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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (7): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1896

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No. 11 - No. 20 (1. Februar - 20. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42841#0069

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Der Zadiſche Volksbote erſcheint zwa
(Dienskags, Donnerstags und Sams

Berlag und Ieliung: Heidelberg
Zelegramm-Adreffe: Valksbeie

Auzeigenpreis: Die Sgefpaltene Sarız






















Sr Deutſcht

drgan der deulfö

— —




















ED

— —





Freis vtertelzabrlich
urch den Briefträger frei ins Haus gebracht ME 1,25,
durch unfernBoten M, 1.,

Zoſt· Seituuge· Pretsliſte Zir. 755













— —


— —

7. Jahen.








zur Beratung des Bürgerlichen

Geſetzbuches im Reichstag.
Als Vertreter der deutſch⸗ſozialen Reformpartei
freue ich mich, daß ſich allgemein eine Uebereinſtimm-
ung und der beſte Wille zum Zuſtandekommen des


Regierungen für die bisherigen Reden vom Bundes-
ratstiſche dankbar, und ich möchte txotz der Befürch-
tung des Herrn von Stumm die frohe Hoffnung nicht
aufgeben daß das Geſetz zu Stande komnien wird.
Auch über die Klippe, die in der Rede des Centrums-
abgeordneten zu erblicken war, werden wir hinweg
Fommen. Meine Partei iſt für eine Kommiſſion von
21 Mitgliedern, und ſie hält ein Abweichen von der


nicht für notwendig. Äuch eine Konimifſion kann
ſchnell arbeiten und kann einzelne Teile, die keine Be-
denken enthalten, kurzer Hand abthun, beſonders wenn
nicht lauter Juriſten in die Kommiſſton geſchickt wer-
den. Gegen eine en bloc-Annahmie müſfen wir uns
entſchieden verwahren, wenn auch aͤngeblich ſo viel
Stimmen aus dem Lande dafür eintreten. Was z.
B, die Handelskammer Petitionen betrifft, ſo wifſen
wir ja, wie die zu Stande kommen. Es iſt unfere


Gefühl, unſere Schuldigkeit gethan zu haben. Vor
allem haben wir zu fragen, ſind die Grundgedanken
deutſch, oder haben wir ein Durcheinander von aller-
lei Undeutſch? Wir wollen ein Geſetz haben, das ſich
ganz freihält von Altertümelei und von Rückblicken
‚in eine Zeit die nun einmal dahin iſt. Da freue ich
mich mit Herrn Prof. Sohm, daß in dieſer Bezieh-


zu verzeichnen iſt, und durch eine gewiſſenhafte Nach-
prüfung wird dieſer Fortſchritt noch größer werden.
Bei Erörterungen der Geſichtspunkte, die meine Partei
vor allem ins Auge faßt, haͤndelt es ſich zunächſt um
die grundſätzliche Auffaſſung von dem Sachenrecht,
dann aber auch von dem erforderlichen Recht des deut-
ſchen Volkes auf ſeinen Beſitz gegenüber anderen
Völkern, auch gegenüber einem leidel unter uns an-
ſäſſig gewordenen Volk. (Oho links) Daß Ihnen das
nicht paßt, glaube ich. (Widerſpruch linksj Dann
äußern Sie ſich auch nicht in dieſer Weiſe, ich weiß
wohl hier plaben die Gegenfäße aufeinander, aber es


deutfchen Volle fein Beutſchland gehört. Und in
dieſer Beziehung richten ſich auch unjere Vorwürfe
gegen gewiſſe Verträge mit dem Auslande, durch die
dem deutſchen Volke langſam das abgezogen wird, was
ihm zuͤkommt. Sehr richtig! rechte;s
u Bezug auf die Rechtserlangung verlangen wir
ein billigeres Recht, Aufhebung des Anwaltzwanges
und im Strafprozeß die Stellung eines ſtaatlichen Än-
walts, der die Sache übernimmt, auch ohne den Fried-
mann ſchen Gewinn. Für den Arbeiter verlangen wir
ein Arbeiterrecht, das für die volle Arbeit auch den
vollen Lohn ſichert. Daͤs ſind Zdeale, die wir hier
ausſprechen, ohne ſie zur Bedingung zu machen. Hier-
zu gehört aber auch, wie der Abg. Hahn es angeregt
hat ein Beamtenrecht, namentlich für die Privatbe-
amten und vor allen Dingen als Ergänzung ein Heim-
ſtättengeſetz und eine Reform des Irren! und Ent-
mündigungsrechts. Soll der vorliegende Entwurf das
Vertrauen in die Rechtſprechung ſtärken, ſo muß vor
allem der junge Juriſt ſchon zu einer richtigen Aus-
legung und Findaug des Urteils herangezogen werden,
damit nicht Urteile vorkommen, vor denen die Leute
mit gerungenen Händen ſtehen. Man biete uns einen
Anzug, in den das deutſche Volksleben gern hinein-
wächſt, aber keine Zwangsjacke, in der es verkrüppelt.
„Aelteſtes bewahrt mit Treue,
das Neue, nach dieſen Geſichtspunkten müſſen wir
arbeiteu. Nicht die Juriſten machen das Geſetz, es
gilt vielmehr, in dem Geſetzbuch das Bewußtſein des




Volkes niederzulegen, ein Recht zu ſchaffen, das dem
Bewußtſein des Volkes nicht widerſpricht. In dieſer


Hypothekenrecht geltend. Auch in Bezug auf das
Familienrecht wird zu erwägen ſein, ob es den Schußz


keine Waare, die beliebig veräußert werden kann.


der Bauhandwerker muß in den Kreis unſerer Er


Erhöhung der Schußgrenze. Ebenſs ſcheinen uns die
Beſtimmungen über des Vereinsrecht einer Abänder-
ung bedürftig. Ein Recht und ein Volk, ein Volk


ich folgende Erklarung abzugeben: „In Bezug aur


wurfes des Bürgerlichen Gefetzbuches, daß der Ent-
wurf überhaupt das Eherecht berückſichtigt! halten wir


und ſittliche, ſondern auch eine rechtliche Seite, mit


auf Lebenszeit aushalten muß, können wir für das
Bürgerliche Geſetzbuch, das mit den Thatſachen des
Lebens rechnen muß, nicht annehmen.

den nicht nur darf, ſondern ſoll. Weil die Ehe auch
eine rechtliche Seite hat, ſo halten wir es ferner für


über den Civilſtand der Eheleute trifft.“ — In diefem
Sinne faſſen wir die Sache auf und hoffen, daß die


nicht ſchon einen derartigen unüberſchreitbaken Dainm
DE 4 ;


wir einzelne leicht durchführbare Verbeſſerungen durch
Abänderungsporſchtäge anbringen. Es handell ſich um
große Bedenken an vielen Stellen des Entwurfs, und
die müſſen zunächſt einmal in aller Offenheit ausge-
ſprochen und gegeneinander abgewogen werden. Es
1jt,‚allerbings mobhl Ddenfkbar, daß in der Kommiffion
die Sache die Wendung ninmmt, daß eine Mehtheit
erklärt, dieſe und jene Teile noch einmal zuruͤckzu-
weiſen an die zweite Kommiſſion mit dem Erſuchen,
auf Grund dieſes Beſchluſſes ſie noch einmal umzu-
arbeiten. Deshalb braucht das Geſetz nicht zu Fall
zu kommen, dann werden die einzelnen Teile noͤch ein-
mal umgeſchmiedet oder neu bearbeitet werden. Ich
ſehe auch in der Zurückweiſung einzelner Abſchnitte
noch keine Gefährdung des Gelingens des Ganzen.
Ein Aufſchub würde es ſein, aber kein Aufhub, und
deshalb kein Unglück. Man nenne das nicht Pedan-
terie und deutſche Rechthaberei und Querköpfigkeit.
Was ich am Anfang geſagt habe, wir haben die
Pflicht und Schuldigkeit, uns die Sache nicht über-
mäßig leicht zu machen. Man ſpricht von einem 50
Millionen⸗Recht auf 100 Jahre hinaus. Nun, eine
Sache, die für 50 Millionen Menſchen auf 100 Jahre
gelten ſoll, muß aufs ernſthafteſte erwogen werden


werden. Meine Vorredner haben einen Voͤrſchlag
nicht erwähnt, den ich in Schriften finde, man möge


dazu, das in einer Friſt von 10 bis 20 Jahren in
eine Reviſion einzutreten habe, wie man es, glaube ich,
beim deutſchen Strafrecht in den 70er Jahren gemacht
habe. Ob der Gedanke richtig iſt, will ich den Ju-
riſten überlaſſen. Mit dem Wunſche und mit der
Hoffnung, daß trotz alledem das Geſetz zur That
werde, laſſen Sie mich ſchließen. Der alte Pandekten-
ſpruch, daß das Recht eine Quelle des Guten und






allen Billigen ſei, möge auch hier zur Wahrheit wer-
den Mögen wir in diefer Quellenforfchüng des
Guten und Rechten eiuen gewaͤltigen Schritt vormärts
thun, aber erſt durch eine ausgiebige Konimiſſivnsbe-
ratung hindurch. (Bravo! bei den Antifemiten.)









Cagesfragen.
— Die Helden des 18. Januar. In einem


zum 18. Januar von Herrn A. Sachs. Darin


Friedrich Karl, Bismarck, Moͤltke, Roͤon und andere


Wenn wir unſ'rer Helden denken,
Die des Reiches Grund gelegt,

Waldeck! Waldeck! — unvergeffen
Lebt dein Geiſt, der uns erwect’,
Seid umkränzt und von Cypreſſen,
Lasker, Löwe, Forckenbec! —

Nun wiſſen wix wenigſtens, wer das Deutfche
Reich gegründet hat! Aber es
auf — — eck, Herr Sachs!

— In der „?ro'eflvet’[amm{üüg‘f bét”„öéüi‘-
fden‘“ Kaufwanuſchaft gegen das Börfengefeß,


wie das „Bolk“ berichtet, einige recht intereffante
Aeußerungen gefallen. So ſagte der Geheine Koni-
merzienrath Herz: „Der Gewinn an der Börſe ift '

auch keineswegs mühelos. Wir behaupten, daß in
keinem Stande mehr und ſchwieriger gearbeitet wird,
als in dem unſrigen.“ Das Börſenſpiel als Arbeit zu
keizeichnen, das bringt doch nur ein Inde fertig! Der
Stadtrath Kämpff that den klaſſiſchen Ausfpruch:

„Nirgends gelten Treue und Glauben höher als an
der Börſe.“ Daß die Verſammlung darauf mit -
„ſtürmiſchem Brapo“ ſtatt mit ſtürmiſcher Heiterkeit
geantwortet hat, beweiſt, wie wenig Sinn für Humor
ſie hatte. Sie war mehr kriegsluſtig aufgelegt! Da-
rum ging es auch dem einzigen Mann, der den Mut
hatte, gegen die Reſolution zu ſtimmen, ſehr ſchlecht.
Er wurde ſofert von allen Seiten angeödet mit
Worten wie „Agrariex? (Inbegriff der Beſchimpfung
Ylunde eines Börſenmannes h „Künftlerfeele”
Gezeichnung der tiefſten Verachtung), „Der Mann iſt
betrunken u. ſ. w. Als der Lärm immer ärger
und die Haltung der Schreier immer bedrohlicher
wurde, ſchritt der Börſenkommiſſar mit den Worten
ein: „Meine Herren, vergeffen Sie ſich nicht,
Unter dem Schutze
des Börſenkommiſfars mußte der., „ Ayrarier“ ins
Freie geleitet werden, um Dder wüthenden Meute zu
entgehen. „Machen Sie, daß Sie herauskommen,
ſonft kann ein Unglück paſſieren“, meinte der Kom-
miſſar zu dem Herausgeleiteten. — So weit das
„Volk“. — Die „Rheiniſch-Weſtfäl. Ztg.“ begleitet
ihren Bericht über dieſe famoſe Börſenproteſtverfamm-
lung mit folgenden Worten: „Trotz aller faulen
Gründungen gewiſſer „Banken“, trotz aller Depot-
unterſchlagungen, ſenſationeller und betrügeriſcher
Lonkurſe, gefolgt don Selbſtmorden zahlreicher
Börſianer, trotz allen Schwindels, welcher zumeiſt an
den Produktenbörſen getriebeu wird, leugnet die Börſe


ſie identifizirt ſich dadurch mit jenen Elementen,
welche alle ſoliden Banken weit von ſich weiſen.“

— Stöcker über ſeinen Austritt aus der kon-
ſervativen Yarfei. Gegenüber der von der Preſſe
vielverbreiteten Anſicht, daß nur die Haltung des
„Volk“ an der Trennung von der konſervatinen
Partei ſchuld ſei, erklärt Herr Hofprediger Stöcker
in der „D. E. Kirchenztg.“, daß das lediglich der
todte Strang“ geweſen ſei, auf den die ganze Sache
gefahren war, „kaum der Anlaß, geſchweige denn die
Urſache der letzten Entſcheidung.“ Weiter heißt es
in dem Artikel ſodann: „Gewiſſe Aeußerungen in der
konſervativen Korreſpondenz wie in den parlamen-
tariſchen Reden waren mit meiner chriſtlich-ſozialen
Anſchauung nicht mehr recht vereinbar. Um dieſe
Verhältniſſe zur Klarheit zu bringen, hatte ich für
 
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