Reichstagsverhandlungcn nach Berlin an»
treten.
ö.k7. Freiburg, 22. November. Bei der letzten
rikutalion tchrieben sich 48 Studirende ein. Die
sammtzahl der Skudirenden im Wintersemester 1900/OA-^-
trägt 1218, die Zahl der Hörer 69. Unter den Jmrnait ^
Urten befinden sich 11 Frauen und unter den Hörern A,
Im vorigen Winrer betrug die Zahl der Jmmalrikuiu
1235 . >i<
L.U. Neustadt i. Sch., 22. November. Tie Strecke d-e ,
st a dt-D ona u es ch: n g en ist nunmehr für den Euenva^g
betrieb vollständig fertig gestellt. Montag Nach^Ahl
4 Uhr trat der 1. Zug von Hüfiugen hier ein. Abends
der Zug, nachdem das Eisenbahnbetriebs- und Arbeitsperl"
bewirthet worden war, nach Hüstngen zurück.
Konstanz, 19. Nov. Zu einer großen, wohlverdienten
tion für Herrn Musikdirektor Handloser gestaltete si^- ,»rN
Konst. Ztg., das JubiläumSconcert, welches er gelAl
Nachmittag mit der Regimentsmusik im Inselösest
veranstaltete. 25 Jahre sind es jetzt, seit Herr Handlostr » g
Sonntagscoucerle, die heute zum eisernen Bestand de« gesin^-
Lebens in unserer Stadt gehören, tn's Leben rief: deren
sammtzahl jetzt wohl schon über 500 beträgt, und vielen D"
hat er damit in trüber Winterszeit gediegene und heitere "'s m
Haltung geboten. So fanden sich denn gestern die Zub^ §hl
Hellen Schaaren von hier und auswärts ein, eS mochten
über 1000 Personen sein; auch die Vertreter von Stadt u»a ^
giment waren erschienen. Mit lebhaftem Beifall wurde v ^
Handloser begrüßt, als er au den Dirigentenpult trat. Hst-
Zeichen des Dankes überreichte Herr Graf Zeppelin, der
dent der Jnselhotelgesellschaft, dem Gefeierten einen Lobeer»