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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1867

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Juni (Nr. 66 - 77)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30181#0321

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für die Bezirke

Schwetzingen und Philippsburg.

klo. 74._ Samstag, 22. I»»i_1867.
Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag. — Preis: vierteljährlich 45 kr., unter Vorauszahlung. —
Anzeigen werden die einspaltige Zeile oder deren Raum mit 2 kr., die zweispaltige Petitzcilc mit 4 kr. berechnet.
Alle Postanstalten nehmen Bestellungen an. Tie Boten erhalten 2 kr. monatlich.

Deutschland.
Stuttgart, 17. Juni. (Sch. M.) Sc. Mas. der Kö-
nig tritt am 7. Juli eine Reise nach Paris zum Besuch des
Kaisers Napoleon und der Weltausstellung an; der Aufenthalt
in Paris wird, dem Vernehmen nach etwa 10 Tage in An-
spruch nehmen.
Dresden, 16. Juni. Wer heute vor einem Jahre die
Prophezeiung gethan, daß König Johann am 16. Juni 1867
Revue über sächsische Truppen in preußischen Uniformen halten
werde, den hätte man sicher für den Sonnenstein reif erklärt.
Am 16. Juni v. I., früh 4 Uhr, zogen die letzten Truppen
von hier ab. König Johann war mit der Spitze der Armee
schon an der böhmischen Gränze angelangt; ehe er sie über-
schritt, ging er gedankenvoll und schweren Herzens 10 Minu-
ten lang auf und ab. Endlich wandte er sich an seine Um-
gebung mit den Worten: „Ter Entschluß wird mir fürchterlich
schwer, aber es muß sein, wohlan vorwärts! hoffen wir, daß
Gott Alles zum Besten lenke!" Nun, wenn König Johann
gerade am heutigen Tage über die gestimmte hiesige Garnison
Revue hielt, so wollte der Monarch, sicherlich damit andeuten,
oaß die Vergangenheit Mit ihren traurigen Erinnerungen die
Gegenwart nicht mehr belästigen und den Blick in die Zukunft
trüben dürfe, sondern daß man den neuen Verhältnissen mit
neuem Vertrauen cntgegengehen müsse.
Berlin, 17. Juni. Am vorigen Freitag fand eine Ver-
sammlung von hiesigen Tabakfabrikanten bei dem Steuerrath
Barniko, der dieselben berufen, um denselben eine Vorlage über
die künftige Besteuerung des Tabaks mitzutheilen, statt, die
aller Wahrscheinlichkeit nach vom Finanzminister v. d. Heydt
herrührt. Nach den Angaben der „Voss. Ztg." über das Pro-
ject. deren Einzelheiten uns von anderer Seite als wesentlich
zutreffend bezeichnet werden, soll der Eingangszoll auf Rohtabak
von 4 Thaler auf 10 Thlr., für fabricirteu Tabak von 11
Thaler auf 15 Thlr., Cigarren von 20 Thlr. auf 25 Thaler
st 100 Pfund erhöht werden und außerdem eine Jabrieations-
und Consumtionssteuer von Cigarren extra per Mille 15 Sgr.
und auf Rauchtabak und Schnupftabak durchschnittlich 1 Sgr.
per Pfund erhoben werden. Ferner soll der Landmann, wel-
cher Tabak baut, per Morgen 20 Thaler Steuer bezahlen,
schließlich soll der Hr. Steuerrath eventuell das Monopol in
Aussicht gestellt und bemerkt haben, dgß in Frankreich per Kopf
29sts Sgr., während bei uns im Zollverband nur 2 Sgr. pr.
Kopf auf Tabak aufgebracht würden. Hierbei ist zunächst zu
bemerken, daß das Project nicht die vielbefürchtete vorzugsweise
Belastung der inländischen Tabakbauer, sondern eine sehr be-
deutende Begünstigung derselben in Aussicht bringt. Die Ex-
portbonification für den ausgeführten Tabak in ähnlicher Weise,
als dieselbe für den Rübenzucker gewährt wird, ist natürlich
selbstverständlich. — Bei der Wichtigkeit, welche die beabsichtigte
Erhöhung der Tabakssteuer demnächst haben wird, dürfte es
von Interesse sein, Folgendes aus einer Ueberstcht zu erfahren,
welche das Centralbureau des Zollvereins über Anpflanzung,

Ertrag und Preis des Tabaks in den Staaten des Zollvereins
während des Jahres 1866 veranstaltet hat. Die Anpflanzung
umfaßte in den alten Landestheilen Preußens 25,976 Morgen,
in den neuen 3387 M., in den mit Preußen im engeren Zoll-
bunde stehenden Ländern, wie Anhalt 1822, in Bayern 22,192.
in Sachsen 84, in Württemberg 786, in Baden 33,669, in
Hessen-Darmstadt 5113, im Thüringischen Verein 838 und in
Vraunschweig M. Oldenburg hatte gar keinen Tabaksanbau.
Der Ertrag belief sich in den alten Provinzen Preußens auf
197,245 Ctr., in den neuen auf 33,067, im engeren Bunde
auf 11,622, in Bayern auf 166,249, in Sachsen auf 1015.
in Württemberg auf 8450, in Baden auf 300,282, in Hessen
auf 41,087, im Thüringischen Verein auf 8110 und in Braun-
schweig auf 13 Ctr. — Gutem Vernehmen nach ist heute Vor-
mittag der Beitritt Bayerns zu dem Präliminarvertrag vom
4. Juli zum Abschluß gebracht worden. Die bevorstehende Zoll-
conferenz wird sich nicht mit Tariffragen, sondern lediglich mit
der Feststellung der neuen Zollvereins-Verhältnisse zu beschäf-
tigen haben. Neben den Angelegenheiten des Zollschutzes, der
Revenüenvertheilung re. kommt dabei auch die Frage wegen ei-
nes muen Besteuerungsmodus für den Tabak in Berathung.
— Die zu Ehren des Kaisers von Rußland heute stattgesun-
dene große Parade des Gardecorps, sowie des 3. Nlancn-Re-
gimens (dessen Chef der Kaiser) und des 6. Kürassier-Regiments
(welches den Namen des verstorbenen Kaisers Nicolaus führt)
gehört zu den glänzendsten Schauspielen, die wir gesehen. Der
König und die k. Prinzen trugen sümmtlich das blaue Band
des russischen Andreas-Ordens, während der.Kaiser, welcher die
Uniform seines preußischen Ulanenregiments angelegt hatte, so-
wie auch der Großfürst Wladimir das große Band des Ordens
vom Schwarzen Adler trugen. Der König commandirle die
Parade selbst. Beim Abreiten der Fronten spielten die Musik-
banden die russische Nationalhymne. Als der Vorbeimarsch be-
gann, setzte sich der König an die Spitze der Truppen und
führte dieselben mit gesenktem Degen am Kaiser vorüber. Als
das 3. Ulauenregiment erschien, sprengte der Kaiser vor und
führte dasselbe, die militärischen Honneurs machend, am König
vorbei. Wenn wir die Menschenmenge, welche dem militärischen
Schauspiele beigewohnt, auf 100,000 Köpfe angeben, so grei-
fen wir eher zu nieder, als zu hoch. Das Defiliren der Trup-
pen dauerte über zwei Stunden. Nach Beendigung der Parade
fuhren die hohen Herrschaften wieder per Extrazug nach Pots-
dam zurück, wo Nachmittags Galatafel stattfindet. Heute Abend
setzt der Kaiser die Rückreise in seine Staaten per Extrazug
weiter fort. Die bereits getroffenen Dispositionen gestatten für
diesmal ein längeres Verweilen des Kaisers nicht. Dagegen
vernimmt man mit Interesse, daß im Laufe dieses Sommers
ein nochmaliger Besuch des Kaisers in Aussicht stehen dürfte,
und zwar zur Zeit des erwarteten Besuches des Kaisers der
Franzosen, also etwa gegen Ende Juli oder Anfangs August.
Man fügt hinzu, daß die abermalige Zusammenkunft der drei
Monarchen bereits in Paris verabredet worden sei.
 
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