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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1867

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Dezember (Nr. 144 - 155)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30181#0653

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Heidelbergs
(Frei-Exemplarck



für die Bezirke

Schwetzingen und Philippsburg.

No. 148.

Dormersta^ 12. Dezember.

1867.

Erscheint Dienstag, Donnerstag und S a in st a g mit Beigabe eines SonitagTblattes. Anzeigen
werden die einspaltige Zeile oder deren Raum mit 2 kr., die zweispaltige Peritzeile mit >4 kr. berechnet.
Alle-Postanstalten nehmen Bestellungen an. Die Boten erhalten 2 kr. monatlich.

Baden

Tagesordnung. Thiers griff die auswärtige Politik der Re-

Knrtsruhe, 8. Dez. Der Bericht des Abg. Turban betreffend
den Entwurf eines Gesetzes über den Elementarunterricht ist eine förmliche
mit bemerkcnswerthen statistischen Nachweifungen ausgestattete Monographie.
Was die Gehalte der Lehrer betrifft, so bleibt die 4 Klasseneintheilung,
jedoch sind die Beträge an festem Gehalt normirt auf 325, 350, 400 und
450 fl. (statt wie der Entwurf wollte: 300, 325, 375, 425 fl.) Die
Trennung von Schule und Kirche ist auf Grund der bisherigen Erfahrungen
strenger durchgcführt als im Entwurf, allein im Prinzip ist der Satz bei-
behalten, daß ein Zusammenwirken von Staat und Kirche bei der Volks»
crziehung stattzufinden habe und stattfinden könne, sobald nur zwischen
fanatischen Ultrabestrebungen innerhalb der Kirche und der kirchlichen Auf-
gabe selbst unterschiedet: wird. Die konfessionelle Volksschule bildet die
Regel, modifizirt durch die Zulässigkeit der Umbildung in gemischte Schulen,
vermöge Beschlusses der betheiligten. Zn erster Reihe besorgen die Kirchen !
den Religionsunterricht durch ihre eigenen Diener. Die Schullehrer stehen
in keinem unmittelbaren DienstVerhaltniß zur Kirche. (Die berüchtigten
„Missionsurkunden" find also — die Lehrer werden es mit Freuden ver-
nehmen — unzulässig.) Der Schullehrer hat für den Religionsunterricht
nur einzutreten, wenn die Kirchenbeamten an der Ertheilung verhindert
sind. Seine Befähigung erhält er durch Befähigungserklärung im Religions-
fache bei der Schulkandidatenprüfung, sofern diese Befähigungserklärung
nicht später von der Kirche zurückgezogen ist. Einem von der Kirche im
Fache de? Religionsunterrichts nicht für befähigt erklärter Kandidat braucht
deßhalb von der Oberschulbehörde die Anstellung als Lehrer nicht versagt
zu werden. Ebenso wie die Kirche, kann auch der Staat in geeigneten
Fällen dem Lehrer die Besorgung des Religionsunterrichts abnehmen.
Der Z. 100 schließt die Errichtung von Schulen durch Korporationen aus;
nur physische Personen (Individuen) dürfen als Unternehmer auftreten.
Die Kommission, mit Ausnahme eines Mitglieds, bekennt sich nämlich zu
dem obersten Satz, daß das individuelle Recht der Familie bezüglich des
Unterrichts durch die höheren Interessen des Staats und der Gemeinden
beschränkt ist. Im Hinblick auf die Erfahrung anderer Länder wird daher
der Schulzwang aufrecht erhalten, in den die Bevölkerungen bei uns, wie
allerwärts in Deutschland, sich vollkommen eingelebt haben. Die Kommission
ist „der festen Ueberzeugung, daß in einem konstitutionellen Staatsleben,
wie das unfrige, jene Beschränkung gerade nur zum Schutz achter Freiheit
zur Erhaltung unserer Kultur und zur Förderung unserer weiteren Ent-
wickelung im edelsten Sinne des Wortes ausschlagen könne." Der Z. 21u
ermächtigt die Oberfchulbehörde, an Mädchenschulen und an den unteren
Klaffen der Knabenschulen auf den Antrag der Ortsfchulräthe auch Lehrerin-
Ren als Schulgehülfen und unter Umständen mit den Rechten von Haupt-
lehrern zu verwenden. Die Trennung des Lehrerdienstes von den kirchlichen
Nebendiensten soll als prinzipielle Frage nicht allmählig, wie der Entwurf
wollte, sondern alsbald eintreten. Die fernere Uebernahme des Meßner-
und Glöcknerdienstes ist unzulässig; die Uebertragung des Organisten- und
Lorsängerdienstes wird in der Regel keinen Anstand haben. — Die israeli-
tischen Schulen werden den christlichen gleich behandelt. Da jedoch die
bestehenden Schulen dieser Art (45 mit 1932 Schülern) nur sehr geringe
Dotationen haben, somit die Umlagequote für Unterhaltung der israeli-
tischen Schule im Verhältniß zur christlichen eine sehr hohe sein würde, so
schlägt der Bericht zur Ausgleichung eine Art von Präzipualbeitrag der
Israeliten vor; sic sollen auch ferner' wenn sie die ^Schule« nicht eingehen
kaffen wollen, wie Karlsruhe und Pforzheim gethan, den nach der bisherigen
Gesetzgebung durch die Israeliten zu erbringenden Betrag leisten, und nur
der durch das neue Gesetz veranlaßte Mehraufwand soll durch die staats-
rechtlichen Beiträge der Gemeinde und bezw. des Staates gedeckt werden.
— Ganz besonders interessant ist der Rückblick des Berichts auf die Schul-
zustände des vorigen Jahrhunderts.
Frankreich.
Paris, 10. Dez. Im gesetzgebenden Körper stand gestern
btr Interpellation wegen der deutschen Angelegenheiten auf der

gierung an und protcstirte von Neuem gegen die Politik der
großen Agglomerationen, deren Ergebniß nnr das sei, Erobe-
rungen rings nm Frankreich zu dessen Nachtheil zu begünstigen,
und die am Ende noch das ganze Gesicht der Welt verändern
werde, indem in Europa bald nichts mehr übrig sei als zwei
Niesenmächte, nämlich ein Deutschland von 66 Millionen und
ein Rußland von 120 Millionen. Rouher entgegnete: ohne
Zweifel müsse es oberster Grundsatz für die Negierung sein, um
die nationalen Interessen besorgt zu sein, aber man dürfe nicht
mit Eifersucht den auswärtigen Ereignissen folgen und immer
von Einmischung träumen. Die Politik der französischen Re-
gierung dcfinire sich dahin: energisches Gefühl für die Aufrecht--
haltnng des Rechts aller Orten und für die Behauptung (rv-
vinäioLtion) der Rechte Frankreichs, jedoch ohne Beunruhigung,
mit Vertrauen in die Stärke des Landes. Rouher läugnet, daß
die'italienische Einheit "Mmch die Vermittlung Frankreichs zu
Stande gekommen sei. Nichts desto weniger denke Frankreich
nicht daran, sie zu zerstückeln; nur habe es den festen Entschluß,
Achtung vor der Selbstständigkeit des Kirchenstaats zu erzwin-
gen. Bezüglich Deutschland sei die Politik Frankreichs eine
Politik der Beruhigung und Beschwichtigung gewesen. Die Re-
gierung nehme offen die vollendeten Thatsachen hin, so lange
nicht seine Interessen und seine Würde mit ins Spiel kommen.
Italien.
Florenz, 8. Dez. Das Gerücht, wonach Garibaldi
Caprcrn verlassen habe, ist völlig unbegründet. Der Verkauf
der geistlichen Güter ergab vom 15. Aug. bis 6 Dez. d. I.
30,802,998 Frs. und zwar 8,425,220 Frs. über offizielle Taxe.
Florenz, 9. Dez. In der Abgeordnetenkammer standen
heute die politischen Interpellationen auf der Tagesordnung.
Präsident Lanza hielt eine Anrede, worin er Ruhe und Ein-
tracht empfahl und die Nothwendigkeit der inneren Reorgani-
sation hervorhob. Er fügte hinzu, Rom werde früher oder
später die Hauptstadt Italiens sein. Sella beantragte, daß vor
den Interpellationen eine Tagesordnung angenommen werde,
welche das nationale Programm „Rom die Hauptstadt" auf's
Neue bekräftige. Ministerpräsident Menabrea verlangte, daß
vorher über die Interpellationen berathen werde. Der Antrag
Sella's würde zu keinem praktischen Ergebniß führen und wäre
zweideutig. Würde er angenommen, so müßte man über die
Mittel berathen und fragen, welches diese seien. Man müsse
wissen, mit wem und wie man nach Nom gehen wolle, ob mit
Gewalt oder mit moralischen Mitteln. Mit 201 gegen 176
Stimmen beschloß die Kammer, dem Wunsch des Ministeriums
gemäß, daß die Interpellationen dem Beschluß über den Antrag
Sella'S vorausgehen sollen.
England.
London, 7. Dez. Das ältere unserer beiden italienischen
Opernhäuser, im Haymarket, ist in verwichener Nacht niederge-
 
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