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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 41 - No. 50 (16. April - 7. Mai)
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NM 46,









Der Sadiſche Yolkshote“ er-
fcei Zmal wöchentlich — :
tag, Zonnerstag und SamStag). .
Lerlag und Leiturs
Heideibers. Lahuhofſtrafie D,
* Teleßramw⸗Adreſſe:
Yolksbote Hei detbers.
. Auzeigenpreis:
Die ögefpaltene Petitzeile 10 Big.



_?. Iahrgang.





‘ Vreis vierteljährlig

dirch den Briefträger frei H’3

Haus gebracht f 125 durch

* unfere Boten in Heidelberg L M.

: Am Poſtſchalter oder von uuſerer
Erpedition abgeholt SO Pig.

Noſt Zeitunas Vreisliſte







2 —
; — —













Ein Seitrag zur ramiſch-
rechtlichen Seurteituug des Auti-
ſemwittismus. *
In dem unferen Leſern bekannten Prozeß gegen
die Herren Schwaiger und Bauer, geführt vor der
Mannheimer Siraffanıner wegen „Beſchimpfung der
jüdijchen Religionsgeſellſchaft?, wucden ſeitens des an-
klagenden Staatsanwalts ſo auffallende Bemerkungen
gemacht und ebenfalls von dem von der Staatsbehörde
angewieſenen Verteidiger deraxt eigentümliche Anſichten
entwickelt, daß eine Betrachtung der Auslaſſungen
dieſer beiden Juriſten uns ſehr intereſſant erfcheint.
Von der Staatsanwaltſchaft wurde betont, daß
der Voͤlksbote? einen amüſanten Artikel habe bringen
woͤllen; derſelbe habe den Zweck gehabt im höhniſchen
Tone jüdiſche Sitten zu verſpotten; der zweite Teil
ſei in einer Beſchimpfung ausgelaufen und habe eine


tung anbetrifft, ſo iſt es uns unerfindlich, inwiefern
durch das Vorführen von Thatſachen, deren Vorhan-
denſein ein großer Teil. des Volkes für gewiß hält,
und welche nach den Zeugniſſen der namhafteſten Ge-


begangen worden iſt Unſere ganz ſachlichen und jelbſt-
redend im nobeln Styl gehaltenen Ausführungen haben
eine derartige Kritik ſeitens der Staatsanwaltſchaft
nicht herausgefordert und wir können uns darauf be-


auͤch die gudere ſtaatsanwaltſchaftliche Ynficht-„eS haͤbe.


durch die Freiſprechung beider Angeklagten glänzend
dokumentiert. Dieſe Anſicht mußte der Herr, nach-
dem er die Anklage einmal erhoben haite, allerdings ver-
treten und wir haben nichts dagegen einzuwenden, um ſo
weniger, als die Folge deren Hartloſigkeit ergab. Der
Imputation einer „Rohheit“ ſei aber an dieſer Stelle
nochmals auf das entſchiedenſte entgegengetreten! —
Sehr intereſfant iſt die Bemerkung des öffentlichen
Anklägers „der Artikel habe den Zweck gehabt, jüdiſche
Sitten zu verſpotten.“ Nach ihr dürfen wir an-
— nehmen, daß auch der Herr Staat sanwalt
von der Exiſtenz ſolcher jüdiſchen Sitren
überzeugt iſt, da er von denſelben als in der That


{potten — ohne Einſchränkung ſpricht. Er möge ent-
ſchuldigen, daß wir in dieſem Falle ſeinen Ernſt nicht


delt zu wiſfen wünſcht; bei der Vorſtellung z. B. daß
ein Jude, der am Schabbes geſtorben iſt, von ſeinen
Angehörigen durch alle Zimmer getragen bezw. auch


nicht erwehren, das allerdings eher ein ſolches des Mit-
leidens als des Spottes iſt. Jedenfalls fände aber
hier der Ausdruck „KoHhHeit“ einen würdigern Platz,


Sitte eeine richtige iſt. — „Merkwürdig“ findet es
ferner die Staatsanwaltſchaft, daß die Broſchüre von
Barnardin Freimuth, in welcher die Blutmorde, durch
Juden begangen, bewieſen werden, noch im Buch-
haͤndel zu haben ſei; merkmürdig im höchſten Grade
finden wir das auch, und zwar deshalb, weil, trotz-
dem die Broſchüre nicht verboten iſt, gegehenen Falles
Auklage gegen Juden in dieſem Sinne nicht erhoben
wurde; für uns ift dadurch der Beweis von der
Thatſache der Ritualmorde gegeben: hätte man
den Ausführungen Freiwmuths mit Wirk-
famkett entgegentreten können, wäre die
Broſchüre im Buchhandel wohl nicht mehr
zu haben.
würdig, darin hat der Herr Staatsanwalt ſehr recht,
und, wie geſagt, wir teilen ſein Empfinden durchaus,
wenn auch aus ganz auderen Gründen. — Die weitere
Auslaſſung des Herrn Anklägers: „man müſſe den
Antiſemiten dann und wann auf die Finger klopfen“,


Partei beliebt wurde, von der eine größere Anzahl
Abgeordnete im deutſchen Reichstage die Entſcheip-
ungen mit zu treffen haben; im übrigen entſpricht
ſie Verhältniſſen, wie ſie heutzutage vielfach gelagert
ſind. Wir unſererſeits möchten betonen, daß uns der
Uebergang vom Amboß, als welcher wir jetzt noch zu
gelten ſcheinen, zum Hammer nicht fern erſcheint. Auch






* — — — —

*

in jenen Kreiſen, welche unſeren Beſtrebungen aus


ſtehen, wird allmählich die Erkeuͤntnis des volksbe-
freienden und begtückenden Zieles, das der Antifemi-



jenen Leuten, welche das Gute und Edle woͤllen, fon-
dern jenen Raubtieren in Menſchengeſtalt, welche nicht
nur die Finger, ſondern gleich beide Hände krallen-
artig ausſtrecken, um ſich deffen zu bemächtigen, was


die Finger klopfen“ wird über kurz oder lang das


teidigung aufgeſtellte Vergleich zwifchen dem Blut-
riluS von Juden und dem Herenaberglauben des
Mittelalters, originell deshalb, weıl diefer Vergleich
wohl einzig daſteht. Wenn auch elle Beweiſe, welche,
wie bereits erwähnt, von hochbedeutenden Gelehrten


ſind und welche das Beſtehen von Mitualmord hin-


zeugung führen konnten, ſo möchten wir an ihn, wie
au alle Zweifler, die hochwichtige Frage richten:
Woher ſammen die vielen aufgefundenen Leichen, meiſt

ſelbe Weiſe einen martervollen Tod erlitten, welche
ſtets diefelben Wunden enpfangen hatten, welche ſtets
dieſelbe völlige Blutleere aufwieſen?! Solche Leichen


ſich Juden aufhielten, am häufigſten um die Zeit des
judiſchen Paſſahfeſtes, aufgefunden worden; ſſie alle


die Wirbelſäule, dieſelben bezeichnenden Wunden an
deuſelben Körperſtellen! Nicht nur, daß ſtets und
üunmer Juden dieſer Verbrechen angeklagt wurden,
nein, es wurden auch ſolche durch ihre eigenen Aus-


kus ſiehe Broſchüre von Bernacdin Freimuthh.
aber iſt es gelungen, andere Gründe, die auch nach
Lage der Saͤche ausgeſchloſſen erſcheinen mußten, bei
dieſen myſtiſchen Morden feſtzuſtellen, ſonſtige Gründe,
aus welchen dieſe Opfer, bis zu dem Knaͤben Hege-


Weiſe hätten erleiden fönnen! —
Und unſere berechtigte Ueberzeugung bezüglich
dieſer Schandthaten wagt man mit dem mittelalter-


gleich weiſen wir zurück; ein folcher mit dem Hexen-


Leute anzuwenden ſein, welche ihn erfanden! Denn
dieſe können abſolut keine Erklärung dafür abgeben,
wer die Thäter jener in tiefes Dunkel gehüllten Morde
waren und ſind; ihnen ſcheint das Vorhandenſein von
„Hexerei“ dabei plauſibler zu ſein, als das allernächſt-
liegende.
ſtreiten, ſondern nur noch konſtatieren: alle jene hin-
gemordeten, im wahren Sinne des Wortes geſchlach-


voll vergoſſenes Blut ſchreit nach Sühne. Erſt be-
ſchäftigt euch mit der fortſchreitenden „Geſchichte“
(sit. veniah dieſer im Laufe der Jahrhunderte ſtets
wiederkehrenden Verbrechen, dann erft urteilt, und der-
gleichen ſonderbare Vergleiche werden euch vergehen!
Der Herr Verteidiger ſagt ſpäter: „im Volks-
mund gelten unfere (der Antiſemiten) Behauptungen
über die Sitten und Gebräuche für mwahr“, nach-


wohl nicht bedacht, eine wie ſchwere Beleidigung er
dadurch dem deutſchen Volke anthut, indem er dem-
ſelben eine ſo zurückgebliebene Kulturſtufe anweiſt.
Gottlob hat das Volk mit ſeiner geſunden Auffaſſung
das Richtige in ſich aufgenommen, wenn es auch
im Gegenſatz zu den Anſichten der Herren Juriſten
ſich befindet: es ſteht mit ſeinem Empfinden und ſeiner
Ueberzeugung hoch erhaben über derartige „gelehrte“







Deduktionen und weiß ganz genau, was e& von den
ſelben zu halten hat. Itöge ınan unfere Ueberzeug
Ung, die des Volkes iſt, beſpotten, verhöhnen und ver -
lachen erſchüttern kann man ſie nicht; der Tag wird


heit das unheilvolle Dunkel lichten und klären wird!







Tagesfragen.
ezüglich des ZJalles Paafd—y. Sangen
ſind mir, ſo ſchreibt der Meichstagsahgeordnete Lieber-
mann v. Sonnenberg im Brieffaften der „Deutfch-


einem derſelben wird eine

wünſcht, in den auderen beſchwert man ſich 3ziemlich
erregt üher die Briefkaſten⸗Notiz in Nr. 3y8 d. Bl.
worin für Herrn P. Partei ergriffen worden iſt. —


Briefkaſten-Notiz war die Antwort des Herrn Ver-
legers auf eine an ihn gerichtete Aufrage! Die


tragen, daß kein Mißverſtänduis aufkommen konnle. —.
Eine weitere Erörtexung des Falles Paaſch im all-
gemeinen in dieſen Blättern lehne ich als zur Zeit
ganz zwecklos ab. Daß in dem Prozeſſe des Hern


preußiſchen Abgeordnetenhanfes : wüäre, fo würde ich
dieſelben zur Sprache bringeit! Ich werde das auch


Daß es in
Neichoͤtage nicht möglich iſt, beweiſen die dreimaligen
Verſuche, die ich vor Jahr und Tag unternahnr und
kei denen mir jedesmal das Worr vom Präſidium
abgeſchnitten wurde. Die Rechtsfrage im Faͤlle Paaſch
muß aber völlig getrennt werden von den rein per-
ſönlichen Angriffen, die Herr P. jetzt gegen den Frh.
v. &. richtet. — Wenn Jemand auͤch wirklich in
Prozeſſen das bitterſte Unrecht zu erleiden gehabt hat,


herzufallen, die an jenen Rechtskränkungen ganz ün-
ſchuldig geweſen ſind. Wenn es nun gar, wie in
dieſem Falle, feſtzuſtehen ſcheint, daß der Frhr. v. L.


vorgeſtreckt hat, ſo gewinnt die Broſchüren⸗Angelegenheit
einen Charaͤkter, der es als eine beſondere Rückſicht

gegen Herrn P. erſcheinen läßt, wenn man von einer

Erörterung derſelben abſieht. — Mich beſtimmt zu

dieſer Rückſichtnahme vor allen Dingen der Umſtand,

daß ich ſelber vor Jahr und Tag allerlei Angriffen
des Herrn %. ausgeſetzt geweſen bin und jetzt nicht
den Anſchein erwecken möchte, als wollte ich mich an

einem Wehrloſen rächen. —

— Die Faſchen zu! Aus Wien wird ge-

ſchrieben! Die Magyaren haben vor kurzem eine

empfindliche Niederlage erlitten. Die Emiſſion Dder .
letzten Zlſeprozentigen ungariſchen Anleihe hat in
Das Publikum be-
teiligte ſich an der Zeichnung gaxnicht, ſo daß die
Emiſſtonshäuſer davon Abſtand genommen haben,

das Ergebnis der Emiſſton in Oeſterreich zu ver-
öffentlichen. Dieſer Mißerfolg erklärt ſich aus dem
berechtigten Mißtrauen der öſterreichiſchen Bevölkerung
gegen die ungariſchen Wertpapiere. Nicht als ob man
annähme, daß Ungarn nicht kreditfähig wäre, Ungarn
iſt im Gegenteil ein reiches Land, allein die Mißwirt-
ſchaft der es beherrſchenden judenliberalen Clique hat
den Kredit Ungarns damit untergraben, daß man in
Oeſterreich ſchon ſeit Monaten die ungariſchen Wert-
papiere abgeſtoßen hat. Auf dieſe Weiſe ſind viele
Millionen an ungariſchen Titres nach Ungaecn zurück-
geſtrömt, und die ungariſchen Banken und die Re-
gierung verſuchen nun, dieſes Material in Deutſch-
land an den Mann zu bringen. Dem deutſchen
Kapital iſt darunt Vorſicht zu empfehlen. Im deut-
ſchen Publikum kennt man immer noch nicht genau
die öſterreichiſchen und die ungariſchen Wertpapiere.

Letztere ſind ſicher auch gut fundiert, allein ein wirt-
ſchaftlicher Krach in Ungarn erſcheint der Lage der
Dinge nach unvermeidlich, und wer heute ſein Geld
 
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