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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 61 - No. 70 (9. Juni - 30. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42841#0249

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. —
Der „Badiſche Molkahote“ er-
ſcheint 3mal wöchentlich (Diens-
tag, Donnerstag und Samstag).
Verlag und Leitung:
Beidelbers Sahnhofſtraße 9.
Telegramn Adreſſe:
Yolksbote Heidelberag,
2 Anzeigeupreis:
Die oͤgeſpaltene Petitzeile 10 Pfg.




Yreis vierteljahrlich
durch den Briefträger frei ins
Haus gebracht MF. 1.25, am Poſt-
ſchalter oder durch unſere Boten
in Heidelberg 1 M, von unſerer

Erpedition abgeholt 80 Pfg.
Voſt Zeitungs Vreisliſte
Ur. 755. /





Zolitiſcher Ceic.
* Zer deutſche Augendbund.

Tief ward die Tolexanz uns eingeimpft,
In fremden Kirchen ſind wir fromme Beter,
Zum Feſt der Hunnen, die uns frech beſchinipft,

iehn dieſer Zage deutſche Volksvertreter.




ach jeden Hottentotten⸗Krales Brande,
Da ſteuern ſie mit vollen Gänden bei —
Doch wehe, wenn es brennt im eignen Lande!
Fremde zu feiern, iſt ihr höchſtes Ziel,
Ihr heiß Beſtreben. Ach es könnt uns retten,
Wenn 7 fürs eigne Volt nur halb ſo viel
Zeilnahm’, nur halb ſo viele Liebe hätten!“

So geißell das vorzügliche deutſch⸗ nationale
Wigblatt Dentſcher Michel“*) in einem Leit-
gedicht die unſelige Manie der Deutſchen, vor allem


vollauf berechtigtem deutſchen Nationalſtolz darnach zu
trachten, deutſches Weſen und deutſche Eigenart nicht
nur in fremden Ländern, ſondern auch ganz beſonders
in unſerem eigenen Vaterlande zur Geltung zu bringen.
Wahrlich, Not thut es, daß dies endlich gefchieht!
Das deutſche Volk krankt noch immer an den
Folgen der früheren Zerriſſenheit des deutſchen Vater-
landes wo die einzelnen Volksſtämme, eiferſüchtig auf
ihre Sondereigentümlichkeiten, den deutſchen Bruder

Auch jetzt macht ſich der Partikularismus noch iminer
jehr bemerkbar, und es iſt bedauerlich, daß er oft von


genährt wird. Leute, wie der Dr. Sigl vom


unſere weſtlichen Nachbarn haben ihre helle Freud?
daran. So lange nicht die gegenſeitigen Eiferjüchteleien
der einzelnen deutſchen Volksſtämnie aufhören, ſo lange


in die nötigen Schranken zurückgedrängt hat, ſo lange
wird der Franzoſe ſeine „Repanche? Abſichten nicht
aufgeben, in der Meinung, daß das Gefüge des


Anſturm zerbröckelt.
Es gilt alſo, den deutſchen Einheitsgedanken,
ſelbſt wenn etwa der Heimatspatriutismus manchmal


Preuße, Badenſer, Reußer re. zur Geltung komnien.
Seien und handeln wir alſo vor allem Deutſch,
nicht ſpeziell bayeriſch, preußiſch, badenſiſch, reußiſch
2c., das iſt unſere Mahnung.
Und zwar nicht nur den außerhalb der
NReichsgrenze wohnenden fremden Nationalitäten gegen-
über, mitjfen wir unſex Deutſchtum geltend machen,
wenn wir ihnen nicht — anſtatt Achtung — Verachtung
einflößen wollen, ſondern es gilt ganz beſonders auch,
dafür zu ſorgen, daß das einheimiſche Deutſchtum
aicht von fremden Elementen in den Hintergrund ge-
drängt wird und daß deſſen Vertreter nicht zu Helofen
jenes bekannten aus dem Orient eingewanderten Volkes
degradirt werden.
Dieſe Gefahr liegt ſehr nahe und wird geſördert
durch den unſeligen Toleranz⸗ und Humanitaͤtsduſel,
dem ein großer Teil des Volkes noch huldigt. Aber
Gott ſei Dank, dieſe toleranzduſelige Generation iſt
auf den Ausſterbe-Etat geſetzt, die heranwachſende
Jugend denkt anders; ſie iſt durchdrungen von
nationalem Ehrgefühl und hält es für eine Schmach,
wenn dasſelbe ungeſtraft verletzt werden darf. In


bände geſchaffen worden, die eine Regeneration des
Volkes im chriſtlichen und deutſchen Sinne er-
ſtreben Wir meinen die deutſchen Zugendbünde.
Dieſelben finden allenthalben bei der Jugend u
ſteigendem Maße Anklang, das bezeugt die Thatſache,
daß im verfloſſenen Jahre — wie auf dem zu


tage konſtatirt worden iſt — nicht weniger als 28
neue Bünde entſtanden find.
Auch in Baden giebt es mehrere Jugendbünde,


den in Kaxlsruhe nennen. Im Folgenden geben
wir einen Aufruf des letzteren wieder, den wir unſeren

Preis vierteljährlich 1,50 Mark,
Berlin W 57, Göbenſtraße 6.

Geſchäftsſtelle




7. Zahrgang.



Freunden hiermit aufs wärmſte der Beachtung em-
pfehlen: *

An die deutſche Jugend!

Motto: Vorwärts immer,

NRückwärts nimmer.


deutfchen Holkes, bange Schwitle, wie vor einem
nahenden Gewitter, laſtet auf den Gemütern aller


freunde. Allüberall gährt es wohin wir
ſchauen, iſt Uneinigkeit und Zwietracht, Kampf und ver-
zweiflungsvolles Ringen, Unzufriedenheit und Murren


Geiſter, immer deutlicher bilden ſich in unferem Volke
zwei Heerlager. Hier blanker Materialiamus,


Parole: den Himmel uͤberlaſſen wir den Engeln
und den Spatzen — dork Jeſthallan an den alten
guten Sitten und Tugenden unſerer Väter, Er-
kennnknis des hohen Werts und der Unentbehrlich-
feit einer ſittlich religtöfen Lebensanſchauung, wahres
Mitgefühl für das Wohl aller arbeitenden Stände
und Anſtreben einer nakfiuonalen, den Intereſſen der
Geſamtheit unſeres Volkes dienenden Reform — das


ſchärfere Geſtalk gewinnen.
Die Kluft, welche ſolchergeſtalt unſer Volk heute


brücken; früher oder ſpäter wird die Notwendigkeit
an jeden herantreten, ſich für die eine oder andere
Seite zu eutſcheiden. Pflicht eines jeden wackeren
deutſchen Jünglings aber wird es ſein, ſich jederzeit
auf die Seite ſeines Volkes zu ſtellen und ſeine ganze


Deutſchtum, Throu und Altar


der Alten, der Erwachſenen, das iſt auch fchon Die


wahrhaft deutſchen Jugend.

Wer ſollte wohl eher dazu berufen ſein, als gerade
die Jugend, welche, von den Stürnien des Lebens
noch nicht zerſauſt und entblättert, noch offenen Sinn
für alles Gute, Edle und Schöne beſitzt, in deren
Herzen das Feuer idealer Begeiſterung hell genug brennt,
um die ſchwarzen Schlacken einer niederen malerialiſtiſchen


Für die deutſche Jugend gilt das Wort „Was d

* von deinen Vätern, erwirb es, um es zu be-
en.
Befeſtigung und Auffriſchung nationaler Sitte
und Denkart, Streben nach Waͤhrheit und Voͤll-
kommenheit. Opferwilligkeit und Treue im Dienſte
des Vaterlandes, das darf und muß von einer Jugend
erwartet werden, welche in der Geſchichte ihres Voͤlkes
ſo reiche Beiſpiele germaniſcher Heldentugend vor-
ſindet. — Die deutſche Jugend ſei beſtrebt, in allen
Stücken deutſch zu ſein, deutſch zu fühleu, deutſch
zu haudeln; ſie halte ihre Waffe blank im Kampfe
gegen Alles, was mit deutſcher Ehre, Sitte und Treue
nicht vereinbar iſt. 4

Es gilt/ Front zu machen gegen den internationalen
mammoniſtiſchen Zeitgeiſt, wie er ſich vornehmlich in
Auſchauungen des internationaken, ſchachernden
Zudentums wiederſpiegelt, Front zu machen gegen
eine Geſinnung, welche an die heiligſten Güter unſerer
Nation den matexiellen Maßſtab legt und Alles für
käuflich hält, Ehre, Liebe und Achtung.

Verabſcheut ſei eine Preſſe und Litteratur,
welche zumeiſt von jüdiſcher Hand geleitet und in
jüdiſchem Geiſt regiert, unſerer Sittlichkeit Hohn ſprechen,




und unſer Chriſtentum verhöhnen.

Die deukſche Iugend halte ſich rein von allen
unedlen, unſer Voͤlkstum ſchädigenden Einflüſſen, ſie
bewahre ſich ihre ideale, chriſtlich germaͤniſche Ge-
ſinnung, kraft deren es ihr allein möglich iſt, den
Anſtürmen auf unſer Volkstum nach außen und innen
einen wirkſamen Damm entgegenſtellen zu können.

Wer ſolcherart ein nühliches Glied ſeines
Volkes ſein will, wen nationales Pflichtgefühl treibt,
in ſeinem Teile beizutragen, daß die edlen Güter
deutſchen Volksgemüts wieder zu Tage gefördert und



in vollem Maße gewürbigt werden, der ſchließe ſch
uns an, der werde Mitglied eines deutſchen Zugend?


Deutſche Jugendbuͤnde beſtehen bereits in allen
größeren Städten unſeres deutſchen Vaterlandes und


gegenſeitigen geiſtigen Weiterbildung der Mitglieder,
der Pflege des Deutſchtums und des deutſchen Lieds


lage chriſtlich deutſchex Sitte gewidmet ſind, finden
jeden Samſtag Abends 8’2 Uhr in unſerm Lokal
„Zum Schiff“, Zähringerſtraße (Nebenzimmer) ſtatt
und ein Beſuch deutſch gefinnter junger Männer (nicht
unter 18 Jahren) iſt uns jederzeit herzlich willkommen.

Deutſcher Jugendbund Karlsruhe.

Der Lall Ott
vor dem Landgericht in Mannuheim,
„Wie bei allen fogenannten Querulanten beginnt
auch hier der ſogen. Querulanten-Wahnfinn mit einem
ſchweren Unrecht. Die Frau Ott war auf Grund


geblicher Verleitung zum Meineide zu einer Zuchthaus-
ſtrafe verurteilt worden. Dadurch wurde das Gefühl
des Mißtrauens in ihr hervorgerufen, das ſich in zahlt-
reichen Klagen an die Gerichtsbehörden kundgab“ —
mit dieſen Worten ungefähr begann am Freitag voriger
Woche der Verteidiger des Heidelberger Univerfitäts:
Profeſſors Dr. v. Kirchenheim, Rechtsanwalt Kaufmann,
vor dem Landgericht zu Mannheim ſeine Verteidigungs-
rede. Wir wiſſen nichts Näheres über den erwähnten


darüber fällen, ob die Frau Ott ſchuldig oder un-
ſchuldig war, jedenfalls hatte ſie aber nicht das Be-


gemacht zu haben. Sie erblickte daher in den Ver-
tretern der Gerichtsbehörden und deren Beauftragten
Leute. welche darauf ausgingen, unſchuldige Menſchen
ins Unglück zu ſtürzen. Nachdem ſie auf Antrag der
Verwandten ihres verſtorbenen Ehegatten, mit denen
ſie in Erbſchaftsſtreitigkeiten geriet, als irrſinnig ente
mündigt worden war, wuchs ihr Haß gegen die Bes
hörden noch weiter. Die Frau, die — nach Ausſage
aler Zeugen — ſonſt vollſtaͤndig vernünftig ſprach und
handelte, geriet außer ſich, ſobald die Rede auf die ihr
zuteil gewordene Behandlung kam, und ſie gab ihrer
Meinung auch unverhohlen Ausdruck. Wir können
uns dieſes Benehmen ſehr wohl erklären, ohne zu der
Annahme zu gelangen, daß die Frau Ott geiſteskrank
geweſen ſei. Ueberhaupt meinen wir, daß der pſychiſche
Affekt, den man als „Querulantenwahnſinn? bezeichnet,
gar nicht den Namen „Wahnfinn“ verdient, vielmehr
ſchließen wir uns der Anſicht des Rechtsanwalts Kauf-
mann an, daß die mit diefer angeblichen ,Krankheit“
behafteten Perſonen durch üble Behandlung oder ſonſtige


worden ſind, was ſich dann manchmal freilich auch
gegen Leute richtet, die das nicht verdienen.
Geiſtige Erkrankung muß nach unſerer Ueber-
zeugung ſtets auf einer phyfiſchen Erkrankung des
Nervenſyſtems beruhen, wir haben aber noch niemals
gehört, daß etwa durch poſtmorte Unterſuchung bei einem
Menſchen, der angeblich an Querulantenwahnſinn ohne
gleichzeitige ſonſtige Geiſteserkrankung gelitten
jat, ein fölcher phyſiſcher Defekt nachgewieſen worden iſt.
Wir können uns durchaus in die Lage des Herrn Prof.
Dr. v. Kirchenheim hineinverſetzen, der ſich der nach ſeiner
Anſicht ohne Grund entmündigten Frau Ott angenommen
hat, und er hatte nicht nur ein Recht dazu, ſondern ſogar


Reform des Irrenrechtes iſt. Was wir aber nicht
billigen können, iſt die Art und Weiſe, wie er die
Angelegenheit durchgeführt hat. In ſeinen verſchiedenen
Schreiben an die verſchiedenen Gerichtsbehoͤrden läßt
er es nicht nur an dem auch in ſolchem Falle nötigen
geſellſchaftlich-höflichen Tone fehlen, ſondern er be-
ſchuldigt ſogar Großherzogliche Beamte der Begehung
von Manipulationen, die, wenn ſie ſich als wahr
herausſtellen, mit dem Zuchthaus beſtraft werden.

So ſoll der Obexamtsrichter Sautier ſich der
Unlerſchlagung von Schriftſtücken ſchuldig gemacht haben.
Wie die Verhandlung jedoch ergab, war dieſe Anklage
völlig unbegründet. Und dabei handelt es ſich ganz
ſpeziell um ein Schreiben, das nicht den geringſten
materiellen und kaum irgend welchen ideellen Wert
 
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