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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1867

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Januar (Nr. 1 - 14)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30181#0049

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fljg. 12. 26. Januar 1867.

LE" Erscheint Dienstag, Donnerstag und Sam st a g. — Preis : vierteljährlich -53 kr., unter Bornnszahlung. —
Anzeigen werden die einspaltige Zeile oder deren Raum mit 2 kr., die zweispaltige Petitzeile mit -5 kr. berechnet.
Man abonnirt sich in Schwetzingen bei der Expedition dieses Blattes, in Hockenhci m bei Herrn P. D r c eh s e l und in PhilippSbu r g
bei Herrn Anton Reichert. Beide Herren sind bereit, Anzeigen für das Wochenblatt zu befördern.
Die Boten haben für das Ueberbringen des Blattes monatlich 2 kr. anzusprcchen.

Neueste NachrichLe u.
Kiel, 24. Jan. Hellte wurde das Einverleibungspatent
proklamirt. Es verspricht den Einwohnern gleiche Rechte, wie
die übrigen Preußen sie haben, Schonung der berechtigten
Eigentümlichkeiten und Sicherung der Beamtenstellungen. Eine
das Patent begleitende Proklamation anerkennt die bewährte
Eharakterfestigkeit der Einwohner und verheißt kräftige Förde-
rung der Landeswohlfahrt. (K. Z.)
Loirdsrr, 23. Jan. Nach telegraphischer Meldung ging
in Neu-Pork das Gerücht, die Vereinigten Staaten Hütten St.
Thomas um 15 Millionen Dollars angetanst. (K. Z.)

Trübe Am,Men.
Ganz Europa von Norden nach Süden, von Westen nach
Osten gleicht einem großen Zenghanse, und wenn man von
wilden Volkerstämmen erzählt , daß dieselben in steter
Feindseligkeit und Hader gegen einanderleben, so machen wir
gebildeten Europäer es gegenwärtig um kein Haar besser, nur
daß wir in großen Massen und viel blutigeren Kümpfen auf-
einander stürzen. Auch darin gleichen wir den unzivilisirten
Horden amerikanischer und afrikanischer Eingeborenen, daß wir
im -Frieden unsre Hauptbeschäftigung aus den Vorbereitungen
zum Kriege machen, daß selbst in Friedenszeiten der größte
Theil der Staatseinkünfte zu Kriegszwecken verwandt wird.
Wie viele Millionen gehen gerade im gegenwärtigen Allgenblick
in Kriegsrüstungen auf, wo alle europäischen Staaten sich bis
an die Zähne waffnen. Fm Nordeil verausgabt Dänemark
1 h3 Mill. für eine neue Heeresbewaffnung. Rußland wird
noch in diesem Jahre 3 00,000 H inte rla dun gsgewehre
und 3 00 gezogene Geschütze erhalten. Welche Anstren-
gungen und Rüstungen Frankreich inacht, nm über 1 Million
Soldaten ins Feld zu stellen nnd sie nach neuer Art bewaff-
nen zu können, ist bekannt. Italien hat nach der Darlegung
des Finanzministers Scialoja für den Krieg mit Oestreich 367
Mill. Franken verausgabt. Baiern braucht für Hinterladungs-
gewehre 1,600,000 fl. und für gezogene Kanonen 1,056,000
fl. Im Ganzen wirdes für die neue Heereseinrichtung 6 Mill.,
für Entschädigung der vom Krieg betroffenen Kreise 50 pCt.
aller unmittelbaren durch die Ereignisse des letzten Jah-
res eine Lchuldenmehrnng von 6 Mill. und eine Erhöhung
der Steuern um 7 5 pCt. erhalten. Die deutschen Südstaaten
werden, wenn ihre Heere nach preußischem Muster eingerichtet
sind, im Frieden 86,410 Mann, die vereinten deutschen Süd-
und Nordffaaten 378,618 Mann und im Kriege 1,314,000
Mann anfstellen. In der Krupp'schen Gußstahlfabrik in
Essen, der größten Kanonenfabrik Deutschlands, sind gegen-
wärtig nicht weniger als 2370 Gußstahlkanonen in Ar-
beit. Darunter ist ein für die Pariser Ausstellung bestimmtes
Riesengeschütz von 1000 Zentner Gewicht, an dem schon 14

Monate gearbeitet wird. Ist cs ein Wunder, wenn bei diesem
Aufwand an Geld- und Menscheukraft zur gegenseitigen Vcr-
nichtnng die europäischeil Staateil sieh eine immer größere
Schuldenlast aufbürden, die ihnen dann die Mittel für so viele
nothwendige gemeinnützige Einrichtungeil verschlingen; »ud was
soll aus diesen allseitigeil Rüstungen für ein europäischer Welt-
kamps hervorgehen? Wer wird die Zeche bezahleil müssen, wer
anders als diejenigen, die sich ans Befehl ihrer Oberhäupter
in den gegenseitigen Vernichtungskrieg stürzen, der Bürger und
seine Angehörigen und sein Besitzthum. Möchte man in die-
ser europäischen Zeughauslust nicht den Worten eines Bericht-
erstatters der bayerischeil Kammer beistimmen, daß überall auf
! dem europäischen Feststunde fieberhafte Bestrebungeil hervortrc-
treten, welche sich mit der verdienstlichen Aufgabe beschäftigen,
die Völker in Armeen umzuwandeln, der Wissenschaft und In-
dustrie die Anfertigung des gelungensten Hinterladungsgewehrs
als letzteil Zielpunkt anznweisen und die Länder vorerst gründ-
lich zu ruiniren um sie dann wirksam zn schützen und einer
unbekannten Größe entgegenführen zu könnend Das glücklichste
Ereigniß wäre vielleicht, wenn in jedem Lande ein neuer Gc-
wehrersinder erstünde und die Völker dann genöthigt wären,
sich in der Einführung neuer Waffen fort und fort zu über-
bieten, bis sie endlich dieses tollen Wetteifers müde, alle die
Hände in den Schooß legteil. Oder wenn die Völker endlich
cinsähen, daß ihr Heil es meistens nicht ist, um das sie sich
zerfleischen, und wenn sie sich ermöglichteil, dieser Einsicht nach-
drückliche gesetzliche Geltung zn verschaffen.

Karlsruhe, 24. Jan. Die vor einigeil Tagen eröffnete
Einlösung der Stencranlehens-Scheine bei den großh. Ober-
einnehmereien und Hauptsteuerümtern nimmt einen solchen Fort-
gang, daß sich voraussehen laßt, es werde das sehr umfäng-
liche Geschäft im Lauf von 2 Wochen wesentlich beendet sein.
Es sind wie man hört, ca 360,000 Stück Anlehensscheinc im
Durchschnittsbetrag von ca. 11 fl. ausgegeben; die überwiegende
Mehrzahl der Scheine lautet auf Beträge von wenigen Gulden;
doch gehen sie selbstverständlich bis zu mehreren Hundert Gulden
in die Höhe. Die Einlösung braucht übrigens nicht blos bei
den 30 Obereinnehmern zu erfolgen, indem nicht ausgeschlossen
ist, daß die Landbewohner sich behufs derEinlösung an
die Unt ereinn ehm er ihrcrOrte wenden. Es hat sich übrigens
schon herausgestellt, daß die Zahl und Beträge der von Speku-
lanten aufgekanften Anlehensscheine nicht sehr beträchtlich sein
kann, und die Bemühungen in der Tagespresse einer gewissen
Richtung, den Kredit des Staates herabzusetzen und die Inhaber
der Anlehensscheine zum Mißtrauen zu stacheln, von geringem
Erfolg gewesen sind. (K. Z.s
Berlin, 23. Jan. Daß auch in Preußen nicht Alles
Gold ist, was glänzt, und insbesondere die Verhältnisse der
Volksschule, die von der französischen Seite so sehr als Muster
 
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