Der „„Badifdje Zolusbote erſcheint 2mal wöchentlich } Sreis viertelzaͤhrlich
(DienstagsS, Domnerstags und Zamstags durch den Briefträger frei in’S Haus gebracht Mk. 1.25,
Jerlag und Leifung: Heidelher durch man Boten ME L,
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Telegranım-Adıejfe: Rolksbete Htidetberg.
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( Hreſſe te Aeidelberg, Am Poſtſchalter od unferer Expeditien abgeholt so Pfg.
Auzeigenpreis: Die Sgefpaltene, Garmondzeile 10 Pfg.
Woff-Beitungs-Preislifie Ar. 755
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Füx Deutſcht
in Yaden
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7. Jahrg.
Die Stimmung im Laude
über die Vorgänge bei der Ablehnung des Antrages
Kanig iſt eine unglaublich erbitterte, wie nachfolgende
Briefe an einen Reichstagsabgeordneten recht deutlich
zeigen. Ein kleiner Landwirt aus dem Waͤldeck'ſchen
ſchreibt, wie wir der „Hann. Poſt“ entnehmen: „Ver-
zeihen Sie gütigſt, wenn auch ich, obwohl nur
kleiner Landwirt, Sie mit einigen Zeilen be-
läſtige. Ich denke aber, die Herken, die in den
griffe, ja Schmähungen von den linksſtehenden Parteien,
ja leider auch von einigen Vertretern der Regierung
feindungen und Angriffe zurückwieſen, und klar und
deutſchen Landwirtſchaft, wenn der niedrige Preisſtand
des Getreides noch lange anhält, auf dem Spiele ſteht,
haben bewieſen, daß Sie ein Herz für uns kleinen
Bauern haben. Wir fühlen uns ihnen näher gerückt,
denn die ſcheinbare Schranke, welche Klein- und Groß-
beſitz früher trennte, beſteht heute nicht mehr; wir
Großbeſitz, und wiſſen es demſelben Dank, an ihm
eine ſo ſtarke und gute Stütze zur Vertretung unſerer
Intereſſen zu haben. (Dieſes Lob des Bundes der
Landwirte kann ſich ſelbſtverſtändlich nur auf nord-
deutſche Verhältniſſe beziehen, bei uns in Baden dient
fang, den Nationalliberalen, welche eines ihrer Reichs-
tagsmitglieder aus der Partei werfen wollten, weil
Zieſes ſeinen Namen unter den Antrag Kanitz geſetzt
hatte. D. Schriftl.) Dieſes Gefühl der Dankbarkeit
drückt mir die Feder in die Hand, ich kann nicht
anders, ich danke Ihnen für Ihr energiſches Auf-
treten auch Miniſtern gegenüber und bitte Sie:
Treten Sie auch ferner in derſelben Weiſe gegen die
Unkenntnis unſerer Gegner und die böswillige Unter-
ſtellung unſerer Feinde auf! Die treue Anhänglich-
keit und Feſtigkeit bei ſpäteren Wahlen von unſerer
Seite wird Ihnen den Beweis unſerer Dankbarkeit
zu erkennen geben. Es hat mich, und mit mir wohl
alle treu zu unſerem Kaiſerhauſe ſtehenden Landwirte,
Handwerker und Geſchäftsleute, ſchmerzlich berührt,
als wir durch die Zeitungen vernahmen, daß be-
ſonders dem Landwirtſchaftsminiſter während und
nach ſeiner Rede gegen den Antrag Kanitz von den
Sozialdemokraten zugejubelt wurdẽ, diefer Partei,
deren Benehmen bei Eröffnen des Reichstagsge-
bäudes noch in aller Erinnerung iſt und deren Wunſch
es iſt, uns kleinen Bauern ruiniert zu ſehen, um dann
die unzufrieden gewordenen Elemente leichter in ihr
Schlepptau zu kriegen. Gott wird es verhüten!“
Aus Kurheſſen ſchreibt ein anderer:
trag Kanitz iſt gefallen. Wie bei den Handelsver-
trägen, ſo wurde auch beim Antrag Kanitz mit Hoch-
druck von oben gegen ihn gearbeitet. Diesmal aller-
dings mehr hinter den Kuliſſen. Es war wieder
einmal die Rotte von Menſchen, die den Reden Kgl.
preuß. Staatsminiſter im Verein mit Polen, Welfen,
Elſäſſern, Dänen, Eentrum und der geſamten jüdiſch-
freiſinnig-liberalen Linken ſtürmifchen Beifall zollten!
Was ein Richter, ein Rickert und der Sozialdemokrat
Herbert nicht fertig brachten, das leiſteten Herr von
Marſchall und Herr von Hammerſtein! Die Herren
hatten ſich die Bekämpfung des Antrages Kanitz
außerordentlich leicht gemacht. Herr von Marſchall
ſpielte die Rolle des Staatsanwalts gegen die
deutſche Arbeit, gegen die deutſche Landwirtſchaft,
während er dem Auslande, dem Großkapital und der
Börſe ein warmer Verteidiger wurde. Herr
Bammerſtein leiſtete aber an Heftigkeit gegen den
Antrag Kanitz, gegen den Bund der Landwirte, gegen
die ganze rechte Seite des Hauſes das höchſte! „Der
Irrende erſetzt durch Heftigkeit, was ihm an Wahr-
heit und an Kräften fehlt“, ſo kann man auch von
den Reden der beiden Staatsminiſter ſagen!
Lempora mutantur, et nos (ministri) mutamur in
illis! So kann Herr von Hammerſtein auch aus-
rufen. Der Herr von Hammerſtein vom 17. Januar
1896 iſt derſelbe, der als Landesdirektor Führer der
Handelsverträge ſo entſchieden mit „ſachlichen“
Gründen bekämpfte, die Gegnerſchaft zu den Handels-
verträgen unterſcheidet ſich von der gegen den Antrag
Kanitz äußerſt vorteilhaft. Erſt jebt kann man an-
nähernd begeeifen, wie ſauer es dem Herrn von
Töller geworden ſein mag, ſo lange bei ſeinen
Lollegen zu verbleiben. Es wird ſteis das höchſte
Verdienſt dieſes Miniſters bleiben, daß er gegangen
it Herr von Köller paßt auch für ein folches
Miniſterium nicht. — Was fängt die ſchwache Re-
In eine Reviſion der Handelsverträge will ſie nicht
eintreten, obwohl ſie ſich damit einen Gottesloͤhn ver-
dienen würde. Die kleinen Mittel helfen nichts.
Große Not kann nur durch große Mittel beſeitigt
werden. Was hilft der Perſonalkredit, was helfen
alle kleinen Mittel, wenn wir Bauern für unſere
Produkte keinen gerechten Preis erhalten.
könne man zumuten, die Tonne Roggen unter 140,
die Tonne Weizen unter 160 Mark zu verkaufen.
Und doch habe ich dies Jahr die Tonne Roggen mit
Im vorigen Jahr erhielt ich ſogar nur 101 und 120
Mark. Antwortet mir darauf. Ihr Herren vom
grünen Tiſch! Herr von Hammerflein empfahl uns
Sparſamkeit und Genügſamkeit.
Zeit vorübex iſt, um ſich luxuriöſe Experimente zu
erlauben. Wenn Herr Hammerſtein zum Schluß
verſuchte, die Agitation des Bundes der Landwirte
als gemeingefährlich hinzuſtellen, ſo erwidere ich mit
Seelenruhe:
unſeren Forderungen zurück, wir werden mit der-
— ——
den Gegnern des Antrages Kanitz nicht wieder in den
Reichstag kommen. Ich wohne hart an
Zentrumswahlkreije Warburg-Hörxter.
ungen ſeiner Wählex, ſeiner Bauern hören können.
Nach menſchlicher Vorausſicht wird er
nächſte Mal nicht wieder Warburg Hörxter vertreten.
Ein katholiſcher Berufsgenoſſe verſicherle mir, es iſt
einerlei, ob ich katholiſchen oder Sie lutheriſchen
Weizen verkaufen.
und verlangen einen gerechten Lohn, der uns von der
Ob katholiſch oder
evangeliſch — wir ſind Bauern und bleiben Bauern.
Dies Centrum wird wohl bald verſchwinden. Das
ſagte mir ein katholiſcher Berufsgenoſſe. Jetzt wird
dafür hat das Centrum und Herr vun Hammierſtein
kreiſes Caſſel wurde einſtimmig befchloffen, am Antrage
Kanitz wie am Bund der Landwirte feſtzuhalten.
ſozialen Reformpartei und den Tivoli-Konſervativen
angehören könnten, dürften bei den nächſten Wahlen
gewählt werden. Bei der Stichwahl mit Sozial-
demokraten und anderen Parteien ſeien die erſteren
ſtets das kleinere Uebel. Wenn Staatsminiſter von
der äußerſten Linken lebhaften Beifall erhielten, ſo
könnten die Bauern auch einmal die Sozialdemokraten
als das kleinere Uebel anſehen. Denn entweder
gehört uns — oder den Sozialdemokraten die Zukunft.
Ein Mittelding giebt es nicht. Das war die Anſicht
der Bauernverſammlung. Für uns erwächſt aber
nach Ablehnung des Antrages Kanitz die doppelte
Pflicht, in immer weiteren Kreiſen Klarheit zu
ſchaffen über die Kampfesmethode und den „guten“
Willen der Regierung, in immer weitere Kreiſe die
Anſicht hineinzutragen, daß nur ein feſtes Zuſammen-
halten uns die Gewähr giebt, endlich einmal wieder
jüdiſche Art, zu erleben. Das gebe Gott!“
Zagesfragen.
— EChriſtliche Zutreiber für Zudengeſchäfte.
Ein Lehrer ſchreibt der „Deutſcheu Tageszeitung“ fol-
gendes: „Es naht wieder die Zeit der Konfirmation,
und da möchte ich zu Nutz und Frommen derer, die
Ich
wohne in Halle a. S und habe ein für allemal Wei-
ſung gegeben, daß jeder Haufierer abgewieſen wird,
da ich die Ueberzeugung habe, daß die meiſten hau-
ſterenden Individuen im Auftrage und im Lohne von
jüdiſchen Großfirmen unter Ausnutzung des Mitleides
für die in Dürftigkeit lebenden Gebirgsbewohner ihr
Beſchäft betreiben. Trotzdem kam eines Tages mein
Dienſtmädchen in das Zimmer und fagte, daß eine
alte Frau mit ſelbſtgewebter Leinwand da ſei und
dringend bäte, ihr doch ein Stück abzukaufen. Die
Frau machte den Eindruck der Ehrlichkeit. Nach ihrer
ſchleudern und auch noch andere Waare ſtatt des Kauf-
preiſes nehmen. Dieſe Bemerkung veranlaßte mich,
mit der Hauſiererin zu ſprechen. Sie war eine Frau
von 65 bis 70 Jahren. Unter Thränen erzählte ſie,
daß ſie aus einem Orte bei Frankenhauſen am Kyff-
häuſer gebürtig ſei. Sie und die ihrigen ernährten
ſich ichön durch Geſchlechter hindurch Kümmnierlich mit
Spinnen und Weben. Nun ſci einer ihrer Enkel wie-
der ſoweit, daß er konfirmiert werden ſolle. Da habe
eine jüdiſche Firma aus Halle an ihren Sohn ge:
ſchricben, ſie hätten gehört, daß in ſeiner Familie ein
Kind konfirmiert werde. Für dieſen Fall brauche er
doch Kleider 20. Er möchte daher mit ſeiner fertigen —
Ware nach Halle kommen, in ihrem Geſchäft würde
ihm ſeine Leinwand gegen höchſten Preis abgenonınten -
werden, wogegen er für hilligſtes Geld Konfikmations-
ſachen erhalten könne. Na, und da wiſſen Sie doch
macht wird. Wir bekommen für unſere ganze Wiuter-
ſehr erſtaunt über das Gehörte und fragte die Frau,
woher denn das Halliſche Geſchäf! wußte, welche Kin-
Die Antwort
türlich kaufte ich der Frau für den geforderlen Preis
den Hauptteil ihrer Ware ab, frage aber uun öffent-
Lehrer finden, welche wahrſcheinlich doch um einen
Judasloh den jüdiſchen Ramſchgeſchäften aus Anlaß
einer kirchlichen Handlung Kunden in das Garn treiben,
damit ſie doppelt geſchröpft werden? — Es iſt drin-
gend nötig, daß die Schulbehörden hier einſchreiten
und auf das Vexwerfliche der Handlungsweife unter
Androhung von Strafe hinweiſen Könnten denn nicht
lieher die Handwerker der Orte die Konfirmations-
ſachen anfertigen? Da würden alle Teile beſſer fahren
in den jüdiſchen Geſchäften den Eltern aufgebängt wer-
den. Wozu braucht denn ein Junge einen ſchwaͤrzen
Konfirmationsanzug, den er außer an Sonntagen gar
nicht tragen kann? Nun wachſen aber die Kinder
nach dem Verlaſſen der Schule ſehr ſchnell, ſie ver-
wachſen alſo die Anzüge, und das Geld dafür iſt weg-
gewoxfen. Die Geiſtlichen ſollten dergleichen Fragen
mit ihren Ortsgenoſſen zu beſprechen nicht unterlaffen.
Es könnte viel Geld erhalten bleiben. Sın dunkler
Jacketanzug aus nicht ſchwarzem Stoff däucht uns auch
für die Konfirmations: und Abendmahlsfeier durchaus
paſſend zu ſein.“
Es wurden ſchon einige Fälle mitgeteilt, in denen
ſich jüdiſche Firmen au die Ortslehrer mit der Bitte
um Namhaftmachung von Kunden gewendet haben. In
allen dieſen Fällen ſind die Juden mir ihrem dreiſten
Anſinnen in erklärlicher Entrüſtung zurückgewieſen
worden. — Daß ſich aber wirklich ein vereinzelter
Lehrer bereit hat finden laſſen, ſolchen jüdiſchen Fir-
men Zutreiberdienſt zu leiſten, bleibt tief bedauerlich.
— Vielleicht aber würde eine Verfügung der Schulbe-
hörde die jüdiſchen Firmen abſchrecken, den Lehrer-
ſtand weiterhin zu beläſtigen und zu beleidigen, durch
Zumutungen, die nur ſehr ſelten Erfolg gehabt haben
dürften.
— Die Hehlerei des „Vorwärts. Als der