Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

DOI Kapitel:
No. 71 - No. 80 (3. Juli - 24. Juli)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42841#0305

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext



* * ABirde veiuebete et-
i deetmal wöchentlich.
Lerlag und Leitung:
Heidelberg, Lahuhofſtraſte 9,

Telegramm-Adxeſſe:
Yolksbote Geidelberg,

u ‚ Anzeigenpreis: .. ;
— E o d






ß ureis vierteljährlids
. durch den Brielträger freiin’s
Haus gebracht Mh 1.25, a_mg!‚%igé
{halter oder durch unjere Bo *
in Oeilberg 1 D, Unferet
— Expebition abgeholt 80 Brg.
Poß-Zeituhgs-Preislike

f

2*

in Badel



— —

der Jahreshericht der Lahrer
Bandelskaniner
_ Dem Zahreshericht für 1895, der demnächſt er-
jeheinen foll, ſchickt die Handelstammer zu Lahr eine

Einleitung voraus, die fich fowohl niit der wirtfehaft:




diesbezüglichen Verhältniffen im Lahrer Kammerbezirt


_ mnationalliberal verſchwoͤmmen.
Beſferung — wenn auch nur eine nicht ſehr bedeutende


kammer möchte gerne dieſe Steigerung des Handels-

verkehrs auf Rechnung der Handelsbertraͤge ſetzen, indem
n 1962 ———

— „Daß dieſe Zunahme des Exports zu einem großen


nach Rußland) von demſelben haben. Für andere
Induſtriezweige und ihre Abſatzrichtungen darunter
auch für die meiſten der unſerigen, ruht der Nutzen
der Verträge vorläufig noch mehr in der übrigens
keineswegs zu unterſchaͤtzenden Wirkung der Feſtigung
und Stetigkeit der Exportverhältniſſe und Beziehungen.“


Rußland durch den auf Koſten der dentſchen Land-
wirtſchaft abgeſchloſſenen rufſiſchen Handelsvertrag er-
halten hat, und wiederholt iſt von der Preſſe der
deatſchſozialen Reformpartei darauf hingewieſen worden,
daß gerade der Maſchinen⸗Export naͤch Rußland in
kurzer Zeit für die übrige deutſche Induſtrie ſehr
nachteilig ſein wird. Die Ruſſen ſchaffen ſich Ma-


woas ſie ſonſt aus dem Auslande, beſonders aus Deutſch-
land bezogen haben. Japan zeigt uns, welche Folgen
der mit ſo großer Freude begrüßte Abſatz deutſcher


dem Export zahlreicher Erzeugniſſe der deutſchen In-
duſtrie der japaniſche Markt zum Teil verſchloſſen
Worden, ſondern Japan macht uns ſogar ſchon auf
dem europäiſchen Markt — dank den von uns ge-
lieferten Maſchinenu den dortigen billigen Arbeitskräften —
erhebliche Konkurrenz. So iſt Japan imſtande, in der
Samt⸗ und Seidenbranche die Krefelder Fabrikanten
auf europäiſchen Märkten ſchon zu unterbieten. Alſo
der Jubel über den durch den Capriviſchen Handels-
vertrag geſtiegenen Export der deutſchen Eiſeninduſtrie
iſt gar nicht am Platze.


verhältniſſe dürfte in folgenden Ausführungen der
Lahrer Handelskammer liegen:
„Das Vertrauen auf den Frieden war es


ſchaftlichen Verhältniſſe beförderte, die, wie die Nach-
weiſungen des Verkehrs und der Verkehrseinnahmen
ergeben, durch eine Wiederbelebung und Steigerung
des großen Güteraustauſches gekennzeichnet iſt. Dazuͤ
ward durch die unverkennbar eingetretene Wieder-
erſtarkung (!) der Aufnahmefähigkeit großer Ab-
ſatzgebiete nach Ausweis der Statiſtik beſonders der
deutſche Außenhandel mit einem im Verhältnis zu
demjenigen anderer Länder ſehr erheblichen Anteil am
Weltmarktverkehr begünſtigt. Von dieſen größeren
Abſatzgebieten waren es in erſter Reihe die Vereinigten
Staaten von Amerika, die nach Erholung ( von der
unmittelbar nach der Chicago-Ausſtellung dort ausge-
brochenen ſchweren Kriſe wieder ſtärkeren Bedarf 1
deutſchen Erzeugniſſen bethätigten . . . .“ *
Intereſſant iſt, was der Bericht über die wirt-
ſchaftliche Lage der Landwirtſchaft im Berichtsjahre
mitteilt:
„Der in den Haupterzeugniſſen der Landwirtſchaft
im allgemeinen Durchſchnitt ziemlich gut zu nennende
Ausfall der Ernte hätte den einheimiſchen Abſatz der
Induſtrieprodukte noch günſtiger beeinfluſſen können,
wenn auch die Verkaufspreiſe der wichtigſten landwirt-
ſchaftlichen Erzeugniſſe von dem ſeit laͤnger Zeit be-
klagten Tiefſtand ſich nachhaltig hätten erholen können.
Allein die bis gegen Mitte des Berichtsjahres an-
haltende Erhöhung der Preiſe für Getreide ging ge-
rade unter dem Einfluß des günſtigen Ernteausfalls (?)
im In? und Ausland wieder faſt auf den alten Stand




immer mehr in bedenkliche Bahnen und Ausdehnung


unfeıem Bezirte, der Anbau von Handelsgewächfen
und die Viehzucht überwiegt, und überdies der Erlös
aus dem landwirtſchaftlichen Betrieb durch den, ohne
Beeinträchtigung der ietzteren, nebenhergehenden indu-


zu einem großen Teil auf die ungünſtige Lage (!)
und die anhaltende Beſchränkung der Kauf-
fraft (!) der großen Landbevölkerung zurück-
zuführen ſein, wenn der Außenhandel den größeren


Steigerung des Abſatzes hatte und wenn diẽ Beſſerung
der Verkaufspreiſe und die lohnenderen Geſchäftsergeb-


(zum Teil allerdings dank günſtiger Rohſtoffkonjunkturen)
hatten, nicht in gleichem Maße auch das Inlandgeſchäft
begünſtigten.“ * — ꝛ
Die ſchlechte Preislage des Getreides wird von
der Haͤndelskammer alſo dem guten Ernteausfall (!)

zugeſchrieben. Man ſollte einer Handelskammer doch
ſoviel Intelligenz zutrauen, daß ſie wüßte, daß
der Ernteausfall in einzelnen Ländern auf

die Preislage am Weltmarkt ſo gut wie gar keinen


obige von uns mit einem Fragezeichen verſehene Be-
merkung eine Ehrenrettung der Börfe. -
Was die Verhältniſſe im engern Bezirk der


ſehr bemerkenswert: „Jm Petroleumhandel ver-
urſachten die durch die bekannten (beſonders auf die
Machenſchaften des jüdiſchen Hauſes Rothſchild zurück-
zuführenden — d. Ked.) Monopoliſierungsbeſtrebungen
hervorgerufenen ſtarken Preisſchwankungen mannigfache
Verluſte (!).“


Landwirtſchaft und des kleinen Gewerbetreibenden


äußern ſich, wenigſtens der Mehrzahl nach, die Berichte
des Detailhandels aller Braͤnchen. Die, wie oben er-


Bevölkerung, dazu vielfach ſchlechter Geldeingang —
im Gegenſatz zum Hauſierer kann der anſäſſige Klein-
kaufmann, zumal in ungünſtigen Erntejahren, die Ge-
währuag von Borgfriſten nicht umgehen — wirkten
hemmend. Dazu die ſtändigen Klagen über Hauſier-
handel und Detailreiſen! Mit Ungeduld ſieht der
Detailhandel der endlichen Verabſchiedung der ſeit
Jahren in Ausſicht ſtehenden, aber immer wieder un-
erledigt gebliebenen Gewerbeyrdnungsnovelle betr. die
Beſchränkung des Wandergewerbebetriebes, ſowie der
von der Landesregierung angekündigten ausgleichenden
Gemeindebeſteuerung deſſelben entgegen. (Zum Teil
ſind dieſe Wünſche der ortsanſäſfigen Geſchäftsleute,
dank beſonders der unermüdlichen Thätigkeit der Deutſch-


der von uns früher ſchon vorausgeſagte Zwieſpalt hin-
ſichtlich der Behandlung der Detailreiſenden als
Hauſierer, wie aus den Verhandlungen der zunächſt in
Lahr und Offenburg gebildeten Vereine zur Wahrung
der Intereſſen des Detailhandels hervorgeht, bereits
da und dort recht deutlich zutage getreten.“

Es wird alſo von der Handelskammer unum-
wunden zugegeben, daß die „geminderte Kaufkraft der
ländlichen Bevölkerung“ auch den anderen Vertretern
des Mittelſtandes großen Abbruch thut. Damit iſt
wieder klar nachgewieſen, daß es für das Geſamt-
wohl des deutſchen Volkes durchaus nötig iſt, der
Landbevölkerung einen lohnenderen Abſatz ihrer Produkte
zu verſchaffen! Und dieſe ſelbe — in nationalliberalem
Fahrwaſſer ſegelnde — Lahrer Handelskammer wagt

es dann, auf die, eine Beſſerung der Preiſe der Boden-
produkte erſtrebende, agrariſche Bewegung zu ſchimpfen!
Sie ſchreibt: „Jene ernſte Sorge (!) deren wir in
unſerm letzten Berichte an dieſer Stelle erwähnten, hat
noch mehr als im Vorjahre die Kreiſe des Handels und
der Induſtrie fortgeſetzt beunruhigt. Wir meinen die
agrariſche Agitation, die mit einer ebenſo beſorgnis-
erregenden Ausdehnung als abſtoßenden Rückſichts-
loſigkeit auftretend, einen Klaſſenegoismus (!?) auftſtellt,
der außer den eigenſten keine anderen Intereſſen im
Staate mehr zu kennen und anzuerkennen ſcheint nnd
durch die Forderung einer einſeitigen ſtaatlichen
Begünſtigung (Eben ſagte der Bericht, daß auch der



kleine, der Detail⸗-Kaufmann ſehr zu leiden hätte unter






der Getreideeinfuhr vom —4 Staatsrat wie
vom Reichstag als unausführbar erklärt und abgelehnt


neuen Geſtalt, in welcher er alsbald wiederkehrte, keine
Folge gegeben werden. Auch das agrariſche Andrängen


ſtändlich keine Beachtung finden.“ — — *—
Natürlich wird auch über die Anhänger der Silber-

waͤhrung geſchimpft und ſchließlich der ſeitdem er-

jülte Wunſch ausgeſprochen, daß das Bürgerliche


e3 nannte, recht bald eingeführt werden moͤchte. Herr
Fieſer hätte den Bericht nicht beſſer abfaſſen koͤnnen,


ſpricht, das wagen wir denn doch einigermaßen zu be-
zweifeln. * 7—

Aeber die Gründe des Ztücktritts des Frhen. —


Sie teilt darin mit, daß Herr von
Berlepſch mit den Vorſchlägen der Kommifſion für


ſönlich nicht einverſtanden ſei. Der Ladenſchluß werde
nach ſeiner Meinung durch örtliche Verhältniſſe bedingt
774— ſich nicht einheitlich durch ganz Deutſchland

regeln.

des Haͤndwerks. Der einzige Grund ſeien Meinungs-
verſchiedenheiten mit den entſcheidenden Stellen in der
Geſamtauffaſſung der ſozialpolitiſchen Frage, ins-


Kaͤiſer auch jetzt noch mit den Auffaſſungen des Frhrn.
v. Berlepſch überein. Es hätten ſich aber in der lebten


hielten. — *
-r. Die Sozialdemokratie und die Vörſe. Es


die Reden und Handlungen der ſozialdemokratiſchen
Wortführer übereinzuſtimmen pflegen. Ihre ſittliche
Entrüſtung verſagt nie, wenn ſie die Verwüſtungen des
Kapitalismus und die Verwerflichkeit der kapitaliſtiſchen
Produktionsmethode dem harmloſen Arbeiter näher


gehindert, daß die „Genoſſen“ ſelbſt das Arbeiter-
ausbeutungsſyſtem betreiben, wie der unverbeſſerlichſte
mancheſterliche Fabrikherr. Die Logik der That liegt
ihnen ſicherlich zuletzt am Herzen; denn wären ſie ernſt-
lich von dem Schaden der kapitaliſtiſchen Selbſtſucht
überzeugt, ſo müßten ſie notgedrungen in erſter Reihe
der Staͤtte ihren Abſcheu zollen, auf der dieſe Selbſt-
ſucht, verbunden mit Spielleidenſchaft, vornehmlich ihre
Befriedigung ſucht, — der Börſe. Vor dieſem Heilig-
tum aller dem Mammonsdienſt zugewandten Elemente
macht aber die Sozialdemokratie Halt! Es iſt noch


im Reichstage von der ſozialdemokratiſchen Fraktion
erfuhr. Herr Singer hielt dem Börſentreiben direkt
die Stange. Dieſe platoniſche Zuneigung für ein der
kapitaliſtiſchen Ausbeutungsſucht Vorſchub leiſtendes
Inſtitut wäre ſchier unfaßbar, wüßte man nicht, wie
fürſorglich hier eine Hand die andere wäſcht. Dem


borgen, die von der Börſe, oder beſfer gefagt, von den
Börſianern zur Sozialdemokratie überleiten. Die fozial-
demokratiſchen Kaſfen würden, namentlich bei großen
Ausſtänden, bald eine bedenkliche Oede aufweiſen, wenn
ſich nicht gelegentlich die hinter den Kuliſſen der Börſe
wirkenden geheimen Kräfte ihrer freundlichſt annähmen.


der Börſe gegenüber. Einer ſpäteren Zeit bleibt es
vorbehalten, darüber genauere Aufſchlüſſe zu geben.
Hier mögen dieſe Hinweiſe genügen; ſie dienen dazu,
um die Haltung der Sozialdemokratie gegenüber dem


— Zum „Jall Baſhford.“ Die,/Alldeutſchen
Blätter“, das Organ des Alldeutſchen Verbandes“,
an deſſen Spitze der nationalliberale Abg. Prof.
Dr. Haſſe ſteht, ſchreiben: „Wir können nicht be-
haupten, daß wir von dem Verlaufe, den die Behand-
lung des Falles Baſhford im Reichstage genommen
 
Annotationen