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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281-304 (01. Dezember 1900 - 31. Dezember 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0626

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seine Partei dem Antrag fern stehe, so werde sie ihn doch unter-
stützen, denn er befreie schließlich die Kirche von dem Staat, aber
auch den Staat von der Kirche. (?) Eigentlich müsse daraus
folgen, daß beide vollständig getrennt würden. Hoffentlich werde
dem Centrum die Verbrüderung mit den Socialdemokraten bei
Hofe nichts schaden. (Heiterkeit.)
Abg. Bassermann (ntl.): Seine Partei würde den Antrag
rein sachlich benrtheilen. Es handle sich um eine Erweiterung
der Reichsverfassung. Gegen die reichsgesetzliche Festlegung gewisser
religiöser Grundrechte sei nichts einzuwenden- Die großen Reli-
gionsgemeinschaften müßten besondere Rechte haben, aber dafür
müsse auch der Staat die Oberaufsicht über sie verlangen
können.
Abg. Richter (freis. Vp.): Daß der Reichskanzler heute bei
einem Initiativantrag noch vor seiner Begründung das Wort er-
griff, habe vermuthen lassen, er werde eine Erklärung abgeben
über das Verhalten der Regierung gegenüber dem Präsidenten
Krüger. (Heiterkeit.) Wenn das Centrum heute die Zuständig-
keit des Reiches erweitere, habe es seine Stellungnahme vollständig
geändert. Dem Antrag selbst stehe die Partei des Redners freund-
lich gegenüber. Es müßte aber auch für die nicht aner-
kannten Religionsgemeinschaften das gleiche Recht geschaffen
werden.
Abg. Fürst Ra dziwill (Pole) ist mit dem Anträge einver-
standen. Die Polen wünschten keine nationalen und religiösen
Kämpfe. Die preußische Regierung habe sich von der deutsch-
nationalen Agitation sortreißen lassen.
Staaissekretär Dr. Graf v. Pvsadowsky: Die preußische
Staatsverwaltung sei nicht verantwoct'ich für die die Bevölkerung
aufhetzenden Zeitungsartikel. Es liege ihr völlig fern, die Ver-
bindung zwischen der katholischen Kirche und ihrem Oberhaupt
zu unterbrechen. Im Abgeordnetenhaus« werde sie weiter ant-
worten. Aber die preußische Staatsverwaltung hat die Ver-
pflichtung, grade beiden außerordentlich schwierigen Verhältnissen
vor allem dafür zu sorgen, daß Ruhe und Frieden in der Provinz
Posen herrschen und daß die Provinz dauernd in der Lage sei,
ihre Aufgabe dem Staate gegenüber zu erfüllen.
Abg. Rickert (sreis. Ver.): Das Centrum habe sich zu
seiner Freude in der Toleranzfrage geändert. Die Bestim-
mungen müßten auch auf nicht anerkannte Religionsgemeinschaften
ausgedehnt werden.
Abg. Stockmann (R.-P.): Dem Grundgedanken des Ge-
setzes stehe wohl jeder sympathisch gegenüber, doch enthalte der
Antrag zu große Eingriffe in die Hoheit der Einzel-
staaten und sei deßhalb im nationalen Interesse bedenklich.
Trotz alledem habe er gegen die Commisstonsberathung nichts
einzuwenden-
Abg. Puhler (Centr.) bestreitet, daß das Centrum bezüglich
der Religionsfreiheit Wandlungen durchgemacht habe. Die Aus-
legung. die v. Vollmar den sozialdemokratischen Grundsätzen von
der Religionsfreiheit gegeben habe, sei wohl nur subjectiv. In-
tolerant seien die kleinen Staaten: je kleiner, desto kleinlicher,
was Redner mit einer Reihe von Einzelfällen zu begründen sucht.
Sächs. Bundesrathsbevollmächtigter Graf Hohenthal: In
Sachsen wird genau nach dem Gesetz verfahren, so auch m dem
Falle des mehrfach bestraften Hauskaplans des Grafen Schoen-
burg. Die Abhaltung katholischer Gottesdienste in der Schloß-
kirche sei erlaubt worden; dagegen hätten die Kapläne die Er-
laubniß jedesmal für ihre Person nachsuchen müssen.
Der Bundesrathsbevollmächtigte von Mecklenburg v. Oertzen
erklärt, seine Regierung sei mit der Erklärung des Reichskanzlers
einverstanden. Die Kirchenbauberechtigung wird bei vorliegendem
Bedürfniß nicht verweigert. (Lachen im Centrum). Aber allen
katholischen Saisonarbeitern, die im nächsten Jahre nicht wieder-
kehren, könne man allerdings katholischen Gottesdienst nicht etn-
richten- Redner, der schwer verständlich ist, wird wiederholt von
Gelächter im Centrum und bei den Sozialdemokraten unter-
brochen.
Braunschweigischer Bundesrathsbevollmächtigter v. Cramm:
Die Bestimmung, daß katholische Taufen beim evangelischen Geist-
lichen angemeldet werden müssen, rührt aus der Zeit her. wo das
Kirchenbuch standesamtliche Funktionen vertrat. Das wird auf-
gehoben werden.
Damit schließt die Discussion. Der Gesetzentwurf wird der
beantragten Commission überwiesen.
Morgen 2 Uhr: Interpellation über die Kohlenfrage.
Baden. Die nationalliberalen Vereine in Pforz-
heim, Tauberbischofsheim und Waldshut
billigten die Vorschläge des Engeren Ausschusses bezüglich
der Wahlrechtsfrage.
Karlsruhe, 3. Dez. Der Jahresbericht über die
Staatseisenbahnen und die Bodensee-Dampfschifffahrt im
Großherzogthum Baden für das Jahr 1899 ist soeben in der Chr.
Fr. Müller'schen Hofbuchhandlung erschienen.
* Sehr eifrig ist der Beobachter bemüht, den Cha-
rakterdesbadischen Bauernbundes als den einer Cen-
trumsgründung zu Centrumszwecken abzuleugnen. Er spricht
von einer unentschuldbaren Verdächtigung, welche die Heidel-
berger Zeitung da ausgesprochen habe. Nun, wer der
Gründung des Vereins s. Zt. angewohnt hat, der hat einen
bestimmten Eindruck von dem Centrumscharakter des Bauern-
bundes empfangen, und wer sein Wirken weiter verfolgt
hat, der kann nicht im Zweifel sein, daß es sich um eine
konfessionelle Gründung gehandelt hat und zwar
nicht nur zu fachlichen, sondern auch zu politischen Zwecken.
Da hilft alles Ableugnen des Beob. nichts. Wäre es ein
neutraler Verein, wie der landwirthschaftliche Bezirksverein,
dann würde die Centrumspresse sich über das Erscheinen
des Bundes der Landwirthe im Seekreis nicht so erhitzen,
wie sie es thut.
* Was doch dieWieslocher Zeitung jetzt für
flotte Leitartikel schreibt, dachten wir gestern, als wir
ihren Aufsatz über die Zurückweisung Krügers lasen. Er
begann in Kleinschrist mit einer Gegenüberstellung der
Kaiserdepeschen an Krüger von 1896 und von 1900 und
Hub dann an: „Schon einmal durchbrauste, seit Kaiser
Wilhelm II. den Thron bestieg, eine ungeheure Bewegung
u. s. w." Einen Augenblick später bekamen wir ein
Heidelberger Blatt in die Hand und stehe da, an
seiner Spitze prangte Wort für Wort der gleiche schwung-
volle Leitartikel. Der Aufsatz stammte also aus einer Leit-
artikelfabrik und das Wieslocher Blatt muß seinen Ruhm
mit dem Heidelberger theilen.
* Die Rede des neuen Präsidenten des Mini-
steriums des Innern auf dem Festmahl des badischen
Handelstags hat an Ausführlichkeit nichts zu wünschen
übrig gelassen. Bei der Bedeutung dieser ersten Kund-
gebung des Herrn Schenkel drucken wir sie in der Wieder-
gabe der Bad. Presse bezw. der Karlsr. Ztg. ab. Die
Gründe, die Herr Schenkel gegen die kautelenlose direkte
Wahl anführt, sind im liberalen Lager genugsam durch-
gesprochen und erwogen worden. Die Liberalen haben
selbst auf dem Standpunkt gestanden, daß ein kleiner Zu-
satz von Privilegirten in der Zweiten Kammer nichts
schaden würde (allerdings wollten sie niemals 25 Privi-
legirte bei 50 Gewählten). Sie haben aber gesehen, daß

diese Forderung in absehbarer Zeit nicht durchzuführen
wäre, während andererseits die Wähler die Unbequemlich-
keiten der indirekten Wahl satt haben. Sie haben
sich deshalb für die direkte Wahl entschieden und zugleich
für die drei in Verbindung damit zu treffenden Aenderungen,
die aus der Ansprache des Engeren Ausschusses bekannt
sind. Es wäre nun sehr naiv gewesen, hätte
man erwartet, daß die Regierung sich ohne Weiteres dem
neuen nationalliberalen Wahlprogramm anschließen werde.
Noch hat ja nicht einmal die Gesammtheit der national-
liberalen Partei gesprochen. Man sieht wohl aus den
bisher vorliegenden Berichten, daß die überwältigende
Mehrheit der Partei für die kautelenlose direkte Wahl ist,
aber ein abgeschlossenes Votum liegt nicht vor. Die An-
gelegenheit ist also noch in Fluß. Für die Regierung
kommt die Zeck, wo sie sich die Frage vorlegt, ob sie auf
ihrem bisherigen Standpunkt bleiben soll, erst in dem
Augenblick, dadie Zweite Kammer gesprochen
hat. Wenn die Zweite Kammer mit Dreioiertels-Mehrheit
oder gar einmüthig das Verlangen nach Einführung der
kautelenlosen direkten Wahl stellt, dann wird die Regierung
bei dem Schwergewicht einer in dieser Art ausgesprochenen
Forderung sich die Sache wohl auch noch einmal überlegen,
wie die Nationalliberalen dies mehrmals gethan haben.
Zeigt die Zweite Kammer Zersplitterung und Uneinigkeit,
zerren die Parteien an der Wahlreform hin und her, statt
bestimmt abgegrenzte Forderungen zu erheben, dann aller-
dings dürfte die Regierung sich nicht veranlaßt sehen, den
von Herrn Schenkel skizzirten Standpunkt zu verlassen.
Preußen. Die durch die Schulreform vom Jahre 1892
eingeführte Abschlußprüfung für die Versetzung von
Unter- nach Obersecunda, die nach Genehmigung des Kai-
sers aufgehoben werden soll, wird voraussichtlich zu Ostern
nächsten Jahres nicht mehr abgehalten werden.

Ausland.
Schweiz. Bern, 4. Dez. Der Ständerath ge-
nehmigte von der Haager Convention folgende
Punkte: Die Convention zur friedlichen Schlichtung inter-
nationaler Streitigkeiten, die Convention betreffend die Aus-
dehnung der Genfer Convention auf den Seekrieg, die Er-
klärung betreffend das Werfen von Explosivgeschossen aus
Luftballons, die Erklärung betreffend Verwendung von Ge-
schossen, die erstickende, giftige Gase verbreiten, und die
Erklärung betreffend den Gebrauch von Kugeln, die sich
im menschlichen Körper leicht ausbreiten und abplattcn.
Holland. Haag, 5. Dez. In der Zweiten Kam-
mer erklärte der Ministerpräsident bei der allgemeinen
Etatsberathung, er könne augenblicklich den psychologischen
Moment nicht voraussehen, in dem Holland die schieds-
gerichtliche Entscheidung im südafrikanischen Kriege
würde Vorschlägen können.
Spanien. Madrid, 5. Dec. Auf Anrathen der
Minister beschloß die Regcntin, die Angelegenheit des
Heirathsplanes der Prinzessin von Asturien mit dem
Prinzen Karl von Bourbon nicht länger zu ver-
zögern und den Cortes sofort eine Botschaft darüber zu
unterbreiten. Die Sache soll noch vor Jahresschluß erle-
digt werden, vielleicht würden sogar die Weihnachtsferien
ausfallen. Der Heirathsplan trägt den Charakter eines
Privaivertrages: eine Civilliste wird nicht verlangt, dagegen
wird der Prinz vor der Hochzeit den Titel eines Jnfanten
von Spanien erhalten. (Prinz Karl von Bourbon ist der
zweite Sohn des Grafen von Caserta, Sohnes des Königs
Ferdinand II. beider Sicilien. Karl ist 1870 geboren,
die Prinzessin Maria von Asturien 1880. Die Red.)
Asien, Es scheint, als ob die chinesische Regierung
allmählich einlenkt. So wird mitgetheilt, daß der neue
Gouverneur der Provinz Schensi, Li-Hliang, im Gegensatz
zu seinem fremdenfeindlichen Vorgänger, seit der vor zwei
Monaten erfolgten Uebernahme seines Postens mit aller
Strenge gegen die Boxer vorgehe und über 30 An-
führer der Aufständischen habe öffentlich hinrichten lassen.
Die Missionare schütze er mit allen ihm zu Gebote stehen-
den Mitteln. — Von Tung fuhsian möchte der Hof sich
gerne befreien. Ihn an die Mächte auszuliefern wagt
der Hof augenscheinlich nicht, aber man hat ihm befohlen,
5000 Mann seiner Truppen zu entlassen und sich mit den
übrigen nach Kansu zurückzuziehen. Man riskirt, daß er
einen Aufstand unternimmt und ist sich am Kaiserhof dessen
bewußt. Allein gerade hieraus geht hervor, daß man
innerlich vor den Mächten schon kapitulirt hat, — Die
Gesandten in Peking waren dieser Tage beisammen,
um eine die Friedcnsbedingungen behandelnde Note auf-
zusetzen. Da einige Gesandten noch keine Instruktionen
hatten, kam nichts zu Stande. Doch hofft man bestimmt,
die Sache in der nächsten Sitzung zu erledigen.
Tientsin, 5. Dec. Der Standard meldet von hier
unterm 3. d. M.: Zwei Chinesen versuchten das Arsenal
in die Luft zu sprengen. Der Versuch mißlang. Ein
Chinese wurde dabei getödtet.
Afrika. Graham st own (Kapland), 4. Dez. Heute
früh entdeckte man, daß die Telegraphen linie dicht bei
der Stadt durchschnitten war; es herrscht große Er-
regung. (Das ist sehr begreiflich, denn es geht hieraus
hervor, daß feindliche Buren im englischen Kapland wieder
aufgetaucht sind.)
Amerika. Newyork, 4. Dez. 2180 philippinische
Insurgenten haben auf Grund der Amnestieproklama-
tion heute den Treueid geleistet.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 6. D ecember.
* Liegenschaftsübergänge im Monat November.
Verkäufer: Hermann Ovenwald, Privatmann. Käufer: Max
Fürbringer, Geh. Hofralh und Professor tu Jena. Object:
15 »r 96 qm Hofraithe, Garten und Weinberg an der Neuen-
heimer Landstraße Nr. 20. Preis: 94 000
V.: Jakob Kaltschmitt, Landwirth in Waldhilsbach. K.:
Stadtgemeinde Heidelberg. O.: 1) 6 ar 58 qm Wiese in den

Rauchwiesen, 2) 7 ar 62 qm desgl. allda, 3) 9 ar 11 qm desgl.
allda. Pr.: 600
V.: Heinrich Weinbrecht, Kaufmann, Ehefrau, In Schönau.
: Stadtgemeinde Heidelberg. O.: 9 »r 32 qm Wiese in den
Rauchwiesen. Pr.: 220 ./i.
V.: Heinrich Welsch, Landwirth. K.: Marlin Moock, Kauf«.
O.: 27 ar 52 qm Ackerland im Oberen Bosseldorn. Pr.: 5500 ^
V.: Ludwig Heuser VI.. Wirth in Handschuhsheim. K--
Thomas Adelheim, Landwirth. O.: 26 ar 39 qm Wiese und
Weg in der Farrenwiese. Pr.: 2600
V.: Wilhelm Hardt, Privatmann, Erben. K.: Oskar
Prestinari, Privatmann. Wwe. O.: 5 ar 10 qm Hofraithe und
Garten mit Haus Nr. 19 Leovoldstraße. Pr: 70000
V.: Dr. Adolf Sauer, Professor und Landesgeologe, Eheleute.
: Josef Becker, Civil-Jngenieur. O.: 4 ar 65 qm Hofraithe
und Garten mit Haus Nr. 56 Römerstraße. Vr.: 30000
AVon der Universität Prof.Dr. Heinrich Goldschmidt
wird mit Schluß des Wintersemesters unsere Hochschule verlassen.
Leider konnte es den Bemühungen der naturw.-matbematische»
Fakultät und dem Entgegenkommen des Großh. Ministerium?
nicht gelingen, den verdienten Gelehrten als Professor der Physi-
kalischen Chemie der Universität Heidelberg zu erhalten. Derselbe
hatte sich bereits vor einigen Monaten verpflichtet: für den Fan
seiner Ernennung zum ordentlichen Professor der Chemie und
Direktor des chemischen Laboratoriums an die Universität
Christiania überzusiedeln. Diese Ernennung ist unter dem 24. Nov-
von Seiten der norwegischen Regierung erfolgt. — Man schreibt der
Frkf. Ztg. von hier: Mit nächstem Semester wird eine höchst zeit-
gemäße Wissenschaft, die Sinologie, zum erstenmale an der
Rapsrto Oarols vertreten sein. Unser Orientalist Professor
Bezold, seit früher Jugend mit diesem Studium vertrant,
beabsichtigt über „chinesische Grammatik" zu lesen.
ff Todesfall. Ein wackerer Mitbürger, Herr Rudolf Jung,
ist gestem Abend nach längerem schweren Leiden verschieden. Vor
mehr als 30 Jahren kam er — ein geborener Württcmberger ^
hierher, wo er in der mechanischen Werkstätte von C. Desagä
Stellung gefunden hatte. Später errichtete er ein eigenes Ge-
schäft, das er mit seinem Schwager, Herrn W. Löw, betrieb,
und das großes Ansehen, b-sonders auch in wissenschaftliche»
Kreisen, sich erwarb und zu Hoher Blüthe gelangte. Auf viele»
Ausstellungen wurden die Erzeugnisse der Anstalt mit den erste»
Preisen und Anerkennungen bedacht. Herr Jung war in frühere»
Jahren eifriges Mitglied des Arbeiterblldungsveretns und wurde
wiederholt zum ersten Vorstand des Vereins gewählt. Eilst
kernige Beredtsamkeit war ihm eigen, und in den Kämpfen um
den Sozialdemokraten Ende der 60er Jahre stellte er stet« seine»
Mann. Später war er Mitglied des Ausschusses des Gewerbe-
vereins, ebenso gehörte er dem Bürgerausschusse als Stadt-
verordneter und dem Gewerbeschulrath an. Leider nöthigst»
ihn schwere Leiden, sich von dem öffentlichen Leben mehr »»»
mehr zurückzuziehen. Nun ist er im Alter von 55 J ihren den-
selben erlegen. Dem tüchtigen Manne bleibt ein ehrenvolles
Gedenken über das Grab hinaus gesichert.
T Der Neckar ist seit gestern Mittag um annähernd 3 Meter,
von 1 Mtr. 40 auf 4 Mir. 30, gewachsen und steigt noch stü»».^
lich 10 Ctm; ein immerhin nicht unbeträchtliches Hochwasser >st
somit ein getreten, das übrigens nach den anhaltenden, theilwe'st
starken Niederschlägen der letzten Tage zu erwarten war. He»'*
hat sich das Wetter etwas aufgeklärt, der Regen hat aufgehor»
so daß ein baldiger Rückgang des Wasserstandes anzunehmen >»'
Das Wetter ist ein ganz abnormes für jetzige Jahreszeit, das
Thermometer weist heute, am 6. December, -s- 10 " L. auf.
* Resultate der Volkszählung. Heidelberg hat 40
Einwohner, wovon 19 249 männliche und 20973 weibliche. Die
völkerung betrug bei der Zählung imJahre 1895 35190, es ist all»
ein Zuwachs von 5042 zu verzeichnen. — InEppelheim ist da»
Ergebntß zder Volkszählung folgendes: In 338 Wohnhäuser»'
493 Haushaltungen mit 1324 Wohn- und Schlafräumen »»„
377 Küchen zur alleinigen Benützung, 1131 männliche,
weibliche, zusammen 2290 Bewohner, worunter 1579 evangelt'^
und 711 katholisch sind. Die letzte Zählung wies 2085 E'»
wohner auf, somit Vermehrung 205 Seelen. — SinShe'st,
zählt 1514 männliche und 1496 weibliche Personen, zus. 301
(gegen 3006 im Jahre 1895). - Walldorf. 3740 Einwoh»**
gegen 3524 der letzten Volkszählung.
* Einige Einsendungen, u. a. der Bericht über den Gartenb?»
Verein und über das Gewerbegericht, mußten auf morgen zur»»
gelegt werden. «
* Das Romanfeuilleton findet der Leser im heutige'
zweiten Blatt. .
— Polizeibericht. Ein Sattler und ein Taglöhner wur»*
wegen Landstreichcrei verhaftet. Zur Anzeige kamen 7 Perso»
wegen Unfugs und eine wegen Körperverletzung.
Mannheir», 5. Dez. Der in der Nacht vom 3. auf den 4. » k
aus dem hiesigen Amtsgefänguiß entwichene Tätowirer Christ
Riesterer von hier wurde gestern Nacht von Kriminall«»^,
mann Maier in den Mansarden des Gasthauses zum Da*»
städter Hof hier, wohin er sich vor Maier geflüchtet hatte,
genommen und mit Hilfe eines zur Unterstützung Herbeigerufe».
Lokalschutzmannes in das Amlsgefängniß wieder eingeliefe'
L.0 Karlsruhe, 5. Dec. In der heutigen SchöffengerE^
sitzung kam die Pnvatklage desPfarrkuraten Jsemann-M»»^
bürg gegen den Chefredakteur der Bad. Ldsztg., Hrn. v. Eckar ,
und die Wtedrrklage des Letzteren gegen Jfemann wegen -»A
leidigung zur Verhandlung. Be ide Parteien hatten über
Zeugen ausgedoten. Die Sitzung dauerte mit kurzer U»'»
brechung 10 stunden. Hr. v. Eckardt wurde zu 30 Mk.,
kurat Jfemann zu 15 Mk. Geldstrafe und jeder zur Tragu»S ^
Kosten der gegnerischen Klage verurtheilt. Das Urtheil tvi'» x
Schwäb. Merkur, in der Bad. Ldsztg. und im Bad. BeobaA
publizirt.
X Patentdericht für Bade» vom 4. December 1900, »j§
getheill vom Zulernaiionalen Patentbureau C. Kley et.^
Karlsruhe Maden), Filiale Mannheim. (Auskünfte ohne Rechet.)
werden den Abonnenten dieser Zeitung gratis erlist' ^
a. Patent-Anmeldungen: ül. 18002. Vorrichtung^" §,
Erleichterung des Bergsteigens. Ludwig Marx, Bruchsal.
29. März 1900 ab. — Soll. 16118. Doppelhufeisen. H.
Pforzheim. Vom 23. Juni 1900 ab. - b. Pat-' .
Er th e i l u n g e n: Nr. 117 144. Sicherheitsschloß für .^,i,
schränke, Klassenzimmern und dergl. C. Kunzelmann, Säck'»fg,
Baden. Vom 17. September 1999 ab. — o. Gebra»"^
muster-Eintragungen: Nr. 143737. Gestanzter,
Umbiegung verstärkter Weckeranker. S. Siedle u. Söhne, v.„ek
Wangen. Vom 30. October 1900 ab. - Nr. 143 757. Aus
Hülse und auf diese aufgesteckten Endschetben bestehende
für Kreuzwickel. Philipp Sonntag, Waldkirch, Breisgau.
5. November 1900 ab.

Meine Zeitung. ^
— Berltu, 5. Dez. In der heutigen Verhandlung des 4-
zesses Sternberg richtete der Staatsanwalts»»^»*

Verthetdiger Rechtsanwalt Dr. Werthauer die Frage,

Acten Abschriften der Berichte enthielten, die Crtminol
missar Thiel, der ein von Luppa bestochener
amt er sei, an Luppa (den nach London flüchtig gewAik jei
Mitangeklagten im Prozeß Sternberg) erstattet habe. 2, ab-
habe ein vollständiges Geständniß hierüber
gelegt. Die Höhe der Summe stehe noch nicht fest, Er-
höbe gestanden, daß alle Behauptungen Stier starke'
von der Villa am Genfer See u. s. w. wahr seien. er'
glaube, eine Abschrift feiner Berichte sei auch an Wertha»^^
gangen. Darauf erklärt Werthauer, das sei gänzlich auSgcl»
und unmöglich. Er habe Thiel überhaupt nicht g'
schließe sich dem Anträge des Staatsanwalts an, s»f»"^c„z ^
naue Durchsuchung bei ihm (Werthauer) vorzunehmen.
richt lehnte diese Durchsuchung als ungesetzlich ab.
 
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