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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1867

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Juni (Nr. 66 - 77)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30181#0305

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X Europa im Friesen
Wern: man den augenblicklichen Zustand Europa's mit dem-
jenigen vergleicht, welcher noch vor einigen Wochen diesen Erd-
theil betraf, so ergibt sich ein so großer Contrast, daß man in
der That gar nicht begreifen sollte, wie es der Diplomatie über-
haupt nur menschenmöglich war, denselben auf solche Art aus-
zugleichen. Zwar ist auch noch heute so ziemlich Alles bis an
die Zahne bewaffnet, zwar ist auch jetzt noch die Waffenfrage
die vorherrschende auf der Tagesordnung, zwar sind auch hellte
noch die Fragen nicht gelöst, welche gleich unheimlichen Gespen-
stern die politische Luft durchschweben. Das kleine Luxemburg
ist wohl abgethan, allein die Hauptsache, welche daran hängt
und die sich zu ihm verhalt, wie die Sonne zum Mond, die
- schwebt immer noch in der Luft, und wenn auch nicht der mor-
gige Tag, so kann doch schon das kommende Jahr eine neue
Wendung bringen, welche unter anderem Namen diese Frage
ln vergrößerter Auflage auf's Tapet bringt.
Aber nicht blos westlich, auch östlich ist der Spuk noch
nicht zu Ende und man weiß nicht, ob und wann er seine
Lösung finde. Zwar hat auch dort die Sache eine scheinbar
bessere Wendung geklommen und der kranke Mann scheint für
dieses Jahr noch nicht seinem unheilbaren Siechthum zu erlie- !
gen. Candia scheint ihm den Garaus noch nicht zu machen:
Loch bildet dasselbe fort und fort auch jetzt noch ein politisches
Wetterleuchten, welches gleich dem schwachen Rauche des Vesuv
andeutet, daß wir uns in Europa immer noch auf vulkanischem
Boden befinden. Es ist noch abzuwarten, ob Omer Pascha
dort vor der Hand Meister werde oder nicht.
Ist unter diesen Umständen der Werth des heutigen Frie-
dens nur ein relativer zu nennen, so läßt sich doch vom
Standpunkt der Volkswohlsahrt und Humanität zugleich nicht
verkennen, daß schon hierin ein großer Vortheil liegt. Wenn
auch die Dauer des Friedens nicht verbürgt ist, so ist schon
dessen factisches Bestehen nicht mit Gold aufzuwiegen, ganz ab-
gesehen davon, daß mit dem Hinausschieben der gewaltsamen
Lösung die Hoffnung ans endgültige friedliche Erledigung der
schwebenden Fragen nur befestigt werden kann.
Die Völker Europa's bedürfen vor Allem der Ruhe,
. Nichts, selbst die größten politischen Aussichten, können für die-
selbe einen Ersatz gewähren. Ruhe ist die Cardinalbedingung
der inneren Kräftigung durch Arbeit und Fortentwicklung,
ohne welche aller äußerer Glanz blos politischer Theaterflitter
sein kann.
Dies ist auch Gottlob die Ueberzengung, welche sich in-
structiv allen europäischen Völkern aufgedrungen hat.
Frankreich, dessen schwache Seite der Durst nach Gloire
von jeher gewesen, scheint trotzdem, daß das patriotische Gefühl
dort nicht abhanden gekommen, von der Ueberzengung durch-
drungen, daß es in der Freiheit allein, welche gerade durch den
Chauvinismus zu Schaden gekommen, in der Freiheit sagen
wir, die jede Vergewaltigung fremder Völker ausschließt, seine
Aufgabe suchen könne.

Und Deutschland, das nach Einheit ringende Deutschland
bedarf nicht minder des Friedens, da eine blos eüsarische Ein-
heit doch nicht einmal die Spur eines Bestandes in sich tragen
würde, während die aus freien Institutionen beruhende Einheit,
die noch zu erstreben ist, allein der beginnenden Neuschö-
pfung eine Garantie gewähren kann.
Auch das Land der Erbweisheit, England, welches trotz-
dem, daß es von den Gelehrten allerorten als politisches Mu-
ster aufgestellt zu werden Pflegt, hat, wie überhaupt gewöhnlich
s. g. Musterstaaten, noch gar Manches in's Reine zu bringen
und mit sich selbst ausznmachen, ehe es mit dauerndem Erfolg
daran gehen darf, seine Schiffe zu takeln und seine Panzerko-
losse auszurüsten zum blutigen Kampfe.
Erst dann, wenn im Inneren Einigkeit vorhanden, ist au
den Erfolg eines Kriegs nach Anßen, sofern er nicht mehr zu
vermeiden ist, in Wirklichkeit zu denken. Möchten darum alle
europäischen Völker, Franzosen, Deutsche, Engländer und Ita-
liener, wie es sich gebührt, voran, den inneren Ausgaben ihre
Aufmerksamkeit znwendcn, und dieselben auf einer Weise zur
Lösung bringen, welche mit der inneren Ruhe zugleich die beste
Garantie für die äußere bietet.

Baden.
Karlsruhe, 6. Juni. Die bevorstehende Einführung einer
Tabakssteuer trifft Baden am allerhürtcsten, denn es hat weit-
aus unter allen Zollvereinsstaaten den stärksten Tabakbau
! (33,669 Morgen unter 62,683 Morgen). Es ist daher be-
greiflich, daß die Interessenten gegen die ihnen drohenden Nach-
theile auftreten, da ebensowohl die Production, wie die Fabri-
kation von der neuen Steuer betroffen werden soll. Demgemäß
hat am vorigen Sonntag eine Versammlung in Mannheim,
dem Hauptsitz des badischen Tabakshandels, stattgefunden und
sind von ihr die Schritte eingeleitet worden, um die drohenden
Verluste für den Landwirth, Fabrikanten und Handelsmann ab-
znwcnden.
Aus Baden, 6. Juni. Dem Vernehmen nach sind
in Folge der nenen Heeresorganisation mehrere Städte des Un-
terlandes als Garnisonen in's Ange gefaßt, darunter vorzugs-
weise Wertheim und Schwetzingen. Ob Konstanz je wieder
eine ständige Garnison erhalten wird, ist sehr zweifelhaft, da
feine Lage hiefür für unpassend gehalten ist. Vielleicht könnte
denn doch noch der Fall eintreten, daß das Lager bei Wag-
häusel, aus das viele Kosten verwendet wurden, errichtet wird.
Aus Baden, 10. Juni. Als neue Garnisonsstadt ist
auch Heidelberg in's Auge gefaßt. Es soll dorthin ein Ba-
taillon Infanterie verlegt werden, und sind deßhalb schon Un-
terhandlungen mit der städtischen Behörde eingeleitet. Die Gar-
nison von Heidelberg würde sich zugleich für den einjährigen
Militärdienst empfehlen und gestatten, daß die Militärpflichtigen
zugleich ihr Studium an der Universität fortsetzen könnten.
ff Wiesloch, 6. Juni. Die neue badische Taxordnung
der Gebühren für Anwälte, welche den Grundsatz eines je nach
 
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