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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 31 - No. 40 (17. März - 14. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42841#0125

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7. Jahrgaug.







Der „Bndilche Yolksbote“ er-
ſcheint zmal wöchentlich (Diens-
tag, Donnerstag und Samstag).

Verlag und Leitung: ;
Heidelbera, Lahuhofſtraße 3.

Telegramm Adreſſe:

YVolkabote Heidelberg.
Auzeigeupreis:
Die 5gefpaltene Petitzeile 10 Pfg.







Vreis vierteljahrlich
durch den Briefträger frei in's
Haus gebracht M, 1.25, durch
unjere Boten in Heidelberg 1 M.
Am *4 — oder von uiſerer

Expedition abgeholt 80 Pfs.

Voſt Zeitungs Vreisliſte

; A, 755




Adol




erantwortlicher Redakteur:









Aufruft


dats frei geworden.


kreiſe entfaltet hat, iſt in den Wahlkampf eingetreten
und hat zuſammen mit dem Bund der Landwirte als

Kandidaten den Herrn

Maurermeiſter Guſtau Weidner,
Eeuddruͤch —
aufgeſtellt.

Bei energiſcher Arbeit iſt der Sieg für uns zu
erringen. — —— — «;

In der geſamten Provinz Hannover hat die anti-
ſemitiſche Strömung nngemein zugenommeu, ſo daß für
uns dort ſehr günſtige Ausſichten bei den nächſten all-
gemeinen Wahlen vorhanden ſind. Ein erſter Wahl-
ſieg in jener Gegend würde nicht nur die Arbeits-
freudigkeit unſerer dortigen Parteigenoſſen weſentlich
erhöhen und ſtärken, ſondern auch viele noch ſchwan-


alſo von ganz agußerordentlicher Bedeutung für die
Zukunft unjerer Partei ſein.


liberalen und Sozialdemokraten, drei Parteien, die
bekanntlich über große Geldmittel verfügen. Da die


Beiträge für unſere Wahlunkoſten einzuſenden und
zwar direkt an das ; .

Deufffoziale Wahlburean (£. Hegrefe) in


Hamburg, Hohe Bleichen,
oder an die Geſchäftsſtelle des „Bad. Voksboten.“
Im Auftrage der —
Fraktion der deutſchſozialen Reformpartei
Ciebermanu vou Sonnenberg.







Der Zukunftoſtaat
der Fozialdemokratie ein Anding.
Von Dr. Friedrich Stehlich.
— ——
Deiteres über die Zuſtände im Sozialiſtenſtaate.
Sütererzeugung und Hüterverteilung. Abſchaffung
des Handels, der Aörſe und des heufigen Geld-
und Lreditweſens. Wohnungsverhältniſſe Die Aati-
ſtiſchen Grundlagen des Staatsarbeitsbetriebes.
Die fertiggeſtellten Arbeiten, das eingeerntete Ge-
treide, die gewonnenen Früchte kommen in die ſtaat-


nicht nur die Gütererzeugung, ſondern auch die Güter-
verteilung beſorgt, werden alle Lebensbedürfniſſe durch


druck mehr: tauſchluſtig wäre richtiger.
beugen und ſo ein Wiederentſtehen kapitaliſtiſchen


das Geld abgeſchafft! Statt der Geldlöhnung wird
dem Staatsarbeiter und Staatsbeamten ein nach Nor-
malarbeitszeiteinheiten berechnetes Arbeitsguthaben für
ſeine Thätigkeit gebucht, und ihm, wenn er es wünſcht,
auf Grund ſeiner gebuchten Arbeitsleiſtungen eine An-
weiſung ausgeſtellt, welche ihn berechtigt, ſich aus den
Staatsmagazinen ſoviel an Gebrauchsgegenſtänden ver-
abfolgen zu laſſen, als dem Werte nach feinen Arbeits-
leiſtungen entſpricht. Durch Vermittlung ſeiner An-
weiſung hat er das Ergebnis ſeiner Arbeit gegen das
Ergebnis der Arbeit eines Anderen eingetaufcht. Von
einem Kaufgeſchäft kann hierbei nur uneigentlich die
Rede ſein, da ein ſolches wirklich allgemein gültiges
Geld vorausſetzt, die Anweiſung des ſozialiſtiſchen
Staatsarbeiters aber naturgemäß eine perſönliche, auf
den Namen des Empfängers lautende iſt.
Da der Staat die Güterverteilung ſelbſt über-
nommen hat und ſich dieſe ſo vollzieht, daß alle Ver-










mittlergewinne wegfallen, iſt der Handel thatſacklich


verzehrer, ſo iſt das Zwiſchenglied „Handel“ in Weg-
fall gekommen, was nirgends in ſo ausgiebigem Maße
der Fall ſein würde, wie im Sozialiſtenſtaate.


eingreifende Neuerung ſein, daß im Sozialiflenftaat


Häuſer davon beeinflußt werden würden. In Weg-


und die Rieſenfirmenſchilder, welche die Vorderſeite


Faſt in nichts würde der Anzeigeteil der Zeitungen
zuſammenſchmelzen, der faſt nur noch Ankündigungen
und Verordnungen der Staatsbehörden oder Familien-
nachrichten enthalten könnte.
der Handels⸗ und Börſenteil der Taͤgeblätter, denn
wo kein Handel iſt, iſt auch keine Börſe zur Regel-


ſpieler ärgern, denn deren Raͤubrittertum bereitet der


Beſchäftigung findet und kein Privatunternehmen mehr
ſt. Sieht ſich indeß Jemand genötigt, für
augenblickliche Bedürfniſſe eine Anleihe aufzunehmen,


ihm das Gewünſchte in Form von Gebrauchsgegen-


künftigen Arbeitsguthaben ab.

Daß alle Verkehrsanſtalten, Eifeubahnen, Poſt,


zialiſtenſtaat von ſelbſt. Auch die Verſtaatlichuug der


ſtalten aller Stufen iſt echt ſozlaliſtiſch. Die ver-
faſſungsmäßig jedem Staatsbürger gewährleiſtete Gleich-
heit verlangt es, daß Allen ohne Unterſchied die Bii-
dungsſtätten zugänglich ſind, damit Alle einen mög-
lichſt gleich hohen Grad der Bildung erlangen.

Da alle Wohnhäuſer verſtaatlicht ſind, giebt es
im Sozialiſtenſtaat den Unterſchied zwiſchen Hausbe-
ſitzer und Mieter nicht mehr. Der Staaͤt giebt die
Wohnungen an die einzelnen Familien und Staats-
bürger ab. Weil jeder Bürger im Dienſte des Staates
ſteht, iſt es naturgemäß, daß die Wohnungen, gleich
den Dienſtwohnungen vieler unſerer heutigen Beainten,
umſonſt abgegeben werden.
dachte ſich uͤbrigens das Heim jedes Arbeiters mit der
Arbeitsanſtalt verbunden und gemeinſchaftlich für eine
ſog. Phalanx von 400 Familien eingerichiet. Eine
ſolche Wohnungs und Arbeitsanſtalt nannte er Pha-
lanſtere. Das Phalanſtore erinnert an die Klöſter
und jene großen Schulanſtalten, welche mit Wirtſchafts-
höfen, Wohnräumen und Schulgebäuden zufammen


Kaſernen geben uns annähernd ein Bild des Phalan-
ſtere. Der Sozialiſtenſtadt wird dieſe oder eine ähn-
liche Form der Wohnung ſchon aus dem Grunde be-
günſtigen, weil ſie ihm eine beſſere Beaufſichtigung
der Gebäulichkeiten ermöglicht, auch manche zeit- und


Prunkgemächern werden freilich in der ſozialiſtiſchen
Wohnungskaſerne kaum ihre Rechnung finden, denn
der Sozialiſtenſtaat wird möglichſt nach dem Grund-
ſatz arbeiten, mit thunlichſt geringem Aufwand von
Arbeitsmitteln Großes zu ſchaffen. Da ferner ſeine
ganze Arbeit nach einem vorgefaßten Plane betrieben
und weſentlich von einer Stelle aus geleitet wird, iſt


Freunden prunkvoller Wohngemächer in von ihnen be-
liebtem Style gefällig zu ſein.









Ebenſowenig wie im Sozialiſtenſtaate von


daſelbſt ein Pachten und Verpachien. Kein Landgut,
keinen Acker, keine Wieſe überläßt der Staat einem
Privatmann zum Zwecke der Bewirtſchaftung, weil er


Damit der Staatsarbeitsbetrieb in richtiger Weiſe
vor ſich gehen kann, wird alljährlich von den Be-


Staatsangehörigen iſt. Nach Feſtſtellung der Volks.


zogen werden, wird genau berechnet, wie viel im


Zahlen bilden den Maßſtab, nach dem der Staͤats!
arbeitsbetrieh die notwendige Menge von Gegen-


mit einerſeits einem Mangel an den unentbehrlichſten
Dingen, andererſeits einem ſinnloſen Ueberfluß vorge-
—— —— * — —

Dies ift in ſeinen Grundlinien und Umriſſen
der ſozialiftiſche Zukunftsſtaat, durch welchen dem
arbeitenden Volke neben einem ſehr bedeutenden Maß


volle Ertrag der Arbeit ohne Abzug des Unternehmer-
gewinnes verbürgt werden ſoll. Ob ein ſolches
Staatsweſen lebensfähig ſein kann, iſt in den fols
genden Abſchnitten zu unterſuchen.
Der Ruin der Landwirtſchaft. 2

- Unter dieſem Titel hat der langjährige Makler an -








herausgegeben, die die verhängnisvolle Einwirkung des
Terminhandels und Differenz Spiels auf die Preisbild-
ung der Boden-Erzeugniſſe jcharf beleuchtet. Graf Ar-
nim-Muskan hat ſich das Verdienſt erworben, durch
Veröffentlichung einer deutſchen Ueberſetzung die Kennt-
nis des verderblichen Börſentreibens auch weiteren Kreifen
zugänglich zu machen. Der Verfaſſer führt in der
Schrift den ſchlagenden Beweis, daß die Haupt- und
Grundurſachen der ſich über die ganze Welt erftrecken-


Ausgleichs-Verfahren ſind. Erſt ſeit etwa 1875 haben
ſich die gefahrbringenden Geſchäftsgebahrungen bei den
Weltbörſen eingeſchlichen. Und ſchon macht fich ſowohl
in Amerika, wie auch in England eine ſtarke Beweg-
ung gegen das Börſenſpiel bemerklich. Infolge der Zeit-
Geſchäfte und der Verkäufe garnicht vorhandener, gar-
nicht zu liefernder Waren bezw. der Ankäufe von Waren, -


mende Entwertung der Boden-Erzeugniſſe, beſonders
des Getreides eingetreten, indem nicht Vorrat und Be-
darf mehr, ſondern maſſenhafte papierne Abſchlüſſe die
Regel der Preiſe ſind. So überſteigt der jährliche
Weizen-Verkauf in Amerika in Prämien-Geſchäften etwa
20 bis 30 mal den Betrag des auf den verſchiedenen
Märkten wirklich zur Verfügung ſtehenden Getreides.
Die Ernte der Welt wird auf dem Papier künſtlich
um das Fünfzigfache gegenüber den wirklichen Ernte?
Vorräten hinaufgetxiehen. Jeder Abſchluß hat eine uns —
endliche Zahl von Maklern und Vermittlern hinter fich, —
die ihren Gewinn dabei einſtreichen. Dieſe Spefen .

ſtellen eine Sonderſteuer auf die Boden-Erzeugniſſe dar,
die eine Ausraubuna der Erzeuger, der Landwirte, zur
Folge haben. Seit 1875 betrug dieſe Sonderſteuer in -


1846 bis 1874 waren die Durchſchnittspreiſe für
Weizen, Gerſte und Hafer 53 sh. 3 d., 35 sh. 4. d.,
23 sh. 6 d., während dieſelben von 1875 bis 1893
38 sh. 6 d., 31 sh. 3 d. und 21 sh. 4 d. betrugen
alfo einen Niedergang des Preiſes von 27. v. H., 111
v. D. und 9 v. H. aufwieſen. Der Niedergang des
Preiſes vom Weizen iſt alſo viel erheblicher als der
von Gerſte und Hafer, und zwar, weil nur er dem
verwerflichen Börſenſpiele unterworfen wurde. Vom 1.
bis 15. Februar 1893 wurden in Prämien-Geſchäften!
in New⸗Dork 8,700,000 Malter Weizen verkauft, wäh-
rend der Verkauf thatſächlicher Waare nur 330,000
 
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