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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1867

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Juli (Nr. 78 - 90)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30181#0357

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hjg. 83. Samstag, 13. Juli 1867.

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Der Sturz -es mex. Kaiserreichs.
(Fortsetzung.)
(Maximilians Tapferkeit.) Er hat auch in der
That sein Leben jeder Gefahr ausgesetzt; während der Belage-
rung von Queretaro hat er sich stets wie ein braver Soldat
benommen; an den ausgesetztesten Punkten war er täglich zu
sehen, obwohl er wissen mußte, daß ihn seine hohe Gestalt und
sein starker Bart den feindlichen Truppen leicht erkennbar
machten, und wie er fast in allen Kämpfen, die stattgefunden,
stets in den vorderen Reihen gekämpft, wobei ihm 200 polnische
Uhlanen, die sämmtlich geschworen hatten, ihn bis auf den
letzten Mann mit ihrem Leibe zu decken, treu zur Seite blieben,
so sind auch wiederholt in der unmittelbarsten Nähe von ihm
seine Mitkämpfer gefallen, ohne daß ihn selbst eine Kugel ge-
troffen. Die Tapferkeit seines Benehmens hat auch die allge-
meine Bewunderung feines Heeres erregt. Als er sich in Que-
retaro ergab, sprach er gegen den General Escobedo folgende
drei Bitten aus: 1) daß man ihn als Gefangenen nicht miß-
handle; 2) daß man nur ihn selbst und keinen seiner Unter-
gebenen erschießen; 3) daß man mit seinem Leichnam nicht
unwürdig verfahren möge.
(Tod.) Der erste Kurier, welcher die Nachricht von der
Gefangennahme Maximilians überbrachte, traf erst am 19. Mai
in San Luis ein. Die Befehle des Präsidenten kamen am
22. hier an. Die gefangenen ungarischen Husaren und die
andern fremden Soldaten wurden in verschiedenen Theilen der
Stadt untergebracht; sie waren sehr niedergeschlagen, man sah
es ihnen an, daß sie dem Tove entgegenzugehen fürchteten.
Die eingeborenen kaiserlichen Soldaten wurden einfach ins re-
publikanische Heer eingereiht. Dem Kaiser bedeutete man, daß
er vor dem Kriegsgerichte zu erscheinen habe. Derselbe prote-
stirte schriftlich. Er verlangte von der Notabelnkammer gerichtet
zu werden, welche ihn auf den Thron berufen. Man fuspendirte
den Proceß und sandte dem Präsidenten den Brief des Kaisers.
Die Antwort traf erst am 30. ein. Es war eine Weigerung,
darauf gegründet, daß die Notabelnkammer nicht vom Chef der
Republik zusammenberufen worden sei; der Präsident bot dem
Kaiser das Leben an, wenn er schwören würde, niemals mehr
den mexikanischen Boden zu betreten und mit dieser Erklärung
seine Abdankung unterzeichnen würde. Maximilian nahm ohne
Zaudern und mündlich diese doppelte Bedingung an, wenn zu-
gleich mit ihm die Offiziere und Soldaten, welche mit ihm ge-
wesen, freigegeben würden. Man gewahrte auch diese Forderung,
sie war jedoch die Ursache zu neuen Unterhandlungen, welche
kein Ergebniß lieferten. Das Kriegsgericht versammelte sich in
geheimer Sitzung am 11. unter der Präsidentschaft des Gene-
rals Corona, dem die Generale Escobedo, Martinez, Ruiz,
Negrete und 2 Obersten assistirten. Die drei Angeklagten
wurden vor das Gericht geführt. Maximilian verweigerte jeden
Vertheidiger; Mejia und Miramon wählten Einen für sich
Beide. Die Sitzung dauerte nur eine kleine Stunde. Die
Lerurtheilung, welche am nämlichen Tage abging, kam erst am

18. Morgens zurück; man versicherte, daß der Präsident zur
Milde hinneigte, daß unser Minister in Washington, Romero,
mit seiner Meinung aber durchdrang und den Befehl zur Hin-
richtung durchsetzte, obgleich man die schwache Mehrheit geltend
machte, welche für den Spruch war. Sobald der General
Corona das nothwendige Aktenstück erhalten, gab er den drei
Gefangenen Kenntniß von demselben. Diese legten kein Er-
staunen an den Tag, da man ihnen nicht länger das Schicksal
der Uebrigen hatte verbergen können. Maximilian beschränkte
sich darauf, zu verlangen, daß man sie bis zur letzten Stunde
zusammenlasse, was auch bewilligt wurde. Man brachte sie
nach dem ehemaligen Kloster, welches den Franzosen als Spi-
tal gedient hatte, weil das Stockwerk gleicher Erde bequem und
geräumig war. Der Altar, (es war die Todtenkapelle) wurde
im Hintergründe des Gefängnisses aufgestellt. Die Schildwa-
chen erhielten Befehl, Jeden niederzuschießen, welcher ohne eine
Ermächtigung des Kapitäns Gonzalez ein- oder ausgehen würde.
Uebrigens ließ man Niemand zu, als den Pater Fischer, Kaplan
und Beichtvater Maximilian's. Ein wenig später kam der
Bischof von Queretaro, um seine geistlichen Dienste anzubieten.
Die Nacht vergieng in Unterredungen mit leiser Stimme,
sie beichteten. Miramon litt stark an seiner Wunde am Auge,
welche er mit frischem Wasser kühlte. Mejia verfiel in tiefen
Schlaf. Maximilian verlangte Papier und Dinte; es dauerte
einige Zeit, ehe man solches mitten in der Nacht fand. Er
schrieb zwei Briefe, den einen in deutscher Sprache an die
Erzherzogin Sophie, seine Mutter, den zweiten an seine Frau.
Er übergab beide dem Bischof mit der Bitte, sie an ihre Adresse
gelangen zu lassen. Er legte eine Haarlocke bei, welche ihm
die Frau des Kerkermeisters abschnitt, küßte sie und steckte sie
in das schon geschlossene Couvert. Gegen vier Uhr wünschte
Maximilian die Messe zu hören, die der Bischof las; man weckte
Mejia auf, und alle drei nahmen das Abendmahl. Nach der
Messe blieb der Kaiser lange Zeit auf dem harten Stein knieend.
Er stützte die Augen und Stirn auf seine Hände. Man weiß
nicht ob er betete oder weinte. Miramon war bleich und nie-
dergeschlagen. Mejia war entzückt; man darf nicht vergessen,
daß er ein Indianer, und daß es ein Ruhm für ihn ist, mit
seinem Herrn, wie er sagt, zu sterben. Als es 7 Uhr schlug,
vernahm man die Musik der Prozession, und der Kapitän Gon-
zalez trat mit den Binden in die Kapelle. Miramon ließ sich
die Augen verbinden, ohne die geringste Bewegung zu machen.
Mejia weigerte sich anfangs, der Bischof sagte dann einige
leise Worte zu ihm, worauf er sich gleichfalls die Augen ver-
binden ließ. Der Kaiser aber erklärte, daß er solches nicht
dulden werde. Gonzalez zögerte einen Augenblick, grüßte dann
den Kaiser und stellte sich an die Spitze der Bedeckung. Die
Prozession setzte sich in Marsch. Der Weg war mit einer
Schwadron Lanciers bedeckt, dann kam die Musik, einen Trauer-
marsch spielend. Ein Bataillon Infanterie, das Gewehr im
Arm, in zwei Reihen, jede vier Mann hoch, bildete das
Spalier.
(Schluß folgt.)
 
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