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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 71 - No. 80 (3. Juli - 24. Juli)
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Der „Eadiſche Yolksbote“ er-
ſcheit dreimal wöchentlich.

erlag und Leitung:
Veideibers. Sahnhofftraſte ꝰ.










Preis vierteljährlid
durch den Briefträger frei in’8
Haus gebracht Mh 1.25, am Poſt-
ſchaltek oder durch unſere Boten





„ ‚Telegramm-Adrejfe: — K N EL in Heidelberg 1 M., von unferer
— rm lnd des Dadifgen Dauernbundes, —
Die oͤge — Vetitzeile 10 Pfs. ; . _ : * Vr. ?õpᷣ.

Dolitiſcher Teil.
Lürſt Sismarci
über die auswärtige Politik,
Einem Korreſpondenten des, New ork⸗Herald“,

Herrn Sidney Withman gegenüber hat ſich in einer
dor etwa drei Wochen ſtattgehabten Unterredung Fürſt

Bismarck über einige brennende Punkte der auswarligen

Politik ausgeſprochen. Herr Withman teilt darüber

u. a. Jolgendes mit: *

„England und Deutſchland, ihre Berührungs-

dunkt? und ihr Widerſtreit in der Gegenwart und in
der Zukunft, das iſt gewiß ein bedeutſamer Gegenſtand






Moment auch ein recht heikler. Die ſtreitbare und
aggreſſive deutſche Auffaſſung über dieſen Gegenſtand


den „Hamburger Nachrichten“, dem deutſchen Publikuni
vorgehalten, welche, wie man wohl annehmen darf, die


jene der enormen Zahl von Deutſchen, die noch immer


tieren). Aber es giebt einen bedeutenden Unterſchied
zwiſchen Bismarcks perſönlichen Anſichten über die
Fragen der auswärtigen Politik und deren Behandlung
von Seite der deutſchen Zeitungen, zwiſchen ihrer
leidenſchaftlichen und zuweilen ſogar beißenden Art und
ſeiner Leidenſchaftsloſigkeit, ſeiner kühlen Abſchätzung


logene engliſche Politik und über die verlogene engliſche
Preſſe eifern, kalt. Er ſchätzt es gering, daß Deutſch-
land ſich allzuſehr über Dinge erhitzt, durch welche die
deutſchen Intereſſen nur entfernt berührt werden. Hie


Anerkennung über eine engliſche, aber ebenſo über eine

deutſche Perſönlichkeit der Oeffentlichkeit ergehen, aber

ſoweit es England und Deutſchland betrifft, iſt er ſtets

gegen ein allzu heftiges Schwingen des Pendels nach
der einen oder der anderen Seite hin: „Nicht zu ſehr

ſchimpfen, nicht zu ſehr loben“, das iſt ſein Grundton.

Ein Mitglied der Geſellſchaft erwähnt die jüngſt ge-

fallene Acußerung des Kaiſers: „Blut iſt dicker aͤls

Waſſer“.
„ijedenfalls iſt Blut eine zähe Fiüſſigkeit; ich kann mich
aber nicht erinnern, daß Blutsverwandtſchaft jemals
einer Fehde das Tödtliche genommen habe. Die Ge-

ſchichte erzählt uns, daß keine Kriege ſo grauſam waren,
als jene zwiſchen Völkern derſelben Raſſe; Zeuge deſſen

die Gehäſſigkeit, die in den Bürgerkriegen zutage tritt.“

Das Geſpräch wird allgemein. Ich erlaube mir,

Sr. Durchlaucht zu bemerken, in England ſei der Ver-

dacht ſehr verbreitet — obwohl er wahrſcheinlich von

vielen maßgebenden Perſonen nicht geteilt zcird —,

daß es deutſche Intriguen waren, die im Hintergrunde


von einer ſehr einflußreichen Perſönlichkeit vor meiner
Abreiſe einen Brief erhielt, der dies zum Ausdruck


darunter Herrn v. Bennigſen, Prinz Karolath, Prof.
Delbrück u. A. geſprochen, und daß dieſe, einer wie
der andere, ſich über dieſe Anſchauung luſtig machten.
Die Anſichten über das Telegramm des deutſchen Kaiſers
an den Präſidenten Krüger variierten in Hinſicht auf
deſſen Zweckmäßigkeit.
zigen Menſchen in Berlin oder anderwärtig getroffen,
der etwas gegen die Empfindung einzuwenden hätte,
die es ausdrückte. Hier bemerkte Fürſt Bismarck, ohne
eine Anſicht über die Opportunität des kaiſerlichen
Telegramms auszuſprechen, einfach: „Das Telegramm
des Kaiſers hätte dem Präſidenten mit Schicklichkeit
und Anſtand von der engliſchen Regierung ſelbſt ge-
ſchickt werden können.“ Darauf ſagte einer der An-


geſprochen habe, die ihn verſicherten, daß in Amerika,
namentlich bei der Geiſtlichkeit und Lehrerwelt, eine
mächtige Strömung vorherrſche, die dem Präſidenten
Krüger in enthuſiaſtiſcher Weiſe Beifall ſpende und


wurden, ihn einzuſchüchtern oder ſein hochherziges Vor-
gehen gegenüber den Johannesburger Gefangenen zu
verkleinern. „Ich weiß nicht, ob Präſident Krüger
irgend welche Unterſtützung, ſei es von deutſcher oder
anderer Seite bedarf“, entgegnete Fürſt Bismarck in









ſeinem ruhigen, überzeugenden Tone.

ſollte e& zum Schlimmſten kommen (worunter ich ver-
ſtand. ſollten in gewiſſen Kreiſen Gewaltmaßregeln die


darauf verlaſſen, daß die Boers, welche eiſerne Naturen,
dabei von phlegmatiſchem Temperament ſind und gute
Schützen obendrein, ihre Unabhängigkeit verteidigen
werden. Auf die Bemerkung, daß Präſident Krilger


denft . . und die Klarheit ſeiner Sache.“ *

Als ſich dann die Konverſation anderen Gegen-
ſtänden zuwendete, erlaubte ich mir, den Fürſten zu
fragen, ob er glaube, daß Deutſchland, wie ich dies
behaupten gehört, auf Veranlaſſung Italiens die Eng-


zu unternehmen. Das verneinte der Fürſt entſchieden;


gelegenheiten geringes Intereſſe habe, und die offene,
freimütige Art, in der er hinzufügte, daß die Eng-


haben, hätte mich, wenn ich defſen bedurft hätte, über-
zeugt, daß, was immer ſeine Meinung ſei, er frei von
jener kleinlichen Animoſität gegenüber England iſt, die
ihm ſo oft imputiert wurde.
„Was Kreta anbetrifft, ſo kann ich Sie ver-


weniger Intereſſe nehme, als an irgend einem kleinen
Erdhaufen in meinem Garten. Die Kretenſer ſind,
wie ich glaube, leicht abgeſchätzt (lightly taxed), und
unter normalen Bedingungen ſollten ſie fich weit beſſer
unter türkiſcher als eventuell unter griechiſcher Herr-
ſchaft befinden.
gute Diener und vor allem Feſtigkeit. Die Türkei
hat ſchon viel ſchwerere Kriſen als die gegenwärtige
durchgemacht, aber es bedarf außerordentlicher Fähig-
keiten, um mit einer ſolchen fertig zu werden.“

Aus den weiteren Mitteilungen des Korreſpondenten
des „New York Herald“ ſei nur noch erwähnt, daß
engliſchen Miniſterpräſidenten
Salisbury zwar für eine „ſehr feine Klinge“ hält,


Die Zolge der Dächereiverorduung. Iu Oſt-


annehmen. In Lyck hat diefer Beſchluß der Bäcker
die Einwohnerſchaft ſehr in Harniſch geſetzt, und ſie
hat der Innung eine dreitägige Bedenkzeit gegeben.


nicht, dann ſollen neue Bäckereien entſtehen. Der Vor-


kannt: „Laut Bundesratsverordnung vom 4. März


Kuchen vollſtändig auszuſchließen; es werden alſo von
jetzt ab keine Hausbrote, ſowie Kuchen zum Backen
angenommen.

nicht gegen das Geſetz zu verſtoßen, ſpäteſtens um 8
oder 9 Uhr morgens beendet ſein.“ Auf ſolche Wirkung
haben die Väter der Bäckereiverordnung wohl kaum
gerechnet.

„Dir wollen, daß die rodußtenbörſe wieder
ein wirklicher Warkt werde. So ſprach auf dem
deutſch⸗mähriſchen Bauerntage ein einfacher deutſcher
Bauer. Im Laufe des Feſtbanketts erklärte der Ver-
treter des Ackerbauminiſteriums, Miniſterialſekretär


heit und Klarheit ihm ein neuer Beweis geweſen ſeieu


ſchaft Mährens für ihre Bedürfniſſe. Es iſt demnach


Terminhandels einzutreten.

Aur Frier — Aoſenthal und Co. Wie wir
aus ſüddeutſchen Blättern erſehen, iſt in Ober- und
Niederſelters ein eigentümlicher Rechtsſtreit ausge-
brochen. Die ſchon im 13. Jahrhundert bekannten
dortigen Mineralquellen, die in den Nöten und Wirren
des 30jährigan Krieges gänzlich in Vergeſſenheit ge-
raten waren, wurden ſpäter unter einem Erlenbuſch


%, Zahrgaug.



wieder aufgefunden und von dem damaligen Landes
fürſten, dem Kurfürften von Trier, in Verwaltung ge
nommen mit der ausdrücklichen Beſtimmung, daß den
verarmten Bewohnern der beiden Orte der „Haus-
trunk unentgeltlich verabfolgt werden ſolle. Auch unter
Naſſauſcher Kegierung blieb dieſe Gewohnheit zu Recht
beſtehen. Eine entſchiedene Aenderung trat (nach
mancherlei Kämpfen der Gemeinden mit der preußiſchen
Regierung, unter der aber die Gewohnheit erhaͤlien
blieb) erſt ein, als vor zwei Jahren die Berliner
Firma Roſenthal u. Co. den Betrieb des Mineral-


ſelters der freie Haustrunk entzogen, und nun ſeit dem
6. Juli auch der Gemeinde Niederſelters. Und noch
mehr: Eine in der Nähe von Niederſelters gelegene
Quelle ließ die genannte Firma zuwerfen, ſodaß das
überflüſſige Mineralwaſſer ſich ungenutzt in den Ems-

bach ergießt. Die Gemeinde Niederſelters will vor
Gericht um ihr durch den jahrhunderilangen Gebrauch
erworbenes Recht, das auch dokumentariſch feftftehen
ſoll, kämpfen. Sie iſt dazu aus geſundheitlichen Rück-
ſichten, wie es heißt, geradezu gezwungen, da das

übrige Trinkwaſſer fo ſtaͤrk ſalpeterhältig und teilweiſe


ärztlichen Ausſagen Typhus entftehen kann. MNeue


Beſtimmuugen. Die Bürger ſind um ſo erbofter, als
einſt König Wilhelm I. in beſonderer Audienz einer
Abordnung erklärt hHatte: „Was Euch unter Kur-Trier -
gegeben und unter Naſſau gewährleiſtet worden ift,
ſoll Euch auch unter meiner Regierung nicht vorent-
halten werden.“ * — —











Beitgeichighte.

Deutſchkand. Berlin, 14. Zuli Der Bundesrat


— Für die Beamten iſt eine Gehaltsaufbefferung
geplant, zu der jährlich 20 Millionen Mark verwendel


begannene Gehaltsaufbeſſerung zum Abſchluß gebracht
werden. Und zwar ſoll dabei nunmehr auch das Bfftzier-
korps vom Premierlieutenant aufwärts bis zum Major


— Der zum Reichskommiſſax für die nächſte Paxiſer
Beltausſtellung ernanate Geh. Regierungsrat Dr.
Richter hat ſich bereits nach Paris begeben, um dort in
Verhandlungen wegen der Geſtaltung der Beteiligung
Deutſchlands an der Ausſtellung einzütreten.

— Die am 31. Mai von Hämburg abgegangene Er-
gänzung der Schutztruppe von Südweſtafrika iſt
am 25. Juni in Swakopmumd eingeiroffen; ſie hat alſo
eine beſonders ſchnelle Fahrt gemacht; die Woermann-
Dampfer brauchten bisher ſtets 30—831 Tage bis dahin.

Danzig. In aller Stille ſetzen hier die Polen ihre


erfolgreicher, als bisher bekannt geworden iſt. Wie die
Oſtmark jetzt meldet, iſt ſchon vor Monatsfriſt in der
St. Nieolaikirche die erſte polniſche Predigt gehalten, und
Probſt Schrader hat vom Altar aus erklaͤrt, polniſche
Predigten würden nunmehr an jedem Sonntag ſtatt-
finden, fals es die Beteiligung der Polen rechtfertige.
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß es an nötiger
Agitation dazu nNicht fehlen wird, munterte doch Der
„Goniec“ ſchon oft die hieſigen Polen auf, nicht allein
die Kirche fleißig zu beſuchen ſondern auch für polniſchen
Geſang zu ſorgen. :
Oeſterreich Augarn. Den Deutſchen wird, wie in
Ungarn von den Magyaxen, ſo in Oeſterreich von Slaven
das Leben ſyſtematiſch ſauex gemacht. In Brünn ging
der Deutſchenhaß der Tſchechen fo weit, daß endlich, wie
die Kölniſche Zeitung“ mitteilt, die Behörden gegen die
Bedrohung dex deuſchen Geſchäfte durch die Tſchechen
einzuſchreiten begonnen haben Die Bezirfshauptmann-
ſchaft in Littau ardnete an, daß die Aufſchrift „tſchechiſches
Geſchäft“ von den Läden entfernt werden miiſe. *
Hetzer, welche die Bevölferung den deutſchen Geſchäfts-
leuten aus nationalen Gründen abſpenſtig zu machen ſich
bemühen, werden mit Strafen bedroht. *

Ztalien. General Pelloux iſt am Sonntag von Verona
in Rom eingetroffen und hat ſich ſofert zu Rudini be-
gehen, um mit demſelhen zu beraten, Die Blätter bleiben
dabei/ daß die Kriſis durch die militäriſche Frage hervor-
gerufen iſt und verſichern, von der Löfung dieſer
welche vor allem andern herheigeſührt werden müſſe,
werde Umfang und Dauex der Krijis abhängen. General
Pelloux haͤtte bald nach ſeiner Ankunft eine Audienz beim
Könige.

Wie aus Schog gemeldet wird, hat König Menelit
erflärt, trotz ſeiner tiefſten Verehrung für den Papſt
müſſe er deſſen Wunſch auf Freigabe dex itglieniſchen
Gefangenen ſo lange verweigern, bis zwiſchen Abeſſynten
und Italien ein Friedens-und Freündſchafts-Bündnis
geſchloſſen ſei.

Sirankreid. Paxis, 14. Juli. Li-Hung-Tſchang kam

eſtern Abend 7 Uhr am Noxdbahnhof an. Auf dem
warteten die Vextreter des Präſidenten der ſfei
blik, des Miniſters des Auswärtigen und der chineſiſchen
 
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