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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

DOI Kapitel:
No. 51 - No. 60 (9. Mai - 6. Juni)
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’ 7. Zahrgang.





Der „Vadiſche Lolksbote er-
ſcheint mal wöchentlich (Diens-
tag, Donnerstag und Samstag).
Verlag und Leitung:
Heidelberg, Bahuhofſtrake 9.
Telegramm⸗Adreſſe:
Yolksbote Heidelberg, -
Auzeigenupreis:





vreis viexteljahvlich


ſchalter oder durch unfere Boten
in Heidelberg! M., von unſerer
Erpedition abgeholt 80 Pfg.
Pol-Zeitungs-Preislifte
* Alr. 755.



Die 5gefpaltene Petitzeile 10 Pfg.





— Der Kampf gegen das römiſche Uecht.
* 77 DB Senfigeh — ⏑
Viele unſerer Geſinnungsgenoſſen haben ſich ge-

wöhnt, das Judentum als ein in Zeit und Raum


zuſtellen. Man denkt ſich die Juden unter den
Deutſchen etwa wie vereinzelte Hechte im Karpfenteich,
oder wie Raupen auf einer Kohlpflanze. —

Zwar hat das judengegnerifche Scheifttum wieder-
holt dem entgegengeſetzten Standpunkte Ausdruck ver-
liehen; indeffen ift ſolche Erkenntnis und die daraus
abgeleiteten Folgerungen noch lange nicht zum Gemein-
gul weiterer Kreiſe geworden. Fußt doch ein oft vor-
getragener Einwand unſerer Gegner, der bei ober-


Vorurteil, nämlich die Redensart:
bekämpften in verblendeter Einſeitigkeit nur
Semitentum, dagegen hätten wir keine Augen für das

wir Judengegner
das


eigenen Volksgenoſſen. Ja, es giebt Viele, denen die
ſohenanate, Judenfrage“ nach ſolcher Gedankenleiſtung

— — —
Bei tieferer Einſicht kommt man zu der Ueber-
zeugung, daß zwiſchen dem Judentum und dem Arier-
tum alie erdenklichen Uebergänge vorhanden ſind, ſo
etwa, wie es zwiſchen dem Nullpunkt und dem Hundert-
gradpunkt in der Wärmebeſtimmung alle möglichen
Uebergänge giebt.

zu beobachten. Wie das Queckſilber im Wärmemeſſer

ſieigt und fällt, ſo kräftigen ſich im Laufe der Ge-
ſchichte die ariſchen Inſtinkte und Tugenden, und ſo


Voͤlkes im reinen Semitismus, gewiſſermaßen auf dem

Gefrierpunkt angelangt ſind..

Doieſes Steigen und Fallen der ſitklichen Kräfte,
der Kampf des arifchen Lichtweſens mit ſemitiſcher


Ereignis zu Grunde, aber auch jedem großen Menſchen-
ſchickfal. Mag die dichteriſche Fantaſte dex Arier jene


und Ahriman, Baldur und Loki bezeichnet haben,
immer liegt ihnen der uralte Gegenſatz zwiſchen axiſchem
und ſemitiſchem Weſen zu Grunde, immer ſoll durch


feiner angeborenen Höhe einerſeits, die elementare
herabziehende Macht des Semitismus andererſeits


die auf orientaliſchem Boden neuerdings geförderten
kulturhiſtoriſchen Forſchungen beſtätigen, daß der Semi-


haͤngnisvolle Rolle geſpielt hat, — einer der wert-
vollften Aufſchlüſfe, die wir der Altertumsforſchung
verdanken. 4* * 2
Alber auch im Leben des Einzelnen wiederholt
ſich derfelbe Kampf; er findet in der Tragödie ſeinen


ift e8 erklarlich, warum das ſo vielfach in das Kunſt-
getriebe eingreifende Judentum niemals eine wirkliche
Tragödie, ja überhaupt kein wirkliches Kunſtwert zu
- Stande gebracht hat, eine Thatſache, die mit der „Aus-
erwähltheit“ der Juden in ſonderbarem Gegenſatz
ſteht. — /
! Ich werde deutlicher, wenn ich ſage, es fehlt dem
jüdiſchen Geiſte die dritte Dimenſion, die Fähigkeit,
das eigene Handeln von der Höhe eines ſelbſtloſen
fittlichen Empfindens zu beurteilen — wenn nötig, zu
verurteilen; — e8 fehlt ihm das, was wir,Gewiſſen“
“ nennen. Das eigenklich Tragiſche hierbei iſt es aber,


Gewalten unterlegen iſt.
Denn Eines muß vor Allem feſtgehalten werden:
Es giebt nicht blos eine körperliche und geſchlechtliche


durch geiſtiges Zujammenleben, durch Anleitung,
Beiſpiel, Erziehung und durch die Forderungen emes
täglich ſich umgeſtaͤltenden Kulturlebenz.

Das Geiflige und Körperliche, ſie bilden Eins;
die

Trennung heider iſt eine willkürliche.
Der Semitismus beſchränkt ſich keineswegs nur
auf die unter uns lebenden Juden, er iſt gleichzeitig










— —





als niederziehende Kraft einer der weſentlichſten Be-
Der

als Dauerzuſtand, als Endpunkt einer Entwicklung
dauernde Aasprägung erlangt hat. So konnte Richard
Wagner ſagen: „Der Jude iſt der plaſtiſche Dämon


wähnte Grundweſen, ſie bilden zugleich eine Kampf-
genoſſenſchaft und ein Volk. — das nach abfoluter
Herrſchaft über alle andern Völker ſtrebt. Da aber


Juda's mit elementarer Wucht auf die Verjudung der
ariſchen Welt, d. h. auf die Zerſtörung der edlexen
menſchlichen Eigenſchaften und auf die Einſetzung der
nackten Selbſtſucht, d. h. des Judaismus an derxen
Stelle. Weiß es doch nur zu gut, daß es auf dieſem
Gebiet Meiſter iſt, und daß Line
die erſt einmal auf dieſem Punkt anlangte,


geben iſt.


geſetzt, die Taktik und Strategie,

gemeinheit zum erſten Male in der Weltgeſchichte ge-


einſchneidendften und wichtigſten volkswirtſchaftlichen
Gebiete, wie die höchſten philoſophiſchen und ethiſchen


ihren Frageſtellungen beſchäftigen wird und die das
ausgehende 19. Jaͤhrhundert zu einem Markſtein in
der Menſchheitsentwickluag ſtempelt. —

Schluß folgt.)







Zagesfragen.

Stoͤcker und das laiſerliche Telegramm.
In der Tonhalle in Berlin hielt am Freitag Abend


ſammlung ab, in der Herr Hoſprediger a. D Stöcker
laut Säulenanſchlag über das Thema „Sroßfapitalis-
mus, Monarchie und chriſtlich-ſozial ſprechen ſollte.
Die Erwartung, daß der Redner die Gelegenheit be-
nützen werde, um ſich mit dem viel beſprochenen
kaiferlichen Telegramm auseinanderzuſetzen, hatte zahl-
reiche Menſchenmengen nach der Tonhalle geführt.
Die Erwariung wurde nicht getäuſcht. Das Themg
ſelbſt behandelle Hofprediger Stöcker im erſten und
kleineren Teil ſeiner Rede, der größere Teil wurde


ſtürmiſch und herzlich begrüßt, hegann folgendermaßen:


aus welchem die engliſche Revolution hervorgegangen,


abgehauen wurde, jener warf mit ſeiner Linken die


Im Anſchluß daran führte Stöcker aus, daß man
neuerdings den Chriſtlich Sozialen ſogar das Haupt
abſchlagen wolle. Dieſeiben würden aber keineswegs
den Kopf verlieren, ſondern nach wie vor troß alle-
dem weiter für Königtum und Vaterland kämpfen.
Auch werde man nun nicht etwa Sr. Majeſtaͤt ge-
treueſte Oppoſition bilden, fondern er rufe: Se. Maj.
der Kaifer lebe hoch! Gie Verſammlung ſtimmt in
Stöcker meinte dann,
auf Frht. v. Stumm anſpielend, daß ſich an den
Purpurmantel des Königs neuerdings ein, Geld-
progentum hafte, welches eine große Gefghr für das
Vaterland ſei. Er wiſſe nicht ob die Ratgeber der
Krone jenen Uebermut der Mächtigen im Reich richtig
würdigen. Das Telegramm des Kaiſers, ſo erklärte
Stöcker, vermöge er weder zu verſtehen noch zu be-
greifen. Es ſchicke ſich nicht für Unterthanen, danach
zu fragen, mer der Krone die Unterlagen hiezu ge-
Liefert habe und aus welcher Stimmung heraus dieſe
Depeſche entſtanden. Aber man dürfe doch nicht er-















warten, daß man eine ſeit 18 Jahren hochgehaltene
Meinung plötzlich aufgeben würde. Es ſei Pflicht des
Unterthanen, an ſeiner Meinung feſtzuhalten. Das
Telegramm beſagte: „Stöcker habe geendigt, wie ich
es feit Jahren vorausgefehen“. Er verſtände das
nicht, im Gegenteil, er arbeite jetzt mit friſcheren
Cräften denn je und hätte
Agitationstour ſich bedenklich dem Saarrevier genähert.
Schmerzlich waͤre es ihm geweſen, daß er ſich vonden
Konſervativen habe trennen müſſen. Redner verlieft -


Prinzen Wilhelm bezüglich des Umſturzes. Er be-
gleitet dieſes Citat unter Bezug auf: „das habe ich
ſeit Jahren vorausgeſehen“, mik einem Ausſpruch des
Apoſtel Paulus: „Ich berufe mich auf den Kaiſer!“
Politiſche

bares Ding geweſen und nicht minder in der Konflikts-


z. B. Biſchof Ketteler. Hätten die elenden Mittel-
parteien mit ihrer erhärmlichen Politik nicht gewirt-
ſchaftet, dann wäre Berlin nicht dem Umſturz ausges -
Aber man wäre nicht den Cyriftlich-

Sodialen gefolgt und hätte ihre Warnungsrufe über-
hört. Es ift ſchmerzlich, wenn geſagt wird: Chriſtlich-


daß ſein geliebter Kaiſer dieſe Worte dereinſt zurück-
nehmen werde. Weiter wird geſagt: Paſtoren ſollten


Gottloſigkeit? Die DBerliner -
Bewegung, die er ins Leben gerufen habe, ſei eine
Seelſoͤrge geweſen. Er freue ſich, daß gerade unter
den jungen Paſtoren ſich dieſes ſeelſorgeriſche Moment
geltend wache, das den Alten vielfach abgehe. — Die
Paſtoren niüßten gerade viel Politik treiben, das
fordere vor Allem ihre Unterthanenpflicht, ſie müßten
für den König beten, an die Wahlurne treten. Die
Sozialdemokratie wäre nur mit Hilfe der Paſtoren zu
bekaͤmpfen, der Gutsherr könne das ganz und gar
nicht. Der Anſicht des Kaiſers in dieſem Punkte
könne er nicht zuſtimmen, ſo ſehr er ihn auch liebe.


Syſtems. Die Arbeiter ſeien ins Proletariat geſunken,
der Mittelſtand ſtehe aber im Begriff, zu Grunde zu
gehen. Chriſtus habe geſagt, man folle nicht Schätze


ſich auch hinter die Ohren ſchreiben. Das alte Griechen-


nicht ſtatt. Die nach Schluß des Vortrags verleſene
und aͤngenommene Reſolution richtet ſich gegen den
Großkapitalismus, welcher das Erwerbsleben dem
herrſchenden Finanzfeudalismus unterwerfen und den
Namen des oberſten Trägers der Staatsautorität in


haltende Regierung müffe deshalb die Macht des Groß-
kapitalismus, ſofern ſie den Umſturz begünſtige, ein-
zudämmen ſuchen.
X Sin unbegreifliches Arteil. Aus Gera er-

halten wir folgenden Bericht: Der Verlagsbuchhändler
Zulius Becker in Gera und der Kandidat der Philo-
fophie Walther Becker aus Tübingen Verleger und
Verfaſſer der Broſchüre „Thing! Kuxt Reuß in öffent-
licher Audienz beim deutſchen Kaiſer“ — wurden
heüte (16. Mai) von der Strafkammer zu Gera wegen
der in der genannten Schrift gefundenen Majeſtäts-
beleidigung zu je zwei Monaten Feſtung und Tragung
der Gejamtkoften des ſeit Mitte Februar ds. Is.
ſchwebenden Verfahrens verurteilt; außerdem wurde
die Vernichtung der inkriminierten Schrift verfügt. —
Wiederum ein Urteil, welches dem Volksgewiſſen ins
Geſicht ſchlägt. Die Broſchüre „Thing!“ war be-
kanntlich von warmem Patriotismus durchglüht und
lediglich gegen die geheime Nebenregiexung gerichtet.
Wer vorurteils8frei ſie geleſen, verſteht ein ſolches
Urteil nicht. Es iſt dadurch ein Praͤzedenzfall ge-
ſchaffen. Sind doch die Chriſtlich-Sgzialen jetzt ge-
ächtet wie die Sozialdemokraten. Der Verfaſſer,
welcher kurz vor dem Doktorexamen ſtand, wird. da-
durch der Möglichkeit dieſes offiziellen Studien-
abſchluſſes beraubt, da deutſche Fakultäten einen wegen
angeblicher Majeſtätsbeleidigung Verurteilten zur Pro-
moͤtion nicht zulaſſen.
 
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