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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281-304 (01. Dezember 1900 - 31. Dezember 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0744

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und Mannschaften je einen hübsch ausgestatteten in Leder
gebundenen Taschenkalender für das neue Jahr, mit dem
Bildmß Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs ge-
schmückt, und mehrere Dutzend der weltbekannten Freiburger
Brctzelchen enthält. Die Sendung ist gerichtet an den
Kommandeur des 4. Ostasiatischen Infanterie-Regiments,
Oberst Hoffmeister, mit dem Ersuchen, für die Vertheilung
des Allerhöchsten Weihnachtsgrußes aus der Heimath unter
di« badischen Landsleute besorgt zu sein. Ohne Zweifel
Werden dieselben im fernen Osten ebenso überrascht als er-
freut werden durch diesen Beweis gütigen und aufmerk-
samen Gedenkens ihrer geliebten Landesmutter.

Ausland.
Frankreich. Paris, 22. Dez. Zola veröffentlicht
heute in der Aurore wiederum ein Schreiben an den Prä-
sidenten Loubet, in dem er mit aller Entschieoenheit
gegen das Amnestiegesetz protestirt, das er ein Gesetz der
Feigheit und Ohnmacht nennt. Es sei eine Schande für
Frankreich, daß nicht ein einziger leitender Politiker sich
stark und tapfer gefühlt habe, um dem Volke die Wahrheit
zu sagen. Zola wiederholt sodann die Anklagen, die er
in seinem Offenen Schreiben an den Präsidenten Faure
vom Januar 1898 gegen Paty de Clam, Mercier, Bil-
lot, de Boisdeffre, Gonse und de Pellieux, sowie gegen
die Mitglieder des Kriegsgerichts erhoben hatte. Er Weist
darauf hin, daß die vom Kassationshof geführte Unter-
suchung, sowie die übrigen Ereignisse gezeigt hätten, daß
seine Anklagen vollkommen gerechtfertigt und im Vergleich
zu den wirklich begangenen Verbrechen sehr maßvoll ge-
wesen seien. Zola erklärt schließlich, daß er seine Aufgabe,
der Wahrheit zum Siege zu verhelfen, so treu als mög-
lich erfüllt habe und nun zu seinen Büchern zurückkchren
werde. Er hege aber immer noch die Hoffnung, daß
Wahrheit und Gerechtigkeit endlich zum Siege durchdringen
werden.
Asien. Alle Gesandten in Peking, auch der ameri-
kanische, haben nun angeblich die Note der Mächte unter-
zeichnet, welche die Bedingungen des Friedens
feststellen. Die Bedingungen enthalten, wie man aus
einer Veröffentlichung der Times ersteht, das, was schon
darüber berichtet wurde.
— Das Bureau Reuter verbreitet schamlose Lügen
über die Haltung der deutschen Truppen in China. Sie
seien angeblich die Schlimmsten von Allen.
Afrika. Kapstadt, 22. Dec. Die in die Kap-
kolonie eingebrochenenBurenkolonnen werden
von den Kommandanten Hertzog, Philipp Borha und Haas-
brock befehligt. Außer diesen Kommandos ist jetzt noch
ein viertes über den Oranje gegangen und zwar bei Zont-
pansdrift, um die Buren in Philippstown zu verstärken.
Kapstadt, 20. Dec. Die Stadt Britstown
wurde heute von 30 Buren besetzt. Eine größere
Anzahl steht vor der Stadt. — Die Standard schaffte
mit Rücksicht auf den Ernst der Lage ihre Kassenbestände
aus den Niederlassungen in Graafreinet, Aberdeen und
Crodock nach Port Elizabeth und die Bestände aus den
anderen Orten nach Kapstadt. — Kimberley soll ernst-
lich bedroht sein.
— Im Hinblick auf die Ereignisse in Südafrika hebt
die Londoner Daily Mail hervor, die Wirkung der
neuesten Schritte dürfte in fünf oder sechs Wochen die
allgemeine Verstärkung von Kitcheners Streckmacht um ein
Prozent, und insbesondere der reitenden Truppen um fünf
Prozent sein. Wolle man wirksam Vorgehen, so müsse man
schleunigst für weitere 50 000 Mann Nachschub sorgen,
die am stärksten mitgenommene Truppen ablösea oder zur
Schonung in ruhigere, rückwärtige Garnisonen legen.
Eigentlich hätte das vor drei Monaten bereits geschehen
müssen. Ueberhaupt müsse man jedenfalls mit der Mög-
lichkeit rechnen, daß sich der Kleinkrieg bis zur voll-
ständigen Beendigung noch ein ganzes Jahr Hin-
schleppen könnte. Hinsichtlich des Einbruchs der Buren
in die Kap-Kolonie erklärt die Daily Mail auf Grund von
Mittheilungen aus höchst zuverlässiger Quelle, zahlreiche
Kapholländer schlössen sich den Eindringlingen an. Der
ganze Norden der Kolonie sei im Aufstand.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 21. December.
Versammlung von Burenfrennden- Am Samstag Abend
fand im Prinz Max eine Versammlung von Burenfreunden statt.
Sie war, obgleich erst am gleichen Tage angesagt, doch sehr zahl-
reich besucht, ein Zeichen dafür, wie groß auch hier die Sympa-
thien für die Buren sind. Noch größer indessen, wie die Zu-
neigung für die Buren — das zeigte sich in der Versammlung
mit überraschender Deutlichkeit — ist die Abneigung gegen Eng-
land. Wenn die Hinweise auf das niederdeutsche Burenvolk
in Südafrika jeweils Beifallsstürme heroorlockten, so brauste
bei jedem scharfen Ausfall auf die Engländer — wenn sie z. B.
Räuber genannt wurden — ein Orkan durch den Saal. Er-
öffnet und geleitet wurde die Versammlung von Prof. Egenoif.
Er stellte den jungen Dewet, einen Neffen jenes Dewet, der
jetzt den Engländern am Oraniefluß so viel zu schaffen macht,
vor. Der junge Dewet, ein etwa 20jähriger Jüngling, wurde
mit wahrem Enthusiasmus begrüßt. Er und der Kommandant
Jooste sind aus der englischen Gefangenschaft auf ein französisches
Schiff entwichen. Da sie in Afrika nicht landen konnten, sind sie
«och Europa gekommen, wollen aber nach Neujahr versuchen,
wieder nach dem Kriegsschauplatz zu gelangen. Prof. Egenolf
wies in seinen einleitenden Worten auf die bekannten Vorgänge
der letzten Zeit hin; es habe schmerzliches Erstaunen im deutschen
Volke erregt, daß der deutsche Kaiser Krüger zurückgewtesen habe.
Aus brüderlichem Gefühl und aus gesundem Egoismus sympathi-
sire das deutsche Volk für die Buren. Diese wünschen nicht, daß
Deutschland ihnen mit den Waffen zur Hilfe komme, sie wünschen
keine eigentliche Intervention, sie wünschen nur, daß Europa bet
England ein Schiedsgericht in der Burensachc anregt. Ein Wort
der Mächte würde genügen. Hierauf ergriff Dr. Molenaar,
der Schriftführer der Zentrale der deutschen Aktion zu Gunsten
der Buren, das Wort Er sprach indessen, wie er mehrmals be-
tonte, nur seine persönliche Meinung ans. Herr Molenaar las
seinen Vortrag ab, dazu noch ziemlich stockend, außerdem hat sein
Ton etwas Kühles, Sprödes, das auch in den Augenblicken ge-
steigerter Empfindung durchkltngt; wenn trotzdem von Zeit zu
Zeit ein Beifallssturm durch die Versammlung ging, so ist das
ein Zeichen dafür, wie sehr die Volksseele von der Burensache

bewegt ist. Herr Molinaar hob zunächst auf die menschliche
Kriegführung der Buren und die unmenschliche der Engländer ab.
Nur im Vertrauen auf die Unterstützung Europas hätten die
Buren den Krieg so vertrauensvoll angefangen. Sic seien bisher
unterlegen, weil sie den Krieg allzu human geführt Bekanntlich
eiterten sie nicht einmal auf fliehende Feinde. Und wie führten
dagegen die Engländer den Krieg. Sie hätten den Buren ihre
Ambulanzen weggenommen und ihre Aerzte nach Kapstadt trans-
portirt, sie hätten in JakobSdal die Häuser der Frauen verbrannt,
die sich der englischen Verwundeten angenommen, sie ließen
Frauen und Kinder verhungern, um die Männer zur Ergebung
zu zwingen. Das sei es, was ihnen den Namen England ver-
haßt und verächtlich machte. Ein General X, wahrscheinlich kreuch,
sei cs gewesen, der Farmen, in denen nur Frauen und Kinder
waren, mit Kanonen beschießen ließ und dabet sagte: Sie müssen
vom Erdboden vertilgt werden. Die Männer, die Deutschlands
Geschicke leiteten, wüßten offenbar von diesen Dingen nichts.
In den beiden Reden des Reichskanzlers in der Transvaaidebattc
hätte man kein Wort über den Bruch des Völkerrechts gehört.
Daß Deutschland diesem Verbrecherstaat auch noch freundschaft-
liche Neutralität wahre, das schmerze uns ttef. Wenn ein kaiser-
liches Wort an unsere Verwandtschaft mit den Engländern er-
innerte, das Wort „Blut ist dicker als Wasser", so sagten wir:
Wir schämen uns dieser Verwandtschaft! Um einiger fragwür-
diger kolonialer Interessen dürften die Buren nicht vernichtet werden.
Und wenn es gelte, diese Abmachungen zu halten, werde Enoland
uns wred-r hintergehen, wie es uns immer hintergangen habe,
während wir unsere einzigen Freunde in Afrika Englands Räuder-
politik geopfert hätten. Frankreich und Rußland seien durchaus
für die Buren. Ein Wort genüge, um den Räabcr zu veran-
lassen, sein Opfer fahren zu lassen. England werde eS nicht auf
ein Ultimatum ankommen lassen Die Bare» verlangten nicht,
daß wir für sie kämpfen, sie wollten nur, daß wir unsere Stimme
für sie erheben. Wir müßten der Regierung den Willen deS
Volkes zeigen und der Volksbewegung eine Spitze geben. Redner
chloß mit dem Wunsche, daß Kalter Wilhelm seinem Volke den
Smpfang des Präsidenten Krüger als Weihnachtsgeschenk be-
cheercn möge. (Stürmischer Beifall.!
Dann trat von betäubendem Beifall begrüßt der junge D ew est
auf und erzählte in holländischer Sprache einige Episoden aus
dem Kriege. Seine Ausführungen wurden von einem Dolmetscher
ins Deutsche übertragen. Es war sichtlich allen Zuhörern außer-
ordentlich interessant, den niederdeutschen Bruder ans dem Copland zu
hören und zu sehen. Zuerst klang seine Sprache sehr fremdartig.
Nur hin und wieder fing man ein Wort auf, das man verstand;
e länger sein Vortrag dauerte, desto mehr gewöhnte sich das Ohr
an die Spräche und desto mehr began man, ohne Uebersetzung
zu verstehen. Einzelnes wurde, wie man aus dem Beifall sah,
direkt verstanden. Dann gewährt dieses Holländisch, ein zur
Schriftsprache erhobener Dialekt, den Reiz, den alle für den Haus-
gebrauch bestimmte Dialekte hervorufen, wenn man sie zu Schilde
rungen höherer Art verwendet. Aus der Darstellung Dewets sei
Hervorgehoben, daß er die Annahme, General Joubert könnte ein
Verräther gewesen sein, aufs entschiedenste zurückwies- Joubert
habe statt vor Ladysmith zu bleiben, auf Durban inarschiren wollen,
um die Engländer aufs freie Feld zu locken- Leider habe die
Regierung das nicht erlaubt. Mit seinen 7000 Mann habe er die
11000 bet Ladysmith verschanzten Engländer nicht besiegen können.
Dewets Ausführungen gipfelten in den Worten: Wir wollen nichts
als unsere Freiheit, wenn wir die nicht bekommen, wollen wir
lieber sterben. Wir wollen keinen Reichthum, kein Geld, wir
wollen nur unser Land zurück, das jetzt in eine Wüste verwandelt
wird. Helfen Sie uns dazu!" Es sprachen dann noch Pfarrer
Schwarz (früher in Binau), der den Kampf der Buren als
einen Kampf um's Heil der Menschheit bezeichnete, einen Kampf
für die heiligsten Güter des deutschen Volkes; ferner Herr Eich-
städt, der vorschlug, Resolutionen an die Reichstagsabgeordneten
zu senden, und Herr Sch a rt i g er, welcher egoistische Motive
für Deutschland nicht gelten lassen wollte, sondern nur Gründe
der Wahrheit und der Gerechtigkeit. Es wurden dann einstimmig
zwei Resolutionen angenommen, worin das Heldenthum
der Buren gefeiert, gegen die grausame Kricgsführung
der Engländer Protest eingelegt und der Erwartung Aus-
druck verliehen wird, daß die europäischen Mächte gemeinsam auf
baldige Beendigung des Krieges und auf Erhaltung der Unab-
hängigkeit der beiden südafrikanischen Republiken hinwirken werden.
Mit einem Hoch auf den Präsidenten Krüger wurde die Ver-
sammlung geschlossen. Nach Schluß der Versammlung begab man
sich in den Rodensteiner, wo es noch recht munter zuging. Eine
Transvaalkapelle spielte ihre Weisen, eine Transvaalfahne wurde
geschwenkt und noch manches Wort gesprochen. Dewet mußte
fleißig Ansichtskarten unterschreiben. Er empfahl sich verhältniß-
mäßig früh. Zu Gunsten der Buren wurden Transvaalmünzen
zu erhöhten Preisen verkauft.
oll. Weihnachtsfeier. Ueberall, wo Freundschaft und Standes-
gemeinschafr die verschiedenen Berufszwciqe zusammengeführt,
pflegt zu dieser Zeit der Weihnachisbaum Jung und Alt um sich
zu schaaren, um der Deutschen Fest der Liebe feierlichst zu be-
gehen, und so war es am Samstag auch wieder im Verein
jüngerer Buchhändler Perke o. Die Anwesenheit zahl-
reicher Prinzipale verschönte die Feier, die durch das übliche Gans-
effen eingeleitet, bei Lichterglanz, Gesang, gegenseitiger Be-
schenkung und einer reich mit Gewinnen ausgestalteten Ver-
loosung den schönsten Verlauf nahm. Als bleibende Erinnerung
konnte ein jeder Theilnebmer eine von Künstleryon) reizend aus-
geschmücktc Festzeitnng in früher Morgenstunde hrimbringen.
1. Der 110er Verein hielt am Samstag, den 22. ds., seine
Weihnachtsfeier in der Ritlcrhalle ab. Der erste Vorstand,
Herr A. Späth, eröffnete die Feier mit einer Ansprache. Ein
he-riicher Cbnstbaum war errichtet und verbreitete seinen flrah
lenden Schimmer, als die Mitglieder das Weitmachtslied fangen.
Die Loose fanden raschen Absatz, da sehr schöne und praktische
Gewinne lockten. Die anschließende Tanzunlerhaitung nahm
einen sehr schönen Verlauf. Der zweite Vorstand, Herr
A. Jäger, gedachte der in China im Felde stehenden Kameraden
und brachte ein Hnrrah auf den Kaiser und Großherzog aus,
welches begeisterten Wiederhall fand. Die ganze Feier ist aufs
beste ve laufen.
; Der Militärverein veranstaltete gestern Nachmittag für die
Kinder der Vereinsmitglieder eine Weihnachtsbescheerung in der
Harmonie. Nachdem ein Choral gesungen worden war, hielt der
I. Vorstand, Herr Dr. Bauer, eine Ansprache. Es folgte des
Christktndleins Erscheinen und dann eine Reihe von Vorträgen
der Kinder. 262 Kinder konnten durch die reichen Zuwcnoungen
mit hübschen Geschenken erfreut werden. Ein allgemeiner Gesang
schloß die gemüthvolle Feier. Abends feierten die Mitglieder an
der gleichen Stelle ihre Weihnacht. Das umfassende Programm
wies Ausführungen und Vorträge aller Art auf. Besonders ver-
dient machten sich die Damen und Herren des Vereins, welche
das Lebensbild „Christnacht in der ArmuthShütte" und die Ope-
rette „Guten Morgen, Herr Fischer" zur Darstellung bracht?,;.
Ebenso ernteten die Couplets und Duetts der Herren
MiruS, Wagner, Deckert und Brunner, die von Herrn Hormuth
gesprochene Ballade „Der Falschmünzer", sowie das von den
Fräulein E. und K. Wagner und Frl. Lay vorgctragene Terzett
„Ein Küchenscharmützel" und das Solo auf Holz und Stroh des
Herrn Ament lebhaften Beifall. Es war ein schöner Abend.
U Kaiser-Panorama. Nach dem sonnigen Süden zum
malerischen Venedig führt «ns in dieser Woche das Panorama.
Neben reizenden Fernsichten auf das so romantische Gesammtbild
der berühmten Stadt mit ihren herrlichen Palästen, Denkmälern,
kirchlichen Kunstbauten, Brücken und überaus reichen Wasserstraßen
führt uns diese Serie auch den Kaiserbesuch auf der Dacht Hohen-
ollern vor und zeigt uns u. A. den Empfang Kaiser Wilhelms
eitens des Bürgermeisters von Venedig, wie dieser in seiner
Galagondel bei der Landungsbrücke der Hohenzollern anlegt. Ein
Besuch des schönen Venedigs, der Hauptstadt der an Naturschön-

heiten so reich gesegneten Landschaft Veneticn, sollte von Niemande«
versäumt werden.
v Zm Neujahrs Briefverkehr ist es von besonderer Wichtig-
keit, daß auf den Adressen die Wohnung desEmpfängerS
nach Straße und Hausnummer deutlich anaegebcn wird.
Dies gilt auch für Stadtbriefe. Um die Bestellung der nach
Berlin gerichteten Briefe zu erleichtern und zu beschleunigen,
empfiehlt es sich, in der Briefaufschrift neben der genauen An-
gabe der Wohnung nab Straße, Nummern und Stockwerk den
P ostbezirk (6 Iss, Klss rc) und wenn thunlich auch die
Nummer der Be st e l l-P o st a n st a lt deutlich und zutreffend
anzngeben, z. B. 6 22, Iss S, K^ss 52.
st BoettgeS Programm. Den Wiener Walzer von seinen
Anfängen bis zur Gegenwart hat Musikdirektor Bocttge
s. Z. auf seinem Programm mitllerzeichnet. Es ist gerade diese
Programmnummer, so wird uns von zuständiger Seite mit-
getheilt. überaus interessant und dieselbe erwirbt allenthalben der
Karlsruher Kapelle den ungeteilten Beifall. Zu erwarten ist»
daß Herr Boettge bei seinem voraussichtlichen Wiedeikommen im
Januar k. I. auch unserem Heidelberger Concertpublikum diese
Piäce vorführt.
0 Freireligiöse Gemeinde. Mittwoch, 26. December (zweiter
Feiertag), Vormittags 10 Uhr, im Prüfungssaale des Schul-
Hauses in der Plöck: Vortrag des Herrn Prediger Schneider
„Jesu Welt- und Lebensanschauung". Jedermann ist freundlich
etngeladcn.
* Das Romanfeuilleton findet der Leser im heutigen
zweiten Blatt.
** Unfall. Der Schieferdecker Wilhelm Nolde stürzte ver-
gangenen Samstag Nachmittag vom Dache eines Neubaues in
der Häusserstraße kerunter und erlitt dadurch außer anderen Bei- .
letzungen einen Schädelbruch. Der Schwerverletzte wurde inS
akademische Krankenhaus verbracht.
T Messerhelden. Bei einem am Samstag Nacht auf dem
Schloßberg vorgekommenen Raufhandel erhielt der Arbeiter
Theodor Unger von hier mehrere nicht unerhebliche Messerstiche
und mußte ins akademische Krankenhaus geschafft werden
— Polizetbericht. Verhaftet wurden drei Handwcrksbmschen
wegen Bettclns, dezw. Landstreichern, ein von einer auswärtigen
Behörde wegen Diebstahls verfolgter Taglöhncr, ein Spengler
wegen Ucbertretung der Gewerbeordnung, zwei Taglöhner wegen
Diebstahls von Wecken in der Bieneustraße und ein Arbeiter
wegen Verletzung der Wehrpflicht. Zur Anzeige kamen drei
Personen wegen Unfugs.
Q Handschuhsheim, 22. Dec. Heute ist der älteste Mann
hier, namens Michael Körbel, 92 Jahre 7 Monate alt, gestorben.
Derselbe war in seinem ganzen Leben nie krank. Sein Sohn
ist 70 Jahre alt.
— Schwetzingen. 22. Decbr. Eine schon lange schwebende
Frage, die Kanalisation der hiesigen Stadt betreffend,
hat endlich ihre glückliche Erledigung gefunden. Nachdem vor
mehreren Tagen eine darauf bezügliche Denkichrift mit Projekt
und Ortsplan an die Einwohnerschaft zur Orientirung in der
Sache verlheilt worden war, wurde gestern Abend in der
Bürgerausschutzsitzung die Ausführung des näher erörterten
Planes mit 61 gegen 10 Stimmen beschlossen- Die Kosten sind
von den Hauseigenihümern zu tragen; die Beträge können auf
Wunsch gestundet werden. Damit wird endlich einem vielseitig
gefühlten Bedürfniß abgebolfen. — In der vorgestern abgebaltenen
Generalversammlung der Rtl terbrauerei A.-G. wurde für
die Prioritäts-Aktien eine Dividende von 6 Proz. und für die
Stammaktien eine solche von 5 Proz festgesetzt.
(?) Mannheim 22. Dez. Wie alljährlich hat der Thier»
schutzverein Mannheim an sämmtliche Klassen der hiesigen
erweiterten Schulen eine größere Anzahl des „Deutschen Thier-
schutzkalenders" vertheilen lassen. Die hübschen Bändchen enthalten
u- a. zwei prächtige Geschichten, welche den Kleinen viel Freude
und hoffentlich auch bei ihnen nachhaltigen Einoruck machen werden,
besonders gegen Hunde und Vögel freundlich zu sein.
Mannheim, 22. Dez. (Spruchli st eder Geschworenen
für das I. Quartal 1901.) 1. Christof Peter, Gemcinderechner
in Haßmershcim, 2. Johannes Blctscher, Gemeinderath in Dühren,
3. Berthold Hillenbrand, Privatmann in Ketsch, 4. Heinrich
Hübner. Bramrcidirekto: in Mosbach, 5. Philipp Jakob Fleck,
Landwirth in Feudenheim, 6. Freiherr Franz v. Degenscld, Ritt-
meister a. L- in Ehrstädt, 7. Huao Glast ner, Apotheker in
Heidelberg, 8. Adam Edelmann II,, Gemcinderath in Lcuters-
bausen, 9. Dr. Theodor Reisig, Chemiker in Mannheim, 10.
Philipp Groß jun., Landwirlh in Unterschwarzach, 11. Wilhelm
Blau, Buchbinder in Walldürn, 12. Louis E ngelmann, Privat-
mann in Heidelberg, 13. Georg Peter Warmer I., Landwirth iw
Heddesheim, 14. Ludwig Grämlich, Bürgermeister in Sennseld,
15. Peter Galle, Landwirth in Käserthal, 16. Johann Georg
Betz, Landwirth in Ladenburg, 17 Georg Friedrich Keller, Bür-
germeister in Unterschefflenz, 18. Karl Ludwig Arthur Hartmann,
Weinhändler in Schriesheim, 19. Friedrich Ebert, Architekt iw
Heidelberg, 20. Emil v. Reckow, Kaufmann in Mannheim, 21.
Friedrich Rech. Kaufmann in Mannheim, 22. Karl Hefft,
Fabrikant in Heidelberg, 23 Martin Zehnter, Landwirth in
Messelhausen, 24 Johanne« Claner, Gemeinderath in Rohrbach
(Heidelberg). 25 Heinrich Altmayer, Ingenieur in Waldhof (Zcll-
stofffadrik), 26. Otto Bier. Kaufmann in Heidelberg, 27. Frie-
drich Nagel. Juwelier in Mannheim, 28. Ferdinand Geber, Privat-
mann in Mannheim. 29. Gg. Rickert, Privatmann in Mannheim,
30. Jakob Dehowt I., Landwirlb in Friedrtchsfeld.
L. 6. Mannheim, 23. Dez. Der Maschinist Heinrich Mittel-
dorf erhielt vom Reichsmarineamt die Nachricht, daß sein Sohn
Karl auf der Rückreise am Typhus starb und in Colombo am
23. November begraben wurde. Der Verblichene diente laut
Mannh. G.-Anz. schon mehrere Jahre bei der Marine und hatte
es bis zum Obermaschinisten-Maat gebracht. Die Eltern hatten
die Ankunft ihres Sohnes täglich erwartet und geglaubt, cr be-
finde sich bei den Truppen, die am letzten Sonntag in Berlin
einzogen. — Kunstmaler Julius Fehr, der seit einigen Jahren
in Mannheim ansässig war. ist am Donnerstag gestorben.
Der hochbegabte Künstler wußte den modernen Impressionismus
mit dem modernen Genrestück in interessanter Weise zu verbinden.
8.14. Dnrlach, 23 Noo. Nach genauer Zusammenstellung be-
trägt die Einwohnerzahl Durlachs 11 355 gegen 9088 im
Jahre 1895.
8.6. Karlsruhe, 23. Dez. Vor der Civilkammer des Land-
gerichts Fr ei bürg kam am Freilag. wie schon kurz berichtet,
die Klage des Erzbischöfl. Baudirektors Meckel gegen das
Erzbischöfl. Ordinariat zur Verhandlung. Meckel, der im Jahre
1894 von Erzbts chos Roos an die Spitze der Erzbischöfl. Bau-
direktlon berufen wurde, wollte im Einvcrständntß mil Roos daS
der kirchlichen Behörde unterstehende Bauwesen central ssircn, stieß
aber, als er die Neuordnung in die Praxis umznsetzen sich an-
schickte, auf allerlei Hindernisse. Die jetzige Kirchcnbehörde
billigte von Anfang an die Pläne Meckels nicht und untersagte
ihm sogar nach seinem Sieg in der Preiskonkuirenz um den Bau
der Ulmer Garnisonskirche jedwede Privatarbeit. Meckel beach-
tete das Verbot nicht, weil ihm bet seiner Anstellung das Recht
zugesichert war, nach Erfüllung seiner Dienstobliegenheiten sich
künstlerischen oder wissenschaftlichen Arbeiten zu widmen. Da-
rauf wurde er von Kimm schlichten Abschied mit viertel-
jährlicher Kündigung in Kenntniß gesetzt. Meckel erhob sofort
Widerspruch, da er unwiderruflich mit allen Rechten eines
kirchlichen Beamten angestellt worden, war. Das Landgericht
erließ nach längerer Verhandlung ein Urtheil dahin, daß die
Kirchcnbehörde verurtheilt werde, anzuerkennen, daß die durch
Urkunde vom 14. Dezember 1893 mit Rückwirkung vom 1. Jan.
1884 an erfolgte Anstellung des Klägers als Erzbischöfl. Bau-
direktor i. B. des 8 21 der Erzbischöfl. Dienerpragmatik vom
20. Februar 1882 in ihren vermögensrechtlichen Wirkungen un-
widerruflich sei und daß der beklagte Thetl die Kosten des
Rechtsstreits zu tragen hat. Die Frage, warum Meckel gekün-
digt wurde, blieb von der Verhandlung ausgeschlossen.
 
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