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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 91 - No. 100 (18. August - 8. September)
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Der „Budilche @nlkuhntz“ er-
ſcheint dreimal wöchentlich.

Verlag und Leitung:
Heidelberg, Bahuhofſtvaßte 9.







Vreis vierteljahrlich
durch den Briefträger frei ins
Haus gebracht Mk. 1.25, am Poſt-
ſchalter oder durch unfere Boͤten





/ Telegramm⸗Adreſſe: x NOr ’ } . in Heidelberg 1 M., von unferer
1ksbuot idelb . ſ 8 ſ 9 Expedition abgeholt 80 Pfg.
* 4 rr 4 Un ; l ll ſl lut ru lin lö. Poß-Zeitungs-Preislifte
Die 5gefpaltene Petitzeile 10 Pfg. ' ; 4 — / Ar. 755. *



DZolittiſcher Feil.
ß — +.JZur Weltlage.

Im Vordergrunde des politiſchen Intereſſes ſteht
für uns der Befuch des ruſſiſchen Kaiſerpaares


Begegnung ſtattfindet, ſind umfaſſende Vorbereitungen
für einen glaͤnzenden und würdigen Empfang der hohen
Häſte getroffen worden, und die politiſche Welt rüftet
ſich ihre Schlüſſe aus dieſer Kaiſerbegnung für die
Zukunft zu ziehen. Im großen und ganzen beſteht
. Ichon jetzt ziemliche Uebereinſtinimung darüber, daß die
Monarchen⸗Zuſammenkunft dem Weltfrieden neue


Friedenshuldigung von beſonders feſtlichem Gepränge
anzuſehen iſt. Der junge Zar fühli nach ſeiner Krön:
ung die Verpflichtung, den europäiſchen Großſtaaten


Herrſcheramtes zu nahen, und da die Völker Europas
darnach trachten, den Fortſchritten der Kultur in einem
langandauernden Frieden die Wege zu bereiten, ſo kann


kundung der gleichen Beſtrebungen. ;
So iſt der Beſuch des Zarenpaares auch in Wien
aufgefaßt worden. Aus den rauſchenden Feſtlich-
keiten des öſterreichiſchen Kaiferhaufes waͤr doch
das Wehen eines ausgefprochen friedlichen Zuges deut-
lich wahrnehmbar. Der alte Gegenſatz zwifchen Rußland
und Oeſterreich iſt aus dem Kurſe der rufſiſchen Politik


drientaliſchen Frage iſt erzielt worden, und da dies
erreicht wurde, ohne daß der Bund der drei mittel-
europäiſchen Friedensmächte irgendwie beeinträchtigt
worden ift, ſo können wir auch in Deutſchland auf-
richtigen Anteil an der Neuwendung der Dinge nehmen.


lichen Tode des ruſfiſchen Miniſters des
Auswärtigen, des Fürſten Lobanow, in
die feſtliche Stimmung jener Tage. War er doch der
vornehmſte Träger der neuen,
rufſiſchen auswärtigen Politik und die eigentliche Seele
der Zarenreiſe mit ihren tiefer liegenden Zwecken.
Sein Tod gab der Befürchtung Raum, daß die Reiſe
nunmehr unterbrochen würde; der Zar ſetzte ſeinen
Zug indeſſen fort und wird nach kurzem Mufenthalt
in Deutſchland zunächſt zu längerem Beſuch in Kopen-


tägigen Aufenthalt in — Frankreich ſchreiten.

Die Ingend des Großherzogs Eriedrich
von Laden.)
14 2
Die Jugend des Großherzogs fiel in eine Zeit,
da ſich mächtig in deutſchen Landen die Sehnſucht, das
Verlangen nach der Einheit und Wiedergeburt Deutſch-
lands, nach der Erneuerung des deutſchen Kaiſertums
zu regen begannen. Die Befreiungskriege hatten uns


des Zuſammenfaſſen aller deutſchen Länder hatten ſie
nicht im Gefolge gehabt. Der deutſche Bund, zu dem
ſich die verſchiedenen Staaten vereinigten, war nur
ein loſer Staatenbund, in dem die einzelnen Länder
eiferſüchtig an ihren Sonderrechten feſthielten; dadurch,
ſowie infolge der Nebenbuhlerſchaft der beiden Mächte
Oeſterreich und Preußen, war die Macht des Bundes
nach innen und außen nur eine ſchwache. Ja, das
offene Bekennen der deutſchen Einheitsider war ver-
pönt, da die Infereſſen des engereu Vaterlandes über
die der geſamten deutſchen Nation geſtellt wurden. Im
Auslande war der deutſche Name mißachtet, und die
Deutſchen in fremden Ländern beeilten ſich, ihre Ab-


Allmählich aber ließ ſich das Verlangen weiter
Kreiſe des deutſchen Volkes nach größerer Einheit und
Machtſtellung des Vaterlandes nicht mehr zurückdrängen,
Diefe Schilderung entnehmen wir dem im Verlag
des Chriſtlichen Zeitſchriftenvereimns, Berlin S. W. 13. *
Wienenen Büchlein „Hriedrid) Großhexzos von Baden!,
das mir unſeren Lefern angelegentlichit zur Anſchaffung
empfehlen können, ebenſo wie die im gleichen Verlag er-
ſchienene und von A. von Liliencxon vexfaßte Schrift
Kaiſer Wilhelm der Sroße“. Das letztere iſt eine
Subiläumsgabe zur Feier des hundertjährigen Geburts-
tages Des unvergeßlichen Kaiſers und wie das erſtere,
reich illuſtriert Der Preis beträgt je 30 Pfg.

}





Dort ſchwimmt die heſamte Bevölkerung in einem


faniſches Volk in gleichem Maße freiwillig einein ge-
krönten Haupte und noch dazu dem ruſſiſchen Selbſt-


2 gar nicht daran,
ſeinetwegen den Frieden preiszugeben.


die Oxientwirren, die.einen immer entſetzlicheren
Charakter annehmen. Die in Konſtantinopel voͤrge-
kommenen Metzeleien von Armeniern durch türkiſche


fangtismus entfeſſelt wird. Es iſt waͤhrhaft herz-
brechend, was an grauſamer Mißachtung aller menſch-
Iichen Rechte in der Türkei bisher geleiſtet worden iſt.
Mögen die Anſtifter noch ſo verborgen ſein, die Haupt-
ſchuld trägt doch die türkifche Regierung, welche in echt
aſiatiſcher Weiſe ihe ſinlendes Anſehen durch derartige
Metzeleien zu ftüßen nicht Anſtand nimmt, eine Thaͤt—
ſache, gegen welche die Botſchafter ſämtlicher Mächte


die übrigen Mächte ſich vor ihren Augen wieder einmal


halten ſie ſich dafür fchadlos in Sanſibar, wo der bis-


Ueberwältigt,
ſuchte er Schutz im deutſchen Konfulat, und iſt naͤch


deutfcher Matroſen hinübergeſchafft worden.
Ven Spaniern iſt auf den Philippinen ein
neuer repolutionärer Widerſacher erwachſen.

In der „Frankf. Zeitung“, dem Organ des Löb
Sonnemann, leſen wir folgenden Brief, der aus
Konſtantinopel, 25. Auguſt, datiert iſt:

„Schon des öfteren hat die deutſche und die eng-


bei vielfachen — — 8 das deutlich heroor


Zeit der Befreiungskriege von 1813—15, nach außen
hin beſonders im Jahre 1840, als die Franzofen ihre


druck brachten. Damals wurde das Lied des alten
deutſchen Freiheitsſängers Ernſt Moritz Arndt:

„Sie ſollen ihn nicht haben, den * deutſchen

ein,
DOb ſie wie gier'ge Raben ſich heiſer danach
ſchrein“ —
in ganz Deutſchland geſungen.

Dieſe Strömung im deutſchen Volke nach der
Wiederkehr alter deutſcher Macht und Kaiſerherrlich-
keit hat auch auf den damaligen Prinzea Friedrich von
Baden einen mächtigen Einfluß ausgeübt. Das tief
empfindende, am großen, herrlichen deutſchen Vater-
lande mit aller Innigkeit hängende Gemüt des fürſt-
lichen Jünglings öffnele ſich weit den hohen patriotiſchen
Zielen der damaligen Jugend, und Zeit ſeines Lebens
hat er feſtgehalten an diefen Zielen.

Die Erziehung des Elternhauſes hat dieſe ſchönen
und erhabenen Gefühle im Herzen des Prinzen nicht
unterdrückt; der Vater des Prinzen, Großherzog Leopold,
war ein echt deutſcher Mann, von deſſen landesväter-
licher Fürſorge man noch jetzt in Baden zu erzählen
weiß. - ;


Ludwig. Mit Eifer gab er ſich ſeinen Studien hin
und nahm alle Schätze der Bildung, die Eltern und


vertrauen empfing er im Jahre 1841, gemeinſam mit
dem Prinzen Ludwig, die Einſegnung.
In demſelben Frühjahr, am 26. April, begannen







jelbft in hochſter Blüte ſtehi, erhoben, aber nichtsdejto-
weniger dauert derſelbe ungeſchwächt fort, nur mit den


pulationen etwas vorſichtiger geworden ift. Man
wird ſich noch des Senſationsprozeſſes, der ſich vor


Mädchenhändler aus Galizien abfpielte, die diefes _


griffen hohnſprechende, Geſchäft“jahrelang ohne nennens-


erinnern. Die Thatſachen, welche dieſer Prozeß an
das Tageslicht gefördert hatte, waren kaum glaͤublich
und dennoch beruhten die Schilderungen auf Wahrbeit,


Opfer in den öffentlichen Haͤuſern führen muͤffen, ift
in der That ein noch viel ſchlimmeres! Sie kommen
zum größten Teil aus Galizien, und es befinden ſich
auch viele chriſtliche Mädchen unter ihnen. Aber


war der Mädchentransport nach dem Orient ein ſehr
ſtarker. Durch das energiſche Einſchreiten der ruffiſchen
Vegierung wurde den Mädchenhändlern daſelbſt das
Handwerk gelegt und zwar in der Art und Weiſe,


hieſigen ruſſiſchen Konſulates unterworfen wurden
Auch das öſterreichiſche Konſulat hat ſowohl früher
als auch in letzter Zeit nach ſtaligehabter Anzeige


dadurch viele Opfer den Händen dieſer gewiſſenloſen
menſchlichen Hnänen entriſſen. Noch vor kurzem
hat dieſes Konfulat aus öffentlichen Haͤuſern bereit3
der Schande anheimgefallene Mädchen befreit und in —
die Heimat befördert. 4 *
Immer wird dieſes verabſcheuungswürdige Treiben
von Individuen ausgeführt, welche zuin Abſchaum der
menſchlichen Geſellſchaft gerechnet werden muͤſſen, und
faſt durchwegs ſind dies Zuden Aber auch öſter-
reichiſche und rumäniſche Militärpflichtige ſind rege an
dem „Handel“ beteiligt. Die Art und Weife, wie


Beſitzer öffentlicher Häuſer, welche durchwegs ſehr wohl-
habend ſind, geben ihren „Agenten? bei Bedarf an
Menſchenmaterial Nachricht und dieſe beauftragen wieder
ihre „Unteragenten“ auf dem Lande, wo beſonders
kräftige und geſunde Mädchen zu finden ſind. Diefe
letztere oder ihre Helfershelferinnen begeben ſich nun

beide Prinzen ihre militärifhe Laufbahn, indem f“


zugeteilt wurden.
Die badiſchen Truppen bildeten damals die 2.
Diviſion des 8. deutſchen Armeekorps, in welchem die
württembergiſchen Truppen die erſte, die großherzoglich
heſſiſchen die dritte Diviſion ausmachten. Baden ſtellte
10000 Mann, mit Erſatzmannſchaft und Reſerve
15 000.
Am 10. Auguſt ſchon wurden beide Prinzen zu
Hauptleuten befoͤrdert. Auch dem militäriſchen Dienſt


heiten desſelben betrieb er mit großer Sorgfalt. Am
17. Juli bezog er zum erſtenmaͤle die Schloßwacht zu
Karlsruhe. *
Zu weiterer militäriſcher Ausbildung wurde Prinz
Friedrich nebſt ſeinem Bruder im Dezember 1841 nach
Wien geſandt. Noch lebte damals der öſterreichiſche
Erzherzog Karl, der im Anfange des Jahrhunderts
gegen den mächtigſten Mann der Zeit, den Kaiſer
Napoleon, die öſterreichiſchen Truppen mit Auszeichnung
geführt und im Jahre 1809 die Schlacht bei Aspern
gewonnen hatte. Unter den Augen dieſes Führers
ſollten die Prinzen in die Kunſt der Heeresleitung ein-
geführt werden; galt es doch vielleicht bald, das an
der Grenze liegende badiſche Land gegen einen äußeren
Feind zu verteidigen, denn die franzöſiſchen Anmaßungen
vom Jahre 1840 waren noch friſch in aller Andenken.


erteilte der öſterreichiſche Oberſt von Hauslab dem
Prinzen Friedrich den militäriſchen Unterricht. *
Dieſe Studien wurden im Januar 1843 durch
eine ſchwere Erkrankung des Prinzen an einem Magen-
und Erkältungsleiden unterbrochen.

(Fortſetzung folgt.)
 
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