Wochenblatt
für die Bezirke
Schwetzingen und Philipps-urg.
Ug. 65. Dmn>crl!>ui, 30. Mai 1867.
Erscheint T i e n st a g , D o n e r st a q und S a m st a q. — Preis : vierteljährlich 45 kr., unter Vorauszahlung. —
Anzeigen werden die einspaltige Zeile oder deren Raum mit 2 kr., die zweispaltige Petitzeile mit 4 kr. berechnet.
Alke Postanstalten nehmen Bestellungen au. Die Boten erhalten 2 kr. monatlich.
Wer hat obgesiegt?
Es stand Zu erwarten, daß jeder der beiden Haupttheile,
die sich mit ihren Ansprüchen und Gegenansprüchen ans dein
Kongreß gegenüber standen, sich den Hanptvortheil vindizircn
würde. Dies ist denn nun in der That auch so gekommen
und Frankreich wie Preußen versuchen es, in ihren offiziellen
Organen die betreffende Ansicht einleuchtend zu machen.
Es dürste weder müssig, noch uninteressant sein, die be-
züglichen Auslassungen neben einander zu stellen und dann einer
näheren Prüfung zu unterwerfen.
Frankreich erklärte durch den Mund seines Ministers, ans
dessen Worten man bereits die kommenden Artikel der einge-
weihten Blätter zum Theil vorauserrathen konnte und noch
deutlicher in letzteren selbst, daß es bei dem Kongresse sehr gut
gefahren sei, da es den einzigen Zweck, den es je gehabt, die
Grenze des Reiches sicherznstellen, erreicht habe. Erst durch die
Räumung und Schleifung Luxemburgs sei Frankreich in den
Stand gesetzt, sich dem Gefühl der Sicherheit mit Gemüthsrnhe
hinzugeben. Preußen habe keine internationale Berechtigung
gehabt, Luxemburg zu besetzen: blos aus diesem Grunde habe
sich Frankreich dagegen im Bewußtsein seiner Kraft, die aber
stets mit Mäßigung und sogar, soweit dies angehe, mit gefäl-
liger Rücksicht verbunden sei, entgegengestemmt und die Groß-
mächte hätten dadurch, daß sie der französischen Meinung zu-
gestimmt, Preußen zur Nachgiebigkeit bestimmt, wodurch für
die Welt der Friede gewahrt, für Frankreich aber die „lothringische
Grenze" sichergestellt worden wäre.
Das ist nun Alles sehr schön gesagt, hat aber den kleinen
Fehler, daß es nicht wahr ist. Die Räumung Luxemburgs
durch die Preußen lag zwar von Anfang an in dem Begehren
Frankreichs, allein.so war sie sicher nicht verstanden, daß Hol-
land diese Stadt mit dem ihr zugehörigen Gebiete, dein soge-
nannten Großherzogthum, erhalten solle, sondern die Spekula-
tion ging dahin, es selbst zu okkupiren, und die Grenzen des
eigenen Landes zu sichern, lag gewiß weniger in dem Grund-
gedanken Napoleons, als vielmehr sie weiter hinanszu-
r ticken und vielleicht bei kommender passender Gelegenheit bis
zum Rheim vorzuschieben. Dem hat nun allerdings der Kon-
greß vor der Hand einen Riegel vorgeschoben und dem Kaiser
bleibt eben nichts Anderes übrig, als auf ächt französische Ma-
nier lächelnde Miene zum mageren Geschäfte zu machen.
Preußen dagegen bemerkt, daß es ihm bei der Luxem-
burger Affaire hauptsächlich darum zu thun gewesen, dem
Chauvinismus und seinen Gelüsten einen Damm entgegenzu-
setzen, der durch die Annexion dieses Landes an Frankreich neue
und gefährliche Nahrung erhalten hätte. Unter dem jetzigen
Kaiser sei dieser Chauvinismus zwar weniger zu befürchten,
aber Preußen müsse mit scharfem Blick auch die Zukunft ins
Auge fassen und die Zeit in Erwägung ziehen, „wo der Kaiser
nicht mehr in Frankreich regiere." Da nun Napoleon nicht auf
der Okkupation Luxemburgs bestanden, so habe Preußen sein
internationales Recht ans Luxemburg aufgegeben, um die Drang-
sale des Krieges zu ersparen, da ja durch die Neutralitäts-
erklärung des Lündchens dem Chauvinismus aller Boden ge-
nommen sei.
Indem wir die heikle Frage der internationalen Berech-
tigung, die jetzt doch keinen praktischen Werth mehr hat, bei
Seite lassen, können wir der preußischen Deduktion in: Großen
und Ganzen allerdings schon mehr Recht geben. Nur darin
möchten wir derselben einen Widerspruch entgegensetzen, daß der
Chauvinismus durch das Kaiserreich in Schranken gehalten
werde. Im Gcgentheil, wir sagen, gerade das Kaiserreich ist
der Chauvinismus. Die Frage der natürlichen Grenzen, welche
die Rheinfrage in sich begreift, ist bekanntlich rein napoleonischen
Ursprungs, und wenn diese Idee sich auch anderen Parteien
mitgetheilt hat, so ist die Instruktion, wozu freilich der franzö-
sische Organismus eine besondere Prüdisposition zu haben
scheint, von kaiserlicher Seite ausgegangen.
Eigentlich hat kein Theil bei dem Kongresse obgesicgi, was
auch ganz natürlich ist, da derselbe aus einem Kompromisse be-
ruhte, dessen Wesen immer darin besteht, daß jeder Theil in
einein Punkte nachgeben muß. Preußen räumt Luxemburg und
übergiebt es neutralisirt dem Holländer. Napoleon neust mit
verschränkten Armen dies ansehen und geschehen lassen. Uns
will bedienten, daß dies ihm schwerer wird, als Preußen die
Räumung.
Deutschland.
Aus Baden, 22. Mai. Die Einführung einer Tabaks-
stcuer ist bei den Beedgetverhandlungen unserer Stünde schon
wiederholt zur Sprache gebracht worden. Die Sache fand in
der Mitte der zweiten Kammer nur insoweit Widerspruch, wenn
damit eine Besteuerung der Tabaksproduktion in Baden gemeint
sei, wie sie theilweise anderwärts, wie z. B. in Preußen, be-
steht: denn diese würde der Pfälzer Landwirtschaft den Todes-
stoß geben. Dagegen fand man gegen die Einführung einer
angemessenen Besteuerung des Tabaksverbrauchs nichts zu er-
innern. Schon damals erklärte der Vertreter der Negierung
sich für die Besteuerung dieses Luxusartikels, nur sei dies eine
Frage, die den ganzen Zollverein berühre. Gegen eine solche
Besteuerung des Tabaks hätte man in Baden nicht viel zu er-
innern, und würde es sogar mit Dank hinnehmcn, wenn die
lästige Uebcrgangssteuer auf unsere Tabake dadurch verdrängt
würde.
In Mlt-Ndelsiltgerr ereignete sich der Unglücksfall, daß
ein abgängiger, für einen Metzger in Allmendshofen bestimmter
Farren wegen nachlässiger Verwahrung auf dem Transport
Gelegenheit fand, auf den vorangehenden Führer sich zu stür-
zen, zu Boden zu rennen und solchen mit Kopf und Hörnern
so zu bearbeiten, daß derselbe an den Verletzungen gestorben ist.
Stuttgart, 27. Mai. In den letzten Tagen erfreute
Se. Maß der König Karl die Städte Künzelsau, Langenburg,
Mergentheim und Krailsheim mit seinem Besuche, wo Höchst-
derselbe mit Jubel und Freude, unter Glockengeläute und Böller-
schüssen und nimmercndenwollenden Hochrufen empfangen wurde.
Wo es sich thun ließ, da prangte Stadt im Festschmuck, und
Abends war große Beleuchtung und Serenaden von den
für die Bezirke
Schwetzingen und Philipps-urg.
Ug. 65. Dmn>crl!>ui, 30. Mai 1867.
Erscheint T i e n st a g , D o n e r st a q und S a m st a q. — Preis : vierteljährlich 45 kr., unter Vorauszahlung. —
Anzeigen werden die einspaltige Zeile oder deren Raum mit 2 kr., die zweispaltige Petitzeile mit 4 kr. berechnet.
Alke Postanstalten nehmen Bestellungen au. Die Boten erhalten 2 kr. monatlich.
Wer hat obgesiegt?
Es stand Zu erwarten, daß jeder der beiden Haupttheile,
die sich mit ihren Ansprüchen und Gegenansprüchen ans dein
Kongreß gegenüber standen, sich den Hanptvortheil vindizircn
würde. Dies ist denn nun in der That auch so gekommen
und Frankreich wie Preußen versuchen es, in ihren offiziellen
Organen die betreffende Ansicht einleuchtend zu machen.
Es dürste weder müssig, noch uninteressant sein, die be-
züglichen Auslassungen neben einander zu stellen und dann einer
näheren Prüfung zu unterwerfen.
Frankreich erklärte durch den Mund seines Ministers, ans
dessen Worten man bereits die kommenden Artikel der einge-
weihten Blätter zum Theil vorauserrathen konnte und noch
deutlicher in letzteren selbst, daß es bei dem Kongresse sehr gut
gefahren sei, da es den einzigen Zweck, den es je gehabt, die
Grenze des Reiches sicherznstellen, erreicht habe. Erst durch die
Räumung und Schleifung Luxemburgs sei Frankreich in den
Stand gesetzt, sich dem Gefühl der Sicherheit mit Gemüthsrnhe
hinzugeben. Preußen habe keine internationale Berechtigung
gehabt, Luxemburg zu besetzen: blos aus diesem Grunde habe
sich Frankreich dagegen im Bewußtsein seiner Kraft, die aber
stets mit Mäßigung und sogar, soweit dies angehe, mit gefäl-
liger Rücksicht verbunden sei, entgegengestemmt und die Groß-
mächte hätten dadurch, daß sie der französischen Meinung zu-
gestimmt, Preußen zur Nachgiebigkeit bestimmt, wodurch für
die Welt der Friede gewahrt, für Frankreich aber die „lothringische
Grenze" sichergestellt worden wäre.
Das ist nun Alles sehr schön gesagt, hat aber den kleinen
Fehler, daß es nicht wahr ist. Die Räumung Luxemburgs
durch die Preußen lag zwar von Anfang an in dem Begehren
Frankreichs, allein.so war sie sicher nicht verstanden, daß Hol-
land diese Stadt mit dem ihr zugehörigen Gebiete, dein soge-
nannten Großherzogthum, erhalten solle, sondern die Spekula-
tion ging dahin, es selbst zu okkupiren, und die Grenzen des
eigenen Landes zu sichern, lag gewiß weniger in dem Grund-
gedanken Napoleons, als vielmehr sie weiter hinanszu-
r ticken und vielleicht bei kommender passender Gelegenheit bis
zum Rheim vorzuschieben. Dem hat nun allerdings der Kon-
greß vor der Hand einen Riegel vorgeschoben und dem Kaiser
bleibt eben nichts Anderes übrig, als auf ächt französische Ma-
nier lächelnde Miene zum mageren Geschäfte zu machen.
Preußen dagegen bemerkt, daß es ihm bei der Luxem-
burger Affaire hauptsächlich darum zu thun gewesen, dem
Chauvinismus und seinen Gelüsten einen Damm entgegenzu-
setzen, der durch die Annexion dieses Landes an Frankreich neue
und gefährliche Nahrung erhalten hätte. Unter dem jetzigen
Kaiser sei dieser Chauvinismus zwar weniger zu befürchten,
aber Preußen müsse mit scharfem Blick auch die Zukunft ins
Auge fassen und die Zeit in Erwägung ziehen, „wo der Kaiser
nicht mehr in Frankreich regiere." Da nun Napoleon nicht auf
der Okkupation Luxemburgs bestanden, so habe Preußen sein
internationales Recht ans Luxemburg aufgegeben, um die Drang-
sale des Krieges zu ersparen, da ja durch die Neutralitäts-
erklärung des Lündchens dem Chauvinismus aller Boden ge-
nommen sei.
Indem wir die heikle Frage der internationalen Berech-
tigung, die jetzt doch keinen praktischen Werth mehr hat, bei
Seite lassen, können wir der preußischen Deduktion in: Großen
und Ganzen allerdings schon mehr Recht geben. Nur darin
möchten wir derselben einen Widerspruch entgegensetzen, daß der
Chauvinismus durch das Kaiserreich in Schranken gehalten
werde. Im Gcgentheil, wir sagen, gerade das Kaiserreich ist
der Chauvinismus. Die Frage der natürlichen Grenzen, welche
die Rheinfrage in sich begreift, ist bekanntlich rein napoleonischen
Ursprungs, und wenn diese Idee sich auch anderen Parteien
mitgetheilt hat, so ist die Instruktion, wozu freilich der franzö-
sische Organismus eine besondere Prüdisposition zu haben
scheint, von kaiserlicher Seite ausgegangen.
Eigentlich hat kein Theil bei dem Kongresse obgesicgi, was
auch ganz natürlich ist, da derselbe aus einem Kompromisse be-
ruhte, dessen Wesen immer darin besteht, daß jeder Theil in
einein Punkte nachgeben muß. Preußen räumt Luxemburg und
übergiebt es neutralisirt dem Holländer. Napoleon neust mit
verschränkten Armen dies ansehen und geschehen lassen. Uns
will bedienten, daß dies ihm schwerer wird, als Preußen die
Räumung.
Deutschland.
Aus Baden, 22. Mai. Die Einführung einer Tabaks-
stcuer ist bei den Beedgetverhandlungen unserer Stünde schon
wiederholt zur Sprache gebracht worden. Die Sache fand in
der Mitte der zweiten Kammer nur insoweit Widerspruch, wenn
damit eine Besteuerung der Tabaksproduktion in Baden gemeint
sei, wie sie theilweise anderwärts, wie z. B. in Preußen, be-
steht: denn diese würde der Pfälzer Landwirtschaft den Todes-
stoß geben. Dagegen fand man gegen die Einführung einer
angemessenen Besteuerung des Tabaksverbrauchs nichts zu er-
innern. Schon damals erklärte der Vertreter der Negierung
sich für die Besteuerung dieses Luxusartikels, nur sei dies eine
Frage, die den ganzen Zollverein berühre. Gegen eine solche
Besteuerung des Tabaks hätte man in Baden nicht viel zu er-
innern, und würde es sogar mit Dank hinnehmcn, wenn die
lästige Uebcrgangssteuer auf unsere Tabake dadurch verdrängt
würde.
In Mlt-Ndelsiltgerr ereignete sich der Unglücksfall, daß
ein abgängiger, für einen Metzger in Allmendshofen bestimmter
Farren wegen nachlässiger Verwahrung auf dem Transport
Gelegenheit fand, auf den vorangehenden Führer sich zu stür-
zen, zu Boden zu rennen und solchen mit Kopf und Hörnern
so zu bearbeiten, daß derselbe an den Verletzungen gestorben ist.
Stuttgart, 27. Mai. In den letzten Tagen erfreute
Se. Maß der König Karl die Städte Künzelsau, Langenburg,
Mergentheim und Krailsheim mit seinem Besuche, wo Höchst-
derselbe mit Jubel und Freude, unter Glockengeläute und Böller-
schüssen und nimmercndenwollenden Hochrufen empfangen wurde.
Wo es sich thun ließ, da prangte Stadt im Festschmuck, und
Abends war große Beleuchtung und Serenaden von den