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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1867

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Januar (Nr. 1 - 14)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30181#0045

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Wochenblatt

für die Bezirke

Schwetzingen und Philippsburg.

No. tt.

Donnerstag, 24. Januar

1867.

Erscheint Dien st ag, Donner st ag und S n in st a g. — Preis : vierteljährlich 4!» kr., unter Vorauszahlung.
Anzeigen werden die einspaltige Zeile oder deren Raum mit 2 kr., die zweispaltige Pctitzcile mit 4 kr. berechnet.
Man adonnirt sich in Schwetzingen bei der Expedition dieses Blattes, in Hockenheim bei Herrn P. Drechsel und in Philipps bürg
bei Herrn Anton Reichert. Beide Herren sind bereit, Anzeigen für Las Wochenblatt zu befördern.
Die Boten haben für das Ueberbringen des Blattes monatlich 2 kr. anzusprechen.

Neueste Nachrich tje n.
Berlin, 22. Januar. Die Morgenblätter melden über-
einstimmend, daß jetzt die Zustimmung der norddeutschen Bun-
desregierungen zu dem ganzen preußischen Verfassungsentwurf
gewiß sei. - (D. d. Kh. Z.)
Newyork, 9. Januar. „Per Australasien". Das Re-
präsentantenhaus hat die Präsidenten-Anklage angenommen.
Die Anklage beschuldigt den Präsidenten des Mißbrauchs der
Veto-Gewalt, sowie der Beamtenanstellung und des Gnadenrechts,
ferner der gewissenlosen Verfügnng über das Staatseigenthum
und der Wahleneinmischung. Beide Häuser nahmen die Bill,
welche den Negern des Kolumbia-Distrikts das Stimmrecht ver-
leibt, trotz des Veto's des Präsidenten an. (D. d. Kh. Z.)

Ein abschreckendes Beispiel.
Wie im Leben des einzelnen Menschen, so giebi es im
Leben der Völker bedeutsame Zeiten, durch welche ihre Ge-
schicke aus Jahrhunderte hinaus zum Heil oder Unheil bestimmt
werden. Eine solche Zeit ist für das deutsche Volk die jetzige.
Es handelt sich darum, ob es ihm gelingen wird, sich zu der
innerlichen, im bürgerlichen und staatlichen Leben sich bethäti-
genden Kraft aufzurasfen, die ihm die Einheit verschafft, ohne
es der Freiheit zu berauben. In solchen entscheidenden Zeiten
ist es von Wichtigkeit, sich die Lehren der Geschichte vor Augen
zu führen und unser Nachbarvolk ist es, das uns hierin ein
abschreckendes Beispiel liefert. Frankreich hat seiner Einheir,
seiner Macht, seinem Glanz nach Außen alles innere Freiheits-
streben zum Opfer gebracht, es hat unter Napoleon I. und III.
seine staatliche Bürgerselbstständigkeit zu Grabe tragen lassen, !
aus den Worten eines heutigen französischen Schriftstellers im
„Temps", in welchem Ziele es jetzt angekommen ist. Frank-
reich, durch zwei entgegengesetzte Stränge gethcilt, hin und her
gezerrt zwischen den Trümmern des alten Staatswesens, das j
man nicht sterben, und den Keimen der Zukunft, die man
kaum das Licht erblicken lassen will, liberal ohne Ueberzeugung,
tausend Anschlüssigkeiten preisgegeben, die es zum Wankelmuth
treiben, Frankreich wendet sich ab von hochherzigen Gefühlen,
von erhabenen und starken Gedanken, an die es zu glauben
allmälig die Gewohnheit verliert. Es beschäftigt sich nicht
mehr, es zerstreut sich, es lernt im Theater alle ehrbaren Ge-
fühle verachten; die stempelfreie kleine Presse nährt es mit Per-
sönlichkeiten und Skandal. Die geistige Arbeit wird unnütz;
eine bevormundende Macht giebt an, was man denken und
nicht denken soll, sie zeichnet ihm jeden Tag die Scheidelinie
des Guten und Bösen vor und treibt die Sorgfalt so weit,
ihm die Romane, die es lesen darf, auszusuchen. In fernen
Zwischenräumen reden ihm die auswärtigen Journale von sei-
nen Angelegenheiten und von den Planen seiner Regierung.

^ Die jungen Leute hcirathcn nur, um sich ein Vermögen zu
j machen; sie geben sich nicht einmal mehr die Mühe, die Ge-
liebten zu lieben; sic kaufen die Liebe ganz fertig. Die Trieb-
kraft ist lahm in dem Volk: für das Ueberflüfsige hat man
Geld in Hülle und Fülle; für das Nothwendige fehlt cs. Man
findet Hunderte von Millionen, um in den Städten prunkende
Boulevards zu bauen; man knausert mit einer Million für
den öffentlichen Unterricht, der die Nacht der Unwissenheit aus
dem Volke verscheuchen soll. Nein, so viel steht fest, unter
solchen Bedingungen können wir mit Deutschland nicht wett-
eifern. Deutschland ist von glühender Jugendleidenschaft er-
füllt, wir gerathen mit jedem Tage mehr in die entsagende
Weisheit des Alters hinein. Nicht in Preußen liegt die Ge-
fahr für Frankreich, sondern in Frankreich selbst, in dieser Er-
schlaffung, dieser Gleichgültigkeit der öffentlichen Meinung, in
diesem Schlafe der allgemeinen Ideen und der hochherzigen Lei-
! denschasten, der bei längerer Fortdauer den Verfall und den
freiwilligen Rücktritt eines Landes herbeiführen wird, welches
das leuchtende Vorbild der sittlichen Welt und der Bahnbrecher
des politischen Europa's war, sein sollte und eines Tages auck
wieder sein wird." — Diese glühende Jugendleidenschast
Deutschlands, von welcher der Franzose redet, sie war schon
langd aus die Einheit, aber auch stets auf eine gesetzliche bür-
gerliche Freiheit gerichtet, wie sie der Bildungsstufe des deut-
schen Volkes entspricht. Diese soll darum nicht minder unser
Ziel sein, wie die Einheit, und wir gewinnen erneute Hoff-
nung, daß sie so gut wie jene erreicht werde, wenn wir die
Rührigkeit sehen, mit welcher das deutsche Volk im Norden sich
im jetzigen Wahlkampfe seiner Freiheit erwehrt.

Karlsruhe, 2k. Januar. In Folge des Vorschreitens
der Rinderpest aus Holland nach Rheinpreußen und deren er-
neuetem Auftreten in den östlichen Theilen von Oestreich find,
! wie man hört, die betreffenden technischen Behörden mit den
! Vorarbeiten für die erforderlichen Schutzmaßregeln beauf-
tragt. (K. Z.)
HDas preußische Abgeordnetenhaus über die
bürgerliche Gleichberechtigung der JudenZ Am 12.
d. M. wurden im preußischen Abgeordnetenhause Bittschriften
der Oberrabbiner Sutro und Philippson, sowie mehrerer son-
stigen Privatleute und überaus zahlreicher Synagogengemeinden
um volle thatsächliche Ausführung der Verfassungsartikel 4 und
12 (bürgerliche Gleichberechtigung der Bekenntnisse) verhandelt.
Der Berichterstatter wies insbesondere daraus hin, daß in dem
einverleibten Frankfurt auch Juden als Richter angestellt seien.
Es knüpfte sich hieran die folgende Unterredung. Der Kom-
missär des Juftizministers: Der Justizminister bleibe dabei, daß
Juden, weil sie nicht im Stande seien, einem Christen den
Eid abzunehmen und demselben die nöthige Vorhaltung zu
machen, nicht als Richter angestellt werden könnten. Kosch
 
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