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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1867

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Januar (Nr. 1 - 14)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30181#0021

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W-cheuklalt
für die Bezirke
Schwetzingen und Philippsburg.
^io. 5. Dmmcrstng, 10. Inmiar 1867.
Erscheint Dienstag, Donnerstag und S a m st a g. — Preis : vierteljährlich -15 kr., unter Vorauszahlung. —
Anzeigen werden die einspaltige Zeile oder deren Raum mit 2 kr., die zweispaltige Pctitzeile mit 4 kr. berechnet.
Man abonnirt sich in Schwetzingen bei der Expedition dieses Blattes, in Hockcnheim bei Herrn P. Dre ch s e l und in Philippsburg
bei Herrn Anton Reichert. Beide Herren sind bereit, Anzeigen für das Wochenblatt zu befördern.
Die Boten haben für das Ueberbringen des Blattes monatlich 2 kr. anzusprechen.

D r a h t b e r i ch t e.
München, 8. Jan. Heute wurden die bayerischen Kam-
mern unter Anwesenheit des Ministers Fürst Hohenlohe eröff-
net. Die zur Vorlage kommenden Gesetzentwürfe sind : die Kriegs-
entschädigung für die Provinzen; Gemeindeordnung; Gewerbe-
freiheit; außerordentliche Geldbewilligung für die Neubildung
des Heeres. (F. I.)
Ktorenz, 7. Jan. Der Bericht des Kriegsministers be-
zeichnet viele Ersparungen, durch welche die Heeresausgaben für
1867 eine sehr beträchtliche Ermäßigung erfahren, und auf 130
Millionen vermindert werden sollen. (F. I.)
London, 2. Jan. England hat Amerika angeboten, die
schwebenden Streitigkeiten einem Schiedsrichter zuzuweisen. (F.J.)
Neuyork, 7. Jan. Das Haus der Staatenabgeordneten
beschloß mit 108 gegen 38 Stimmen die Untersuchung der Ge-
setzesübertretungen des Präsidenden Johnson. Dies ist der
erste Schritt zur Jnanklageversetzung Johnsons. Das Gesetz
über das Stimmrecht der Neger wurde genehmigt. (F. I.)

Das norddeutsche Volk im Wahlkampfe.
Die Zeit der Wahlen für das norddeutsche Parlament
ist vor der Thüre. Wenn auch das Wahlrecht dadurch ver-
kümmert werden soll, daß Beamte nicht wählbar sind, so ist
dafür die Wahlart eine unmittelbare, ohne Wahlmünnerwählen.
Dadurch hat jeder einzelne, jeder geringste Bürger, jeder Ar-
beiter feine Stimme der Entscheidung abzugeben, ähnlich wie
bei der Präsidentenwahl in Nordamerika, aber auch ähnlich wie
bei der Bestätigung des Staatsstreiches Napoleon's III. und
bei den heutigen Abgeordnetenwahlen in Frankreich. Das un-
mittelbare Wahlrecht ist ein zweischneidiges Schwert. Ist das
Volk besonnen und einig, so ist es eine unwiderstehliche Waffe,
mit der es seinen Willen geltend machen kann, ebenso siegreich
als das Zündnadelgewehr und viel segenbringender. Ist aber
die Mehrzahl der Bürger noch nicht zu derjenigen geistigen
Reife gediehen, um über die staatlichen Verhältnisse sich ein
selbständiges Urtheil bilden zu können, und dieses Urtheil auch
an der Wahlurne charakterfest zu bethätigen, so gelingt es
mächtigen und gewandten Gegnern gar leicht, die große Menge
zu entzweien, die Einen einzuschüchtern, Andere irre zu führen ;
Andere wieder durch äußere Vortheile und Vorspiegelungen zu
gewinnen, und den vielköpfigen, sich widerstreitenden Willens-
äußerungen der Menge gegenüber mit einer wenn auch viel
kleineren aber geschlossenen und nach zusammenstimmendem
Plane vorgehenden Macht Sieger zu bleiben. Ob das Volk
der norddeutschen Staaten insbesondere das preußische, wie
auf dem Schlachtfelds so auch am Wahltage sich seiner Aus-
gabe gewachsen zeigen wird, ob es sich entschieden und
in hinreichender Uebereinstimmung für die Sache der Freiheit

aussprechen wird, das muß uns die nächste Zukunft lehren.
Die Gefahren, die einer freiheitlichen Entwicklung Norddcntsch-
lands drohen, sind nicht gering. Die Plane Bismarck's gehen
dahin, dem preußischen Abgeordnetenhause seine Hauptbesugniß,
nämlich die Bestimmung der Heeresausgaben zu nehmen, sie dem
Bundesparlamente als Bundessache zu übertragen, die Be-
schlußfassung des Bundesparlaments entweder durch die Ein-
sprache der Bundesversammlung der Fürsten nichtig zu machen,
oder dem Bundesparlamente nur die Befugnis; zu geben, alle
10 Jahre eimmrl über die Heeresausgaben zu beschließen. In
beiden Füllen wäre dem norddeutschen Volk das wichtigste Recht,
dasjenige über den bei weitem größten Posten seiner Staats-
ausgaben und damit über den Staatshaushalt selbst zu ent-
scheiden, genommen. Diese Wichtigkeit der Lage begreifen unsere
nordischen Stammesgenossen vollkommen. Es ist bewunderungs-
würdig , welche Thütigkeit aus allen Städten und Städtchen
Norddeutschlands für die kommenden Wahlen berichtet wird.
Trotz der eisernen Hand, die sich unnachsichtlich auf Jeden
legt, der die scharfe Linie des Gesetzes überschreitet, und trotz
des mächtigen Einflusses, den die preußische Verwaltung aus
ihre Staatsangehörigen auszuüben weiß, entfalten Wahlaus-
schüsse ihre Thütigkeit, Flugschriften werden verbreitet, Ver-
sammlungen gehalten, und dieses thatkrästige öffentliche Leben
gegenüber einer so siegreichen und mächtigen Regierung nöthigt
uns alle Achtung vor dem preußischen Volke ab. Um unfern
Lesern ein Bild von dem Geiste zu geben, mit dem das nord-
deutsche Volk dem Wahlkampfe entgegensieht und ihn beginnt,
theilen wir ein Gedicht der „Bert. Volksztg." das in Nord-
deutschland und zwar besonders unter Bürgern und Arbeitern
verbreitetsten Blattes hierüber mit.
Zum R e i ch s w a h lt a g.
O Volk, das Du die Schlachten jüngst geschlagen.
In ihren Donnern standst mit Heldenmuth, —
O Volk, das Du mit schmerzensreichen Fragen
Dem schweren Krieg geopfert Gut und Blut, —
O Volk! — was man Dir bot, das schien ein Bettel
Als Gegengab' und nichts als Trug und Schein:
Und sieh! schon ward's ein Nam' aus einem Zettel,
Geschrieben und geknifft — zur Urn hinein....
Volk Norddeutschlands! Merk auf den winz'gen
Streifen,
Nun halt ihn fest, er ist Dein Siegspanier;
Schon einmal recktest Du Dich es zu greifen.
Und Stück für Stück nahm und entriß man's Dir.
Heut wieder steht die Gleichheit vor der Pforte
Und klopft und mahnt mit schüchtern leiser Hast:
Sag! willst Du mich, so schreib's mit einem Worte,
Verdiene Dir, was Du zu fordern hast! —
 
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