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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1867

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April (Nr. 40 - 52)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30181#0171

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für die Bezirke

Schwetzingen und Philippsbmg.
ko. 40. DmWg. 2. AM 1867.

Erscheint Dienstag, D o n n e r st a g und S a m st a g. — Preis: oierteljLhrlich 45 kr., unter Vorauszahlung. —
Anzeigen werden die einspaltige Zeile oder deren Raum mit 2 kr., die zweispaltige Petitzeile mit 4 kr. berechnet.
Alle Postanstalten nehmen Bestellungen an.

-j-f Die Pariser Weltausstellung.
Nur noch kurze Zeit wird es dauern und die Welt wird
ihre moderne Völkerwanderung nach dem großen Weltausstel-
lungspalaste in der europäischen Nstropola antreten. Es ist
ein erfreuliches Zeichen der Zeit, nicht nur, daß eine so groß-
artige Zusammenstellung der Jndustrieerzeugnisse aller Nationen
überhaupt stattfinden kann, sondern daß sich an dieselbe die
Friedenshoffnungen fast, einzig und allein knüpfen. Fürwahr,
die Lage ist nicht dazu angethan, sich der gemächlichen Ruhe
und Beschaulichkeit hinzugeben. Ganz Europa steht bis an die
Zähne bewaffnet und sucht mit allem Eifer neues Zerstörungs-
material, um es dem Nachbarn möglichst zuvorzuthun und ihm
so weit es nur geht, zu imponiren. Von den Regierungsbän-
ken aus hört man zwar gar viele Friedensversicherungen, allein
dieselben sind in eine Sprache gehüllt, die nur zu sehr die
Kriegsangst, oder wenn man vielleicht es so betrachten will,
mitunter die Kriegslust anzudeuten scheint. Der Eine spricht
von „möglichen tollen Anmaßungen, die, wenn sie wirklich ge-
hegt werden sollten, die gebührende Zurückweisung erfahren
müßten, der Andere von einem aufgehäuften Zunder, den
Keiner wohl in Brand setzen wolle." Trotzdem ist das
Vertrauen der Völker auf den Fortbestand des Friedens
wenigstens im Augenblick felsenfest und unerschüttert, und wenn
man die Leute um den Grund ihres Vertrauens fragt, so weisen
sie auf den Ort hin, der sonst nicht allzusehr geeignet erscheint,
den Friedenshoffnungen zu viel Einfluß zu gönnen, auf Paris,
in dessen Mauern nächstens die stattlichen Barrikaden der In-
dustrie sich erheben sollen.
Ilnd es ist kein eitles Geschwätz, das auf diesem Grund
den Palmbaum des Friedens in Blüthe erklärt. In dem
Jahre, wo die Industrie der Welt auf dem Kampfplatze er-
scheint, müssen die Schwerter in der Scheide und die Kugeln
in den Arsenalen bleiben. Man kann das altrömische Sprüch-
wort: luter arum IsA68 sileut (während des Krieges ruhen
die Gesetze) in der That modern dahin umschreiben: „während
einer Weltausstellung ist ein Krieg unmöglich."
Die Idee der Weltausstellung ist nicht neu, sie datirt be-
reits aus dem Jahre 1850. Der Prinz-Gemahl Albert von
Koburg hatte die erste Anregung dazu gegeben, und seinen Na-
men dadurch für immer unsterblich gemacht. Die erste In-
dustrieausstellung in London setzte die Welt in Staunen, aber
die diesjährige Pariser wird sich zu ihr Verhalten, wie ein
Mann zum Kinde.
Der Gedanke, derartige Ausstellungen von Zeit zu Zeit
anzuordnen, ist so großartig gewesen, daß man damals, als
er in die Wirklichkeit überging, trotz der richtigen Auffassung
von der Wichtigkeit der Sache, noch gar nicht ahnen konnte,
welche furchtbaren Resultate er in der Folge haben sollte. Auf
dem Gebiete, das er im Auge hat, feiert der menschliche Geist
eben seine größten Siege und in den Ausstellungen allein läßt

sich der Maßstab finden, mit welchem seine Riesenschritte ge-
messen werden können.
Staunen wir über die großen Kriegsthaten und scharfsin-
nigen Feldpläne der Generale, so müssen wir über die Arbeit
der heutigen Welt dies noch in weit höherm Grade thun, und
deshalb sind wir überzeugt, daß die Millionen, welche die in-
dustrielle Wallfahrt nach Paris antreten werden, von dort mit
friedlichen Gesinnungen zurückkehren müssen.
Napoleon III. hat einst in Bordeaux das Wort gespro-
chen: llsinzchrs o's8t 1a. paix (das Kaiserreich ist der Friede).
Dies Wort hat sich in Wahrheit nicht bestätigt. Viel eher
dürfte ihm Glauben zu schenken sein, wenn er bei der Eröff-
nungsrede die Parole geben würde: l'sxpowtion e'68t. 1a x>aix
(die Ausstellung ist der Friede)!
Pariser Weltausstellung.
Die Weltausstellung wird am 1. April von S. Mas.
dem Kaiser Napoleon eröffnet werden, und von diesem Tage
an werden die verschiedenen Arten von Eintrittskarten, welche
theilweise schon zum Voraus abgegeben worden sind, in Gül-
tigkeit treten. Auf jede Karte, welcher Art sie auch sein mag,
ist ein kleines Viereck gezeichnet, von 11 württ. Linien Höhe
und 9 Linien Breite; die Besitzer von Karten, welche ihre
Photographie auf dieses kleine Viereck kleben und dieselbe
stempeln lassen, erlangen dadurch das Recht, durch alle Thüren
der Umzäunung des Marsfeldes einzutreten,, während diejenigen,
welche ihr Bild nicht auf der Eintrittskarte haben, nur zu
gewissen Thüren eingelassen werden, wo sie ihre Jndendität
durch Ablegung ihrer Unterschrift beweisen müssen. Diese Maß-
regeln sind getroffen worden, um jedem Mißbrauch der Ein-
trittskarten vorzubeugen, und ihre Strenge ist leicht begreiflich,
wenn man bedenkt, daß bei der großen Anzahl von Besuchern
ein solcher Mißbrauch eine gewaltige Differenz in den Ein-
trittsgeldern zur Folge haben könnte. Um nun schnell und
ohne Aufenthalt in Besitz einer mit gestempelter Photographie
versehenen Karte zu gelangen, ist es rathsam, sich vor der
Abreise in Visitenkartenformat photographiren zu lassen und
sich mit zwei Photographieen versehen in das betreffende Bureau
zu begeben, wo dann der Kops der Photographie herausge-
schnitten, aus die Eintrittskarte geklebt und gestempelt wird;
zu diesem Behufs ist es gut, die Photographieen nicht auf
Kartenpapier aufkleben zu lassen. Aussteller erhalten ihre
Karten bei dem betreffenden Commissär, Nichtausstellcr erhalten
Abonnementskarten im Jndustriepalnst, in den Champs elysses,
und überdies kann man gegen Eintrittsgeld, welches an den
Thüren selbst entrichtet wird, die Ausstellung täglich besuchen.
Die Aussteller können sich auch hier gratis photographiren
lassen gegen Vorzeigung einer Karte ihres Kommissärs ; sie
verlieren aber damit einen oder zwei Tage Zeit. Um jedem
Mißverständnisse vorzubeugen, bemerken wir, daß die strenge
Kontrolle es rein unmöglich macht, eine und dieselbe Karte für
verschiedene Personen zu gebrauchen, jede Mühe, die Gültigkeit
 
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