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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 11 - No. 20 (1. Februar - 20. Februar)
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Der Badiſche Zelkzsbote erſcheint zmal wöchentlich
(Dienstags, Donnerstags und Samstans).

Telegramm Adreſſe? Zelksbote Heidelberg.




















2












— {}

A — —




* — —







reis viertelzaͤhrlich
durch den Briefträger frei ins Haͤus gebracht Mk. 1.25,
DE Hen Dafen ME 1
Am Doftfchalter 0d. unferer Srpeditten abgehnlt 80 Pfg.
Fol-Beilungs-Preisfifte Iir. 755

— —












— —












| Örgn der Nenlſchſop






Beidelberg, den 8 Sebruar 1896. -






7. Jahrg.



Die „Badiſche Landpoſ *
leidet bekanntlich fortgeſetzt an Bandwurm-Leitartikeln,


Kopf ausfieht, nicht bemerken konnte, ſo dürfte es auch
in abſehharer Zukunft ſo bleiben. Augenblicklich iſt
wieder eine „Serie“ im Gange, die bis zu Nr. 4 ge-
diehen iſt. Dieſelbe beſchäftigt ſich mit dem Aus-
tritt des Hofpredigers Stöcker aus der kon-
ſervativen Partei und polemiſiert in einer Weiſe
gegen das „Bolk“, die ſich mit dem Anſpruch der
konſervativen Preſſe, die Trägerin des „wirklich vor-
nehmen politiſchen Tons“ zu fein, nicht im geringſten
vexträgt. Wir gehen in unſerer Annahme wohl nicht
fehl, daß dieſe neue „Serie“ wieder für die „Kon-
ſervative Korreſpondenz“ beſtimmt iſt, wo der Ver-
faſſer bekanntlich vor nicht langer Zeit von Frhrn. von
Stumm „entdeckt“ worden iſt, der ihn dafür mit der
Leitung der freikouſervativen/Poſt“ zu belohnen ge-
dachte. Vielleicht eröffnet die jetzige Serie dem
Verfaſſer die Ausſicht auf die Leitung der „National-
liberalen Korreſpondenz.“ Verdienen würde er
ſie in der That.

Zwiſchen den politiſchen Anſchauungen des „Volk“


Gegenſätze, daß wir uns nicht berufen fühlen, dieſes
Blatt gegen die Angriffe der „Badiſchen Landpoſt“
zu verteidigen, zumal das genannte Blatt der letzteren
die ihr gebührende Antwort nicht ſchuldig bleiben
wird. Was uns ſpeziell veranlaßt, uns jeute ein
wenig mit der „Bad. Landpoſt“ zu beſchäftigen, iſt
ein anderer Artikel (in Nr. 32 vom 7. Februar), der
ſich gegen den „Badiſchen Volksboten“
richtet.
Die „Badiſche Landpoſt“ polemiſiert darin gegen
unfere Austaſſungen über die Vorgänge im Elferaus-
ſchuß der konſervativen Partei und deren vorausſicht-
liche Folgen. Das Blatt wagt es, uns „unwahre
Berichterſtattung“ vorzawerfen, obwohl es ſelbſt —
gerade auch wieder in diefem Artikel — mit der Wahr-
heit in einer Weiſe umſpringt, wie man es ſonſt nur
in der liberalen und ſozialdemokratiſchen Judenpreſſe
gewöhnt iſt. Beweis: die „Bad. Landpoſt“ ſchreibt:“

„Der Badiſche Boltsbote“ bemüht ſich fort-
gejegt durch eine unwahre Berichterſtattung ans der durch
den Austritt Stöckers aus der Fonjervativen Partei ge-
chaffenen Situation für die dentſ hzoziale Partei
Ziſche zu fangen Das Blatt ſchreibt, daß die meiſten (!)
fonjervativen Blättex ſich auf die, Seite der — radika-
len Chriſtlich Soziaͤlen zu ſchlagen gedächten. Dem
gegenüber ſtellen wir feſt, daß von den 232 großen, mitt-
{ereıt unDd kleineren lonſervativen Blättern, ſich ſage und
ſchreibe ein einziges für die Chriſtlich⸗Sozialen gegen
die Konſervativen ausgeſprochen hat und das iſt die
„Nommerſche Reichspoſt“ Die, Pommerſche Reichs-
pojt” iſt aber nicht das führende Organ der Pommer-
ſchen KLonſexvativen, hat überhaupt keinen maßgebenden
Einfluß auf die Entſchließungen der Pommerſchen Kon-
ſerdativen, es wird allerdings vom Gelde der Konſer-
vativen unterſtützt, was nun aber bald der Vergangen-
heit ang-hören mwird.” . - ;

Und worauf baſieren dieſe Auslaſſungen? — In
Nr. 13 und 14 des „Bad. Volksboten! hatten wir
in durchaus ſachlicher Weiſe den Konflikt in der kon-
ſervativen Paxtei geſchildert und daran folgende Be-

merkungen geknüpft: -
Von einem unſerer Freunde in Berlin wird
uns zwar mitgeteilt, daß die Scheidung zwiſchen dem
Herrn Hofprediger und der konſervativen —— ſehr
friedliche geweſen ſei, aber wer die Verhültniſſe in der
letztexen, wie ſie ſich in der jüngſten Zeit entwickelt haben,
kennt, der weiß, daß eine ſcharfe Abſonderung zwiſchen
den Altkonſervgtiyen und den Chriſtlich-⸗Sozialen unaus-
bleiblich iſt. Viele Ehriſtlich Soziale waren der konſer-
vativen Sache von jeher nur deswegen zugethan, weil ihr
Führer, der Herr Hofprediger Stöcker, ſich zu der konſer-
vativen Partei rechnete Jetzt iſt dies loſe Band durch-
ſchnitten und es iſt nicht unmöglich, daß dadurch der Be-
taͤnd der konſervativen Partei dezimiext wird, denn ihre
werhende Kraft beſtand von ieher in den Prinzipien, die
die Ehriſtlich Sozialen auf ihre Fahne geſchriehen haben.
Auch eine große Anzah! (') pon konſervatipen Zeit-
ungen waren mehr chriſtlich ſoziel als fonjervativ. Wenn
diefelben ſich nicht den Vorwurf der Geſinnunssloſigkeit
machen laſſen wollen, ſo werden ſie genötigt ſein, ſich
ebenfalls von der konſervativen Partei lgszuſagen. Von
zahlreichen beſonnenen konſervatipen Politikern iſt es
24 als eine große Unüberlegtheit bezeichnet worden,
daß die konſervatide Parteileitung die „chriſtlich-ſoziale



war Der Anfang von dem Ende, welches jene konſerva-
tiven Kreiſe, mit Schrecken vorausſahen, iſt jetzt einge-
— 8


ſcheint nur zu ſchnell in CSrfüllung zu gehen Der Aus-
titt des Hofpredigers Stöckex aus Dder konferbatiben
Bartei hat ſchoͤn jeßt zu energiſchen Proteſten gegen das
Vorgehen des „Elferausſchuſfes geführt, der ſich z. B.


„Lolberger Volks-Zig. ſehr einflußreichen

(
„Bommerfchen Reichspoft“ äußert.

Das genannte Blatt


ſchwerer innerer Krifis, Auseinanderfallen der Bartet,
und fordert zu den ſchärfſten Proteſtverſauumlungen gegen
den Elfer⸗Ausſchuß auf. * 5 ;

Hinter der „Bomm. Reichsp.“ ſteht das Gros der
Konſervativen Pommerns, auch derjenigen welche feiner-
zeit ihre Mißbilligung über den bekannten Brief Stöckers
ausgeſprochen hahen, für den ſie eine Rüge feitens der
Parteileitung verlangten. Darin ſtimmten alle überein,
daß es einen großen Verluſt für die Deutſch-Konferva-
tiven bedeuten würde, wenn Stöcker der Paͤrtei verloren
ginge, und zahlreiche Stimmen wurden laut, die die Leit-
ung der Vartei davor warnten, einen Bruch herbeizu-
führen Dieſe Warnungen ſind nicht beachtet worden.
Am Sonnabend erfolgte die Scheidung.

Wo ſteht da — ſo fragen wir — etwas davon,
daß „die meiſten“ konſervativen Blätter ſich auf die
Seite der „radikalen“ Ehriſtlich-Sozialen „zu
ſchlagen gedächten“? Wo iſt ferner im „Volksboten“
etwas von einem „führenden“ Organ der Pom-
Wie nennt man
das, wenn man einem Gegner Worte in den Mund
legt, die er gar nicht geſagt hat, um ihn dann „abzu-
trumpfen“? — Wir haben nur einen Ausdruck da-
für: das iſt jüdiſch· liberale Manier!

Wir haben in unſeren Ausführungen von Herrn
Hofprediger Stöcker und deſſen Anhaͤng geſprochen,
und den wird wohl ſelbſt die „Bad. Landpoſt“ nicht
zu den „Radikalen“ rechnen. Wenn uns das Blatt
jodann Unkenntniß darüber vindiziert, daß Paſtor
Naumann kein Antiſemit ſei, ſo iſt das wirklich
naiv. Wenn wir, troſtz dem er Gegner des Anti-
ſemitismus iſt, manches (!!) anexkennen, was Paſtor
Naumann in ſozialpolitiſcher Hinſicht Gutes geleiſtet
hat, ſo beweiſt das nur, daß mir — im Gegenſatz zu
der konſervativen „Bad. Landpoſt“ — auch die Ver-
dienſte eines politiſchen Gegners vorurteilslos
zu beurteilen wiſſen. —

Sehr unüberlegt iſt es von der „Bad. Landpoſt“,
wenn ſie den Verſuch macht, uns über die Verhaͤlt-
niſſe in Pommern aufzuklären, denn wir ſind ganz
ſpeziell über dieſe ſo vorzüglich orientirt, daß die
Redaktion der „Bad. Landpoſt“ bei uns in die
Schule gehen und uns keinen blauen Dunſt vormachen
kann. Ein „führendes? Organ der Pommer-
ſchen Konſervativen giebt e& überhaupt nicht.

Faſt die ganze konſervative Preſſe in Pommern
wird nach der Schablone der „Konſervativen
Korreſpondenz! redigiert. Es giebt nur
zwei Ausnahmen, nämlich die „Pommerſche Reichspoſt“
und die „Colberger Volksztg“.
bringen die in der konſervativen Partei Pommerns
herrſchenden Anſichten in ſelbſtgeſchriebenen
Leitartikeln zum Ausdruck, und deshalb ſind wir voll
und ganz berechtigt zu der Behauptung, daß ſich in
ihnen die Anſchauungen des Gros der Pommerſchen
Konſervativen widerſpiegeln. — Welches iſt wohl nach
der Anſicht der „Bad. Landpoſt“ das „führende“
Organ in Pommern? Etwa der „Cösliner General-
anzeiger“, der in einem jüdiſchen Verlag erſcheint und
dementſprechend jedes unſanfte Wort über die Juden
hinter dem Zaun ſeiner Zähne zurückhält? Oder iſt
es das „Schievelbeiner Kreisblatt”?? Dies wäre
vielleicht das Ideal eines „führenden“ konſervativen
Partei⸗Organs in den Augen der „Bad. Landpoſt“.
Was die unnoble Manier anlangt, in der die „Bad.
Landpoſt“ über die Unterſtützung der „Pomm. Reichsp.“
durch das Geld der Konſervativen ſpricht, ſo überlaſſen
wir das Urteil daruber unſeren Leſern. Sollte die



„Bad. Landpoſt“ vielleicht dadurch hervorheben wollen,
daß ſie ſelhſt ſich „dankbgrex“ erweiſt für die ihr zu-
fließenden konſervativen Gelder? Denn auch ſie friſtet


doch ihr Daſein von dem Gelde der Barteigenoffen
— Uebrigens dürfte gerade der Geldpunkt viele konfer-

über den egierungskonſervativen Ausdruck zů ver-
leihen. Nur immer zu! Werft nuc alle um die

fonfervative Paxtei hochverdienten Männer, wie
den Redakteur Malkewitz von der „P. Reichspoſt“
der durch Wort und Schrift unermüdlich für die Partei
thätig geweſen iſt, hinaus; dadurch wird der Zerfehungs-
prozeß in dexſelben nux beſchleunigt, und dann wird der
biedere Badiſche Landpoſtillon hald das wehmüthige
Liedl blaſen fönnen: „Ach du lieber Auguſtin, alles
U in dınm, mı 4 4—
7 %, in f dann alles, was an der konſervativen
Partei volkstümlich iſt; die Tivoli-Konſexvativen

tennen ſich von der Partei, und übrig bleiben nur.
die Regiexungs-Konſervativen?, die zu allen jeweiligen
Maaßreheln /von oben“ her , ja und /amen“
ſagen. Dann iſt die Bahn frei für eine „gefunde
mittelparteiliche Kartellpolitik!, wie ſie in gewifſen
Kreiſen der konſervativen Partei ſchon lange heiß
erſehnt wird. —
Natürlich leugnet die „Badiſche Landpoſt“ dies
auch ab und führt dafür eine bez. Auslaſſung der
„Konſervativen Korr.“ ins Feld. Das beweiſt aber
garnichts, denn die „K. Korr.“pendelt ſeit geraumer Zeit
ſchon ugentſchloſſen zwiſchen den beiden Strömungen
in der Partei — der ariſtokratiſchen Regierungspartei
und den aufrichtigen Axhängern des Tivoliprogramms
— hin und her, ſodaß ſich aus ihren Auslaſſungen
von heute keine ſicheren Schlüffe auf ihre Anſicht von
morgen ziehen laſſen. Es iſt noch gar nicht lange
her — es war Ende November vorigen Jahres —,
da brachte die „Kreuzzeitung“ einen Artikel, welcher
u. a. folgende Sätze enthielt:

Die confervative Partei bildet offenbar die beſte
Bermittlerin zwiſchen dieſen beiden Fraktionen. Sie fteht
den Nationallibergleu nicht ſo feindfelis gegenüber 1wie
das Centrum, und dem Centrum nicht fo feindlich wie
die Natignalliberalen. Inı Neichstage kann aber einẽ feſte
jichere Mehrheit nur vorhanden ſein, wenn dieſe drei
Elemente. zuſgmmenwirken. Und hier kaun gerade die
foufervative Partei die ſegensreichſte Miſſion ausiben.
In Verbindung mit den Nationalliheraleii kann ſie —
wo das Dem Centrum gegenüher nötig ſein ſollte, das
nationale Moment betonen, und in Verhindung mit dem
Centrnm gegenüber den Nationalliberalen für die reli-
giöſen Ideen eintreten Somit wäre eine konſervativ-
ceniral-nationalliberale Zuſammenwirkung
am heſten geſichert unter der Führung und dem Bortritt -
der Conſervativen. .. .“

„Wirx haben hier abſichtlich den Ausdruck, Zuſammen-
wirkung“ gewählt, weil eine Coglition oder ein Lartell
dieſer Parteien, wie alleWelt einſieht, zur Zeit wenigſtens (!)
ganz undenkbar iſt.

Und deshalb wünſchen wir zwar kein Cartell und
kein feſtes Bündnis, aber doch ein häufigeres Zuſammen-
gehen zwiſchen Conſervativen, Centrnin und National-
iberalen gegen den Radicalismus. Dexſelbeu An-
[th il wie MIrın glauben Urſache haben,
auch die Regierunsch.

Die „Badiſche Landpoſt“ bekommt es nun vielleicht
auch fertig, zu behaupten, daß auch die „Kreuzztg.“
kein „führendes“ Organ der Konſervativen Partei ſei;
damit würde ſie allerdings recht allein ſtehen. Die
„Kr.Ztg.“ vermeidet es ja vorſorglich, das anrüchige
Wort „Kartell“ zu gebrauchen, wenigſtenz„zur Zeit“
ſei daſſelbe undankbar. — Nun, die Zeityexhältniſſe
haben ſich je jetzt ſehr zu Gunſten der Kartellpolitiker
geändert, und die Richtung, welche wir als die ariſto-
kratiſche“ (im Gegenſatz zu. den breiten Volks-
ſchichten) bezeichnen, gewinnt die Oberhand. Hinzufügen
möchten wir gleich, daß wir nichts weniger als enragierte
Feinde des Adels ſind, wie die „Bad. Landp.“ uns unter-
zuſchieben im Stande wäre. Wir ſind ſogar Freunde
derjenigen Junker, deren Sprachrohr das, Deutſche. Adels-
blatt“ iſt, und werden uns ſehr freuen, wenn dieſelben
wirklich den Ehrgeiz verfolgen, als die eifrigſten Vor-
kämpfer der Intereſſen des Mittelſtandes ihrem Yawen
Ehre zu machen. Feinde aber, erbitterte Feinde ſind
wir desjenigen Teiles der Ariſtokratie, der da ſich
ſchmiegt und kriecht wie ein polniſcher Jude, der um



eines gnädigen Blickes „von oben“ her oder einer reichen
 
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